Der Untertan
Der Untertan ist ein Roman von Heinrich Mann, der zwei Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 abgeschlossen wurde.
Herausgabe
Der Untertan erschien erstmalig 1918 in Buchform und war vor allem nach dem 1.Weltkrieg sehr erfolgreich. Zuvor hatte Heinrich Mann einzelne novellistische Szenen ausgearbeitet, die in der Illustrierten Zeit im Bild seit Januar 1914 erschienen waren, bis die Veröffentlichung kurz nach Kriegsausbruch beendet werden musste. Die Veröffentlichung als Roman schloss eine Reihe wilhelminischer Bücher (zum Beispiel Im Schlaraffenland, Professor Unrat) Heinrich Manns ab. Das Buch wurde erst 1918 veröffentlicht, nachdem der Kaiser abgesetzt worden war.
Intention
Der Untertan persifliert die wilhelminische Epoche und besticht durch seine genaue Analyse der Situation der damaligen Zeit. Heinrich Mann diagnostiziert die nationalistische Politik sowie die Machtverhältnisse seiner Epoche unter der Regierung Wilhelms II.
Inhalt
In seinem Roman „Der Untertan“ beschreibt Heinrich Mann eine Zeitspanne im Leben eines Mannes, welcher durch einerseits unterwürfiges und andererseits gebieterisches Verhalten Macht erlangt.
Diederich Heßling ist der Sohn eines Papierfabrikanten aus Netzig. Nach der Schulzeit studiert er in Berlin Chemie. Dort hat er mit der Tochter eines Geschäftsfreundes seines Vaters, Agnes, eine kurze Liaison. Durch einen Freund lernt Diederich die Studentengruppe der Neuteutonen kennen. Diese treffen sich regelmäßig, um sich zu amüsieren oder um zu lernen. Diederich verbringt einige Zeit mit ihnen, bis ihn die Nachricht seiner Mutter ereicht, dass sein Vater im sterben liegt. Nach dem Tod seines Vaters kehrt Diederich wieder nach Berlin zu seinem Studium zurück. Noch während des Studiums tritt er den Militärdienst an, ist aber durch eine Fußverletzung gezwungen, den Dienst an der Waffe nach kurzer Zeit aufzugeben. Der Kummer über den nur kurzzeitigen Dienst ist schnell verflogen, als er den Kaiser mit seinem Gefolge in Berlin sieht. Diederich ist von dessen Auftreten fasziniert. Kurze Zeit später promoviert Diederich und begibt sich als Doktor der Chemie zurück nach Netzig.
Dort angekommen informiert er seiner Familie darüber, dass er die Papierfabrik nun übernehmen werde. In der Stadt macht er die Bekanntschaft mit Herrn Buck, einem der einflussreichsten Männer in Netzig, welcher ihm eine Expansion der Fabrikanlagen zusichert. Noch am gleichen Tag lernt er weitere einflussreiche Bürger der Stadt kennen, mit denen er eine Kneipe aufsucht. In dieser Kneipe provoziert der mittlerweile stark angetrunkene Diederich den Fabrikbesitzer Lauer. Lauer begeht daraufhin unabsichtlich Majestätsbeleidigung. Es kommt zu einem Prozess, in dem Diederich als Hauptzeuge aussagen muss. Sein Ansehen und das der Familie Heßling leidet aufgrund der Anklage Lauers und seiner Gefängnisstrafe, da Lauer ein angesehener Mann im Orte ist. Jedoch gelingt es Diederich durch seine rhetorischen Fähigkeiten, sein Ansehen wiederherzustellen und darüber hinaus, sich mehr Anerkennung als vor dem Prozess zu verschaffen.
Um seine Wahl zum Stadtverordneten zu forcieren, schließt der nationalliberale Diederich mit Herrn Fischer einen Pakt. Dieser Sozialdemokrat garantiert ihm die Stimmen seiner Genossen für die nationalliberale Partei und verlangt im Gegenzug den Bau eines Gewerkschaftshauses. Diederich gewinnt die Wahl.
Als das Gerücht aufkommt, dass Wolfgang Buck und seine Verlobte Guste Daimchen Halbgeschwister sind, trennt sich Herr Buck von ihr. Da Diederich schon seit längerer Zeit ein Auge auf Guste geworfen hat, kommt ihm diese Trennung gerade recht. Die beiden kommen sich schnell näher und denken bald ans Heiraten.
Beim Hochzeitsessen bekommt Diederich den Kronenorden vierter Klasse verliehen und ist von seinem Glück völlig überwältigt. Ihre Hochzeitsreise führt sie nach Zürich, wo sie aber nur kurz bleiben. Auf die Nachricht hin, dass der Kaiser auf dem Weg nach Rom ist, begeben sich beide auch dort hin. Diederich verhindert dort sogar ein vermeintliches Attentat, welches jemand auf den Kaiser mit Zahnpulver verüben wollte.
Wieder zurück in Netzig stehen Wahlen zur Kandidatur für den Reichstag an. Während der Stichwahl zwischen den Sozialdemokraten und der Partei des Freisinns bekommt Diederich per Brief einen Hinweis über einem Gesetzesverstoß der Herren Buck und Chon. Diederich benutzt diese Information gegen Herrn Buck.
Somit gewinnen die Sozialdemokraten, Herrn Buck wird der Prozess gemacht und die Partei des Freisinns wird diskreditiert. Das macht den Weg frei für den von Diederich erhofften Bau eines Denkmals. Er wird zum Vorsitzenden des Denkmalkomitees ernannt und hält bei der Enthüllung eine bravouröse Rede vor wichtigen politischen Gästen. Hierbei wird Diederich der Wilhelmsorden verliehen, was er als große Ehre empfindet. Auf dem Heimweg bemerkt er, dass vor dem Haus von Herrn Buck mehrere Wagen stehen. Er vermutet, dass Buck im Sterben liegt und schleicht sich ins Haus. In dem Moment, indem Diederich ins Zimmer schaut, sieht Buck ihn und stirbt.
Charakterisierung Diederich Heßlings
Diederich wird schon sehr früh durch das Auftreten seiner Eltern geprägt. Im Kindesalter hat er große Angst, etwas falsch zu machen oder sich falsch zu verhalten. Dies äußert sich zum Beispiel darin, dass er jeden Lausbubenstreich, den er begangen hat, sofort seinem Vater meldet, weil sein schlechtes Gewissen ihn gleich plagt. Obwohl sein Vater ihn oft dafür mit Schlägen bestraft, ist Diederich hinterher doch jedes Mal glücklich, dass er ihm seine Untat berichtet hat. Seine Angst wird zusätzlich noch durch die bösen Märchengeschichten seiner Mutter gesteigert.
Im Gegensatz zu seinem unterwürfigen Verhalten gegenüber seinen Eltern ist es ihm schon im Kindesalter wichtig, Macht über andere auszuüben, wie zum Beispiel in einer Situation in der Schule, in der er einen Juden hänselt und ihn vor der ganzen Klasse demütigt. Er gewinnt dadurch sogar an Ansehen und selbst der Lehrer betrachtet dieses mit einer guten Miene.
Dieses unterwürfige Verhalten gegenüber gesellschaftlich höher gestellter Personen sowie das Streben nach Anerkennung, mit welchen Mitteln auch immer, zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben.
Beispiele dafür wären das Miterleben der Traditionen der Neuteutonen, der Prozess gegen Herrn Lauer, in dem er seinen Status in der Netziger Gesellschaft verbessern und einen Konkurrenten beseitigen kann, der Pakt mit Napoleon Fischer, welcher es ihm möglich macht, Stadtverordneter zu werden, der Brief von Herrn Klüsing, der ihm dazu verhilft, das Denkmal durchzusetzen und bauen zu lassen sowie die Enthüllung des Denkmales und die daraus folgende Verleihung des Wilhelmsordens.
Ihm kommen seine rhetorischen Fähigkeiten oft zugute, wobei er in der Liebe versagt. Bei den Treffen mit Agnes ist er oft sehr nervös und stammelt nur. Für Diederich ist es am Anfang sehr schwierig, sich mit der Liebe auseinanderzusetzen, weil er sie vorher nie erfahren hat. Er hat große Angst davor und es kostet ihn einige Überwindung, sich mit Agnes einzulassen. „Diederich antwortete ja, als sie fragte, ob Berlin ihm gefalle; und als sie fragte, ob er schon im Theater gewesen sei, antwortete er nein. Er fühlte sich feucht vor Ungemütlichkeit und war fest überzeugt, sein Aufbruch sei das einzige, womit er das junge Mädchen interessieren könne.“
Von diesem Zeitpunkt an verliert er jedwede Achtung vor Frauen. Dieses Verhalten gegenüber Frauen erfährt bei Guste noch eine Steigerung. Nach der Hochzeit beginnt er, sie immer mehr zu missachten und in ihr eine Art Dienerin zu sehen, deren Aufgabe es ist, ihm hörig zu sein und Kinder für seinen Kaiser zu zeugen.
Darin spiegelt sich auch seine auffälligste Charaktereigenschaft wieder: die Kaisertreue. Sie ist sehr wichtig für Diederich, denn sie bietet ihm festen Halt. In allen Lebenslagen handelt er so wie sein größtes Vorbild, der Kaiser, handeln würde. Dieses betont er bei einer Vielzahl von Gelegenheiten gegenüber den Menschen in seinem Umfeld. In diese Kaisertreue und sein so genanntes „nationale Handeln“ versteift er sich sogar soweit, dass er in Rom für „seinen“ Kaiser Wache hält und so versucht, ihn zu beschützen, obwohl dies nicht seine, sondern die Aufgabe des Wachpersonals wäre. Ein weiteres Beispiel für seine übersteigerte Kaisertreue ist der Prozess um Lauer. Diederich will ihn wegen Majestätsbeleidigung anzeigen, doch der Staatsanwalt, der seine eigene Karriere aufbauen will, kommt ihm zuvor.
Filmadaption
1951 wurde der Roman von Wolfgang Staudte mit Werner Peters in der Hauptrolle erfolgreich verfilmt. (Siehe: Der Untertan (Film)) Regisseur und Hauptdarsteller erhielten dafür den Nationalpreis der DDR. Staudtes Film wurde in der Bundesrepublik der Adenauer-Ära erst 1956 und auch dann nur in einer um zwölf Minuten gekürzten Fassung freigegeben. Erst etwa dreißig Jahre später wurde er auch dort ungekürzt gezeigt.
Sekundärliteratur
- Schlewitt, Jörg: Heinrich Mann: Der Untertan. Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 348). Hollfeld: Bange Verlag 2005. ISBN 978-3-8044-1741-0
Weblinks
- Deutsches Historisches Museum zum Untertan
- Vorlage:IMDb Titel
- Vorlage:Filmportal.de Titel (u.a. Uraufführungsplakate, Entwurfskizzen, Kostüme, Fotos)