De-facto-Regime
Als Stabilisiertes De-facto-Regime wird in der Politikwissenschaft ein Herrschaftsverband, der alle Merkmale eines Staates im Sinne der Drei-Elemente-Lehre Georg Jellineks (Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt) aufweist, der aber nicht als Staat anerkannt wird.
Verschiedentlich wird angeführt, eine Anerkennung stabilisierter De-facto-Regime bedeute eine unzulässige Einmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten. Vom rechtlichen Standpunkt aus betrachtet ist diese Aussage aber fragwürdig, da sich das Staatswesen desjenigen Staates, in dessen Angelegenheiten die Einmischung behauptet wird, gar nicht mehr auf das Gebiet des anzuerkennenden Staates erstreckt.
Die Anerkennung eines stabilisierten De-facto-Regimes de jure ist keine Voraussetzung für seine Staatlichkeit. Das Fehlen der Anerkennung berührt folglich seinen völkerrechtlichen Status als Staat nicht, sondern bedeutet allein eine faktische Einschränkung der außenpolitischen Handlungsspielräume. Allerdings stellt eine Nichtanerkennung durch einen Großteil der anerkannten Staaten ein wichtiges Indiz für die Beantwortung der Frage dar, ob die drei Merkmale der Staatlichkeit im konkreten Fall tatsächlich erfüllt sind.
Jedoch sind Gründe für die Nichtanerkennung zumeist politischer oder wirtschaftlicher Natur. So führt die weltweit überwiegend akzeptierte Ein-China-Politik der Volksrepublik China dazu, dass der Republik China die Anerkennung verwehrt bleibt, obwohl diese de facto weitgehend zweifelsfrei ein eigenständiger Staat ist. So nennen sehr viele der UN-Mitgliedstaaten Taiwan häufig mit Rücksicht auf die VR China ein "De-facto-Regime" (was die Republik China als herabsetzend ablehnt).
Beispiele
Folgende Herrschaftsverbände werden verschiedentlich als Beispiele für stabilisierte De-facto-Regime genannt, wobei allerdings das Vorliegen der Merkmale eines Staates bei ihnen teilweise umstritten:
- Abchasien
- Republik Bergkarabach
- Südossetien
- Republik China auf Taiwan
- Transnistrien
- Türkische Republik Nordzypern
- Somaliland
Siehe auch
Literatur
- Jochen Abr. Frowein: Das de-facto-Regime im Völkerrecht: Eine Untersuchung zur Rechtsstellung „nichtanerkannter Staaten“ und ähnlicher Gebilde. Carl Heymann, Köln 1968.
- Noelle Quénivet: Konstituierung staatsähnlicher Gebilde? Fallbeispiele aus der ehemaligen Sowjetunion. In: Volker Epping, Hans-Joachim Heintze (Hrsg.): Wiederherstellung staatlicher Strukturen in Nach-Konflikt-Situationen. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-8305-1195-3, S. 139–169.
- Michael Schoiswohl: Status and (Human Rights) Obligations of Non-Recognized De Facto Regimes in International Law: The Case of 'Somaliland'. Martinus Nijhoff, Leiden 2004, ISBN 90-04-13655-X.