Calouste Gulbenkian

Calouste Sarkis Gulbenkian (* 23. März 1869 in Üsküdar (Istanbul); † 20. Juli 1955 in Lissabon) war ein britischer Ingenieur, Ölforscher, Geschäftsmann, Finanzexperte und Kunstsammler armenischer Herkunft. Er gilt als Pionier der Ölforschung im Nahen Osten.
Abstammung
Er wurde als Sohn von Sarkis und Dirouhie Gulbenkian in Skutaris, heute zu Istanbul gehörend, geboren. Sein Vater war Schatullverwalter des Sultans und ein wohlhabender armenischer Petroleumhändler. Seine beiden Eltern gehörten berühmten armenischen Familien an, deren Ursprünge sich auf das 4. Jahrhundert zurück verfolgen lassen. Seine Vorfahren waren die Prinzen von Rechduni, die Grundbesitz um den Vansee besassen. Im 11. Jahrhundert, während der Herrschaft des Königs Senekerim von Vaspurakan etablierten sich die Rechdunis in Caesarea (Kayseri), und nahmen den Namen Vart Badrik an, ein byzantinischer Adelstitel. Bei der Machtübernahme der Ottomanen im 17. Jahrhundert wurde der Name durch die türkische Form Gulbenkian ersetzt.
Leben
Calouste Gulbenkian erhielt seine Ausbildung in Marseille, wo er seine Französischkenntnisse vertiefte, und am King’s College in London, welches er 1887 mit einem Ingenieurs-Diplom mit Auszeichnung abschloss.
1891, im Alter von 22 Jahren, bereiste er Transkaukasien und besuchte die Ölfelder von Baku. Auszüge aus seinem Reisebericht La Transcaucasie et la Péninsule d'Apchéron - Souvenirs de Voyage druckte die Revue des Deux Mondes unter dem Titel Le pétrole, source d'énergie ab. Der durch diese Publikation auf Gulbenkian aufmerksam gewordene osmonische Hof beauftragte ihn mit der Abfassung eines umfassenden Berichtes, insbesondere über die Ölfelder in Mesopotamien.
Nachdem am 26. August 1896 armenische Separatisten die Ottomanische Bank besetzt hatten, und die osmanische Regierung unter Abdul Hamid mit einem Massaker an der armenischen Bevölkerung Konstantinopels darauf reagierte, flüchtete Gulbenkian an Bord der Yacht eines Freundes. Bei dieser Gelegenheit schloss er Bekanntschaft mit dem armenischen Ölmillionär Alexander Mantuchow aus Baku, wurde dessen Privatsekretär und lernte die Geschäftspraktiken der russischen Ölindustrie kennen. Noch im gleichen Jahr wurde er Vertreter der russischer Ölinteressen in London.
1902 nahm er die britische Staatsbürgerschaft an.
1903, bei der Fusion von Royal Dutch und Shell (vgl. Marcus Samuel) brachte er die Russen mit ein.
Als 1910, im Anschluss an der Revolution der Jungtürken (1908), die türkische Nationalbank gegründet wurde, war Caluste Berater der Bank.
1912/14 leitete er die Gründung der Turkish Petroleum Company (1929 in Iraq Petroleum Company umbenannt) ein.
Er erlangte große Bedeutung, als die Briten 1920 aus den Resten des ehemaligen Osmanischen Reiches einige Provinzen (Mossul, Bagdad und Basra) zu dem Königreich zusammenfassten, das seither als Irak bekannt ist. Die in diesem Land liegenden Ölschätze wurden von der Iraq Petroleum Company (IPC) gehoben, an der Gulbenkian als einer der Gründer 1911 (damals noch Turkish Petroleum Company) fünf Prozent Anteil hielt. Da dieser Fünf-Prozent-Anteil in allen seinen Geschäften angestrebt war, bekam er den Spitznamen „Mister Five Percent“. Aufgrund einer Geschäfts-Aufteilung, die Gulbenkian als Vermittler der Interessen internationaler Ölkonzerne moderierte, erhielt Gulbenkian diese fünf Prozent Anteil später auch an den Gesellschaften Exxon, BP und Shell.
1938 ließ er in Panama das Unternehmen Participations and Explorations Corporation (die heutige Partex) eintragen, die seine Anteile hielt.
Gulbenkian war seit 1902 britischer Staatsbürger, und er legte seinen Besitz überwiegend in Großbritannien an. Ab 1915 lebte er in Paris. 1942 gelang es ihm aus dem von den Deutschen besetzten Paris in das neutrale Portugal auszureisen. Er ließ sich in Lissabon nieder und verließ die Stadt bis zu seinem Tode im Jahre 1955 nicht mehr. Nach dem Krieg beschlagnahmten die Briten sein Eigentum als Feindvermögen, da er während der Besatzung von Paris durch die Nazis mit der Vichy-Regierung sympathisiert hatte. (Quelle: Mister Five Percent, Renate Petriconi) So zog er mitsamt allen Kunstwerken nach Lissabon, wo er im Hotel Aviz lebte.
Ab 1942 verlebte Gulbenkian seine alten Tage zumeist in Lissabon, widmete sich seiner großen Kunstsammlung und gründete eine Stiftung, die nun sein Erbe verwaltet. Gulbenkian war ein großer Kunstliebhaber und trug eine nennenswerte Kunstsammlung zusammen.
Sein letzter Wille sah vor, dass der größte Teil seines Vermögen und seiner privaten Kunstsammlung in die Stiftung Fundação Calouste Gulbenkian flossen. Sie begann mit 67 Millionen Dollar und hatte bereits 20 Jahre später 433 Millionen Dollar zur Verfügung, womit unter anderem Bibliotheken, Museen, Theater und diverse Stipendien finanziert wurden und werden.
Das Museum Museu Calouste Gulbenkian wurde 1969 eröffnet und gliedert sich in 17 Abteilungen. Die Orientalische Kunst und die Europas im 11. bis zum 19. Jahrhundert bilden nur zwei Schwerpunkte in der 6.000 Exponate umfassenden Ausstellung. Es genießt hohe Wertschätzung in internationalen Kunstkreisen. Im Rahmen dieser Stiftungsarbeit war auch eine Ballettkompanie nach ihm benannt; Dieses international angesehene Ballett wurde jedoch im Juli 2005 aufgelöst.
Nachkommen
- Nubar S. Gulbenkian (* 1896 in Armenien; † 1972) in Harrow und Cambridge erzogen, studierte in Bonn, trat ins Ölgeschäft ein, betätigte sich im Zweiten Weltkrieg als Geheimagent, lebt dann als einer der reichsten Männer der Welt in London
- Rita-Sirvart Gulbenkian (* 1900) ∞ 1920 Kevork Essayan (* 11. Mai 1897 in Istanbul; † 1. April 1987 in Paris; [1])
- Mikhael Gulbenkian Essayan (* 7. Mai 1927) [2]
Siehe auch
Literatur
- Hewins, Ralph (1958): Mister 5%. Das Leben des Ölmillionärs Caloust Gulbenkian. München: Süddt. Verlag. 308 S., 6 Taf.
- Nubar Gulbenkian: Wir - die Gulbenkians
Weblinks
- „Gulbenkian - ein armenischer, kommunistisch handelnder Kapitalist“, russlandonline.ru, 20. Juli 2005
- Gulbenkian-Stiftung in Lissabon (port., engl.) mit den Dependancen in Paris und London
- Gulbenkian-Stiftung Kurzbiograhie
- Gulbenkian-Stiftung in Paris
- The Gulbenkian Theatre der Universität Kent in Canterbury
- http://www.netstudien.de/Beispiel_gulbenkian.pdf
- http://www.cge.uevora.pt/aspo2005/abscom/ASPO2005_Opening_Session_E_Rui_Vilar.pdf
Personendaten | |
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NAME | Gulbenkian, Calouste |
KURZBESCHREIBUNG | international tätiger Ölhändler |
GEBURTSDATUM | 29. März 1869 |
GEBURTSORT | Skutari (Konstantinopel) |
STERBEDATUM | 20. Juli 1955 |
STERBEORT | Lissabon |