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Wilhelm Hübbe-Schleiden

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Dr. Wilhelm Hübbe-Schleiden (* 20. Oktober 1846 in Hamburg; † 17. Mai 1916 in Göttingen) war ein deutscher Forschungsreisender, volkswirtschaftlicher Schriftsteller und Theosoph.

Der Kolonialpolitiker

Hübbe-Schleiden studierte Volkswirtschaft und Rechtswissenschaft, anschließend ließ er sich als Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt nieder (1869). Während des Deutsch-Französischen Krieges war er Attaché am deutschen Generalkonsulat in London.

Hübbe-Schleiden unternahm ausgedehnte Reisen durch Westeuropa und lebte zwischen 1875 und 1877 in Westafrika, wo er ein eigenes Handelshaus gründete. Seine dortigen Erfahrungen veröffentlichte er unter dem Titel Ethiopien. Unter diesem Titel verstand er nicht das heutige Äthiopien, sondern die zu jener Zeit noch unbekannten Teile Afrikas. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er Steuersekretär in Hamburg. Hübbe-Schleiden trat als Vorkämpfer für die deutschen Kolonialbestrebungen in Afrika auf, hierzu schrieb er mehrere Bücher, unter anderem Überseeische Politik.

Der Theosoph

1883 lernte er über seine Bekanntschaft mit der Fabrikantenfamilie Gebhardt in Elberfeld die Lehren der Theosophischen Gesellschaft (TG) kennen, mit dieser beschäftigte er sich von nun an bis an sein Lebensende. Im Juli 1884 traf er im Haus der Familie Gebhardt Henry Steel Olcott und einige Wochen später auch Helena Blavatsky, die Begründer der TG, die auf ihrer Europareise auch in Elberfeld Station gemacht hatten. Auf Hübbe-Schleiden's Betreiben wurde am 27. Juli 1884, die theosophische Loge Germania gegründet und er deren Vorsitzender. Durch das Bekanntwerden der Coulomb-Affäre und später des Hodgson Reports, welche Blavatsky und die TG stark in Misskredit brachten, wurde die Loge jedoch bereits am 31. Dezember 1886 wieder aufgelöst.

Seit Januar 1886 fungierte Hübbe-Schleiden als Herausgeber der Monatszeitschrift Sphinx, die sich hauptsächlich metaphysischen Themen widmete, jedoch starken Bezug zur Theosophie aufwies. Vor allem aus der Leserschaft dieser Zeitschrift konnte er 1892 in Berlin eine neue Theosophische Vereinigung gründen. Dieser folgte am 3. November 1893 der Esoterische Kreis. Diese beiden Organisationen wurden am 29. Juni 1894, unter Anwesenheit von Henry Steel Olcott zur Deutschen Theosophischen Gesellschaft (D.T.G.) vereinigt.

Ende 1894 reiste Hübbe-Schleiden nach Indien, um sich aus eigener Anschauung über die Meister der Weisheit der TG zu informieren. 1895 kam er ohne greifbares Ergebnis zurück und beschäftigte sich trotz dieses Misserfolges weiterhin mit der Theosophie. Die Eindrücke seiner Reise veröffentlichte er in seinem Werk Indien und die Inder.

In diesen Jahren wurden in ganz Deutschland zahlreiche theosophische Gruppen gegründet, alle mit unterschiedlichen Zielen, jedoch berief sich jede Gruppe darauf, im Besitz der "wahren" und "richtigen" Theosophie zu sein. Hübbe-Schleiden selbst nahm am 25. August 1901 an einem Theosophischen Kongress zur Vereinigung dieser unterschiedlichen Gruppierungen in Deutschland teil. Es konnte jedoch keine Einigung erzielt werden. Daraufhin gründeten die Mitglieder der D.T.G., unter ihnen Hübbe-Schleiden, am 19. Oktober 1902, unter Anwesenheit von Annie Besant, eine eigene Deutsche Sektion der Theosophischen Gesellschaft (DSdTG). Diese war nun direkt der Zentrale in Adyar unterstellt. Auf Hübbe-Schleiden's Vorschlag hin, wurde Rudolf Steiner zum Generalsekretär gewählt.

Nachdem sich Steiner in den folgenden Jahren immer weiter von den Lehren der Adyar-TG entfernt hatte und die Differenzen unüberbrückbar geworden waren, wurde die Deutsche Sektion am 7. März 1913 von Annie Besant, der Präsidentin der Adyar-TG, ausgeschlossen. Steiner gründete daraufhin die Anthroposophische Gesellschaft. Hübbe-Schleiden blieb jedoch Besant und damit der Adyar-TG treu, und diese autorisierte ihn durch eine neue Stiftungsurkunde zur Neugründung der DSdTG. Diese, nun erheblich verkleinerte Gesellschaft, kam nicht mehr richtig in Schwung.

Einer Bitte von Annie Besant nachgebend, unterstützte Hübbe-Schleiden ab 1913 den Order of the Star of the East um Jiddu Krishnamurti. Nachdem Hübbe-Schleiden anfangs provisorisch als Generalsekretär der neuen Deutschen Sektion fungierte, wurde im Mai 1913 Johannes Ludovicus Mathieu Lauweriks als ordentlicher Generalsekretär gewählt, Hübbe-Schleiden blieb jedoch die wichtigste Galionsfigur der Gesellschaft. Interne Streitereien führen zu einem stetigen Mitgliederschwund, der durch Ausbruch des 1. Weltkrieges noch verstärkt wurde. Mit Hübbe-Schleidens Tod am 17. Mai 1916 zerfiel die DSdTG.

Der Rosenkreuzer

Am 6. Juli 1912 stellte Hübbe-Schleiden einen Antrag auf Mitgliedschaft im Rosenkreuzerorden "Order of the Temple of the Rosy Cross". Ob er tatsächlich Mitglied wurde, ist nicht bekannt.

Werke

  • Sphinx. (Monatszeitschrift, als Herausgeber zwischen 1886 und 1896)
  • Das Dasein als Lust, Leid und Liebe. Braunschweig 1891.
  • Das Suchen des Meisters. Gespräch eines Kirchenchristen und eines Mystikers. Rohm, Lorch 1916.
  • Deutsche Kolonisation. Hamburg 1881.
  • Ethiopien. Hamburg 1879.
  • Kolonisationspolitik und Kolonisationstechnik. Hamburg 1882.
  • Motive zu einer überseeischen Politik Deutschlands. Hamburg 1881.
  • Überseeische Politik, 2 Bände. Hamburg 1881-1883.
  • Weltwirtschaft und sie treibende Kraft. Hamburg 1882.

Literatur

  • Emmi von Gumppenberg: Offener Brief an Herrn Dr. Hübbe-Schleiden als Erwiderung auf seine "Botschaft des Friedens". Altmann, Leipzig 1913.
  • Norbert Klatt: Der Nachlass von Wilhelm Hübbe-Schleiden in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Klatt, Göttingen 1996, ISBN 3-928312-04-9.
  • Norbert Klatt: Theosophie und Anthroposophie, neue Aspekte zu ihrer Geschichte aus dem Nachlass von Wilhelm Hübbe-Schleiden (1846-1916) mit einer Auswahl von 81 Briefen. Klatt, Göttingen 1993, ISBN 3-928312-02-2.
  • Thekla von Reden: Dr. Hübbe-Schleiden's "Denkschrift", unbefangen betrachtet. Philosophisch-Theosophischer Verlag, Berlin 1913.
  • Carl Unger: Wider literarisches Freibeutertum! Eine Abfertigung des Herrn Hübbe-Schleiden. Philosophisch-Theosophischer Verlag, Berlin 1913.