Zum Inhalt springen

Herzogtum Schleswig

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. Dezember 2007 um 00:41 Uhr durch Marzahn (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Wappen von Schleswig
Die Kimbrische Halbinsel mit ihren verschiedenen Gebieten.
Sønderjylland 1918
Schloss Gottorf

Das Herzogtum Schleswig (Hertugdømmet Slesvig) existierte als dänisches Lehen bis 1864. Hauptstadt war die Stadt Schleswig. Vorläufer des Herzogtums war im frühen Mittelalter das Jarltum Süderjütland (Sønderjylland).

Geographie

Die Fläche des historischen Herzogtums Schleswig (dänisch: Slesvig) umfasst rund 9200 km². Sie ist auf deutscher Seite identisch mit dem Landesteil Schleswig (im Sprachgebrauch der dänischen Minderheit auch Südschleswig genannt), im Norden Schleswig-Holsteins, bestehend aus den Kreisen Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, einem Teil Rendsburg-Eckernfördes sowie der Stadt Flensburg; auf dänischer Seite mit Nordschleswig (bis 31. Dezember 2006 Sønderjyllands Amt, jetzt Teil der Region Syddanmark).

Im Süden waren Eider und Levensau die Grenze zu Dithmarschen und Holstein; die Insel Fehmarn gehörte zu Schleswig. Die Eider-Grenze wurde bereits im 11. Jahrhundert von Adam von Bremen erwähnt. Im Norden bildete die Königsau (dänisch: Kongeå) die Grenze zum übrigen Jütland. Im Westen befindet sich die Nordsee, im Osten die Ostsee.

Bis 1864 gehörten dem Herzogtum noch sieben Kirchspiele südlich von Kolding, ein zwischen Königsau und Ripen gelegener Landstrich und die Insel Ærø an. Nach der Übergabe Schleswigs an Preußen gelangten diese ausschließlich dänisch bevölkerten Gebiete an das Königreich Dänemark, und zwar im Tausch gegen die königlich dänischen Enklaven an der Westküste Schleswigs. In Perioden des 13. und 14. Jahrhunderts gehörten auch Langeland sowie Gebiete auf dem südlichen Fünen den schleswigschen Herzögen an.

Bevölkerung

Die Besiedlungsgeschichte ist vielfältig. Bis zum frühen Mittelalter war Schleswig vor allem von den Angeln besiedelt. Nachdem diese größtenteils zusammen mit Teilen der Sachsen und Jüten bis zum 6. Jahrhundert auf die britische Insel ausgewandert sind, wanderten von Norden her Dänen ein. An der Westküste siedelten sich Friesen an. Der Landstrich zwischen den Linien EckernfördeTreene und EiderLevensau war kaum besiedelt und von dichtem Wald bedeckt und wurde erst im hohen Mittelalter von aus dem Süden kommenden Sachsen besiedelt. Ursprünglich bis an die Schlei und Eckernförder Bucht dänischsprachig, verbreitete sich Mittelniederdeutsch seit dem 14. Jahrhundert vor allem in den Städten und in der adligen Oberschicht. In den darauffolgenden Jahrhunderten auch nordwärts in den ländlichen Gebieten. Im 19. Jahrhundert wurde es schließlich auch Umgangssprache in Angeln und in den 1930er Jahren in den wenigen Bereichen der Schleswigschen Geest, die noch dänischsprachig gewesen waren, während der ländliche Raum des heutigen Nordschleswig weitgehend sønderjysk- und dänischsprachig blieb. An der Westküste wurde Nordfriesisch gesprochen. Schon im 17. Jahrhundert setzte sich jedoch Niederdeutsch auf Eiderstedt, Nordstrand und den Halligen durch und verbreitete sich zunehmend auf dem Festland. Heute sprechen noch etwa 10.000 Nordfriesen Friesisch, vor allem auf den Inseln Amrum, Föhr, Sylt und Helgoland sowie in der Gegend von Risum-Lindholm. In beiden Teilen Schleswigs leben heute Minderheiten der jeweils anderen Seite, deren Rechte durch die "Bonn-Kopenhagener Erklärungen" von 1955 geregelt werden. Siehe auch: Dänische Minderheit und Deutsche Minderheit in Dänemark

Geschichte

Politisch war Schleswig ein Herzogtum, das im 12. Jahrhundert als Lehen des dänischen Königs vergeben wurde. Seit dem 14. Jahrhundert kam es zu einer zunehmend engen Verbindung mit der zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zählenden Grafschaft Holstein; so erwarb der holsteinische Adel ausgedehnten Besitz in Schleswig. Die Schauenburger, die seit dem frühen 12. Jahrhundert mit Holstein belehnt waren, konnten sich im Spätmittelalter als Herzöge von Schleswig und Grafen von Holstein etablieren und eine gemeinsame, schleswig-holsteinische Herrschaft aufbauen. Das Herzogtum Schleswig blieb jedoch nach wie vor dänisches Lehen, während Holstein Lehen des deutschen Kaisers war. Als das Schauenburger Geschlecht 1459 mit dem Tod Adolfs VIII. ausstarb, war dem Adel in beiden Territorien daran gelegen, dass in beiden Gebieten weiterhin derselbe Herrscher regieren solle, und sie wählten deshalb den dänischen König Christian I. aus dem Hause Oldenburg, einen Neffen Adolfs VIII., zum Landesherrn.

Im Vertrag von Ripen 1460, der Wahlkapitulation Christian I., stand u. a., dass se bliwen tosamende up ewig ungedelt. Obwohl dieser weit hinten in der Urkunde stehende Paragraf im zeitgenössischen Kontext nichts mit einer territorialen Unteilbarkeit zu tun hat,[1] wurde op ewig ungedeelt das Leitmotto der schleswig-holsteinischen Bewegung des 19. Jahrhundert, die eine Loslösung vom dänischen Gesamtstaat anstrebte, dazu mehr weiter unten.

1544 wurden die Herzogtümer Schleswig und Holstein von Christian III. in drei Anteile geteilt, die sich wie ein Flickenteppich über die beiden Territorien verteilten: in einen königlichen dänischen Anteil und in je einen herzoglichen Anteil für seine beiden Halbbrüder, die die Nebenlinien Schleswig-Holstein-Hadersleben und Schleswig-Holstein-Gottorf begründeten. Die Linie Hadersleben starb bereits 1580 aus, deren Gebiete wurden auf die beiden anderen Linien aufgeteilt. Im Vorfeld des Großen Nordischen Krieges entfremdeten sich die königliche Linie und die herzogliche Linie Gottorf voneinander, so dass 1713 Dänemark den herzoglichen Anteil Schleswigs besetzte und von da an Schleswig wieder vereinigt in königlich dänischer Hand war. Zu einer Einigung des Herzogtums Holstein kam es erst 1773.

Mit Aufkommen der nationalen Bewegungen entstand zum einen die Bestrebung des dänischen Bevölkerungsteils, das selbständige Herzogtum Schleswig vollständig in das dänische Königreich zu integrieren und Holstein an Deutschland abzutreten, zum anderen die Bestrebung der deutschen Bevölkerungsmehrheit in Schleswig-Holstein, die in eine Nationalbewegung mündete, zur Vereinigung der beiden Herzogtümer innerhalb eines deutschen Bundesstaates und somit der Loslösung von der dänischen Krone. Einige Schleswig-Holsteiner forderten auch, die Augustenburger Linie wieder als Herzöge einzusetzen.

Schleswig war zweimal Anlass für Konflikte im 19. Jahrhundert: 1848 protestierten die deutschen Liberalen gegen das Einbeziehen Schleswigs in eine gesamtdänische Verfassung, da Schleswig staatsrechtlich nicht zum Königreich Dänemark gehörte, und forderten darüber hinaus die Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund bzw. in einen geplanten Deutschen Nationalstaat, während die dänischen Liberalen die Integration des Herzogtums ins Königreich Dänemark forderten (Eiderdänen). Nachdem sich die den aufständischen Schleswig-Holsteinischen Truppen zur Hilfe geeilten Truppen des Deutschen Bundes unter Führung Preußens auf internationalen Druck hin aus Jütland zurückgezogen hatten, unterlagen die Schleswig-Holsteiner 1851 den Dänen. In der Folgezeit verschärfte die dänische Krone ihre Politik der Danisierung (u.a. Sprachreskripte für Mittelschleswig), so dass der Wunsch der mehrheitlich deutschgesinnten Schleswiger [2] nach einer Loslösung von Dänemark weiter virulent war.

Als das Königreich Dänemark schließlich in seiner Novemberverfassung das Londoner Protokoll brach, kam es zum Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 zwischen Dänemark und den Verbündeten Preußen und Österreich. Auf Grund des Wiener Friedens musste Dänemark am 30. Oktober 1864 Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Österreich abtreten, die es zunächst gemeinsam verwalteten. 1866 musste Österreich sein Einverständnis mit der Einverleibung der Herzogtümer in Preußen erklären. Somit wurde Schleswig ein Teil Preußens und bildete seit 1867 zusammen mit Holstein die preußische Provinz Schleswig-Holstein.

1867 trat Schleswig dem Deutschen Zollverein bei (zusammen mit Holstein, Lübeck, dem Herzogtum Lauenburg und dem Großherzogtum Mecklenburg). Da die dänischgesinnte Bevölkerung in Schleswig (vor allem im Norden des Landes und auf der mittelschleswigschen Geest sowie in der Stadt Flensburg) vielfach Repressalien von Seiten der preußischen Obrigkeit ausgesetzt war, blieb hier der Wunsch nach einem Anschluss an Dänemark lebendig.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden auf Druck der Entente 1920 im nördlichen Teil Schleswigs Volksabstimmungen durchgeführt, deren Ergebnis die Teilung Schleswigs war. Dazu wurden zwei Abstimmungszonen bestimmt, für die die Grenzen und Abstimmungsmodalitäten von Dänemark durchgesetzt wurden. In der Abstimmungszone I (Nordschleswig) wurde auf Druck Dänemarks en bloc abgestimmt, so dass dieser zwar insgesamt mehrheitlich dänisch besiedelte Abschnitt, das heutige Nordschleswig (Amt Sønderjylland), für den Anschluss an Dänemark votierte, jedoch auch die mehrheitlich für Deutschland votierenden Städte Apenrade (dänisch: Åbenrå), Sonderburg (dänisch: Sønderborg) und Tondern (dänisch: Tønder) sowie der Flecken Tingleff (dänisch: Tinglev) und der mehrheitlich deutsch gesinnte Landstrich um Tondern, das mit 77 % für den Verbleib bei Deutschland stimmte, an Dänemark fielen. Dagegen entschied sich in Abstimmungszone II (Mittelschleswig), in der gemeindeweise gewählt wurde, nur drei Gemeinden auf Föhr für Dänemark, so dass Mittelschleswig mit der wichtigen Stadt Flensburg für den Verbleib bei Deutschland stimmte. Die damalige Größe der Minderheiten betrug rd. 25.500 Deutsche in Nordschleswig (Zone I) sowie rd. 12.800 Dänen in Mittelschleswig (Zone II). Vom deutschen Historiker Johannes Tiedje wurde nach den Abstimmungsergebnissen eine Grenzkorrektur nordwärts auf die sog. Tiedje-Linie vorgeschlagen, die zu in etwa gleich großen Minderheiten beiderseits der Grenze geführt hätte. Von Dänemark und den Siegermächten wurde dieser Vorschlag aber abgelehnt, so dass es bei der bis heute gültigen Grenze auf der sog. Clausen-Linie blieb.

Die nunmehr verkleinerte preußische Provinz Schleswig-Holstein wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Land Schleswig-Holstein Teil der Bundesrepublik Deutschland.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Jahnke 2003
  2. Referat des Historikers Jens Peter Kutz

Literatur

  • Ulrich Lange, Henrik Becker-Christensen (Hrsg), Geschichte Schleswigs. Vom frühen Mittelalter bis 1920, Institut for Grænseregionsforskning: Aabenraa, 1998, ISBN 87-90163-74-5
  • Carsten Jahnke: "dat se bliven ewich tosamende ungedelt". Neue Überlegungen zu einem alten Schlagwort, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Bd. 128, 2003, ISBN 3-529-02328-0
  • Ulrich Lange (Hrsg.): Geschichte Schleswig-Holsteins. Neumünster (Wachholtz) 2003, ISBN 3-529-02440-6
  • Jann Markus Witt/Heiko Vosgerau (Hrsg.): Schleswig-Holstein von den Ursprüngen bis zur Gegenwart. Eine Landesgeschichte. Hamburg: Convent-Verlag 2002, ISBN 3-934613-39-X
  • Robert Bohn: Geschichte Schleswig-Holsteins, München 2006 (Verlag C.H. Beck), ISBN 3-406-50891-X

Siehe auch