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Franz Liszt

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Franz Liszt, Lithografie von Devéria, 1832

Franz Liszt [ˈlist] (* 22. Oktober 1811 in Raiding, damals Königreich Ungarn, heute Österreich (Burgenland); † 31. Juli 1886 in Bayreuth, im Ungarischen Liszt Ferenc), war Komponist, Dirigent, Musikschriftsteller und einer der berühmtesten Pianisten der Romantik. Er wird als eine der schillerndsten Künstlerpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts betrachtet[1] und ist als solche in die Literatur- und Filmgeschichte eingegangen. Mit seiner pianistischen Technik hatte er großen Einfluss auf die kommende Generation von Pianisten. Unter seinen Schülern befanden sich viele bedeutende Pianisten der zweiten Hälfte des 19. und der ersten des 20. Jahrhunderts.[2] Seit seiner Nobilitierung durch Kaiser Franz Joseph I. im Jahre 1859 lautete sein vollständiger Name Franz Ritter von Liszt.[3]

Das Wunderkind

Franz Liszt war der einzige Sohn des Verwaltungsbeamten Adam Liszt und seiner Frau. Die Stadt Raiding gehörte zu der Zeit zum Königreich Ungarn; gleichwohl wurde bei Liszts, die der deutschen Minderheit in Ungarn angehörten, zu Hause nur Deutsch gesprochen. Auch der Schulunterricht, den ihm der Dorfkaplan erteilte, erfolgte in deutscher Sprache. Ein paar Brocken Ungarisch lernte Liszt erst im Erwachsenenalter. Im späteren Leben verwendete er oft die französische Sprache.

Als Kleinkind fiel Liszt zunächst nur durch Kränklichkeit auf. Sein Vater notierte später, man habe ihm als Dreijährigem sogar einmal voreilig einen Sarg zimmern lassen, weil man ihn für tot gehalten hatte. Bald erkannte der Vater, der selbst musisch begabt war, die Musikalität seines Sohnes. Franz erhielt ersten Klavierunterricht mit sechs Jahren, sein Vater unterrichtete ihn zunächst selbst. Schon bald begann er mit Improvisationen, seine Begabung sprach sich bald herum. Von nun an sah sich sein Vater in der Rolle als Impresario seines Sohnes. Er bat um Entlassung aus dem Staatsdienst und erreichte, dass Liszt dem Fürstenhaus Esterházy als Wunderkind vorgestellt wurde. In der Städtischen Preßburger Zeitung wurde am 28. November 1820 berichtet:

„Verflossenen Sonntag, am 26. dieses Monats, in der Mittagsstunde hatte der neunjährige Franz Liszt die Möglichkeit, sich vor einer zahlreichen Versammlung des hiesigen hohen Adels und mehrerer selbsternannter Künstler, in der Wohnung des hochgeborenen Grafen Michael Esterházy auf dem Klavier vorzustellen. Die außerordentliche Fertigkeit dieses jungen Künstlers, sowie auch dessen schneller Überblick im Lesen der schwersten Stücke, indem er alles, was man ihm vorlegte, vom Blatt spielte, erregte allgemeine Bewunderung .“

Die frühe Fixierung Liszts auf eine Karriere als Pianist führte zu Mängeln in seiner Allgemeinbildung.

Ausbildung

1821 siedelte die Familie nach Wien über, um dem Jungen die bestmögliche musikalische Förderung zu ermöglichen. Bei Carl Czerny, der zu dieser Zeit als einer der besten Pianisten galt, erhielt er Klavierunterricht, der damals schon 72-jährige Antonio Salieri unterwies ihn in Komposition. 1823 ging die Familie nach Paris. Doch blieb es Franz Liszt verwehrt, sich am Pariser Konservatorium einzuschreiben, da er nicht Franzose war. Der Konservatoriumsdirektor Luigi Cherubini überbrachte Vater und Sohn die ablehnende Entscheidung persönlich. Liszt erinnerte sich später:

„Ich bebte an allen Gliedern. Nichtsdestoweniger verharrte, flehte mein Vater, seine Stimme belebte meinen Mut und ich versuchte ebenfalls einige Worte zu stammeln. Allein das Reglement war unerbittlich – und ich untröstlich. Alles schien mir verloren, selbst die Ehre, und ich glaubte an keine Hilfe mehr. Mein Klagen und Seufzen wollte gar nicht enden. Die Wunde war zu tief und blutete noch lange Zeit fort.“

Er studierte Kompositionstechnik bei Ferdinando Paer und später bei Antonín Reicha. Die vielen Empfehlungsbriefe aus Ungarn und Wien öffneten dem jungen Virtuosen die Salons der vornehmen Gesellschaft. Man sprach über ihn, von ihm waren überall Bilder ausgestellt und die Einnahmen flossen erträglich. Konzerttourneen durch Frankreich und England erweiterten Liszts Bekanntheitsgrad. Seinem in der Zeit geäußerten innigen Wunsch, Priester zu werden, widersprach der Vater. Liszt beugte sich seinem Wunsch.

Auf eigenen Füßen

Während einer Konzerttournee erkrankte Adam Liszt in Boulogne-sur-Mer unvermittelt an einem heftigem Fieber und verstarb drei Tage später. Der 16-jährige Liszt war plötzlich allein auf sich gestellt. Er kehrte zurück nach Paris und verdiente seinen Lebensunterhalt mit dem Erteilen von Klavierstunden.

In dieser Zeit verliebte er sich in seine Klavierschülerin Caroline de Saint-Cricq, die aus adligem Hause stammte. Die Mutter des Mädchens hatte gegen die Verbindung nichts einzuwenden, wohl aber der Vater: Er teilte Liszt mit, dass der Standesunterschied es ihm unmöglich mache, einer Ehe zuzustimmen. Liszt geriet in eine seelische Krise und erwog erneut, Priester zu werden. Er gab seine Lehrstunden auf und zog sich monatelang aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. In der Zeitung Étoile erschien sogar ein Nekrolog über ihn.

Paganinis Einfluss und der erste Klavierabend

Der junge Liszt

Liszt hörte den Geiger Niccolò Paganini erstmals im März 1831 anlässlich eines Konzertes, das dieser in Paris gab. Es war nicht nur Paganinis virtuoses Spiel, welches das Publikum in Verzückung geraten ließ, sondern auch die Aura, die ihn umgab. Liszt war davon fasziniert und wollte auf dem Klavier etwas Ähnliches erreichen wie der „Teufelsgeiger“ auf seinem Instrument. Sein Ziel, der Paganini auf dem Klavier zu werden, zeigte sich bald nicht nur in seinem hochvirtuosen, gefeierten Spiel, sondern schlug sich auch in einer Reihe technisch anspruchsvoller Werke nieder. Hierzu gehören etwa die sechs Paganini-Etüden nach den Capricen des Komponisten. Die später folgenden Konzertreisen durch Europa waren sehr erfolgreich, und Liszt begeisterte das Publikum ähnlich wie Paganini.

Bei diesen Triumphen ist auch eine Neuerung von musikhistorischer Bedeutung: Nach den überlieferten Berichten gilt Liszt als der erste Künstler in der Geschichte des Klavierspiels, der (ohne Begleitung) einen Klavierabend gab [4]. Ein Konzert in den Londoner Hanover Square Rooms vom 9. Juni 1840 war der Anlass, das Wort recital das erste Mal zu verwenden, auch wenn Liszt schon vorher ohne andere Künstler aufgetreten war. Viele weitere Solokonzerte sollten folgen.

Pilgerjahre und Ansichten über den Adel

Années de Pèlerinage (Pilgerjahre) benannte Liszt eine Sammlung von Klavierkompositionen, die er 1835 schrieb und ursprünglich als Album d’un voyageur herausgab. Es war die Zeit, in der er mit der Gräfin Marie d'Agoult durch Europa reiste und sich an verschiedenen Orten in Italien und der Schweiz aufhielt. Die Gräfin, eine Frau, die neben ihrer Schönheit über Intelligenz und Bildung verfügte, hatte er 1833 kennen gelernt. Obwohl die beiden nicht heirateten, gingen aus der sich entwickelnden langjährigen Beziehung die drei Kinder Blandine (1835), Cosima (1837), die spätere Ehefrau Richard Wagners, und Daniel (1839) hervor.

Marie d'Agoult, Gemälde von Henri Lehmann, 1843. Paris, Musée Carnavalet

Das Paar hielt sich zwischendurch immer wieder in Paris auf, wo Liszt Konzerte gab. Eine intensive Freundschaft zu der Schriftstellerin George Sand führten Liszt und die Gräfin auch nach Nohant, dem Landsitz George Sands. 1836 kam es zu dem vom Publikum herbeigesehnten Klavierwettstreit mit dem als unschlagbar geltenden Schweizer Pianisten Sigismund Thalberg. Richtig ernst genommen hatte diesen Wettkampf keiner der beiden Virtuosen, die zur Freude des Pariser Publikums tatsächlich an einem Abend gleichzeitig auftraten. Ihm zufolge entstand das Bonmot „Thalberg ist der erste aller Klavierspieler, Liszt der einzige“.

Mit der Geburt des Sohnes Daniel 1839 mehrten sich die Anzeichen, dass Liszt mit seiner Rolle als Familienvater nicht zurechtkam. Er flüchtete sich in Konzerttourneen u. a. nach Wien, Prag, Dresden, Leipzig, London und Berlin und ließ die enttäuschte Gräfin zunehmend allein. Die einst große Leidenschaft war bei Liszt einer Ernüchterung gewichen. Er schrieb im September 1838 in einem Brief an sie:

„Einstmals waren Sie meine Zuflucht, mein Trost, mein stets sprudelnder Quell in dieser dürren Wüste, jetzt ist der Himmel ehern, die Nacht dunkel und kalt, bittere Tränen benetzen meine müden Lider. Marie, werden Sie mir bleiben? Sind Sie mir geblieben? Marie, Marie, hat die Zauberkraft, die in diesem Namen lag, sich verflüchtigt? Bin ich es, der unser Leben zerbrochen hat?“

1844 erfolgte der endgültige Bruch der ohnehin nur noch locker bestehenden Beziehung zu Marie d'Agoult. Der 1846 veröffentlichte Roman Nélida, in dem die Gräfin ihren Enttäuschungen Luft machte und Liszt in ein ungünstiges Licht stellte, trug nicht gerade zur Verbesserung des in der Folgezeit noch bestehenden Kontakts bei. Als die Gräfin 1876 starb, notierte Liszt in einem Brief:

„Aus den Zeitungen erfuhr ich vom Tod von Daniel Stern. Ohne Heuchelei kann ich sie nach ihrem Ableben ebenso wenig beweinen wie während ihres Lebens“.

Seine Ansichten über den Salon und den Adel kommen u.a. in folgenden Worten aus einem Brief an eine Schülerin 1833 zum Ausdruck:

„Mehr als vier Monate habe ich weder Schlaf noch Ruhe gehabt: Geburtsaristokratie, Begabungsaristokratie, Glücksaristokratie, elegante Koketterie der Boudoirs, die schwere Atmosphäre der diplomatischen Salons, der sinnlose Tumult der Routs, Bravorufe in literarischen und künstlerischen Abendveranstaltungen Plaudereien und Dummheiten in Teegesellschaften, Scham und Selbstvorwürfe am nächsten Morgen, Triumph im Salon, überspannte Kritiken und Lobhudeleien in Zeitungen aller Art, künstlerischen Enttäuschungen, Erfolg beim Publikum, alles das habe ich durchgemacht, alles erlebt, alles gefühlt, verachtet, verflucht und beweint.“

Im Dienst des Großherzogs

Die Wanderjahre durch alle europäischen Städte, in denen Liszt als großer Virtuose gefeiert wurde, fanden ihr vorläufiges Ende 1842. In diesem Jahr erhielt Liszt zunächst die Stellung eines außerordentlichen Hofkapellmeisters in Weimar beim Großherzog Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach. Aber auch das Konzertieren gab er nicht ganz auf. Auslandsreisen führten ihn nach Spanien, Portugal, Deutschland und in die Schweiz. Die Festanstellung als ordentlicher Kapellmeister erfolgte 1848. Da hatte Liszt für sich entschieden, die Zeit als Virtuose zu beenden und sein künstlerisches Wirken auf das Komponieren und das Aufführen von Musikwerken zu verlagern. Erst zwanzig Jahre später, 1868, resümierte er:

„Was ist das doch für eine widerliche Notwendigkeit in dem Virtuosenberufe – dieses unausgesetzte Wiederkäuen derselben Sachen! Wie oftmals habe ich nicht die ‚Erlkönig‘-Stute besteigen müssen!“

1847 begegnete Liszt der Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein. Aus der Freundschaft erwuchs eine intime Beziehung, deren Stellenwert bei Liszt nicht eindeutig geklärt ist.

Über Jahre hinweg lebten die Fürstin und Liszt wie ein Paar, sogar Heiratspläne wurden geschmiedet, die aber Schwierigkeiten wegen der Frage der Rechtmäßigkeit der Annullierung der ersten Ehe Sayn-Wittgensteins aufwarfen. Dieses Hindernis zum Anlass nehmend, distanzierte Liszt sich von einer ehelichen Verbindung ohne Angabe von Gründen.

Der Förderer

Briefmarkenausgabe zum 150. Geburtstag Liszts (DDR 1961)

Von nun an widmete Liszt sich verstärkt der Komposition von Orchesterwerken, allem voran den sinfonischen Dichtungen, die unter seinem Schaffen eine wegweisende Fortentwicklung sinfonischer Werke darstellten. In dieser Zeit verhalf er u. a. den Kompositionen Richard Wagners zu größerer Bekanntheit. 1849 und 1850 wurden Tannhäuser und Lohengrin in Weimar aufgeführt. Zahlreiche Orchesterwerke u. a. von Wagner, Schumann, Berlioz, von Bülow, Rubinstein und Joachim Raff, aber auch eigene Kompositionen wurden von Liszt in der Folgezeit aufgeführt. Das Weimarer Publikum hatte daran allerdings wenig Freude, favorisierte das tradierte musikalische Programm und wollte von zeitgenössischen Komponisten nichts hören. Dass Liszt ausgerechnet ihr Städtchen zum Bollwerk der Neudeutschen Schule machte, war den Weimarern gleichgültig. Sein Amt als Hofkapellmeister legte Liszt 1859 erbost nieder, als die Uraufführung der Oper Der Barbier von Bagdad des Komponisten Peter Cornelius vom Publikum niedergezischt wurde.

Lebensabend

Der alte Liszt

1864 empfing Liszt, der schon früher immer wieder religiöse Phasen durchlebte, in Rom die niederen Weihen als Abbé. Hier traf er entwickelte er mit Kurd v. Schlözer, Mitglied der preußischen Gesandtschaft in Rom, ein Vetrauensverhältnis. Briefe des letzteren aus Rom geben manches biografische Detail über Liszt. So vertraut Liszt ihm einmal an, dass er all seinen Ruhm gerne dahin geben würde, wenn ihm nur gelänge, ein wirklch grosses Werk zu schaffen. In Rom führte Liszt ein mondänes Leben. Religiöse Themen und kirchenmusikalische Kompositionen bildeten von nun an den Schwerpunkt seines Schaffens. Die kommenden Jahre verliefen ruhiger; er besuchte Konzerte und dirigierte Orchester in verschiedenen europäischen Städten.

Als Liszts Tochter Cosima 1864 ihren Mann, den Dirigenten Hans von Bülow, verließ und Richard Wagner folgte (sie heirateten 1870), war das Verhältnis zwischen Cosima, Wagner und Liszt erheblich gestört. Erst 1872 verbesserte sich die Beziehung langsam wieder. Von Wagners frühzeitigem Tod 1883 erfuhr Liszt gleichwohl nur durch die Mitteilung, dass Cosima seine Anwesenheit bei der Beerdigung als unerwünscht betrachte.

1886 reiste Liszt – wie in den letzten Jahren regelmäßig – nach Bayreuth, um die unter der Leitung seiner Tochter stehenden Bayreuther Festspiele zu besuchen. Zum Zeitpunkt der Reise war Liszt schon schwer erkrankt. Er starb wenige Tage nach seiner Ankunft am 31. Juli 1886 und wurde auf dem Bayreuther Stadtfriedhof beigesetzt.

Liszts Lebenswerk

Franz Liszt hat die bis zu seiner Zeit übliche Form des Klavierspiels und dementsprechend auch die Klavierkomposition neu geprägt. Was hierfür entscheidend war: Die Hammerklaviermechanik gab es zwar schon seit 1709 (sie wurde von Bartolomeo Cristofori erfunden), gleichwohl erfuhr sie ihre bedeutendste Fortentwicklung im 19. Jahrhundert. Zudem brach Liszt von Anbeginn mit allen Regeln der Klavierspieltechnik, die zu der Zeit streng nach Lehrbüchern praktiziert wurde. Eine der bekanntesten Vorlagen diesbezüglich dürfte die von Johann Nepomuk Hummel 1828 herausgebrachte Ausführliche theoretisch-practische Anweisung zum Piano-Forte-Spiel gewesen sein. Unbeeindruckt von jedweder „Hummelschen Krabbeltechnik“ ließ Franz Liszt seine Hände hoch über die Tastatur fliegen, viele Karikaturen geben Zeugnis von der Eigenart seines Spiels. Hector Berlioz notierte:

„Was ich bezüglich der Technik als tatsächlich Neues bei den unendlichen unter Liszts Hand entstehenden Tonmassen unterscheiden konnte, beschränkt sich auf Aktzente und Nuancen, die auf dem Klavier hervorzubringen man allgemein für unmöglich gehalten hat und die bisher tatsächlich unerreichbar waren. (…)“
Der vergötterte Interpret: Franz Liszt in einer Karikatur von 1842

Zu seinen Erfindungen zählen die Konzertparaphrasen, bei denen Liszt ein Thema oder mehrere Themen aus bekannten Opern aufgriff und diese ausgeschmückt mit eigenen kompositorischen Ideen zu brillanten Klavierstücken umarbeitete. Bis auf den heutigen Tag sind seiner Technik des Klavierspiels wenige nennenswerte Neuerungen hinzugefügt worden.

Sehr bekannt und beliebt sind auch Liszts ungarische Rhapsodien. Um 1850 setzte in Liszts musikalischer Sprache eine zunehmende Abkehr von der virtuosen Brillanz früherer Werke ein. Die Thematik ist oft religiös inspiriert, und als Liszt 1865 die niederen Weihen eines Abbé empfing, kehrte sich seine Musik langsam von der Welt ab. Harmonisch betrat er nun völlig neue Wege, er ging weit über die Harmonik von Wagners Tristan und Isolde hinaus, sogar das Terrain der Dur-Moll-Tonalität verließ er und gelangte dabei an die Grenze zur Atonalität. Damit stieß er rund 30 Jahre vor Arnold Schönberg und Alexander Skrjabin auf musikalisches Neuland vor, das sich seinen Zeitgenossen unmöglich erschließen konnte, und erwies sich damit als einer der großen Visionäre der Musikgeschichte.

Liszt stellte seine schöpferische Fantasie gern in den Dienst des Andenkens an Ludwig van Beethoven. Von diesem war er als 12-Jähriger im April 1823 nach einem Konzert in Wien geküsst worden, was Liszt zeitlebens als große Ehrung empfand. So war es für ihn selbstverständlich, alle 9 Sinfonien von Beethoven in Form der Transkription zu Klavierfassungen umzuarbeiten und seinem Publikum in den Konzerten stets den einen oder anderen Satz daraus vorzuspielen. Über seine eigenen Konzerte hinaus wollte er mit den Transkriptionen die Sinfonien einem breiteren Publikum bekannt machen.

Bei seinen Werken für Orchester favorisierte Liszt eine Entwicklung, die u. a. von Hector Berlioz angestoßen worden war: Die Gattung der Sinfonischen Dichtung. Ihr Wesensmerkmal ist, der Musik ein Programm zugrundezulegen (z. B. bei der Faust-Sinfonie die gleichnamige Tragödie von Johann Wolfgang von Goethe), und dieses (ausschließlich) instrumental thematisch aufzubereiten und hörbar zu machen. Mit dieser Form erfolgte zugleich die Abkehr von dem bis dahin auch in der Romantik noch sehr gebräuchlichen formalen Aufbau in der Sinfonie.

Neben der Idee der Programmmusik verwendete Liszt in seinen Werken häufig eine Art Leitmotiv, also ein Motiv, das in verschiedenen Teilen des Werkes wiederkehrt und mit dem häufig eine programmatischer Inhalt verknüpft ist (z.B. das Faust-Mephistopheles-Thema in der Faust-Sinfonie). Seine musikalischen Innovationen können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das Spätwerk weist weit über seine Zeit hinaus und wurde von seinen Zeitgenossen nicht mehr wahrgenommen. Bezeichnenderweise wurden seine letzten Werke für Komponisten wie Bartok und Schönberg wegweisend, da Liszt Atonalität und Zwölftontechnik antizipierte. Erst ab den 70er Jahren wurde jedoch seine Außgerwöhnlichkeit als Komponist von Publikum und Wissenschaft zunehmend erkannt.

Werkauswahl

Hauptartikel: Musikalische Werke des Franz Liszt
  • Orchesterwerke:
    • Was man auf dem Berge hört – Bergsinfonie (Sinfonische Dichtung Nr.1) (1848–1854)
    • Tasso, Lamento e Trifono (Sinfonische Dichtung Nr. 2) (1849/1854)
    • Les Préludes (Sinfonische Dichtung Nr. 3) (1848-1854)
    • Orpheus (Sinfonische Dichtung Nr. 4) (1853-1854)
    • Prometheus (Sinfonische Dichtung Nr. 5) (1850/55)
    • Mazeppa (Sinfonische Dichtung Nr. 6) (1839/1850)
    • Festklänge (Sinfonische Dichtung Nr. 7) (1853)
    • Héroide funèbre – Heldenklage (Sinfonische Dichtung Nr. 8) (1849–50/1854)
    • Hungaria (Sinfonische Dichtung Nr. 9) (1848–1854)
    • Hamlet (Sinfonische Dichtung Nr. 10) (1858)
    • Hunnenschlacht (Sinfonische Dichtung Nr. 11) (1856/1857)
    • Die Ideale (Sinfonische Dichtung Nr. 12) (1857)
    • Von der Wiege bis zum Grabe (Sinfonische Dichtung Nr. 13) (1881–1882)
    • Eine Faust-Sinfonie in drei Charakterbildern (1857)
    • Eine Sinfonie zu Dantes Divina Commedia (Dante-Sinfonie) (1855/56)
    • Zwei Klavierkonzerte:
  • Vokalwerke:
  • Bücher und Essays:
    • Chopin (Ein Buch von Liszt über Chopin)
    • Reisebriefe eines Baccalaureus der Tonkunst
    • Über die Musik der Zigeuner
    • Briefwechsel zwischen Wagner und Liszt

Überdies hat Liszt eine Reihe literarischer, musiktheoretischer, philosophischer und religiöser Schriften hinterlassen (siehe: Literarische Werke des Franz Liszt).

Zitate zu Liszt

  • Robert Schumann: (...) Diese Kraft, ein Publikum sich zu unterjochen, es zu heben, tragen und fallen zu lassen, mag wohl bei keinem Künstler, Paganini ausgenommen, in so hohem Grad anzutreffen sein. Am schwierigsten aber lässt sich über diese Kunst selbst sprechen. Es ist nicht mehr Klavierspiel dieser oder jener Art, sondern Aussprache eines kühnen Charakters überhaupt, dem, zu herrschen, zu siegen, das Geschick einmal statt gefährlichen Werkzeugs das friedliche der Kunst zugeteilt. (Aus: Komponisten über Musik)
  • Maurice Ravel: Welche Mängel in Liszts ganzem Werk sind uns denn so wichtig? Sind nicht genügend Stärken in dem tumultuösen, siedenden, ungeheuren und großartigen Chaos musikalischer Materie, aus dem mehrere Generationen berühmter Komponisten schöpften? (...) (Aus einer Konzertbesprechung von 1912)
  • Alfred Einstein: Franz Liszt war ein geborener Revolutionär, und wäre es vereinbar mit dem Respekt vor seiner großartigen Persönlichkeit, so möchte man sagen, er war ein geborener Libertin, ein geborener Bohemien. Seine seltsame Laufbahn und geistige Entwicklung haben es mit sich gebracht, dass unter allen romantischen Musikern er der unabhängigste und ungebundenste gewesen ist. (...) (Aus: Die Romantik in der Musik, 1950)
  • Friedrich Engels: Daß der Herr Liszt hier gewesen ist und durch sein Klavierspielen alle Damen entzückt hat, wirst Du wohl noch nicht gehört haben. Die Berliner Damen sind aber so vernarrt gewesen, daß sie sich im Konzert um einen Handschuh von Liszt, den er hatte fallenlassen, komplett geprügelt haben, und zwei Schwestern, deren eine ihn der andern abnahm, deshalb in ewige Feindschaft gerieten. Den Tee, den der große Liszt in einer Tasse stehenließ, goß sich die Gräfin Schlippenbach in ihr Eau de Cologne-Flakon, nachdem sie die Eau de Cologne auf die Erde gegossen hatte; seitdem hat sie dies Flakon versiegelt und auf ihren Sekretär zum ewigen Andenken hingestellt und entzückt sich jeden Morgen daran, wie auf einer deshalb erschienenen Karikatur zu sehen ist. Es ist ein Skandal gewesen wie bisher noch nie. Die jungen Damen haben sich um ihn gerissen, und dabei hat er sie alle ganz entsetzlich links liegengelassen und lieber mit ein paar Studenten Champagner getrunken. Aber in jedem Hause sind ein paar Bilder von dem großen, liebenswürdigen, himmlischen, genialen, göttlichen Liszt zu sehen. Ich will Dir doch auch ein Konterfei davon machen: Das ist der Mann mit der kamtschadalischen Frisur. Übrigens hat er hier gewiß 10000 Taler verdient, und seine Rechnung im Wirtshause betrug 3000 Taler. Ungerechnet, was er sonst noch verkneipt hat. Ja, ich sage Dir, das ist ein Mann. Der trinkt täglich zwanzig Tassen Kaffee, auf jede Tasse vier Lot, zehn Flaschen Champagner, woraus mit ziemlicher Sicherheit geschlossen werden kann, daß er in einem fortwährenden gewissen Trane lebt, wie sich dies auch bestätigt. Jetzt ist er nach Rußland gegangen, und es fragt sich, ob die Damen dort auch so verrückt werden können. (Aus: Engels an Marie Engels, 14.-16. April 1842. In: MEW, Erg.-Bd., Teil 2, S. 495; auch MEGA² III/1, Berlin 1975, S. 230/231)

Namensgeber

Zu Franz Liszts Ehren wurden die durch seinen Einsatz entstandene Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar, die Franz-Liszt-Musikakademie (Liszt Ferenc Zeneművészeti Egyetem) in Budapest sowie der Asteroid mit der Nummer 3910 nach ihm benannt. In Weimar dient ein früheres Wohnhaus des Komponisten, das Liszt-Haus, als Museum. Außerdem sind die Lisztäffchen nach Franz Liszt benannt, da ihre Kopfbehaarung seiner Frisur ähnelt.

Commons: Kategorie:Franz Liszt – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. So sagte Rachmaninow: „Neben ihm, der perfektesten romantischen Figur, die man sich denken kann, verblasst jeder Musiker aus Mangel an Persönlichkeit.“ (zitiert nach: Harenberg Klaviermusikführer. Mannheim, 2004. Franz Liszt)
  2. Welt der Musik. Propyläen, Berlin 1989. Franz Liszt
  3. Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv: Adelsakt Liszt Franz, Ritter von, Wien 30. 10. 1859
  4. Joseph Horowitz: Claudio Arrau, Leben mit der Musik. Wien 1984. Liszt, S. 193