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Sankt Petersburg

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Dieser Beitrag behandelt die Stadt in Russland, zu Sankt Petersburg (Florida), siehe dort.


Peter-Pauls-Festung. In der Mitte die beiden vergoldeten Türme der Peter-Pauls-Kathedrale

Sankt Petersburg (russisch Санкт-Петербург, Sankt-Peterburg), gegründet als Sankt-Piterburch, kurz darauf Sankt Petersburg von 1914-1924 Petrograd, 1924-1991 Leningrad, ist mit 4,1 Millionen Einwohnern (2004) nach Moskau die zweitgrößte Stadt Russlands und die viertgrößte Stadt Europas. Sie liegt im Nordwesten des Landes, an der Mündung der Newa am Ostende des Finnischen Meerbusens.

Das auf 59,93° Nord, 30,32° Ost gelegene St. Petersburg ist die am weitesten nördlich gelegene Millionenstadt der Welt. Die Stadt war vom 18. bis ins 20. Jahrhundert die Hauptstadt des russischen Reiches, ist ein europaweit wichtiges Kulturzentrum und beherbergt einen wichtigen russischen Ostsee-Hafen. Die Innenstadt ist Welterbe der UNESCO; die Stadt die über 200 Jahre lang das politische und kulturelle Zentrum Russlands war, besitzt bis heute eine eindrucksvolle Kulturlandschaft.

Der Name der Stadt

Petersburg ist, anders als oft angenommen, nicht nach Peter I. benannt, sondern nach dessem Schutzheiligen, dem Apostel Simon Petrus. Nachdem die Festung kurzzeitig den holländischen Namen Sankt-Pieterburch trug wurde sie schon früh in das deutsche Sankt Peterburg umbenannt. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs in das russische Petrograd. Nach Lenins Tod 1927 schließlich in Leningrad. Der Namenswechsel wurde offiziell damit begründet, dass dies die Stadt war, in der die von Lenin geführte Oktoberrevolution stattfand, auf der Ebene der Symbolpolitik hatte er aber tiefere Gründe: Sankt Petersburg stand für das zaristische Russland und war die Vorzeigestadt des Zarenreichs. Neben Moskau war es zudem die größte Stadt und damit die, deren Namenswechsel das größte Prestige für den Namensgeber ausdrückte. Die Umbenennung in Leningrad symbolisierte den Wechsel des sozialen wie politischen Systems an einer hervorgehobenen Stelle. Als solcher wurde er auch wahrgenommen. Die Dichterin Anna Achmatowa schrieb 1963 in ihrem "Gedicht ohne Held", offenbar an ihren Mann Ossip Mandelstam gerichtet, der Opfer der stalinistischen Säuberungen wurde: In Petersburg werden wir uns wieder sehen..., Literatur-Nobelpreisträger Joseph Brodsky schreibt 1987 in Erinnerungen an Leningrad: Leningrad, so sehr ich diesen Namen für die Stadt verabscheue. ... Von der Nation wird diese Stadt entschieden als Leningrad erlebt; mit der zunehmenden Vulgarität dessen, was sie umfaßt, wird sie mehr und mehr zu Leningrad. Außerdem klingt dem russischen Ohr "Leningrad" als Wort bereits so neutral wie "Bau" oder "Wurst". Und doch sage ich lieber "Pieter", denn ich erinnere mich an diese Stadt in einer Zeit, wo sie noch nicht wie "Leningrad" aussah. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war eine knappe (54%) Mehrheit der Bevölkerung dafür die Stadt wieder in Sankt Petersburg umzubennen. Das umliegende Verwaltungsgebiet behielt allerdings, ebenfalls nach einer Volksabstimmung den Namen Leningrader Oblast.


Geographie

Satellitenaufnahme von Petersburg und Umgebung: Von links nach rechts Finnischer Meerbusen, Sankt Petersburg, Ladogasee. Links oben die Landesgrenze zu Finnland, in der Bucht vor Petersburg die Inselfestung Kronstadt und davon ausgehen der Damm vor Petersburg

Die ursprünglich in einem Sumpfgebiet gebaute Stadt liegt an der Mündung der Newa in den Finnischen Meerbusen. Das Stadtgebiet umfasst etwa 606 km2 (einschließlich der administrativ zu Sankt Petersburg gehörenden Vororte (Peterhof, Kronstadt, Zarskoje Selo -- etwa 2000 km2), davon 58 km2 Wasser. Die Stadt besteht aus 42 Inseln. Ursprünglich waren es mehr, jedoch sind zahlreiche Kanäle zwischen ihnen mittlerweile zugeschüttet worden. Etwa 10 Prozent der Stadtfläche sind von Wasser bedeckt. Die Stadt selber musste zwei bis vier Meter hoch gebaut werden, da sich die Newa-Mündung ungefähr auf Meereshöhe befindet, die ersten Bauarbeiter in wenigen Zentimetern Tiefe auf Grundwasser stießen. Die Ufer wurden schon früh mit Stein befestigt, was Sankt Petersburg nicht nur vor dem Wasser schützen soll, sondern auch viel zum spezifischen Stadtbild beiträgt. Alexander Puschkin beschrieb es als: Die Stadt kleidet sich in Granit.

Die Stadt, die nur wenige Meter über dem Meeresspiegel liegt, ist stets durch Hochwasser bedroht. Das in der Nähe gelegene Kronstadt ist der Referenzpunkt für Höhenormal - der Punkt liegt etwa 15cm tiefer als Normalnull und ist in großen Teilen Osteuropas und den neuen Bundesländern Referenzpunkt für Höhenmessungen. Die Stadt ist oft ein Opfer von Überschwemmungen geworden. Die offizielle Statistik zählt seit der Stadtgründung 295 Überschwemmungen (Stand: 2003), davon allein 44 seit 1980. Die schlimmsten Fluten waren 1824 (je nach Statistik 200 bis 500 Tote) und 1924.

Tafeln mit den höchsten Flutständen im Tor der Peter-Pauls-Festung

Sankt Petersburg liegt auf einer Höhe mit dem Südteil Alaskas und der Südspitze Grönlands. Es hat ein typisches Meeresklima - das Wetter ist wechselhaft und kann innerhalb kurzer Zeit umschlagen. Die Sommer sind vergleichsweise mild mit Durchschnittstemperaturen von 19 bis 22 Grad Celsius, im Winter sinken die Durchschnittstemperaturen allerdings auf minus 4 bis minus 8 Grad Celsius. Da die Stadt nur knapp südlich des Polarkreises liegt, steht die Sonne in den Sommermonaten fast 24 Stunden am Himmel, auch nachts reicht das Dämmerlicht, um die Stadt zu beleuchten. Die "Weißen Nächte" sind eine der wichtigsten Attraktionen der Stadt.

Industrie- und Hafenanlagen an der Newa

Die Newa ist mit 74 Kilometern der kürzeste aber einer der wasserreichsten der großen Flüsse Europas. Sie wird bis zu 600 Metern breit und hat eine starke Strömung. Der Fluss liegt über die Hälfte seiner Strecke im Stadtgebiet SAnkt Petersburgs und dürfte damit auch der städtischste Fluss Europas sein. Bis in das 19. Jahrhundert hinein, genügte die Biologie der relativ flachen Bucht der Newa allein, um das Abwasser aus St. Petersburg zu reinigen. Selbst heute machen die Abwässer der fast Fünf-Millionen-Einwohner zählenden Industriestadt erst 2% der Gesamtwassermenge der Newa aus. Erst dann brachen erste wassergebundene Epidemien wie Cholera und Typhus aus. Allein während der Typhus-Epidemie von 1908 starben etwa 9000 Menschen. Durch eine Änderung der Einleitungsbedingungen konnte dem Problem ab 1910 vorerst abgeholfen werden. In den 1950ern und 1960ern sorgte der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen endgültig für eine Eskalation des Problems. Hinzu kam die stärkere Verschmutzung der Newa an ihrem Flusslauf - sie entwässert den Ladogasee an dessen Ufer zahlreiche Fabriken liegen und der selbst über seine Zubringer das Schmutzwasser zahlreicher russischer Städte aufnimmt. Eine Kläranläge wurde gebaut, allerdings erreichen bis heute 25-30% der städtischen Abwässer ungeklärt den Fluss und die Bucht. In der Bucht leben vor allem Süßwasserbewohner, aber auch einige Brackwasserbewohner. Das biologische System der Bucht an der St. Petersburg lebt ist hoch veränderlich und leidet unter menschlichen Eingriffen. Zusammen mit Moskau gilt Petersburg als eine der am stärksten verschmutzten Städte Russlands. Laut Greenpeace leben etwa 200 000 Einwohner der Stadt in den so genannten "Health-Protection Zones" in denen das Leben aus gesundheitlichen Gründen eigentlich verboten ist.

Mojka. Einer der vielen Kanäle in St. Petersburg

Seit 1978 ließ die sowjetische Regierung einen Damm quer durch die Newa-Bucht bauen, um die Stadt vor Überschwemmungen zu schützen. Im Gegensatz zu den meisten Überflutungen durch Flüsse rühren die Überschwemmungen an der Newa nicht daher, dass der Fluss von seinem Oberlauf mehr Wasser mitbringt, sondern daher dass Westwind in den finnischen Meerbusen drückt und den Abfluss des Wassers verhindert oder in extremen Fällen die Fließrichtung umkehrt. Die Konstruktion wurde Ende der Achtziger aus Gründen des Umweltschutzes abgebrochen: der Damm störte die Zirkulation des Küstenwassers, große Teile des Wassers standen still, die Wasserqualität sank erheblich. Befürchtungen gehen dahin, dass die gesamte Bucht sich in einem Sumpf verwandeln könnte. Der Damm soll seit 1990 mit niederländischer Hilfe und Unterstützung der Europäischen Investitionsbank weiter gebaut werden - da die Umweltschutzgründe gegen den Damm aber weiterhin vorhanden sind, ist das Thema in der Stadt sehr umstritten.

Geschichte

Die Stadt im Sumpf

Am 16. Mai 1703 legte Peter der Große auf der "Haseninsel", zwei Kilometer westlich der im Nordischen Krieg eben den Schweden entrissenen Festungen Nyenschantz und Landskrona den Grundstein zur Peter-und-Paul-Festung. Dieses Datum gilt als offizielle Gründung der Stadt. Die in ihrer Anlage ursprünglich an Amsterdam orientierte Stadt sollte als Bollwerk gegen schwedische Truppen dienen, aber auch dem fortschrittsfeindlichen Moskau eine moderne, westlich orientierte Stadt entgegen stellen. Darüber hinaus sollte der Hafen einen direkten Zugang zur Ostsee schaffen und die völlige Kontrolle der Newa gewährleisten, wegen der feindlichen Angriffe die ins Landesinnere gelangen könnten.

Peters Sommerresidenz Peterhof: Große Kaskade, im Hintergrund der finnische Meerbusen

Die Stadt wurde auf dem Reißbrett geplant und in den Sümpfen der Newa-Mündung innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden gestampft. Die Gegend war eigentlich denkbar ungeeignet für eine Stadtgründung. Das Newa-Delta war von zahlreichen Überschwemmungen heimgesucht worden, die ganze Gegend nicht mal für die Landwirtschaft geeignet. Einzig einige Fischer hielten sich hier in den Sommermonaten auf.

Später sollte es aufgrund der ungünstigen Lage immer wieder zu Überschwemmungen kommen, bei denen unzählige Bewohner ihr Leben ließen. Während die Stadt in ihren Grundmauern erstand, verbot Zar Peter die Errichtung von Steingebäuden in ganz Russland außerhalb Sankt Petersburgs - jeder verfügbare Steinmetz sollte an der Erbauung der neuen russischen Hauptstadt arbeiten. Die Flucht von Arbeitern aus der Stadt und vom oft tödlichen Bauprojekt wurde mit harten Strafen geahndet.

1706 wurden 30 000 Leibeigene im russischen Reich zwangsrekrutiert, 1707 waren es 40 000. Ungefähr die Hälfte von ihnen schaffte es, auf dem Weg nach Nordwesten zu fliehen. Schon während der Errichtung der Stadt kamen vermutlich Zehntausende Zwangsarbeiter und Leibeigene ums Leben. Sie starben an Sumpffieber, Skorbut, an der Ruhr oder einfach an Hunger und Entkräftung. Große Teile der Stadt sind auf Pfählen im Boden errichtet, aufgrund der großen Zahl von Toten beim Bau, sprechen viele Leute davon, dass sie eigentlich auf Skeletten ruht.

Kupferstich: Sankt Petersburg und Newa (1761)

Da auch der russische Adel nicht bereit war, in die Stadt zu ziehen, beorderte Peter sie ebenfalls nach Sankt Petersburg. Sie mussten mit ihrem gesamten Haushalt in die Stadt ziehen, in Häuser deren Stil und Größe genau festgeschrieben waren - selbstverständlich auf eigene Kosten. 1714 standen in Sankt Petersburg etwa 50 000 bewohnte Häuser, die Stadt war die erste in Russland, die eine offizielle Polizei sowie eine effektiv funktionierende Feuerwehr hatte. Die Innenstadt wurde Abends und Nachts künstlich beleuchtet, die Bewohner dazu angehalten Bäume zu pflanzen. Peter war dabei seinen Plan eines Neuen Jerusalem zu verwirklichen.

Die Blütezeit der Stadt

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Die "Zwölf Kollegien". Unter Peter I. Sitz der russischen Ministerien

Peter, einer der Pioniere der Industriespionage ließ Handwerker und Ingenieure aus ganz Europa, insbesondere aus den Niederlanden kommen, die die Stadt von Anfang an zu einem Zentrum europäischer Technik und Wissenschaft machen sollten. 1712 wurde die Stadt offizielle Hauptstadt Russlands. Bis auf ein kleines Intermezzo in den Jahren 1728 bis 1732, als der Hof in Moskau weilte, sollte die Stadt bis 1918 Hauptstadt bleiben.

Nachdem Peter der Große 1725 verstarb, ging der Enthusiasmus der russischen Herrscher für das Fenster zum Westen erst einmal zurück. Moskau wurde wieder Hauptstadt. Erst Zarin Anna kehrte wieder nach Sankt Petersburg zurück. Die Stadt wurde wieder Hauptstadt, Annas stadtplanerische Entscheidungen prägen die Stadt noch heute. Sie verlegte sowohl das Stadtzentrum von der heute so genannten Petrograder Seite auf die Admiralitätsseite der Newa, zum anderen legte sie bis heute wichtigsten Haupststraßen, den Newski Prospekt, die Gorochowaja Uliza und den Wosnessenski Prospekt an. Trotzdem residierte sie weiterhin lieber und öfter in Moskau.

Datei:KH vom garten.JPG
Katherinenhof, Gartenansicht

Zarin Elisabeth (1741-62) und vor allem Katharina die Große (1762-92) setzten wieder auf eine verstärkte Öffnung des Reichs nach Westen. Die holten Künstler und Architekten nach St. Petersburg. In der Zeit Elisabeths entstanden die meisten der Prunkbauten, die bis heute das Stadtbild bestimmen. Katharina ließ unter anderem den Winterpalast, das Smolny-Kloster und den Katharinenpalast (zu Ehren ihrer Mutter) bauen. Der Stil Francesco Rastrellis begann die Stadt zu prägen.

Die neben Peter wahrscheinlich wichtigste Gestalt in der Geschichte der Stadt ist Katharina II. ("die Große"), die 1762 den Thron besteigt. Sie sah sich - zumindest bis die Französische Revolution ausbrach - dem Geist der Aufklärung verpflichtet, sie setzte auf Bildung und Kunst. Katharina II. gründete in ihrer Zeit 25 akademische Einrichtungen sowie mit dem Smolni-Institut die erste staatliche russische Schule für Mädchen. Das Reiterstandbild Peter des Großen, ein Wahrzeichen der Stadt, stammt ebenfalls aus dieser Zeit.

Winterpalast (beherbergt heute die Eremitage) von der Newa aus aufgenommen

Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte die Stadt eine Blütezeit, vorerst vor allem auf kulturellem, später auch auf wissenschaftlich-technischen Gebiet. Die erste russische Ballettschule entstand 1738 in der Stadt. 1757 eröffnete die Akademie der Künste in der bis heute Maler, Bildhauer und Architekten ausgebildet werden. Theater und Museen, höhere Schulen und Bibliotheken entstanden. 1783 eröffnete das Bolschoi Theater, in dem später die großen Nationalopern Michail Iwanowitsch Glinkas aufgeführt werden sollten. 1819 entstand aus dem Pädagogischen Institut die Petersburger Universität.

Die Aufhebung der Leibeigenschaft in Russland durch Zar Alexander II. sorgte ab 1861 dafür, dass zahlreiche Menschen in die Stadt einwanderten. Die Bevölkerungszahl schnellte innerhalb weniger Jahre empor.

Datei:Umgebung von St. Petersburg (Einseitige Farbkarte).jpg
St. Petersburg um 1888

Schriftsteller und Intellektuelle schlossen sich in literarischen Kreisen zusammen und gaben Wörterbücher und Zeitschriften heraus. Zu den wichtigsten Zeitschriften zählen etwa der Polarstern von Rylejew und Bestuschew oder Puschkins Sowremennik (Der Zeitgenosse).

Aufstände, Attentate, Revolutionen

In der Soldaten- und Regierungsstadt Sankt Petersburg fanden bis 1918 alle wichtigen Revoluten und Revolutionen der russischen Geschichte statt. Der Dekabristenaufstand 1825 ebenso wie die Ereignisse die langfristig zur Gründung der Sowjetunion führten. In St. Petersburg nahmen Ende des 19. Jahrhunderts Unruhen und kleinere Aufstände zu. Die Stadt war Schauplatz zahlreicher Attentate gegen Mitglieder des Zarenhofs und der russischen Verwaltung; unter anderem wurde Alexander II. hier 1881 ermordet.

Grabmal der letzten Zarenfamilie in der Peter-Paul-Kathedrale

Revolutionäre Parteien und Vereinigungen gründeten sich, die von der Polizei blutig verfolgt wurden. In Sankt Petersburg begann mit dem Petersburger Blutsonntag die Revolution von 19051907. Als Folge wurde die, politisch allerdings einflusslose, zweite Duma der russischen Geschichte in der Stadt eröffnet. Die Februarrevolution fand vor allem in St. Petersburg statt. Das Startsignal für die Oktoberrevolution gibt ein Schuss des Panzerkreuzers Aurora im Petrograder Hafen. Der nahe gelegene Hafen von Kronstadt bildete das Zentrum eines anarchistisch inspirierten Aufstands gegen die Oktoberrevolution, der von Leo Trotzki blutig niedergeschlagen wurde. Lenin erklärte Moskau (wieder) zur sowjetischen und russischen Hauptstadt. Die Bevölkerung der Stadt sank innerhalb weniger Jahre ebenso durch den Bürgerkrieg wie durch den Statusverlust und den Umzug der gesamten Regierung und Verwaltung nach Moskau erheblich.

Leningrad

Datei:Aurora und kadettenakademie.JPG
Panzerkreuzer Aurora vor der Kadettenakademie

Nach dem Tode Lenins wurde die ehemalige Stadt der Zaren in Leningrad umbenannt. Das Machtzentrum der UdSSR verschob sich dennoch immer mehr nach Moskau. Hatten die Funktionäre der KPdSU in Leningrad anfangs noch gesamtstaatlichen Einfluss, änderte sich das mit dem Ausbau der persönlichen Macht Stalins. 1934 wurde im Rahmen der Stalinschen Säuberungen der populäre Leningrader Parteichef Sergej Kirow in seinem Büro ermordet, der ehemaliger Vorsitzende des Petrograder Sowjets Grigori Jewsejewitsch Sinowjew fiel einem Schauprozess zum Opfer, ein andere ehemaliger Vorsitzender des Petrograder Sowjets Leo Trotzki wurde 1940 im mexikanischen Exil ermordet.

Datei:Gedenkstätte belagerung.JPG
Gedenkstätte an die Belagerung der Stadt

Während des 2. Weltkrieges wurde die Stadt 900 Tage lang von deutschen Truppen unter Generalfeldmarschall Wilhelm Ritter von Leeb belagert. In der Zeit der Blockade vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944), in der die Wehrmacht auf Befehl Hitlers keine Eroberung Leningrads versuchte, sondern stattdessen systematisch von jeglicher Versorgung abschnitt, starben über 1 Mio. Zivilisten. Eine geheime Weisung des Oberkommandos der Wehrmacht vom 23. September 1941 lautete: Der Führer ist entschlossen, die Stadt Petersburg vom Erdboden verschwinden zu lassen. Es besteht nach der Niederwerfung Sowjetrusslands keinerlei Interesse am Fortbestand dieser Großsiedlung.

Wiederaufbau unter sowjetischen Vorzeichen: Monumentales Siegesdenkmal der Roten Armee und typische Bauten für die 1970er im Hintergrund

Nahrungsmittel um die Millionenstadt zu versorgen, konnten nur unter großen Gefahren per Flugzeug oder im Winter über den vereisten Ladogasee nach Leningrad gebracht werden. Die Tour über den See lag im Schussfeld der Wehrmacht, im Schnitt kam von drei gestarteten LKW einer in Leningrad an. Besonders dramatisch war die Situation im Jahr 1941. Durch Luftangriffe wurde ein Großteil der Nahrungsmittelvorräte vernichtet, zudem brach der Winter ungewöhnlich früh ein. Die Rationen sanken im Oktober auf 400 Gramm Brot für Arbeiter, 200 Gramm für Kinder und Frauen. Am 20. November 1941 wurden sie auf 250 Gramm, respektive 125 Gramm reduziert. Zudem herrschten Temperaturen von bis zu - 40 Grad Celsius in einer Stadt in der Heizmaterial äußerst knapp war. Allein im Dezember 1941 starben circa 53 000 Menschen, viele von ihnen fielen einfach vor Entkräftung auf der Straße um. Die Dichterin Anna Achmatowa beschrieb 1941 die Stimmung in der Stadt:

Todesvögel stehen in der Luft

da Leningrad um Hilfe ruft

Lärmt nicht, noch kann es atmend sich erheben

hört noch alles ist am Leben

Auf der Ostsee tiefem Grund

stöhnen die Söhne im Schlaf sich wund

"Brot!" - aus innersten irdischen Qualen

dringt dieser Ruf zu den Himmelsschalen

Doch der Himmel hat kein Brot

Und aus den Fenstern blickt der Tod

Während der Belagerung wurden etwa 150 000 Artilleriegeschosse auf die gebeutelte Stadt abgeschossen, etwa 100 000 Fliegerbomben fielen auf die hungernde Stadt.

Englischer Innenstadtplan Leningrads von 1978

Bei Rückeroberungsversuchen der Roten Armee kamen dazu etwa 500 000 sowjetische Soldaten ums Leben. Versuche 1941 und 1942 scheiterten, erst mit der Einnahme von Schlüsselburg am 18. Januar 1943 gelang es wieder eine Versorgungslinie in die Stadt zu etablieren. Die Offensive, die die Stadt befreien sollte, begann am 14. Januar 1944 und konnte am 27. Januar 1944 zum Abschluß gebracht werden. Nach dem Großen Vaterländischen Krieg wurde der Wiederaufbau Leningrads zur Prestigeangelegenheit der Sowjetunion. In den Nachkriegsjahren wurden zahlreiche neue Stadtteile gebaut. 1965 erhielt die Stadt zusätzlich die Auszeichnung als Heldenstadt.

Während sich die politisch wichtigen Ereignisse mittlerweile in Moskau abspielten, blieb Leningrad eine kulturell bedeutende Stadt. 1988 jedoch wurden bei einem Brand in der Akademie der Wissenschaften ungefähr eine Million Bibliotheksbände ein Opfer des Feuers. 1989 wurde die Innenstadt unter Denkmalschutz gestellt.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion

Stadtbild Sankt Petersburg 2004

Nach einer Volksabstimmung in der sich 1991 54% der Bevölkerung für die Annahme des historischen Namens aussprachen, nahm die Stadt wieder ihren ursprünglichen Namen an. Die umgebende Verwaltungseinheit blieb aber weiterhin die Leningrader Oblast. Bei dem Putschversuch gegen Boris Jelzin sammelte der damalige Bürgermeister Anatoli Sobtschak die Anhänger der Demokratie um sich, es kam zu einer großen Demonstration vor dem Winterpalast gegen die Putschisten.

Am 27. Mai 2003 wurde das 300-jährige Jubiläum der Stadt begangen, wozu im Vorfeld die Altstadt und verschiedene Paläste saniert sowie das legendäre Bernsteinzimmer rekonstruiert wurden. Der russischen Stadt gab dafür ein bis zwei Milliarden Euro aus. Am 31. Mai des Jahres eröffnen Wladimir Putin und Gerhard Schröder die Rekonstruktion des Bernsteinzimmers offiziell. Die Stadt stand das erste Mal seit langer Zeit wieder im Zentrum der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Da sich ein Großteil der Renovierungen allerdings auf die Fassaden und die besonderen Prunkstücke konzentrierte sprachen Kritiker davon, dass es sich hierbei um - geschichtlich sowieso eng mit Petersburg verbunden - Potemkinsche Dörfer handelt.

Politik

Innerhalb Russlands ist die Stadt ein eigenständiges Verwaltungssubjekt. Die Spitze der Exekutive bildet der für vier Jahre direkt gewählte Gouverneur der Stadt. Die Legislative besteht aus 50 hauptamtlichen Mitgliedern, die ebenfalls für vier Jahre gewählt werden. Der Vorsitzende der Kammer ist protokollarisch mit dem Gouverneur gleichgestellt.

Der Sitz der Sankt Petersburger Duma im Stadtzentrum

Sankt Petersburg wird von einem in der Stadt gewählten "Gouverneur" regiert, der alle vier Jahre neu gewählt wird. Derzeitiger Amtsträgerin ist seit Oktober 2003 Valentina Matwienko, die Wladimir Jakowlew nachfolgte. Matwienko war die Favoritin der russischen Regierung. Während der hart umkämpften Wahl wurden mehrfach Vorwürfe laut, die russische Regierung würde direkt und indirekt in die Wahl eingreifen. Sowohl wäre Matwienko die einzige, die regelmäßig in den Medien und besonders im Fernsehen vorgestellt würde, zum anderen würden die anderen Kandidaten und ihre Helfer massiv durch die Polizei belästigt und behindert.

1996 war es Wladimir Jakowlew, der Anatoli Sobtschak ablöste. Jakowlew trat 2003 nicht mehr zur Neuwahl an. Sobtschak war ein strikter Reformer der nach-kommunistischen Ära, der aufgrund seines radikal marktwirtschaftlichen Kurses viele Animositäten in der Stadt erzeugte. Sobtschak verweigerte mehrmals die Entlassung Wladimir Putins aufgrund von Korruptionsvorwürfen, als dieser noch in der Stadtregierung arbeitete. Putin organisierte den erfolglosen 1996er-Wahlkampf von Sobtschak.

Jakowlew, ehemaliger Kollege von Putin unter Sobtschak und Putin in gegenseitiger Abneigung verbunden, präsentierte sich als ideologisch ungebundener Pragmatiker. Ob sich das langfristige Ziel der St. Petersburger Politik - eine "Freie und Hansestadt" zu werden, angesicht des stets vorhandenen und unter Putin wieder forcierten Zentralismus Russlands verwirklichen lässt, ist allerdings zweifelhaft.

Sankt Petersburg ist außerdem Verwaltungssitz der Leningrader Oblast und des Föderationskreises Nordwestrussland.

Bevölkerung

Laut offizieller Statistik vom 1. Januar 2002 hat Sankt Petersburg 4,6 Millionen Einwohner. Das sind etwa 3% der gesamten Einwohnerzahl Russlands. Das durchschnittliche Monatseinkommen 2003 betrug offizielle 6179 Rubel (entsprach etwa 176 Euro).

St. Petersburg war seit seiner Gründung eine Stadt großer sozialer Gegensätze. Seit der Perestroika und dem Untergang der Sowjetunion brechen diese wieder verschäft auf. Menschen, die betteln oder auf der Straße ihr letztes Hab und Gut verkaufen sind zwar seit dem Stadtjubiläum aus der Innenstadt vertrieben, gehören etwas weiter draußen aber zum alltäglichen Straßenbild. Etwa 15% der Bevölkerung leben in so genannten Kommunalkas, Gemeinschaftswohnungen in denen sich viele Familien eine Wohnung, eine Küche und ein WC teilen müssen, meist besitzt jede Familie nur ein einziges Zimmer. In der Innenstadt selbst allerdings kosten Wohnungen zwischen 700 und 1500 US-Dollar im Monat, sogar unter diesen Bedingungen ist dort kaum etwas zu finden.

In St. Petersburg gilt eine Zuzugssperre - Wohnrecht in der Stadt erhält nur, wer Wohnung und Arbeit nachweisen kann oder mit einem Einwohner verheiratet ist. Die Internationale Arbeitsorganisation schätzt, dass in der Stadt im Jahr 2000 etwa 16 000 Straßenkinder lebten.

Die ehemals multikulturell geprägte Stadt ist heute überwiegend von Russen bewohnt. Laut offizieller Statistik sind 89,1% der Einwohner Russen. Dazu kommen 2,1% Juden, 1,9% Ukrainer, 1,9% Weißrussen sowie kleinere Gruppen von Tartaren, Kaukasiern, Usbeken, Wepsen und Finnen.

Nach Schätzungen sind 2004 trotz jahrelanger staatlich verordneter Religionsfeindschaft nur noch 10% der Bevölkerung Atheisten. Der allergrößte Teil des Restes ist Russisch-Orthodox, wobei es in der Stadt aber heftige Auseinandersetzungen zwischen Traditionalisten und Reformern gibt. Die Kirchengebäude gehören überwiegend dem russischen Staat. Da Peter der Große es untersagt hatte, findet sich in der ganzen Stadt nur ein einziger Zwiebelturm - er befindet sich an der Stelle, wo Zar Alexander II. ermordet wurde und die Auferstehungskirche für ihn errichtet wurde.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohnerzahl
1800 220,200
1830 435,500
1850 487,300
1881 928,000
1900 1,440,000
1915 2,348,000
1920 763,900
1925 1,379,000
2002 4,700,000

Kultur

Alexandra-Theater am Ostrowski-Platz

Sankt Petersburg war eine Stadt in der Literatur, Musik und Theater Weltgeltung hatten.

In der Stadt befinden sich immer noch 40 verschiedene Theater. Das Marinski Theater ist eines der bekanntesten Opernhäuser der Welt. Es ist die Heimat des Kirow Balletts.


In der Stadt lebten und arbeiteten die Komponisten Michail Glinka, Modest Mussorgski, Nikolaj Andrejewitsch Rimski-Korsakow, Pjotr Iljitsch Tschajkowski, Igor Strawinsky und Dmitri Schostakowitsch. Besonders verbunden mit der Stadt ist unter anderem Schotakowitschs siebte oder Leningrader Symphonie'; entstanden während der Belagerung durch die Deutschen, war sie ein Ausdruck des Durchhaltewillens und der russischen Kultur. Die Uraufführung fand in Moskau ebenfalls unter Lebensgefahr für Aufführende und Zuhörer statt, am 8. August 1942 wurden die Orchesterpartituren durch die deutsche Blockade hindurch in die Stadt geschafft, das Konzert im gesamten sowjetischen Rundfunk übertragen.

Grabmal Rimski-Korsakows auf dem Gelände des Alexander-Newski-Klosters

Die Stadt ist ebenfalls einer der wichtigsten Orte für die Entwicklung des Balletts. Sergej Pawlowitsch Diaghilew, Marius Petipa, Waslaw Nijinsky, Mathilda-Maria Kschessinskaja und Anna Pawlowa waren maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt.

Zu ihren Bewohnern zählten unter anderem die folgenden herausragenden Schachspieler: Michail Botwinnik (langjähriger und mehrmaliger Weltmeister zwischen 1948 und 1963), Boris Spasski (Weltmeister von 1969-1972 und bekannt durch das Match mit Robert J. Fischer (USA) 1972 in Reykjavik, das wegen des damals existierenden Ost-West-Konfliktes weltweites Interesse erregte), sowie Viktor Kortschnoi (heute Schweiz), langjähriger Vize-Weltmeister und Emigrant aus der UdSSR. Kortschnoi erlangte internationale Bekanntheit wegen der Duelle mit Anatoli Karpow um die WM 1978 in Baguijo und 1980 in Meran, welchen grosse politische Brisanz innewohnte. Der Titel eines Schach-Großmeisters wurde erstmal nach einem Turnier in der Stadt verliehen. Zar Nikolaus II. erfand den Titel und verlieh ihn auch.

Karpow lebte lange Jahre in Leningrad, wo er auch studierte. Der Film Russian Ark wurde komplett in der Eremitage gedreht.

Literatur

Die Stadt besitzt mehrere eindrucksvolle Bibliotheken. Die 1795 gebaute Saltikow-Schtschdrin-Bibliothek wurde einst als russische Nationalbibliothek gegründet, ist heute mit einem Bestand von 30 Millionen Werken nach der Lenin-Bibliothek in Moskau die zweitgröße Russlands. Sie bietet Bücher in 85 Sprachen, darunter auch das erste Buch in russisch überhaupt, eine Handschrift aus dem Jahr 1057. Die 1714 gebaute Bibliothek der Akademie der Wissenschaften besitzt ebenfalls einen Bestand von 17 Millionen Bänden. Die Puschkin-Bibliothek ist mit 5 000 Werken zwar deutlich kleiner, besitzt dafür aber einen eindrucksvollen Bestand von Werken aus der privaten Bibliothek des Dichters.

Zahlreiche der bekanntesten russischen Künstler haben in Sankt Petersburg gelebt und gearbeitet. Darunter Literaten wie Alexander Puschkin, Fjodor Dostojewskij, Anna Achmatowa, Alexander Blok, Joseph Brodsky.

Der "Petersburger Text"

Petersburg, als Zarenstadt als über Jahrhunderte kulturelles Zentrum Russlands, zog auch eine große Zahl an Schriftstellern an, die die Stadt literarisch verewigten. Nachdem ihn den ersten Jahrzehnten nach dem Bau der Stadt den Zaren preisende Auftragslyrik das Bild bestimmte, begann 1833 mit Alexander Puschkins Gedicht Der eherne Reiter eine andere Art der Literatur dominant zu werden. Das Gedicht thematisiert den russischen Beamten Jewgeni, der am Reiterstandbild Peters des Großen, dem Wahrzeichen der Stadt, zur Zarenbeschimpfung ansetzt. Doch er erregt den Zorn der Statue.

Und auf des Hengstes blankem Rücken

Mit der emporgestreckten Hand

Ihn vorwärts treibend mit den Blicken

Braust funkensprühend der Gigant

Der arme Irre hastet weiter

Wohin auch immer er sich kehrt,

Der eherne, erzürnte Reiter

Folgt überall auf seinem Pferd

Datei:Grab stasov.JPG
Grabmal Waldimir Stasows, bedeutendster Petersburger Literaturkritiker des 19. Jahrhunderts

Diese späteren Texte haben eine verblüffende Ähnlichkeit was Motive, Sprache, Athmosphäre aber auch oft den Sinn ergibt - soviel Ähnlichkeit, dass die Literaturwissenschaft dafür den Begriff Petersburger Text geprägt hat. Der Allgegenwart der Macht des Zaren und des russischen Staatsapparates, die Beamten- und Soldatenstadt, ist ebenso ein stetig wiederkehrendes Thema, wie der Wahnsinn, Hochwasser und Überschwemmung, Zerstörung, Untergang, Fieberwahn und (Alp-)Traumstadt. Viele Literaten attestieren der Stadt eine gewisse Unwirklichkeit, eine Aura dessen, dass sie nicht ganz real ist. Das beginnt schon mit dem Mythos, die Stadt sei in der Luft gebaut worden und erst danach auf die Erde gesenkt, da man in diesem Gelände eigentlich gar nicht bauen könne. Literatur-Nobelpreisträger Joseph Brodsky attestiert: "Es gibt keinen Ort in Russland, wo die Imagination sich mit solcher Leichtigkeit von der Realität ablöst, Nikolai Gogol sagt bereits 1835 über den Newski-Prospekt: Hier ist alles Trug, alles Traum, alles nicht das, was es scheint.

Allein der Plan, eine Großstadt am Ende der Welt inmitten von Sümpfen zu bauen, gibt St. Petersburg diesen Gründungsmythos mit, der die literarische Stimmung bis zur Oktoberrevolution bestimmt. Selbst Giacomo Casanova ließ sich von der Stimmung der Stadt beeinflussen. 1764 schrieb er: Alles erschien mir, als hätte man es schon als Ruine gebaut. Man pflasterte die Straßen und wusste, dass man sie sechs Monate später erneut würde Pflastern müssen.

Grabmal Dostojewskis in Sankt Petersburg. Auf dem unteren Stein sind die ersten Zeilen von "Die Brüder Karamasow" zu lesen.

Besonders bekannte Nachfolger Puschkins waren in dieser Tradition Nikolaj Gogol und dessen Petersburger Erzählungen sowie der wahrscheinlich berühmteste Schriftsteller der Stadt, Fjodor Dostojewski, dessen Romane Weiße Nächte, Arme Leute, Der Doppelgänger. Ein Petersburger Poem, Der Idiot und Verbrechen und Strafe in der Stadt spielen. Dostojewskis Charakter Raskolinkow nahem die Stadt war: Es wehte ihn daraus immer eine rätselhafte Kälte an, dieses prächtige Panorama war für ihn mit einem stummen, dumpfen Geist erfüllt.

Mit der Oktoberrevolution und der Verlagerung der Hauptstadt entstehen weiterhin literarische Werke hoher Bedeutung, die allerdings nicht mehr den typischen Petersburger Text wiederspiegeln. Alexander Bloks Erzählung Die Zwölf von 1918 schildert den Marsch von zwölf Rotarmisten durch die Stadt an deren Spitze schließlich Jesus erscheint. Daniil Charms einer der letzten Vertreter der frühen russischen Avantgarde verfasste neben Die Komödie der Stadt Petersburg auch zahlreiche kurze Stücke. Eines, An der Quaimauer greift wiederum die klassischen Motive des Petersburger Textes auf:

Am der Quaimauer unseres Flusses hatte sich

eine sehr große Menschenmenge versammelt

In den Fluß gefallen war der Regimentskom-

mandeur Sepunow. Er verschluckte sich in

einem fort, sprang bis zum Bauch aus dem Wasser.

...

"Er geht unter", sagte Kusma

"Klar geht er unter", bestätigte ein Mann mit einer Schirmmütze.

Und tatsächlich, der Regimentskommandeur

ging unter

Die Menge begann sich zu verlaufen.

Der gebürtige Petersburger Vladimir Nabokov kehrt in seinen Büchern immer wieder an den Ort seiner Kindheit zurück. Anna Achmatowa, Marina Zwetajewa, Ossip Mandelstam, Welimir Chlebnikow, Sergej Jessenin und Joseph Brodsky verewigen die Stadt lyrisch. Ebenso wie eine Stadt der Literatur war die Stadt auch immer eine der verfolgten Literatur. Bereits Dostojewski und Puschkin wurden vom Zar verfolgt, nach der Oktoberrevolution wurden zahlreiche Literaten ermordet, bekamen Berufsverbot oder, sofern es ihnen möglich war, wanderten aus. Ossip Mandelstam bemerkte: Kein anderes Land nimmt Poesie so wichtig wie Russland, nirgendwo sonst werden ihretwegen so viele Menschen umgebracht.

Die Eremitage

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Wassili Kandinsky: Composition VI, in der Eremitage

Von den ungefähr 250 Museen der Stadt ist die Eremitage mit 3 bis 4 Millionen Besuchern im Jahr das bestbesuchte und wohl auch international bedeutendste. Die Eremitage ist eines der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt. Sie beherbergt eine immens große Sammlung der europäischen bildenden Kunst bis 1917.

Der Winterpalast in dem sie untergebracht ist, ist dabei eine eigene Sehenswürdigkeit. In ihrem Archiv beherbergt sie mehr als 2,7 Millionen Ausstellungsstücke. In den 350 Ausstelungsräumen sind davon 65 000 organisiert in sechs Sammlungen ausgestellt. Es sind Sammlungen über Prähistorische Kultur, Kunst und Kultur der Antike, Kunst und Kultur der Völker des Ostens, Westeuropäische Kunst und Russische Kunst zu sehen. Da der größte Teil der russischen Kunst mittlerweile in das russische Museum ausgelagert wurde, ist die westeuropäische Kunst und Kultur der bedeutsamste Teil der Sammlung.

In ihr befinden sich unter anderem Werke von Leonardo da Vinci, Raffael, Tizian, Paolo Veronese, El Greco, Goya, Lucas Cranach der Ältere, Rubens, 25 Werke von Rembrandt und diverse seiner Schüler, Henri Émile Benoît Matisse, Pierre-Auguste Renoir, Paul Gauguin, ungefähr ein Dutzend Bilder von Pablo Picasso, sowie Bilder von Édouard Manet oder Wassily Kandinsky.

Das Museum entstand als Privatsammlung der Zaren, seit 1852 war es als öffentliches Museum zugänglich. Nach der Oktoberrevolution wurden zahlreiche Privatsammlungen enteigneter russischer Adliger in die Eremitage überführt. Die Belagerung der Stadt bestanden die Bestände weitgehend unbeschadet im Keller des Museums, die wertvollsten Stücke wurden ausgelagert. 1948 wurden die Kunstbestände weiterhin aufgestockt durch einen großen Teil der Sammlung des Museums für neue westliche Kultur in Moskau. Von den vielen Touristenzielen der Stadt ist das Museum wahrscheinlich das bedeutendste. Es besteht eine langfristige Zusammenarbeit mit dem Guggenheim-Museum.

Architektur

Sankt Petersburg: Auferstehungskirche

Bauzustand und Denkmalschutz

Sankt Petersburg war jahrhundertelang der Sitz der russischen Zaren. In der Stadt entfalteten sie die ganze Pracht ihres immensen Reichtums, von denen bis heute zahlreiche Zeugnisse zu sehen sind. Im Rahmen der 300-Jahr-Feier im Jahr 2003 wurden zahlreiche der Sehenswürdigkeit aufwändig restauriert. Die Stadt besitzt neben den 250 Museen auch ungefähr 4 000 geschützte Kultur- Geschichts- oder Baudenkmäler. 15% der Gebäude in Sankt Petersburg - 2400 Gebäude - wurden von der Unesco zu Denkmälern der Architekturgeschichte eingestuft. Damit wird Petersburg in dieser Hinsicht nur noch von Venedig übertroffen. Die Stadt hat allerdings Probleme, die Kosten für die Erhaltung dieser Baudenkmäler zu decken. Neben der schieren Menge kommen auch andere Probleme: teilweise sind die Häuser nach der Sowjetzeit in einem desaströsen Bauzustand und müssen dementsprechend aufwändig restauriert werden. Zum anderen sorgt die Industrie und der starke innerstädtische Verkehr für eine starke Luftverschmutzung, die insbesondere den Fassaden zusetzt. Obwohl seit 2004 Anstrengungen unternommen werden, zumindest einige Baudenkmäler zu privatisieren, gehören immer noch etwa 80% aller Petersburger Immobilien dem russischen Staat.

Vorherrschende Stilrichtungen

Die Stadt ist vergleichsweise jung und architektonisch stark von westeuropäischen Einflüssen geprägt. Besonders finden sich im Stadtbild bauten eines relativ schmucklosen Frühbarock, eines voll ausgeprägten Barocks, im Klassizismus und Jugendstil. Die Bauten zu Peters Zeiten (beispielsweise die Peter-Pauls-Festung oder die Zwölf Kollegien) sind vom Europäischen Barock beeinflusst haben jedoch meist einfachere Grundrisse und verzichten weitgehend auf Außenschmuck. Einzig die Farbgebung setzt hier einen Kontrapunkt. Später bildete sich der Russische Barock zu voller Blüte aus. Die Gebäude wurden dreifarbig, auch an den Fassaden reich geschmückt, die Grundrisse werden komplizierter. Baumeister dieser Zeit sind vor allem Bartolomeo Francesco Rastrelli aber auch Savva I. Tschewakinski. Typische Bauten dieser Zeit sind der Winterpalast, der Katharinenpalast, der endgültige Ausbau von Peterhof. Die klassizistische Bauten sind wieder dezenter und weniger verspielt. Die Formen gehen von einfachen geometrischen Grundformen aus. Als Paradebeispiel gilt die Rossi-Straße: sie ist 220 Meter lang, 22 Meter breit, die sie säumenden Gebäude sind 22 Meter hoch, ihre Fenster je 2,20 Meter groß. In dieser Zeit entstehen ganze Ensembles wie der Schloßplatz oder das gesamte Viertel um das Alexandratheater. Bedeutendster Architekt dieser Zeit ist der Italiener Carlo Rossi. Eine eher russische Variante des Stils wird vor allem von Wassili P. Stassow geprägt. Im Jugendstil schließlich und der Petersburger Moderne - einer späteren Variante des Klassizismus - werden weniger Prunkbauten errichtet, aber ein Großteil der Wohnbebauung in der Innenstadt läßt sich diesen Stilperioden zurechnen. Nach der Oktoberrevolution und speziell beim Wiederaufbau nach 1945 werden zwar die alten Gebäude restauriert, die Neubauten allerdings unterscheiden sich außer in Größe und Menge nicht mehr von dem was sonst in der Sowjetunion gebaut wurde.

Stadtrundgang

Der Newskij Prospekt, die Hauptstraße der Stadt, erstreckt sich von der Admiralität, beziehungsweise der Eremitage nebst "Dvorzovaja Ploshtshad"-dem Parade- und Schlossplatz bis zum Alexander-Newski-Kloster, der sogenannten Lavra. Benannt sind beide nach dem russischen Volkshelden Alexander Jaroslawitsch Newski. Zu den am Newskij Prospekt gelegenen Sehenswürdigkeiten zählen unter anderem auf der linken Strassenseite das Dom Knigi (Haus der Bücher), rechts die Kasaner Kathedrale und das Kaufhaus Gostinyj Dvor. Etwas weiter stößt der Prospekt dann auf den "Ploshtshad Vosstania", dem Ort des Dekabristenaufstands von 1820. Der Newski-Prospekt wird von folgenden Kanälen geschnitten:

Die Admiralität. Die Spitze ist vom größten Teil des Newski-Prospekts aus gut zu erkennen.

1) Der Kanal "Moika" in Höhe der Kasaner Kathedrale. Auf der linken Seite, also gegenüber der Kathedrale, sieht man am Ufer der Moika in geringer Entfernung die Christi-Auferstehungskirche, die der Kathedrale am Roten Platz in Moskau äusserlich sehr ähnelt. Am Ufer der Moika befindet sich ebenfalls das Haus in dem der russische Nationaldichter Puschkin lebte, und nach einer schweren Verwundung in einem Duell mit dem Franzosen Dantes auch verstarb 2) Der Kanal "Gribojedova". Links (östlich) davon erstreckt sich das Marsfeld, der Sommergarten mit dem Sommerpalast und der Wladimir-Palast. 3) Der Kanal "Fontanka", den die Anitschkow-Brücke überspannt. Hier befindet sich auch der gleichnamige Palast, in dem der bekannte Schachtrainer Zak, unter anderem mit dem späteren Weltmeister Spasski arbeitete. Unweit des Newski-Prospekts liegen weitere Sehenswürdigkeiten. Dies sind das Russische Museum, das sich neben der Christi-Auferstehungskirche befindet, die Isaakskathedrale die sich unmittelbar an die Admiralität und die Eremitage anreiht, die Peter-und-Pauls-Festung-eine befestigte Insel, auch Haseninsel genannt, auf der dem Prospekt gegenüberliegenden Seite der Newa mit zugehöriger Kathedrale, in der Zaren und Grossfürsten beerdigt wurden. In einer Kapelle der Kathedrale wurde auch der letzte Zar Nikolaus II mit seiner Familie und seiner Dienerschaft beigesetzt. In der Festung wurden schliesslich auch zahlreiche Prominente der russischen Geschichte (zum Beispiel die Dekabristen, Michail Bakunin oder Peter Kropotkin ) festgehalten. Der Panzerkreuzer Aurora kann auf derselben Newa-Seite nordwestlich der Festung besichtigt werden.

Aufnahme von der Newa aus: Reiterstandbild Peter des Großen ("Der eherne Reiter", Isaakspark und Isaakskathedrale

Der eherne Reiter, der Smolnyj, die Rossistraße, und wie bereits erwähnt der Sommergarten, und die Christi-Auferstehungskirche befinden alle auf der südlichen Newa-Seite. Besonders lohnend ist ein Spaziergang durch die Stadt während der weißen Nächte im Sommer.

In der südlich beziehungsweise süd-westlichen Umgebung Sankt Petersburgs sind der Peterhof, Pawlowsk und Zarskoje Selo (Puschkin) beliebte Ausflugsziele. Im Letzteren kann man im Katharinenpalast das legendäre Bernsteinzimmer bewundern. Der Peterhof ist eine direkt am Meer gelegene weite Schlossanlage mit Palast, Schlosskirche, Orangerie, kleinen Lustschlössern wie "Mont Plaisir", "Marly" und einer besonders schönen Fontainen-Anlage in Hanglage, der sogenannten Kaskade, mit herrlichen vergoldeten wasserspeienden Bronzeskulpturen. Leider wurden der Peterhof, das Schloss Pawlowsk, sowie der Katharinenpalast im Verlauf des Zweiten Weltkrieges von den deutschen Besatzern zu grossen Teilen verwüstet, und nach dem Krieg in mühevoller Kleinarbeit wieder aufgebaut und restauriert. Vom Witebsker Bahnhof aus, lassen sich Pawlowsk und Puschkin leicht mit dem Zug, der "Elektritshka" erreichen. An dieser Bahnstrecke befindet sich der Halt "21 km", der an der südlichen Belagerungslinie der Stadt im 2.Weltkrieg gebaut wurde. Neben den Gleisen erinnern gegen Süden gerichtete damalige Kanonen an die deutsche Belagerung.

Der Komplex der Eremitage. Von links nach rechts: Eremitage-Theater - Alte Eremitage - Kleine Eremitage - Winterpalast (die "Neue Eremitage" liegt nicht sichtbar hinter der Alten Eremitage)

Bildung

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Akademie der Wissenschaften auf der Wassili-Insel (Heute nur noch eine Außenstelle der Moskauer Akademie)

Sankt Petersburg war historisch das Zentrum der russischen Wissenschaft und ist neben Moskau immer noch der wichtigste Bildungs- und Wissenschaftsstandort. In der Stadt sind über 120 Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen ansässig. Davon sind 43 staatlich-zivil, 22 militärisch und etwa fünfzig werden privat betrieben, sind aber staatlich lizensiert. Zu den bekannteren Universitäten gehören die Staatliche Universität St. Petersburg, die Technische Universität, die Elektrotechnische Universität und die Seefahrts-Technische Universität.

In der Stadt sind etwa 600 000 Einwohner in Bildung und Wissenschaft beschäftigt, darunter sind ungefähr 340 000 Studierende. Schwerpunkte der Einrichtungen sind Schiffbau (Spitzenreiter der Branche in St. Petersburg), Radioelektronik (vor allem in der Luft- und Raumfahrt), Neue Baustoffe (eine der vorrangigen Wachstumsbranchen), Energiemaschinenbau (Branchenbetriebe sind weltweit wettbewerbsfähig), Medizinischer Gerätebau, Vorbeugungsmedizin und Gesundheitswesen sowie Ökologisches Engineering.

Näheres siehe Liste weiterführender Bildungseinrichtungen in St. Petersburg.

Die Stadt beherbergte zahlreiche Nobelpreisträger, darunter als letzten Zhores I. Alferov, den Nobelpreisgewinner für Physik im Jahr 2000.

Wirtschaft und Verkehr

Wirtschaft

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Industrie und Straßenverkehr am Obwodni-Kanal, nähe Baltischer Bahnhof. (Auf dem Foto nicht zu bemerken ist der dort vorhandene bestialische Gestank von Autoabgasen)

Sankt Petersburg ist ein Verkehrsknotenpunkt und ein Zentrum russischer Forschung und Entwicklung. Auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der russischen Rubelkrise von 1998 konnte die Stadt große Teile ihres Potenzials retten. In Sankt Petersburg finden sich Betriebe fast aller Zweige der verarbeitenden Industrie, ein besonderer Schwerpunkt liegt aber auf dem Schiff- und Maschinenbau. Unter anderem werden alle russischen Atomgetrieben Eisbrecher in der Stadt gefertigt. Außerdem besitzt die Stadt Möbelindustrie, Nahrungsmittelindustrie (zum Beispiel die bekannte Brauerei Baltika) und erdölverarbeitende Industrie. In den letzten Jahren beginnt die Informationstechnologie eine größere Rolle einzunehmen.

In der Stadt haben an ausländischen Unternehmen unter anderem Wrigley, Gilette, Rothmans, Unilever, Japan Tobacco, Coca-Cola und Ford nennenswerte Investitionen getätigt. Der Ford Focus wird hier gefertigt. Wichtigster Außenhandelspartner der Stadt ist Deutschland.

An Rohstoffen finden sich Kies, Sandstein, Ton und Torf. Die Landwirtschaft spielt keine Rolle in der lokalen Wirtschaft.

Tourismus: Markt mit Souvenirs/Getränken bei Peterhof

In der Sowjetunion war St. Petersburg der Hauptflottenstützpunkt, noch heute befindet sich der Großteil der ehemaligen Schlachtschiffe und U-Boote in den Petersburger Militärhäfen. Das erste Dieselmotorschiff der Welt, die Vandal, lief von Rybinsk kommend ab 1903 planmäßig St. Petersburg an. Vor der Perestroika bildete der rüstungsindustrielle Komplex 80 Prozent der Leningrader Wirtschaft.

Tourismus wird ein zunehmend wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Stadt. Laut der UNESCO gehört die Stadt zu den zehn für Touristen attraktivsten Reisezielen weltweit.

Das Optik-Kombinat begründete mit der Produktion der LOMO Compact Automat, eine eigene Stilrichtung der Fotografie, die Lomographie.

Verkehr

Wie viele Metropolen leidet Sankt Petersburg unter stetig zunehmenden Straßenverkehr. Einer der täglichen Staus (hier an der Fontanka)

Sankt Petersburg ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hierbei stellt es einen wichtigen Verknüpfungspunkt zwischen Seeschifffahrt (größter Hafen Russlands mit Bedeutung für den ganzen osteuropäischen- und nordasiatischen Raum) und der Eisenbahn dar. Von Sankt Petersburg aus fahren Fähren nach Kaliningrad, wofür kürzlich ein großes Fährterminal eingeweiht wurde. Weitere Fährverbindungen bestehen nach Stockholm, Helsinki, Kiel und andere Hafenstädte an der Ostsee. Die wichtigen Vorhäfen von Sankt Petersburg befinden sich an der Ostsee in Ust-Luga und in Wyssozk. Über die Newa und verschiedene Kanäle bestehen schiffbare Verbindungen zum Ladogasee, zur Wolga und zum Weißen Meer. Hierfür fahren die Schiffe nachts durch das Stadtgebiet, wofür Klappbrücken hochgeklappt werden.

Die erste russische Eisenbahn überhaupt führte von Sankt Petersburg nach Zarskoje Selo. Vor dem ersten Weltkrieg fuhr der Nord-Express direkt von St. Petersburg nach bis nach Paris. Heute bestehen Eisenbahnlinien führen nach Murmansk (Ladogabahnhof), Kirow, Moskau (Moskauer Bahnhof), Tallinn (Baltischer Bahnhof), Berlin (Witebsker Bahnhof)und Helsinki (Finnischer Bahnhof).

Sankt Petersburg besitzt zwölf Autobahnen. Zur Zeit wird eine weitere um die Stadt herum gebaut. Das russische KfZ-Zeichen lautet "78".

Etwa zwölf Kilometer südlich von der Innenstadt liegen die Flughäfen Pulkowo I (Inlandsflüge) und Pulkowo II (Auslandsflüge). Von ihnen aus fliegt Pulkovo Airlines, von Pulkowo II auch zahlreiche ausländische Airlines.

Die Metro hat 4 Linien, eine verbindet St. Petersburg mit einem Dorf in der Leningrader Oblast. Aufgrund der Lage im Sumpf und der notwendigkeit die Tunnel im festen Gestein graben zu müssen ist die - 1955 gegründete - Metro die tiefste U-Bahn der Welt. Außerdem gibt es zahlreiche Bus- und Trolleybuslinien sowie eines der größten Straßenbahnnetze der Welt. Der größte Anteil des bodengebundenen Reisendenstroms gehört aber den Linientaxis ("Marschrutna"). Sankt Petersburg besitzt ein S-Bahnnetz (Elektritschka).

Partnerstädte

St. Petersburg unterhält Städtepartnerschaften mit folgenden Städten:

Persönlichkeiten

Sankt Petersburg war Geburts- und Wohnort zahlreicher russischer und internationaler Adliger, Politiker, Künstler und Wissenschaftler. Zu den bekanntesten von ihnen gehören Vladimir Putin, Fjodor Dostojewski, Alexander Puschkin, alle Zaren seit 1718, Leonhard Euler oder Iwan Pawlow. Siehe auch Liste bekannter Sankt Petersburger.


Literatur

  • Creutzberger, Stefan u.a. 2000. St. Petersburg, Leningrad, St. Petersburg Hamburg, Deutsche Verlags-Anstalt. ISBN 3421053588. (Aufsatzsammlung über die Stadt. Thematisch reicht der Bogen über die "klassischen" Petersburger Themen bis zum Judentum in der Stadt oder die Underground-Musikszene.
  • Figes, Orlando. 2003. Nataschas Tanz - eine Kulturgeschichte Russlands. Berlin; Berlin Verlag. ISBN 382700487X Exzellente Kulturgeschichte Russlands, die seit dem 18. Jahrhundert untrennbar mit der Entwicklung Sankt Petersburgs verbunden ist.
  • Jahn, Peter (Hrsg.). 2004. Blockade Leningrads 1941-1944 Berlin, Ch. Links Verlag. ISBN 3861533243 (Begleitband zu einer Ausstellung des deutsch-russischen Museums. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der deutschen Ziele und des Alltags in der belagerten Stadt)

Darüber hinaus bieten alle großen und auch viele kleinere Anbieter von Reiseführern Ausgaben zum Thema Sankt Petersburg an. Welcher empfehlenswert ist, dürfte in hohem Maße von den Ansprüchen und Bedürfnissen des Lesers abhängen.

Englisch

  • Clark, Katerina. 1998. Petersburg: Crucible of Cultural Revolution Harvard University Press ISBN 0674663365 (Konzentriert sich auf die künstlerischen Avantgarde-Strömungen, die kurzzeitig zur Zeit der Oktoberrevolution aufblühten)
  • Volkov, Solomon. 1995. St. Petersburg: A Cultural History. Free Press ISBN 0684832968 (Ausführlicher und leicht exzentrischer Überblick über die gesamte Kulturgeschichte der Stadt - englisch)

Sankt Petersburg literarisch

  • Brodsky, Joseph: Erinnerungen an Leningrad. Frankfurt/Main. Fischer Taschenbuch ISBN 3596295394 (Erinnerungen des Literatur-Nobelpreisträgers an seine Kindheit im Nachkriegs-Leningrad)
  • Dostojewski, Fjodor: Schuld und Sühne oder in neueren Übersetzungen Verbrechen und Strafe. Klassiker der Weltliteratur, der vor allem mit den dunklen Seiten der Stadt im 19. Jahrhundert spielt. Zahlreiche Ausgaben.
  • Gogol, Nikolai: Petersburger Novellen. Vier Novellen von einem der Begründer der russischen Prosaliteratur. Insbesondere "Die Nase" und "Der Mantel" gehören zu den Klassikern der russischen Literatur. Verschiedene Ausgaben.
  • Keller, Christoph (Hrsg). 1999. Petersburg erzählt. Frankfurt/Main, Fischer Taschenbuch Verlag. Sammlung von Kurzgeschichten über und aus St. Petersburg mit einem Nachwort zur Stadt und Literatur allgemein. Enthält u.a. Beiträge von Iwan Bunin, Ossip Mandelstam, Vladimir Nabokov und zeitgenössischer Autoren ISBN 3596132363
  • Puschkin, Alexander: Der eherne Reiter. Gedicht, das zu den Klassikern der russischen Literatur zählt. Zahlreiche Literaturwissenschaftler sehen in dem Gedicht den Beginn der modernen russischen Literatur. In zahlreichen Anthologien enthalten.