Zum Inhalt springen

Adolf Loos

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Januar 2005 um 23:49 Uhr durch 80.143.159.45 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Adolf Loos (* 10. Dezember 1870 in Brünn; † 23. August 1933 in Wien) war ein österreichischer Architekt und Architekturtheoretiker. Er gilt als einer der Pioniere der Moderne in der mitteleuropäischen Architektur.

Adolf Loos wurde 1870 als Sohn eines Steinmetzen in Brünn geboren. Nach dem Besuch der k.k. Staatsgewerbe Schule in Reichenberg (Böhmen) und Brünn studierte er, vom Militärdienst unterbrochen, kurze Zeit 1889/90 und 1892/93 an der Technischen Hochschule in Dresden. 1893-1896 lebte Loos in USA und schlug sich dort mit verschiedenen, vorwiegend handwerklichen Berufen durch. 1896 läßt er sich nach kurzen Zwischenaufenthalten in London und Paris, zwecks Einkleidung bei den vornehmsten Schneidern, endgültig in Wien nieder. Dort beginnt er seine Tätigkeit als Journalist und Architekt. Bekannt wurde Loos 1898 durch seine Artikelserie für die Neue Freie Presse, in der er zu vielen Geschmacksfragen Stellung bezog. Nachdem er längere Zeit vorwiegend Inneneinrichtungen geschaffen hatte, war sein erstes größeres und bekanntestes Bauwerk das sog. Loos-Haus am Michaelerplatz, das 1910 zu einer auch im Ausland viel beachteten öffentlichen Auseinandersetzung über die ornamentlose Fassade führte. Es steht gegenüber der Hofburg, und wurde aufgrund seiner fehlenden Fenstergesimse auch Haus ohne Augenbrauen genannt. Angeblich weigerte sich Kaiser Franz Joseph den Rest seines Lebens, die Ausfahrt zum Michaelerplatz zu benützen.

Das Haus am Michaelerplatz, 'Haus ohne Augenbrauen'

Trotz eines gewissen Einflusses von Otto Wagner gilt er als energischer Gegner des sog. Jugendstils und dabei insbesondere auch seiner österreichischen Variante, der sog. Wiener Secession. Adolf Loos ist ein scharfer Kritiker der sog. angewandten Kunst und aller zeitgenössischen Ideen 'die Kunst' in Gestalt des Kunstgewerbes mit den Alltag zu 'versöhnen' also Gebrauchsgegenstände in besonderer Weise künstlerisch zu gestalteten. Er grenzte sich damit insbesondere von den Künstlern der Wiener Werkstätte ab, die seit 1903 eine Verbindung von Alltag und Kunst umzusetzen versuchten. Sein berühmtester Artikel ist die Streitschrift Ornament und Verbrechen (1908). Darin wird argumentiert, dass Funktionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne menschlicher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung seien und dass der moderne Mensch wirkliche Kunst allein im Sinne der Bildenden Kunst erschaffen könne. Ornamentale Verzierungen oder andere besonders künstlerische Gestaltungsversuche an einem Gebrauchsgegenstand seien eine unangemessene wie überflüssige Arbeit: "Gewiss die kultivierten Erzeignisse unserer Zeit haben mit Kunst keinen Zusammenhang. Die barbarischen Zeiten, in denen Kunstwerke mit Gebrauchsgegenständen verquickt wurden, sind endgültig vobei" heißt es dazu an anderer Stelle. Statt dessen plädiertert Loos für die Verwendung edelster Materialien, soweit die Anmutung von Sinnlichkeit und Reichtum erzielt werden soll, wie etwa in den Innenräumen seiner Villenbauten. Im Sinne einer sinnlosen menschlichen Kraftvergeudung beurteilt Loos auch die zeitgenössischen kunstgewerblichen und architektonischen Reformbewegungen und kommentiert die Gründung des Deutschen Werkbundes 1908 in zwei spöttischen Essays unter den Titeln Die Überflüssigen und Kulturentartung.

Adolf Loos war eng befreundet mit Künstlern wie Arnold Schönberg, Oskar Kokoschka, Peter Altenberg und Karl Kraus für dessen Werke und Erfolg er sich entsprechend leidenschaftlich engagierte. Der Avantgardismus und die Radikalität ihres künstlerischen Schaffens fernab jeder Anerkennung beim zeitgenössischen Publikum führte bei Loos zur Forderung, die Gestaltung der alltäglichen Gebrauchsgegenstände einschließlich der Architektur nicht mit dem Ethos ernsthaften künstlerischen Schaffens zu verknüpfen: „Das Haus hat allen zu gefallen. Zum Unterschiede zum Kunstwerk, das niemandem zu gefallen hat. [...] Das Kunstwerk will die Menschen aus ihrer Bequemlichkeit reißen. Das Haus hat der Bequemlichkeit zu dienen. Das Kunstwerk ist revolutionär, das Haus konservativ.“ heißt es dazu etwa in seinem 1910 veröffentlichten Essay Architektur. In der kunstgeschichtlichen Literatur gilt Loos als wichtiger Wegbereiter der sog. Moderne in Architektur und Design mit ihrer entsprechenden Programmatik von "form follows function", wobei allerdings seine kritische Distanz zu Bauhaus und Deutschem Werkbund oftmals übersehen wurde. Gerade seine Streitlust und seine oft satirisch-überzogenen Formulierungen haben nicht nur im damaligen Wien für zahlreiche Provokationen gesorgt, sondern seinen Artikeln zu ihrem späterem Weltruhm verholfen.

Überwiegend war Loos als Architekt mit dem Bau privater Villen beschäftigt, die im Inneren einem um 1910 entwickelten "Raumplan" folgten, der Größe und Anordnung von der Funktion der Räume abhängig machte, sie dazu mehrgeschossig teilweise ineinander schachtelt und äußerlich zunehmend der Kubusform annähert. Loos hat auch zahreiche Inneneinrichtungen geschaffen, wie etwa das Café Museum am Karlsplatz, das dann wegen der "Kargheit" der Einrichtung der Einrichtung von den Zeitgenossen Café Nihilismus genannt wurde. Überregional bekannt wurde die Einrichtung der American Bar in der Kärntner Straße, die auch als Loos-Bar bezeichnet wird, und bis heute existiert.

Sein berühmter Wettbewerbsbeitrag, ein Projekt aus dem Jahre 1922, für das 'Chicago Tribune'-Hochhaus zeigt, dass sich Adolf Loos nicht einfach auf den Begriff des Funktionalismus reduzieren lässt (so wie er in der 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts für die architektonische Moderne zum universalen Merkmal erhoben wurde): Es ist ein Bürohaus in der monumentalisierten Form einer dorischen Säule.

In den 20-er Jahren lebte Adolf Loos überwiegend in Paris und pflegte zahlreiche Kontakte zur dortigen Künstleravantgarde. Er baute unter anderem ein Haus für Tristan Tzara und entwarf auch eine Villa für die Tänzerin Josephine Baker mit einer ganz in horizontalen schwarzen und weißen Streifen gehaltenen Fassade.


[1] zum Stichwort Adolf Loos bei ARCHINFORM.DE

Geschichte des Aufrufes zur Gründung einer Adolf Loos-Schule vom Dezember 1930

Literaturhinweise

  • Czech, Hermann u. Mistelbauer, Wolfgang. Das Looshaus. 2. verb. Aufl. Wien; Löckner & Wögenstein, 1977.
  • Janik, Allan u. Toulmin, Stephen. Wittgensteins Wien. Ü: Reinhard Merkel. München und Wien : Carl Hanser, 1984. ISBN 3-446-13790-4
  • Loos, Adolf, Sämtliche Schriften in zwei Bänden. Hg. Franz Glück. Bd. 1. Wien: Herold, 1962.
  • Loos, Adolf. Die Potemkin'sche Stadt. Verschollene Schriften. 1897 - 1933. Hg. Adolf Opel. Wien: Georg Prachner, 1983.
  • Loos, Adolf. Das Werk des Architekten. Hg. Heinrich Kulka. 1931: Nachdr. Wien: Löckner, 1979.
  • Ottillinger, Eva. Adolf Loos. Wohnkonzepte und Möbelentwürfe. Salzburg und Wien: Residenz, 1994.
  • Roth, Fedor. Adolf Loos und die Idee des Ökonomischen. Wien: Deuticke, 1995. ISBN 3-216-30143-5
  • Rukschcio, Burkhardt u. Schachel, Roland. Adolf Loos Leben und Werk. Salzburg und Wien: Residenz, 1982.ISBN 3-7017-0288-8
  • Worbs, Dietrich. "Der Raumplan im Wohnungsbau von Adolf Loos". Adolf Loos. 1870 - 1933. Raumplan - Wohnungsbau. Hg. Derselbe. Berlin: Katalog zur Ausstellung, Akademie der Bildenden Künste, 1983. 64 - 77.