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Niederlande

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Die Niederlande (Niederländisch: Nederland, Friesisch: Nederlân) sind eine parlamentarische Monarchie und Teil des Königreichs der Niederlande. Das im nördlichen Westeuropa liegende Land wird durch die Nordsee im Norden und Westen, Belgien im Süden und Deutschland im Osten begrenzt. Zusammen mit Belgien und Luxemburg bilden die Niederlande die Beneluxstaaten.

Landesname

Der offizielle und auch in der Umgangssprache übliche niederländische Name des Landes lautet Nederland. Das ist Singular (also: „Niederland“), während im Hochdeutschen der Landesname Niederlande (Plural) heißt und umgangssprachlich zumeist als Holland benannt wird. Der Name Holland bezieht sich eigentlich nur auf den nordwestlichen Teil des Landes, auf die frühere Provinz Holland als bedeutendste Provinz der Republik der Vereinigten Niederlande. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist diese Provinz aufgeteilt in die zwei Provinzen Nordholland (Hauptstadt Haarlem) und Südholland (Hauptstadt Den Haag). Im Niederländischen verwendet man den Ausdruck Holland nur für diese zwei Provinzen. Ansonsten ist Holland eher eine ironische Selbstbezeichnung. Auch beim Fußball lautet die Selbstbezeichnung Holland, zum Beispiel im Schlachtenruf Hup, Holland, hup!'.

Außerhalb der Niederlande werden die Niederländer zumeist als „Holländer“ bezeichnet und auch die niederländische Tourismusindustrie und sonstige Wirtschaft vermarkten das Land durchweg als Holland (sowohl im Englischen als auch im Hochdeutschen). Niederländer, die nicht aus der Region Holland stammen, hegen manchmal eine gewisse Abneigung gegenüber der Bezeichnung Holland für die Niederlande bzw. Holländer für den Niederländer, da die tonangebende Region Holland in den übrigen niederländischen Landesteilen nicht bei jedermann beliebt ist.

Der Landesname „Niederlande“ (im Plural) ergibt sich aus der Geschichte. Die Niederlande waren lange Zeit ein Teil des Herrschaftsgebietes des Fürstenhauses Habsburg, das sowohl am Ober- als auch am Niederrhein Herrschaftsgebiete besaß. Erstere nannten sie „die oberen Rheinlande“ (Sundgau, Breisgau, Vorderösterreich), letztere „die niederen Rheinlande“ (Holland, Flandern, Seeland usw.). Im Laufe der Zeit entfiel die Flussbezeichnung, insbesondere auch deshalb, weil die Habsburger ihre oberrheinischen Gebiete verloren und so blieb lediglich die Bezeichnung „Niederlande”, während es seitdem sprachlich keine Oberlande (mehr) gibt.

Im Niederländischen sagt man für die historischen Regionen auch de Lage Landen, also die tief oder niedrig liegenden Länder, da es in den Niederlanden kein Gebirge und nur wenige Erhöhungen gibt. Die nordniederländischen Provinzen der Utrechter Union (Holland, Zeeland, Utrecht, Gelderland, Overijssel, Groningen und Friesland) erklärten sich am 26. Juli 1581 unabhängig vom Landesherren Philipp II. von Spanien. In den Verträgen des Westfälischen Friedens 1648 wurde die Unabhängigkeit vom „Teutschen Reich” (HRRDN) anerkannt. Das war in etwa das Gebiet der späteren Niederlande. Der südliche Teil des Gebietes, inklusive Flandern, verblieb hingegen beim Reich; später entstand daraus der Staat Belgien. Man sprach dann von den nördlichen und den südlichen Niederlanden.

Der Wiener Kongress vereinigte Norden und Süden als unabhängigen Staat Koninkrijk der Nederlanden noch einmal für kurze Zeit. Jedoch schon 1830 erklärten sich die südlichen Niederlande unter der Bezeichnung Belgien für unabhängig. (Belgica ist der Name einer alten römischen Provinz, und in der Renaissance wurde der Ausdruck als lateinischer Name der Niederlande verwendet, auch für den Norden.)

Die englische Bezeichnung „Dutch” ist aus mittelniederländischen Formen wie duutsc entstanden. Die mittelniederländischen Formen duutsc und dietsc bezeichneten die im Volk gespochenen westgermanischen Mundarten und dienten der Abgrenzung dieser Mundarten gegenüber dem Lateinischen - der Sprache von Verwaltung, Wissenschaft und Kirche. Die Formen Dutch und duutsc sind mit dem deutschen Wort deutsch verwandt, siehe auch Deutsch (Etymologie) und Niederländisch (Name).

Geographie

Ungefähr die Hälfte des Landes liegt weniger als einen Meter über, rund ein Viertel des Landes unterhalb des Meeresspiegels (gemessen bei Amsterdam). Die flachen Gebiete werden in der Regel durch Deiche vor Sturmfluten geschützt, die insgesamt eine Länge von ca. 3.000 km haben. Der höchste Punkt des Festlandes, der Vaalserberg im äußersten Süden im Dreiländereck zu Deutschland und Belgien, befindet sich 322,50 m über dem Amsterdamer Pegel. Der höchste Berg des Königreichs ist mit 877 m der Mount Scenery auf der karibischen Insel Saba, der kleinsten bewohnten Insel der Niederländischen Antillen.

Teile der Niederlande, wie z. B. fast die gesamte Provinz Flevoland, wurden durch Landgewinnung dem Meer abgewonnen. Sie werden als Polder (seltener auch als Koog) bezeichnet. Ungefähr ein Fünftel der Landesfläche ist mit Wasser bedeckt, wovon das IJsselmeer den größten Teil ausmacht, eine ehemalige Nordsee-Bucht namens Zuiderzee, die 1932 durch einen 29 km langen Abschlussdeich eingepoldert wurde.

Die wichtigsten Flüsse in den Niederlanden sind der Rhein, die Waal und die Maas, die auch de grote rivieren genannt werden, die großen Flüsse. Sie fließen in Ost-West-Richtung in die Nordsee und teilen das Land in einen nördlichen und einen südlichen Teil.

Die Hauptwindrichtung in den Niederlanden ist Südwest, daraus resultiert ein gemäßigtes maritimes Klima mit kühlen Sommern und milden Wintern.

Siehe auch: Geologie der Niederlande und Flanderns

Bevölkerung

Die Niederlande gehören mit etwa 484 Einwohnern pro Quadratkilometer Landfläche zu den am dichtesten besiedelten Staaten der Welt (zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen 530, Bundesrepublik Deutschland 231, Monaco 16.923, Namibia 2,4) [1]. Im Juni 2006 hatten die Niederlande 16.336.000 Einwohner, davon wohnte ungefähr die Hälfte in der Randstad, dem dicht besiedelten Westen des Landes.

Die Amtssprache im gesamten Staat ist - ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung - die Niederländische Sprache (Standardniederländisch), die aus niederdeutschen Mundarten in den Niederlanden (niederländische Dialekte) entstanden ist. In der Provinz Friesland ist zusätzlich das eng verwandte Friesisch Verwaltungssprache.

In der südwestlichen Hälfte des Landes werden niederfränkische Mundarten gesprochen. Die Ortsdialekte des Südostens gehören zum Ripuarischen und im Nordosten zum Niedersächsischen. Niederfränkische, ripuarische und niedersächsische Mundarten werden im Dialektkontinuum staatsübergreifend auch in Deutschland gesprochen, niederfränkische und ripuarische Dialekte auch in Belgien.

In den überseeischen Reichsteilen (in der Karibik) ist Niederländisch Amtssprache, neben entweder Papiamento oder Englisch. Eine Tochtersprache des Niederländischen ist Afrikaans in Südafrika.

Die Niederländer sind statistisch das längste Volk der Welt, mit im Durchschnitt 1.83 m (Männer) und 1.72 m (Frauen).

In den Niederlanden leben zirka 30.000 sogenannte woonwagenbewoners, abschätzig auch kampers genannt, während sie selbst die Bezeichnung reizigers bevorzugen. Ihre gruppeninterne Sprache (Bargoens) ist eine niederländisch basierte Sondersprache, deutschem Rotwelsch bzw. Jenisch vergleichbar. Sie gelten als eine um die Mitte des 19. Jahrhunderts aus verarmten niederländischen Bauern, Landarbeitern und Torfstechern entstandene soziale Gruppe und legen Wert darauf, nicht mit den Roma verwechselt zu werden.

In die Niederlande sind Menschen aus der ganzen Welt eingewandert. Die weitaus meisten stammen aus den Nachbarländern Deutschland, Belgien und England, viele aber auch aus den ehemaligen Kronkolonien Indonesien, Surinam und der Karibik sowie aus Marokko und der Türkei.

Die Niederländische Bevölkerung nach Herkunftgruppe (2007) [2]:

Staat, Territorium Anzahl Prozent
die Niederlande (ausschließlich) 13.187.586 80,6%
Westliche Staaten [3] 1.431.954 8,8
Indonesien 389.940
Deutschland 381.186
Belgien 112.224
ehemaliges Jugoslawien 76.465
Vereinigtes Königreich 75.686
Polen 51.339
ehemalige Sowjetunion 47.450
Italien 36.495
Frankreich 33.845
Vereinigte Staaten 31.154
übrige westliche Staaten 196.170
Nicht-westliche Staaten 1.738.452 10,6
Türkei 368.600
Surinam 333.504
Marokko 329.493
Niederländische Antillen und Aruba 129.965
China 45.298
Irak 43.891
Afghanistan 37.230
Iran 28.969
übrige nicht-westliche Staaten 421.502

Religion

Den Mitgliederzahlen der Kirchen zufolge sind die wichtigsten Religionen das Christentum (Katholizismus (27 %), Protestantismus (18 %)), der Islam (6 %) und der Hinduismus (1 %). 47 % der Niederländer fühlen sich keiner Religionsgemeinschaft zugehörig (Stand: 31.12.2005).

Die zwei größten Kirchen sind laut eigenen Angaben die Römisch-katholische Kirche (4,4 Millionen Mitglieder, 27 % der Bevölkerung) und die Protestantische Kirche (Protestantse Kerk in Nederland, PKN) (1,9 Millionen Mitglieder, 12 % der Bevölkerung). Andere Kirchen sind deutlich kleiner und bilden individue.l weniger als ein Prozent der Gesamtbevölkerung. Andere religiöse Minderheiten sind Moslems, Juden, Hindus (vor allem aus Suriname) und Buddhisten.

Laut Niederländischem Zentralamt für Statistik ist die Anzahl der Katholiken und Protestanten, die auf einer Umfrage (etwas weniger als 10.000 Personen) basiert, jeweils höher:

Religionsverhältnisse in den Niederlanden, 1849

Bis in die 1960er Jahre war die Mehrheit der Bevölkerung (55-60%) protestantisch, vor allem calvinistisch. Eine große Minderheit (bis 40%) war katholisch. Der Norden und der Westen des Landes sind traditionell protestantisch, während im Süden und Osten die Katholiken die Bevölkerungsmehrheit stellen. In der Mitte des Landes gibt es einen sogenannten Bijbelbelt (Bibelgürtel) mit erhöhtem Anteil strenger Calvinisten. Eine Kirchensteuer wird in den Niederlanden nicht erhoben.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte der Niederlande

Geschichte der Benelux-Staaten
Fränkisches Reich
≈500–843
Mittelreich (Lotharii Regnum)
843–855
Lotharingien
855–977
verschiedene adlige Besitztümer
977–1384

Hochstift Lüttich
985–1795

Burgundische Niederlande
(Haus Burgund)

1384–1477

Burgundische Niederlande
(Haus Habsburg)

1477–1556

Spanische Niederlande
1556–1581

Republik der Vereinigten Niederlande
1579/1581–1795
Spanische Niederlande
1581–1713

Österreichische Niederlande
1713–1795

Batavische Republik
1795–1806

Frankreich (Erste Republik)
1795–1805

Königreich Holland
1806–1810

Französisches Kaiserreich (Erstes Kaiserreich)
1805–1815

Königreich der Vereinigten Niederlande
(Haus Oranien-Nassau)
1815–1830


Großherzogtum Luxemburg
(Haus Oranien-Nassau)
1815–1890

Königreich der Niederlande
(Haus Oranien-Nassau)
ab 1830

Königreich Belgien
(Haus Sachsen-Coburg und Gotha)
ab 1830

Großherzogtum Luxemburg
(Haus Nassau-Weilburg)
ab 1890

Nach der Aufteilung des Frankenreiches gehörten die niederen Lande zum ostfränkischen Königreich (Regnum Teutonicae) und danach zum Heiligen Römischen Reich. Unter Kaiser Karl V., der zugleich spanischer König war, war das Land in siebzehn Provinzen aufgeteilt und umfasste auch Belgien (mit Ausnahme des Fürstbistums Lüttich) und Teile Nordfrankreichs und Westdeutschlands. Am 15./16. Juli 1572 kamen Repräsentanten der meisten Städte der Grafschaft Holland in Dordrecht (im Gebäude „Het Hof“) zusammen und beschlossen ihre Unabhängigkeit von Spanien. Sie machten Wilhelm von Oranien zu ihrem Führer. Neueren historischen Forschungen zufolge gilt diese Dordrechter Ständeversammlung als eine wesentliche Keimzelle von verfassungstextlich und politisch wirksamen Grundrechten in der Neuzeit. Nach der Utrechter Union vom 23. Januar 1579, der endgültigen Unabhängigkeitserklärung vom 26. Juli 1581 und dem Achtzigjährigen Krieg gegen die spanischen Habsburger wurde die formelle Unabhängigkeit von Spanien im Frieden von Münster als Teil des Westfälischen Friedens am 15. Mai 1648 besiegelt, der, gleichzeitig mit der Schweiz, zur Trennung vom mittelalterlichen Deutschen Reich führte. Dieses Datum gilt als Geburtstag der heutigen Niederlande.

In der Folge wuchsen die Niederlande bzw. die so genannten niederen deutschen Lande („de nederen duitsche landen”) als Republik der Vereinigten Niederlande, zu einer der größten See- und Wirtschaftsmächte des 17. Jahrhunderts. Während dieser Zeit wurden Kolonien und Handelsposten auf der ganzen Welt errichtet. Bekannt ist die Gründung von Neu Amsterdam (Nieuw Amsterdam), welches später in New York umbenannt wurde. In Asien schufen die Niederländer ihr Kolonialreich Niederländisch-Indien ('Nederlands-Indië'), das heutige Indonesien, welches im Dezember 1949 unabhängig wurde. Auch im nordöstlichen Südamerika (Suriname) und der Karibik entstanden die niederländischen Kolonien Aruba, Bonaire, Curaçao, Saba, Sint Eustatius und Sint Maarten; diese Inseln, Aruba und die Niederländischen Antillen (die fünf übrigen Inseln), sind heute autonomer Teil der niederländischen Monarchie (Königreich). Deswegen besteht das Königreich der Niederlande („Koninkrijk der Nederlanden“) offiziell aus drei Teilen: die Niederlande, Aruba und die Niederländischen Antillen.

1795 wurde mit französischer Unterstützung die Batavische Republik gegründet (benannt nach dem germanischen Stamm der Bataver, der das Gebiet zwischen Rhein und Maas zuerst besiedelt hatte; 1806 machte der französische Kaiser Napoleon I. daraus das Königreich Holland. König wurde Louis-Napoléon Bonaparte, ein Bruder des Kaisers.

Kaiser Napoléon war nicht zufrieden darüber, wie sein Bruder das neue Königreich verwaltete. Im Juli 1810 löste er deshalb das Königreich Holland auf. Die Niederlande wurden einverleibt in Frankreich.

Die Niederlande erlangten ihre Unabhängigkeit zurück im Jahre 1813. Wilhelm I. aus dem Haus Oranien-Nassau wurde souveräner Fürst der Niederlande; 1815 wurde er König. Der Wiener Kongress fügte 1815 die südlichen Niederlande, das heutige Belgien, an das Königreich hinzu. Man beabsichtigte damit, dass Frankreich in Zukunft im Norden von einem starken Staat begrenzt werde.

Der Wiener Kongress erhob außerdem das Herzogtum Luxemburg zum Großherzogtum Luxemburg und sprach Luxemburg zu an Wilhelm I. persönlich, als Entschädigung für den Verlust seiner Gebiete in Deutschland, Nassau-Dillenburg, Siegen, Hadamar and Diez.

Belgien und damit das niederfränkische Flandern erlangte nach der belgischen Revolution von 1830 seine Unabhängigkeit, die allerdings erst 1839 von Wilhelm I. anerkannt wurde.

Der niederländische König war seit 1815 auch Großherzog von Luxemburg, wo die Lex Salica kein weibliches Staatsoberhaupt zuließ. Als Wilhelm III. bei seinem Tod 1890 nur eine Tochter (Königin Wilhelmina) hinterließ - seine Söhne waren verstorben - ging der Luxemburger Thron auf eine andere Erbfolgelinie im Haus Nassau über und Wilhelms Vetter Adolf von Nassau übernahm dort die Regierung.

Die Niederlande blieben im Ersten Weltkrieg offiziell neutral und konnten sich auch erfolgreich aus dem Krieg heraushalten. Sie hielten ihre Truppen aber dennoch bis zum Kriegsende mobilisiert und hatten überdies mit einer großen Flüchtlingswelle aus dem vom Deutschen Reich besetzten Belgien zu tun. Nach dem Ersten Weltkrieg gewährten die Niederlande dem bisherigen Deutschen Kaiser Wilhelm II. Exil.

Auch im Zweiten Weltkrieg versuchte die niederländische Regierung zunächst, sich neutral zu verhalten. Hitler jedoch befahl die Okkupation der Niederlande, um so Frankreich unter Umgehung der „Maginot-Linie“ von Norden her einnehmen zu können. Nach dreitägigem Kampf zwangen die deutschen Truppen am Abend des 14. Mai 1940 die Niederlande zur Aufgabe. Ausschlaggebend war hierfür das verheerende Bombardement von Rotterdam sowie die Androhung eines weiteren Angriffes auf das ebenfalls zäh verteidigte Utrecht. Die königliche Familie war zu diesem Zeitpunkt schon nach England geflohen. Das Land wurde von da an von der Wehrmacht besetzt gehalten. Die Nationaal-Socialistische Beweging (NSB) unter Anton Adriaan Mussert arbeitete mit den deutschen Besatzungstruppen zusammen, erlangte aber keinen relevanten Einfluss in der Bevölkerung oder im Besatzungsapparat. Jedoch stellten die Niederlande mit 60.000 Freiwilligen ein bedeutendes Kontingent an ausländischen Freiwilligen in der Waffen-SS. Nach der Invasion kam es zur Judenverfolgung durch die deutschen Besatzer. Der Februarstreik 1941 gegen die Deportationen wurde blutig niedergeschlagen. Von den zu Beginn des Krieges 160.000 jüdischen Niederländern und 20.000 jüdischen Flüchtlingen lebten am Ende des Krieges nur noch etwa 30.000. Symbol für die Judenverfolgung ist der Fall der Anne Frank. Auch Jenische, Sinti und Roma aus den Niederlanden wurden in die KZ deportiert und überlebten dies nur selten.

Am 11. Januar 1942 begann die japanische Invasion von Niederländisch Ostindien. Die Niederländer kapitulierten am 1. März 1942. Der südliche Teil der Niederlande wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 1944 von den vorrückenden Alliierten befreit; der Norden des Landes erst durch das Kriegsende. Sofort nach der Befreiung Niederländisch-Ostindiens von der japanischen Besatzung am 17. August 1945 erklärte die niederländische Kolonie ihre Unabhängigkeit und nannte sich fortan Indonesien. Erst nach blutigen Kämpfen mit niederländischen Truppen, die noch versuchten den kolonialen Besitzstand der Niederlande zu wahren, wurde Indonesien am 27. Dezember 1949 formal in die Unabhängig entlassen.

Von 1949 bis 1963 waren westdeutsche Gemeinden aus dem Landkreis Geilenkirchen-Heinsberg (Selfkant) und die Gemeinde Elten (bei Emmerich) unter niederländische Verwaltung gestellt. Bestrebungen der Niederländischen Regierung, Teile Niedersachsens sowie des westlichen Münster- und Rheinlandes an die Niederlande anzugliedern (Bakker-Schut-Plan), hatten sich nicht durchsetzen können. 1952 gründeten die Niederlande mit Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien und Luxemburg die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (und damit die spätere Europäische Union). Sie waren ebenfalls Mitbegründer der NATO.

Im Februar 1953 verheerte eine Sturmflut den Südwesten der Niederlande und forderte 1800 Tote. Die Niederlande waren Gründungsmitglied der Benelux-Wirtschaftsunion (seit 1944 geplant, am 3. Februar 1958 festgelegt und am 1. November 1960 in Kraft getreten). 1980 folgte Königin Beatrix Königin Juliana nach, die im Alter von 71 Jahren abdankte.

Die Morde am Politiker Pim Fortuyn am 6. Mai 2002 und an dem Filmregisseur Theo van Gogh am 2. November 2004 erschütterten die niederländische Öffentlichkeit und führten zu heftigen Debatten über das Selbstverständnis der niederländischen Gesellschaft. Nach dem Mord an Theo van Gogh kam es in den Niederlanden auch zu Brandanschlägen auf islamische und christliche Einrichtungen.

Die Niederländer wiesen am 1. Juni 2005 mit einer großen Mehrheit von 61,6 % den Vertrag über eine Verfassung für Europa zurück.

Politik

Der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende

Seit dem Ende der französischen Besetzung im Jahre 1815 sind die Niederlande eine konstitutionelle Monarchie mit dem Königshaus Oranien-Nassau an der Spitze. Es herrscht allgemeines Wahlrecht ab 18 Jahren.

Politikwissenschaftlich gesehen sind die Niederlande - wie Deutschland - eine parlamentarische Demokratie, jedoch nach der staatsrechtlichen Fiktion eine Monarchie. In der Verfassung kommt das Wort „Demokratie“ nicht vor, und der Souverän ist nicht das Volk, sondern der „Fürst“. Die Regierung wird - formell - von der Königin bestellt, Gesetze werden nach „Beratung mit den Generalständen“ (dem Parlament) von der Königin verkündet und Gerichtsurteile ergehen im Namen der Königin. Tatsächlich aber hat sich um 1866 das parlamentarische Prinzip durchgesetzt, das heißt, dass der Fürst de facto nur Minister ernennt, die von einer Parlamentsmehrheit gestützt werden.

Auf dem Demokratieindex, der von der Zeitschrift The Economist herausgegeben wird, erreichten die Niederlande im Jahre 2006 den dritten Platz hinter Schweden und Island.

Staatsoberhaupt und Regierung

Staatsoberhaupt seit 1980 ist Königin Beatrix. Ihr Sohn Willem-Alexander ist Thronfolger. Zusammen mit seiner Frau Máxima hat er drei Töchter, Catharina-Amalia, Alexia und Ariane. Gemäß der Verfassung ist die Königin („der Fürst“) Mitglied der Regierung und ernennt die Minister. In der Praxis lässt sie nach Wahlen einen Informateur (meist ein hoher Beamter) die Parlamentsfraktionen befragen. Nach dessen Berichterstattung bestellt die Königin einen Formateur, der das Kabinett zusammenstellt. Dabei kann es sich bereits um den künftigen Ministerpräsidenten handeln.

Die Regierung besteht aus der Königin und ihren Ministern, darunter dem Ministerpräsidenten, der das Ressort „Allgemeines“ leitet. Die Kabinettssitzungen finden ohne Königin statt, dafür erstattet der Ministerpräsident der Königin einmal die Woche Bericht. Das Verbindungsbüro zwischen Königin und Ministerpräsident heißt Kabinett van de Koningin und ist nicht mit dem eigentlichen Kabinett zu verwechseln.

In der Regel gibt es drei Koalitionsparteien, die eine knappe Mehrheit in der Zweiten Kammer haben; die beiden kleineren Partner erhalten je einen vicepremier.

Ministerpräsident Jan Peter Balkenende von den Christdemokraten ist seit 2002 im Amt. Nach seinem Rücktritt am 20. Juni 2006 und dadurch bedingten Neuwahlen bildete er Anfang 2007 mit der sozialdemokratischen PvdA und der ChristenUnie eine neue Regierung.

Siehe auch: Liste der niederländischen Ministerpräsidenten.

Parlament und Parteien

Siehe auch: Politische Parteien in den Niederlanden

Das Parlament (Staten-Generaal, Generalstände) besteht aus zwei Kammern. Die Wahl der 150 Mitglieder der Zweiten Kammer (Tweede Kamer) findet im Normalfall alle vier Jahre statt. Diese Kammer ist das Parlament im eigentlichen Sinne, als Volksvertretung und Kontrolle der Regierung.

Die Erste Kammer (Eerste Kamer), auch Senat genannt, setzt sich aus 75 Vertretern der Provinzparlamente zusammen, die ebenfalls alle vier Jahre gewählt werden. Die Arbeit der Ersten Kammer besteht vor allem in der Begutachtung von Gesetzen, die die Zweite Kammer erarbeitet hat; unter Umständen kann die Erste Kammer ein Gesetz durch ein Veto blockieren.

Seit den Wahlen von 2006 befinden sich im Parlament Vertreter der folgenden Parteien:

Im Vergleich zu Deutschland oder Österreich sind wesentlich mehr Parteien im Parlament vertreten, da man mit theoretisch nur 0,67 Prozent der Stimmen bereits ein Mandat gewinnen kann. Gruppierungen, die in Deutschland eher Flügel einer Volkspartei blieben, gründen in den Niederlanden viel eher eine neue Partei.

Die wichtigsten Parteien - und die einzigen, die bislang Ministerpräsidenten gestellt haben - sind die Christdemokraten CDA und die Sozialdemokraten PvdA, die beide relativ mitte-orientiert sind. Es gibt daneben eine starke (rechts-)liberale Partei, die VVD, die mit zu den „großen Drei“ gerechnet wird. Die großen Verlierer der letzten Jahre sind die Democraten 66, eine linksliberale Partei. Diese vier Parteien, kurzfristig die Fortuynpartei (2002) und seit 2007 die CU haben Regierungserfahrung.

In jüngerer Zeit hat die ehemals marxistische Sozialistische Partei stark aufgeholt und Grün-Links bereits überflügelt; diese beiden Parteien gelten momentan aber noch nicht als regierungsfähig. Das gilt noch mehr für die rechtspopulistische Partei der Freiheit.

Gesellschaftspolitik

In den 1980er Jahren wurden eine permissive Politik eingeführt, die auf dem Prinzip des gedogens (Tolerierens) beruht: Etwas, das prinzipiell nicht unbedingt befürwortet wird, wird dennoch toleriert, da eine restriktive Politik schlimmere Folgen hätte. Paradebeispiele sind die Prostitution und der Drogenkonsum. Dennoch ist auch in den Niederlanden nicht „alles erlaubt“, und es gibt durchaus eine heftige Diskussion über die Coffee Shops, in denen „weiche“ Drogen quasi-legal verkauft und konsumiert werden können. Die Niederlande waren ferner der erste Staat, welcher die gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht hat. Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist die Tolerierung der aktiven Sterbehilfe, die vor allem von den beiden strengreligiösen Parteien kritisiert wird.

Zum gedogen gehörte auch die Ausländerpolitik, die unter dem Motto stand: Integration unter Beibehaltung der eigenen Kultur. Diese Politik ist Ende der 1990er Jahre wieder stark kritisiert worden, nicht nur von Politikern der Rechten. Bereits 2000 erregte der Hilferuf eines Utrechter Schuldirektors Aufsehen, der dazu riet, seine Schule besser gleich aufzulösen. Aufgrund des hohen Ausländeranteils könne kein Gymnasialzweig mehr eingerichtet werden, und die guten Schüler (sowohl „weiße“ als auch ausländische) würden „fliehen“. Direktor Sjamaar wurde entlassen, aber einige Jahre später kam es genauso, wie er vorhergesagt hatte. Zur gleichen Zeit warnte der sozialdemokratische Professor Paul Scheffer vor einem „multikulturellen Drama“, das die größte Bedrohung des gesellschaftlichen Friedens sei.[4]

Internationale Aufmerksamkeit erhielt der Fall Pim Fortuyn: Der Rechtspopulist hatte in den Umfragen zur Parlamentswahl 2002 große Stimmengewinne vorhergesagt bekommen, und tatsächlich wurde seine Partei - trotz der Ermordung Fortuyns kurz zuvor - aus dem Stand heraus zweitgrößte Kraft im Parlament. Am 2. November 2004 wurde auch der Filmemacher Theo van Gogh ermordet. Fortuyn und van Gogh hatten gemein, dass sie nicht zuletzt durch Kritik am Islam bekannt wurden, dass sie aber beide nicht den traditionellen Rechtsextremisten zugeordnet werden konnten, wie sie bereits in den 1980er Jahren in das niederländische Parlament gelangt waren. Allerdings wurde Fortuyn von einem verwirrten (niederländischen) Einzeltäter ermordet, van Gogh von einem islamistischen Extremisten.

Als Folge des Mordes an van Gogh wurden Brandanschläge auf Moscheen verübt, und es kam zu Hassbekundungen insbesondere gegen Ausländer muslimischer Religion, aber auch zu Übergriffen auf Kirchen. Die Vorfälle lösten heftige Diskussionen über die Integration von Ausländern und über das Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen aus. Große Bevölkerungsteile fordern seither eine rigorose Politik gegen gewalttätige Einwanderer und eine Änderung der als zu liberal empfundenen Einwanderungsgesetze. Mehrere Politiker stehen seither unter Polizeischutz, da sie weiterhin von radikalen Islamisten bedroht werden. International bekannt wurde auch die aus Somalia stammende Ayaan Hirsi Ali, die erst für die Wiardi-Beckman-Stiftung der PvdA tätig war, dann aber - wegen der Islamfrage - Abgeordnete der rechtsliberalen VVD wurde.

Seit dem 15. März 2006 müssen Personen, die in die Niederlande einwandern wollen, einen Test absolvieren. Der Test enthält Fragen über Sprachkenntnisse, Kultur und einige weitere Themen. Der Test ist an 140 niederländischen Konsulaten in 14 Sprachen erhältlich und kostet 350 Euro zuzüglich 64 Euro für das Lernmaterial. Zudem wurde das Mindesteinwanderungsalter auf 21 angehoben.

Polizei

Hauptartikel: Niederländische Polizei

Das Land ist seit 1994 in 25 Polizeiregionen (politieregio's) eingeteilt, die je über ein Regionalkorps (regiokorps) verfügen. Daneben gibt es ein Landespolizeikorps (Korps Landelijke Politie Diensten - KLPD), bei der diverse Stellen angesiedelt sind wie Wasserschutz-, Bahn- und Autobahnpolizei, Interpol-Verbindungsbüro, berittene Polizei und ein Sicherheitsdienst für Regierungseinrichtungen und Botschaften. In den Niederlanden sind etwa 55.000 zivile Polizeibeamte im Dienst.

Die niederländische Gendarmerie namens Koninklijke Marechaussee mit ungefähr 6.800 Mitarbeitern gehört organisatorisch als eigene Teilstreitkraft zu den Niederländischen Streitkräften. Sie hat Aufgaben wie den Grenzschutz, die Bewachung der Flughäfen und den Personenschutz für die Königsfamilie.

Militär

Hauptartikel: Niederländische Streitkräfte Nederlandse krijgsmacht

Die allgemeine Wehrpflicht wurde 1996 auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Die Niederlande verfügen damit über eine Berufsarmee. Die Streitkräfte umfassen insgesamt 53.130 Personen, davon entfallen auf das Heer 23.150, auf die Luftwaffe 11.050 und auf die Marine 12.130 Soldaten. Daneben existiert seit 1998 noch die Koninklijke Marechaussee als eigenständiger Teil der Streitkräfte. Die Militärausgaben betragen 1,6 % des BIP (zum Vergleich: Deutschland: 1,5 %, USA: 3,4 %).

Das niederländische Heer (Koninklijke Landmacht) ist durch das 1. Deutsch-Niederländische Korps eng mit der Deutschen Bundeswehr verzahnt.

Verkehrswesen

Im Verkehrswesen in den Niederlanden bestimmen Radfahrer (Fietsen für Fahrräder) das Bild. Den Radlern stehen eigene Verkehrsstreifen und ein eigenes vom übrigen Fahrverkehr abgetrenntes Ampelsystem zu. Sie haben Vorfahrt vor dem übrigen Verkehr und kennen wenig Rücksichtnahme auf die Fußgänger. Lediglich von den Kanalbrücken werden sie ausgebremst, da relativ häufig Schiffe den Weg kreuzen, den die Radler zur Arbeit oder Schule bzw. dem Heimweg zurücklegen müssen. Die Niederländer benutzen meistens die Brücken vom Typ Holländerbrücke mit ihrem hoch aufgehängtem Gegengewicht. Aber auch einige Schubbrücken, Drehbrücken und Hebebrücken sind noch aktiv und bei Kanal- und Gracht-Querungen im Einsatz.

Alle Straßenbahnen in den Niederlanden, etwa in Den Haag oder Rotterdam verwenden die Normalspur. Städtische Busse dürfen offiziell den Gleiskörper mit straßenählichem Belag mitbenutzen, um nicht im Verkehr steckenzubleiben.

Provinzen und Gemeinden

Provinzen der Niederlande nach 1986

Hauptartikel: Provinzen der Niederlande

Die Niederlande sind ein dezentralisierter Einheitsstaat. Unterhalb der nationalen Ebene gibt es seit dem 1. Januar 1986 zwölf Provinzen (niederländisch provincies). 1579 gab es zunächst sieben Provinzen. Später kamen die so genannten Generalitätslande (niederländisch Generaliteitslanden) als Provinzen Nord-Brabant und Limburg hinzu. Drenthe wurde ebenfalls eine eigene Provinz, und die dominierende Provinz Holland wurde 1840 in Nord-Holland und Süd-Holland aufgespalten. Erst 1986 wurde Flevoland als jüngste Provinz gegründet.

Man teilt die Provinzen oft in vier Gruppen zusammen: Utrecht, Nord- und Südholland im Westen, Zeeland, Brabant und Limburg im Süden, Flevoland, Gelderland und Overijssel im Osten sowie Drenthe, Groningen und Friesland im Norden.

Es wird darüber diskutiert, beispielsweise Rotterdam als stadsprovincie auszugliedern oder die drei Nordprovinzen zusammenzulegen. Das Recht dazu hätte der niederländische Innenminister. Allgemein aber sind die Provinzen sehr alt und traditionsreich, so dass mit einer voreiligen Änderung nicht zu rechnen ist.

Die Provinzen wiederum gliedern sich in 443 Gemeinden (gemeenten) (Stand: 1. Januar 2007). Die Stadt Amsterdam beispielsweise ist eine Gemeinde mit vierzehn Stadtteilen, ebenso ist Oude Ijsselstreek eine Gemeinde, die eine Stadt sowie mehrere Dörfer und Ortschaften beinhaltet. Eine Einteilung in Kreise und kreisfreie Städte gibt es nicht. Die 443 Gemeinden gehören jeweils einer der zwölf Provinzen an sowie einer der 25 Polizeiregionen. Ferner gibt es noch die waterschappen, die sich mit Deichschutz und Wasserwirtschaft beschäftigen. So genannte plusregio's sind eine Zusammenarbeitsform, die manchmal eine Gruppe von Gemeinden für sich gewählt hat. Beispiele sind das 'Stadsgewest Haaglanden, die Stadsregio Arnhem-Nijmegen und die Parkstad Limburg. 2006 gab es acht solcher plusregio's.

An der Spitze einer Provinz steht die Vetretung der Bevölkerung der Provinz. Der Names dieses Hauptorganes der Provinz ist „Provinciale Staten“ oder verkürzt „de Staten“. Vorsitzender der Staten ist der Commissaris van de Koningin (Beauftragter der Königin). An der Spitze einer Gemeinde steht der Gemeinderat. Vorsitzender der Gemeinderat is der burgemeester (Bürgermeister). Der Commissaris van de Koningin und der Bürgemeister werden mit Königlichem Beschluss von der Regierung ernannt, im Algemeinen auf Vorschlag der Staten Bzw. des Gemeinderates. Viele Bürgermeister machen eine richtiggehende Karriere im Bürgermeisterberuf, in der sie abwechselnd in unterschiedlichen Gemeinden Dienst tun (für eine jeweils sechsjährige Periode, die aber verlängert werden kann). Ein Bürgermeister ist also nicht der gewählte Vertreter des Gemeinderates oder der lokalen Bevölkerung. Seit Jahren gibt es Initiativen, etwa durch Referenden die Bevölkerung an der Auswahl des Bürgermeisters zu beteiligen.

Wirtschaft

Satellitenaufnahme vom Europoort in Rotterdam; Teil des größten Hafens Europas
Wichtiger Landwirtschaftszweig: Die Tulpenzucht
Abschlussdeich des IJsselmeers

Hauptartikel: Wirtschaft der Niederlande

Allgemeines

Die Niederlande haben ein gut funktionierendes, eher liberales Wirtschaftssystem. Seit den 1980er Jahren, so wird allgemein behauptet, habe die Regierung ihre ökonomischen Eingriffe weitgehend zurückgenommen. Tatsächlich aber erfolgte im Land eine staatlich verordnete Lohnmäßigung. Die Arbeitslosenquote ist relativ niedrig, allerdings gibt es über die Arbeitsunfähigenversicherung eine bedeutende versteckte Arbeitslosigkeit.

Beim produzierenden Gewerbe dominieren Lebensmittel- und chemische Industrie, Erdölraffinerien und die Herstellung von Elektrogeräten. Lange vor seinen europäischen Nachbarn sorgte das Land für einen ausgewogenen Staatshaushalt und bekämpfte erfolgreich die Stagnation im Arbeitsmarkt.

Die moderne und hoch technologisierte Landwirtschaft ist außerordentlich produktiv: neben Getreide-, Gemüse-, Früchte- und Schnittblumenanbau - die Tulpenzüchtung beeinflusste sogar die Geschichte des Landes - gibt es noch Milchviehhaltung in großem Maßstab. Letztere liefert die Grundlage für Käse als wichtiges Exportprodukt.

Die niederländische Landwirtschaft beschäftigt knapp unter 4 % der Arbeitnehmer, trägt jedoch erheblich zum Export bei. Die Niederlande sind nach den USA und Frankreich der weltweit drittgrößte Exporteur landwirtschaftlicher Erzeugnisse.

Als Mitbegründer der Euro-Zone wurde in den Niederlanden für Bankgeschäfte am 1. Januar 1999 die vorherige Währung, der Gulden, durch den Euro ergänzt. Drei Jahre später, am 1. Januar 2002, ersetzen die Euromünzen und -banknoten für die Konsumenten den Gulden als Zahlungsmittel. Auf den Münzen ist ausnahmslos die Königin abgebildet.

Im Vergleich mit dem Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreichen die Niederlande einen Index von 126 (EU-25:100) (2005).[5]

Die Niederlande haben mit Deutschland ein Doppelsteuerabkommen.

Naturressourcen

Die Niederlande verfügen über Erdgaslager, aus denen nahe Groningen sowie in der südlichen Nordsee in großem Maßstab gefördert wird. 1996 wurden 75,8 Mrd. m³ (nach BP) gefördert. Damit stehen die Niederlande im Ländervergleich bei der Erdgasförderung auf Platz fünf, nach Russland (561,1 Mrd. m³), USA (546,9 Mrd. m³), Kanada (153,0 Mrd. m³) und Großbritannien (84,6 Mrd. m³). Weiterhin gibt es an der emsländischen Grenze kleinere Erdölreserven und größere Salzlagerstätten bei Delfzijl und Hengelo. Abgesehen von Torf (u. a. im Bourtanger Moor) verfügen die Niederlande über keine weiteren nennenswerten Bodenschätze.

Staatsausgaben

Zwischen 1992 und 2005 lag der Anteil der Staatsausgaben für

Kultur

Königin Beatrix am Koninginnedag
Datum Name Deutscher Name Anmerkungen
1. Januar Nieuwjaar Neujahr
30. April Koninginnedag Tag der Königin Geburtstag der früheren Königin Juliana (Beatrix' Mutter): Nationalfeiertag
4. Mai Dodenherdenking Totengedenken Gedenktag an die Toten der Kriege (kein freier Tag)
5. Mai Bevrijdingsdag Befreiungstag Feier anlässlich der Befreiung von der deutschen Besatzung, dag van de vrijheid (alle fuenf Jahre seit 1945 gerechnet)
40 Tage nach Ostern Hemelvaartsdag Christi Himmelfahrt
7 Wochen nach Ostern Pinksteren Pfingsten Pfingstsonntag und Pfingstmontag
5. Dezember Sinterklaasavond oder Pakjesavond Nikolausabend (kein freier Tag), statt Weihnachten der Tag, an dem Kinder beschenkt werden
25. und 26. Dezember Kerstmis Weihnachten 1. und 2. Weihnachtsfeiertag
31. Dezember Oudejaar(sdag) Silvester (kein freier Tag)
Van Gogh „Sonnenblumen“

Malerei und Kunst

Viele weltberühmte Maler waren Niederländer. Einer der bekanntesten frühen Künstler war Hieronymus Bosch. Die Blütezeit der Republik im 17. Jahrhundert, das so genannte Goldene Zeitalter brachte große Künstler wie Rembrandt van Rijn, Jan Vermeer, Frans Hals, Carel Fabritius, Gerard Dou, Paulus Potter, Jacob Izaaksoon van Ruisdael oder Jan Steen hervor. Berühmte Maler späterer Epochen waren Vincent van Gogh und Piet Mondrian. M. C. Escher und Otto Heinrich Treumann waren bekannte Grafiker.

Architektur

Niederländische Architekten gaben wichtige Impulse für die Architektur des 20. Jahrhunderts. Hervorzuheben sind vor allem Hendrik Petrus Berlage und die Architekten der De-Stijl-Gruppe (Robert van't Hoff, Jacobus Johannes Pieter Oud, Gerrit Rietveld). Johannes Duiker war ein Vertreter des Neuen Bauens. Die so genannte Amsterdamer Schule (Michel de Klerk) leistete einen bemerkenswerten Beitrag zur expressionistischen Architektur.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg traten innovative niederländische Architekten hervor. Aldo van Eyck und Herman Hertzberger prägten die Architekturströmung Strukturalismus. Piet Blom wurde durch seine eigenwilligen Baumhäuser bekannt.

Unter den Gegenwartsarchitekten zählt Rem Koolhaas mit seinem Büro Office for Metropolitain Architecture zu den einflussreichsten Vertretern einer zeitgenössischen, auf urbanistischen Erfahrungen beruhenden Architekturrichtung (zeitweise zum Dekonstruktivismus zugeordnet), die weitere weltweit bekannte Büros wie MVRDV, Mecanoo, Eric van Egeraat, Neutelings-Riedijk beeinflussten (großenteils Schüler bzw. ehem. Mitarbeiter bei OMA). Niederländische Architektur hat seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts und immer noch fortdauernd einen erheblichen Einfluss auf die weltweite Architekturentwicklung genommen.

Wissenschaft und Technologie

Aus den Niederlanden stammten Erasmus von Rotterdam, Baruch Spinoza, Christiaan Huygens und Antoni van Leeuwenhoek. René Descartes verbrachte den Großteil seiner Schaffenszeit in den Niederlanden. Überhaupt fanden seit der frühen Neuzeit zahlreiche verfolgte Wissenschaftler in den Niederlanden Asyl und Wirkungsmöglichkeiten.

Die moderne Soziologie verdankt ihrem niederländischen Begründer S. Rudolf Steinmetz bedeutende Anregungen. Für die Medizin der frühen Neuzeit war die Stadt Leiden ein relevantes Zentrum, von dem wichtige Impulse ausgingen.

In Noordwijk ist die Europäische Weltraumorganisation angesiedelt.

Literatur

Hauptartikel: Niederländische Literatur

Im „Goldenen Zeitalter“ (De Gouden Eeuw) der Niederlande blühte neben der Malerei auch die Literatur, als bekannteste Vertreter wären Joost van den Vondel und Pieter Corneliszoon Hooft zu nennen.

Während der deutschen Besatzung (1940–1945) verfasste Anne Frank in Amsterdam ihr weltbekanntes Tagebuch.

Als die drei wichtigsten Autoren der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts gelten Harry Mulisch („Die Entdeckung des Himmels“, auch verfilmt), W. F. Hermans und Gerard Reve. Zu den auch in Deutschland etwas bekannteren gehören ferner Cees Nooteboom, Jan Wolkers und Hella Haasse.

Musik

Das niederländische Musikleben war im Bereich der klassischen Musik lange Zeit nicht auf dem Niveau anderer europäischer Staaten organisiert. Erst Ende des 19. Jahrhunderts fand eine Professionalisierung statt und es bildeten sich zahlreiche Orchester und Kammerensembles.

Wichtige niederländische Komponisten um 1800 waren beispielsweise der gebürtige Deutsche Johann Wilhelm Wilms sowie Carolus Antonius Fodor, die sich beide an der Wiener Klassik orientierten. Im 19. Jahrhundert dominierten lange Zeit von der deutschen Romantik beeinflusste Strömungen das Musikleben, u.a. repräsentiert durch Richard Hol. Bernard Zweers versuchte als erster eine spezifisch niederländische Nationalmusik zu entwickeln. Ihm folgten Julius Röntgen und Alphons Diepenbrock, mit denen die niederländische Musik den Anschluss an die internationale Musikentwicklung fand. Wichtige Komponisten im 20. Jahrhundert sind Willem Pijper, Mathijs Vermeulen, Louis Andriessen, Otto Ketting, Ton de Leeuw, Theo Loevendie, Misha Mengelberg, Tristan Keuris und Klaas de Vries (Liste niederländischer Komponisten klassischer Musik).

Die wohl bekannteste niederländische Rockband Golden Earring hatte in den 1970er Jahren ihren größten Hit mit „Radar Love“. Ebenfalls weltbekannt war in den 1970er Jahren die Classic Rock Band Ekseption um Rick van der Linden sowie Shocking Blue mit ihrem Hit „Venus“.

International bekannte niederländische Musiker sind zum Beispiel Nits, Candy Dulfer, Anouk Teeuwe, Tiesto oder die Gruppen Within Temptation und The Gathering (Band).

Der bekannte Pianist Bob Versteegh, der heute in Detmold, Deutschland arbeitet, stammt ursprünglich aus Arnheim.

Das jährlich veranstaltete North Sea Jazz Festival in Den Haag gehört zu den wichtigsten Jazz-Events weltweit.

Seit einigen Jahren ist nederlandstalige muziek, Musik in der Landessprache, sehr erfolgreich. Die berühmtesten Pop/Rockbands sind Bløf, die meistgespielte Band im niederländischen Radio der vergangenen Jahre, und Acda en de Munnik, ein Duo, das mit Kleinkunstprogrammen bekannt geworden ist. Noch höhere Plattenverkaufszahlen erzielen Schlagerkünstler, wie Marco Borsato, Jan Smit und Frans Bauer. Bekannte niederländische Rapper sind Ali B und Lange Frans & Baas B.

Seit den Neunzigern ist eine neue Musikrichtung in den Niederlanden entstanden, die sich in ganz Europa und Amerika immer größerer Beliebtheit erfreut. Hardcore Techno oder Gabber entstand in Rotterdam, Trance wanderte von Deutschland in die Niederlande und hat dort seine weltweit größte Popularität. Bekannte Vertreter sind Angerfist, Neophyte oder DJ Buzz Fuzz.

Medien

Niederländische Kinospielfilmproduktion[6]
Jahr Anzahl
1975 16
1985 13
1995 18
2005 24

In den Niederlanden zählen Fernsehen, Radio und Tageszeitungen zu den bedeutsamsten Medien. Insbesonders die überregionalen Tageszeitungen genießen einen erheblich höheren Stellenwert als in den meisten anderen europäischen Staaten, die bedeutendsten Traditionszeitugen sind De Telegraaf, AD, de Volkskrant, NRC Handelsblad und Trouw. Eine historisch wichtige überregionale Tageszeitung war Het Parool, die später zu einer Amsterdamer Stadtzeitung umkonzipiert wurde. 1999 erschien mit dem Ableger der Gratiszeitung metro die erste derartige Zeitung in den Niederlanden, mittlerweile sind DAG, De Pers und Sp!ts hinzugekommen. Diese und das Internet haben den Traditionsblättern zum Teil erhebliche Marktanteile abgenommen. Mit De Groene Amsterdammer, Elsevier, HP / De Tijd und Vrij Nederland erscheinen vier politische Wochenzeitschriften.

Siehe auch: Liste niederländischer Zeitungen

Fernsehen

Wie in vielen europäischen Ländern, unterscheidet man auch in den Niederlanden die Fernsehlandschaft in öffentlich-rechtliche und private Fernsehsender. Zu den öffentlich-rechtlichen Sendern gehören Nederland 1, Nederland 2 und Nederland 3 und für Niederländer im Ausland BVN-TV. Sie werden großteils über Steuern finanziert, teilweise jedoch noch durch das Mitgliedssystem: Ursprünglich waren die Rundfunksender von weltanschaulich orientierten Vereinen errichtet worden, wie das katholische oder das Arbeiterradio.

Die Niederlande zählen sieben Privatsender, dies sind RTL 4, RTL 5, RTL 7, NET 5, SBS 6, Veronica und RTL 8. Marktführer ist in den Niederlanden die RTL Group mit RTL 4.

In den Niederlanden ist der Anteil von importierten, vor allem amerikanischen Sendungen sehr groß, die in aller Regel untertitelt werden.

Natursehenswürdigkeiten

Floriade 2002

Niederländische Küche

Hauptartikel niederländische Küche

Ursprünglich unterscheidet sich die niederländische Küche nicht sehr von der deutschen, in der auch Kartoffeln, Kraut und Würste eine große Rolle spielen (zum Beispiel im stamppot). Durch die koloniale Vergangenheit kam allerdings ein großer indonesischer Einfluss ins Land, mit der Gewürzsauce sambal oder auch dem Schweinefleischgericht babi pangang. Viele China-Restaurants nennen sich übrigens chinees-indisch, was nichts mit Indien zu tun hat, sondern mit der ehemaligen Kolonie Nederlands-Indie, dem heutigen Indonesien.

Einzelnachweise

  1. Der Fischer Weltalmanach 2006. Zahlen, Daten, Fakten. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-72006-0; S. 334,117,126,321,325
  2. Als gehörend zu einer ausländischen Herkunftgruppe wird gerechnet jeder der selbst oder von wem mindestens einen Elternteil im Ausland geboren ist. Quelle: Zentralamt für Statistik, 2007.
  3. Alle europäische, nordamerikanische und ozeanische Staaten, Indonesien und Japan
  4. http://www.nrc.nl/W2/Lab/Multicultureel/scheffer.html
  5. http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=STAT/06/166&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en Eurostat News Release
  6. Weltfilmproduktionsbericht (Auszug), Screen Digest, Juni 2006, S. 205–207 (eingesehen am 15. Juni 2007)

Siehe auch

Leuchtturm von Marken


Commons: Niederlande – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikimedia-Atlas: Niederlande – geographische und historische Karten
Wiktionary: Niederlande – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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