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Kitsch

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Kitsch, billige, sentimentale Ersatz-Kunst oder Kunstgewerbeprodukt, Nippes. Die eigentliche Herkunft des deutschen Wortes Kitsch ist unbekannt, vielleicht von mundartlich: kitschen = den Schmutz zu kehren, ca. 1870 im Münchner-Kunsthandel entstanden und in fast allen Sprachen auch so übernommen.

Im heutigen Sprachgebrauch meint der Begriff meist Darstellungen oder Gegenstände, die eine Tiefe vortäuschen, welche sie nicht besitzen, um dadurch schön zu wirken. Auch die Nachahmung klassischer Gestaltung und das Überzeichnen von Klischees wird oft als kitschig bezeichnet. Kitsch gilt nur selten als originell, sondern häufig als grotesk, pathetisch, modisch, gefällig oder nachahmend. Als Kitsch gelten häufig solche Darstellungen, die an unkritische Gefühle und Mehrheitsstimmungen appellieren (siehe auch Populismus, Nostalgie und Romantik).

Der Wahrnehmung von Kitsch ist immer subjektiv. So wurde zum Beispiel die Dekorationsart der Jahrhunderwende um 1900 sowohl von Vetretern der Aristokratie genau so wie von Mitgliedern der künstlerischen Avantgarde aus unterschiedlichen Gründen als Kitsch bezeichnet. Auch Gegner von Kunststilen oder -richtungen qualifizieren diese manchmal als Kitsch ab - eine Aufassung die von den Anhängern der entsprechenden Richtung meist nicht geteilt wird.


Die subjektive Wahrnehmung von "Kitsch" kann so weit gehen, dass Kunst allein durch ihre Aufnahme, Deutung oder Reproduktion verkitscht wird. Beispiel: Eine alte chinesische Vase ist ein kostbarer Kunstgegenstand. Wird jedoch die ursprüngliche Urne für die Asche der verstorbenen Ahnen als Schirmständer missbraucht, ist sie zum "Kitsch" geworden.

Kitsch ist nicht allein ein Thema für Kunstkritik oder -Geschichte, Kunst kann überall stattfinden, in der Mode, Frisur, Bekleidung, Sprache, Musik, Küche, bei Festen und Feiern, in der Politik, Religion, wo immer man will. Besonders beliebt im Zusammenhang mit Kindern, Tieren und Tradition.

Kinder brauchen ein wenig Kitsch - das scheint oft ein Konsens der Pädagogen und Eltern zu sein, die Grenze von Märchen und Kitsch ist auch recht schwer auszumachen, Spiele und Spielzeuge, Kinderbücher und Kinderunterhaltung verwenden allerlei Kitschmotive recht ungeniert. Auch die Werbung greift gerne danach, da ja die Kindheit für die meisten Menschen lebenslang prägend bleibt, werden Gartenzwerge, Elfen, Engel, Bambis, Biene Maja, Walt Disney und andere Helden aus den Kindertagen wohl ihren festen Platz in der Kulturgeschichte behalten dürfen. In einer toleranten Gesellschaft kann auch der Kitsch durchaus seine Daseinsberechtigung haben, so lange er die Menschen beglückt und nicht nur belügt, darf jeder nach seine Auffassung die Grenze zwischen der Wahren Kunst und der Ware Kitsch selber suchen.

Eine Kurzdefinition, die den Vorteil hat, dem Begriff "Kitsch" seinen subjektiven und damit widerlegbaren Beigeschmack zu nehmen wäre auch: verlogene Sentimentalität.

Ein röhrender Hirsch an sich ist weder verlogen noch sentimental, wenn er aber das Wohnzimmer von Menschen ziert, die in ihrem Empfinden und Handeln keinerlei Rücksicht auf die Erhaltung eines artgerechten Lebensraumes für Hirsche zeigen, so ist die an das Gefühl apellierende Darstellung der Pracht des Tieres ganz sicher verlogen.

Analog ist ein Politiker, der einem Kontrahenten das Verderben an den Hals wünscht weder verlogen, noch ein solcher, der für einen verstorbenen Parteifreund eine gefühlvolle Grabrede hält, sentimental zu nennen. Wenn aber ein Politiker für einen verstorbenen Kontrahenten, den er nur allzu gerne aus dem Wege geräumt hätte oder sogar hat, eine tränenreiche Grabrede hält, so haben wir es mit politischem Kitsch in Reinkultur zu tun.

siehe auch: Trivialliteratur, Staubfänger, Jeff Koons.