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Winnyzja

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Winnyzja
Вінниця
Wappen von Winnyzja Winnyzja in der Ukraine
Basisdaten
Staat: Ukraine Ukraine
Oblast: Oblast Winnyzja
Rajon: Kreisfreie Stadt
Höhe: keine Angabe
Fläche: 70,0 km²
Einwohner: 362.201 (1. Januar 2006)
Bevölkerungsdichte: 5.174 Einwohner je km²
Postleitzahlen: 21000-
Vorwahl: +380 43
Geographische Lage: 49° 14′ N, 28° 29′ OKoordinaten: 49° 13′ 48″ N, 28° 28′ 48″ O
Verwaltungsgliederung: 3 Stadtrajone
Verwaltung
Adresse: wul. Soborna 59
21100 Winnzja
Website: http://www.vinnytsya.osp-ua.info/
Statistische Informationen
Winnyzja (Oblast Winnyzja)
Winnyzja (Oblast Winnyzja)
Winnyzja
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Winnyzja (ukrainisch Вінниця, wissenschaftl. Translit. Vinnycja; russisch Винница, Winniza, wissenschaftl. Translit. Vinnica; polnisch Winnica) ist eine Stadt in der Ukraine in der Landschaft Podolien. Sie ist Hauptstadt der Oblast Winnyzja und hat 332.400 Einwohner (Stand 1. Januar 2004). Die Stadt besitzt Verwaltungseinrichtungen für die ukrainische Luftwaffe, vielfältige Industrie und hat Theater, eine Philharmonie, Hochschulen, Fachschulen sowie Forschungsinstitute.

Geschichte

Im 14. Jahrhundert wurde am rechten Ufer des Südlichen Bug eine Stadt gegründet, die den Namen Winnyzja erhielt. Ihr Mittelpunkt wurde eine Burg mit Befestigungen aus Balkenwerk, wo die Einwohner der Stadt und der umliegenden Dörfer im 15. und 16. Jahrhundert vor den verheerenden Überfällen der Tataren Zuflucht fanden. In dieser Zeit (1530 - 1550) kämpfte der deutsche Schlesier Bernhard von Prittwitz († 1561) als Starost von Bar und Winnyzja (ab 1540) sehr erfolgreich gegen die Tartaren und erhielt daher den Beinamen "Terror Tartarorum" (Schrecken der Tartaren). Im 17. Jahrhundert entstanden die ersten Steinbauten (Kirche und Schule), die noch erhalten sind. Interessant sind die hölzerne Nikolai-Kirche (1746) in der Altstadt, die Bauten der einstigen Klöster der Kapuziner (1760) sowie der Jesuiten und der Dominikaner (17. bis 18. Jahrhundert).

In Winnyzja befindet sich eine 1927 geschaffene Gedenkstätte für den dort geborenen namhaften ukrainischen Schriftsteller Mychailo Kozjubynsky, sowie in fünf Kilometer Entfernung von der Stadt im Dorf Pirogowo (einstmals Wischnja) eine weitere Gedenkstätte, das Anwesen des berühmten Chirurgen und Pädagogen des 19. Jahrhunderts, Nikolai Iwanowitsch Pirogow (1810–1881), der zu den Begründern der Chirurgie als medizinische Disziplin gehörte. Daneben befindet sich eine Gruft mit dem Grab des Gelehrten.

Zwanzigstes Jahrhundert

In den Jahren von 1937 bis 1938 kam es zu den Massenmorden von Winnyzja, bei denen der NKWD 9.432 politische Gefangene ermordete.

Im April 1942 wurden die Juden im von deutschen Truppen besetzten Winnyzja im örtlichen Stadion selektiert. Handwerker durften in die kleinen Konzentrationslager neben ihren Werkstätten zurückkehren, Alte, Frauen und Kinder dagegen wurden unter deutscher Aufsicht von den ukrainischen Hilfstruppen zu einer Gärtnerei im Norden der Stadt gebracht, wo sieben Monate zuvor bereits 10.000 Menschen ermordet worden waren. Dort waren zwei Gruben ausgehoben. Es waren etwa 5.000 Menschen. Die Kinder wurden den Müttern weggenommen und am Rand der einen Grube erschlagen oder erschossen. Mit den Erwachsenen wurde in der anderen Grube eine „Sardinenpackung“ gemacht, eine Methode, viele Menschen auf kleinem Raum zu schichten und umzubringen, die die Einsatzgruppen entwickelt hatten. Auf bereits Erschossene in der Grube musste sich dicht an dicht jeweils eine neue Schicht Menschen legen, die dann ebenfalls erschossen wurden. Zum Schluß wurde die Grube mit Erde abgedeckt. An demselben Morgen hatten die Einsatzkommandos jüdische Mütter aus dem Entbindungsheim in Winnyzja in einen Wald geschleppt und dort erschossen. Die Neugeborenen packten die Männer in zwei Jutesäcke und warfen sie im zweiten Stock aus dem Fenster. An der Stelle der Kindergrube, die bis heute von Exhumierungen unberührt blieb, befindet sich heute ein Obelisk als Gedenkstein.[1]

Zwischen Juli 1942 und Februar 1943 befand sich das deutsche Führerhauptquartier Wehrwolf in einem Wald 15 km nördlich von Winnyzja. Göring ließ sich in der Nähe einen eigenen Bunker bauen und förderte das Ballett von Winnyzja.

Unweit der Stadt plante Heinrich Himmler in seiner Funktion als Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums die Einrichtung einer mit zunächst 10.000 Volksdeutschen zu besiedelnden Kolonie unter dem Namen „Hegewald“, die als einer der Kerne der zukünftigen deutschen Siedlungen in der Ukraine gedacht war[2]

Die Kathedrale von Winnyzja

Bildung

Medizinische Universität

Die Medizinische Universität ist 1921 gegründet worden. Sie verfügt die Fachbereiche Allgemeinmedizin, Kinderheilkunde, medizinische Psychologie, Stomatologie und Pharmazeutik (Pharmazeutik und spezial Pharmazeutik). Außerdem gibt es einen Fachbereich für Ärztefortbildung mit 33 verschiedenen Fachrichtungen.

Es gibt 56 Institute in verschiedenen medizinischen Zweigen. Die Universität verfügt über moderne technische Ausstattung. Der Unterricht findet in 21 Seminarräumen, zehn Hörsälen, einer Aula und in den Computersälen statt. Die Universität beinhaltet eine Forschungsanstalt. Die Bibliothek der Universität besteht aus einem Buchbestand von mehr als 500.000 Büchern. Die Ausbildung kann in Form des Direktstudiums oder als Fernstudium absolviert werden. Es bestehen Kooperationen mit Universitäten und Pharmazieunternehmen in 13 west- und osteuropäischen Ländern sowie in den USA.

Handels- und Wirtschaftsuniversität

Die Handels- und Wirtschaftsuniversität ist 1968 gegründet worden. Die Handelswirtschaftliche Universität verfügt über drei Unterrichtsgebäude im Stadtzentrum, eines von ihnen ist ein Baudenkmal aus dem 19. Jahrhundert. 4.500 Studenten studieren in dieser Universität. 31 Lektoren der Universität sind Doktoranden oder verfügen bereits über Doktorgrade. Sie haben sich an Universitäten in den USA, Deutschland, Frankreich, Italien und Polen qualifiziert, mit denen Kooperationsverträge bestehen. Der Universität bietet Tages-, Abend- und Fernstudium an. Ihre technische Ausstattung ist modern. Die Bibliothek der Universität verfügt über einen Buchbestand von mehr als 300.000 Bänden. Das Studentenwohnheim der Handels- und Wirtschaftsuniversität gilt als eines der besten in der Stadt.

Museen

Mij kraj – Podillja (Meine Region – Podolien)

Das Museum „Mij Kraj - Podillja“ wurde am 28. April 1995 eröffnet. Es verfügt über 5.000 Exponate, die in 10 Sälen ausgestellt werden.

Das Museum präsentiert Kultur, Wissenschaft, Religion und Kunst der Region Podolien. Die Podolische Geschichte wird vom ersten Menschen bis zum Zweiten Weltkrieg gezeigt. Der erste Saal ist ein Gedenksaal für das Andenken an Menschen die während Kriegen und anderen Katastrophen in der Region Podolien ums Leben gekommen sind. Das Museum präsentiert Natur, Alltagskultur und Kulturgeschichte der Region. Ein Schwerpunkt des Museums ist die Arbeit und Geschichte der Miliz in Winnyzja. Der letzte Saal ist eine Filiale des Wassyl Stus Museums Donezk. Wasyl Stus war ein berühmter ukrainischer Schriftsteller aus der Oblast Winnyzja.

Museum N.I. Pirogow-Landgut

Nikolai Iwanowitsch Pirogow (1810-1881) war ein russischer Chirurg und Pädagoge.

Geschichte

Von 1861 bis 1881 lebte und arbeitete im Dorf Wischnja bei Winnyzja der Gelehrte und die Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, der Begründer der Feldchirurgie, Nikolai Iwanowitsch Pirogow. Nach seinem Tod im 1881 entschied Frau Pirogowa, den Körper des Mannes balsamieren zu lassen. Die Einbalsamierung wurde nach einer für die damalige Zeit einzigartigen Technologie vorgenommen und von Doktor Dawid Wywodzew geleitet. Zunächst war der balsamierte Körper Pirogows in einer hölzernen Kirche, etwa einen Kilometer vom Hof entfernt, aufgebahrt. Später wurde der Sarkophag mit dem Körper von Pirogow in einer Gruft eingeschlossen. Vier Jahre später wurde über die Gruft die Nikolai Tschudotworez-Kirche (Nikolai-Wundertäter-Kirche) errichtet. Am 9. September 1947 wurde im Landgut von Pirogow das staatliche Landgut-Museum eröffnet, das aus dem Haus des Gelehrten, seiner Apotheke, dem Hof (mit Garten und Park) mit einer Fläche von 16 Hektar und der Familienkirche besteht, in der seit 125 Jahren der balsamierte Körper von N.I. Pirogow ruht.

Dauerausstellung

Die Ausstellung des Museums besteht aus zehn Sälen, der Galerie und sechs Zimmern der Haus-Apotheke.

Saal 1 „Die Kindheit und Jugend von N.I.Pirogow. Moskauer Universität“.
Saal 2 „Promotion“
Saal 3 „N.I. Pirogow – Professor der Universität Derpt
Saal 4. „N.I. Pirogow – Professor der medizinisch-chirurgischen Akademie“
Saal 5 „Die Tätigkeit von N.I. Pirogow in Sewastopol
Saal 6 „N.I. Pirogow – pädagogische Tätigkeit“
Saal 7 „Das fünfzigjährige Jubiläum der wissenschaftlichen, ärztlichen und gesellschaftlichen Tätigkeit von N.I. Pirogow“
Saal 8 „Das Arbeitszimmer von N.I. Pirogow“
Saal 9 „N.I. Pirogow im Dorf Wischnja“
Saal 10 „Die Ideen von N.I. Pirogow und der Zweite Weltkrieg“

In der Sammlung des Museums gibt es mehr als 15.000 Exponate: persönliche Sachen Pirogows, medizinisches Instrumentarium, etwa 12.000 Bücher und Zeitschriften in der Bibliothek, viele von ihnen mit handschriftlichen Notizen des Gelehrten. Hier befinden sich Manuskripte, gedruckte Werke, Fotos, persönliche Sachen von Pirogow, chirurgische Instrumente, Apotheken-Gebrauchsgegenstände, Gemälde und andere Sachen, die in chronologische Ordnung über das Leben des Chirurgen erzählen. Im wiederhergestellten Arbeitszimmer des Chirurgen, seinem Empfangszimmer, Operationszimmer und der Apotheke sieht alles so aus, wie zu Lebzeiten des Chirurgen.

Wirtschaft

Verkehr

Winnyzja ist ein Verkehrsknotenpunkt an der Eisenbahn von Westeuropa über Lemberg nach Kiew. Der ÖPNV wird durch Trolleybusse, Straßenbahnen (s. Straßenbahn Winnyzja) und Linientaxen abgewickelt. Die Stadt Zürich hat Winnyzja kostenlos 25 Trams der Typen Karpfen und Mirage vermacht, welche die Kapazität des öffentlichen Verkehrs markant verbessern sollen.

Bauwerke

Söhne und Töchter der Stadt

Einzelnachweise

  1. Richard Rhodes: Die deutschen Mörder, ISBN 3-7857-2183-8, Bergisch Gladbach 2004, S. 377ff.
  2. Wendy Lower: Nazi Empire-Building and the Holocaust in Ukraine, Chapel Hill 2005, S.162-179

Literatur

  • P.A. Klanza und H.S. Sobtschuk: Musei – sadyba M.I. Pirogowa, Kyjiw, 1981 (viersprachig: Russisch, Ukrainisch, Englisch, Französisch).
  • H. Sobtschuk und P. Klanza: Musei-usadjba N.I. Pirogowa, Odessa, 1989 (zweisprachig: Russisch, Englisch).