Steuerprogression
Unter Steuerprogression in der Einkommensteuer versteht man das Ansteigen des Steuersatzes in Abhängigkeit vom zu versteuernden Einkommen. Dies führt zu einer steigenden steuerlichen Belastung mit steigendem Einkommen.
Berechnung
Bis 1989 wurden für die Festlegung des stetigen Anstiegs des Grenzsteuersatzes Polynome verwendet, wobei der Anstieg bei höheren zu versteuernden Einkommen abflachte. Seit 1990 werden eine oder mehrere Geradengleichungen benutzt, die zu einem oder mehreren linear ansteigenden Grenzsteuersätzen führen. Die Geradengleichungen sind einfacher zu berechnen. In der politischen Diskussion werden die lineare Progression (derzeitiges Recht) und der Stufentarif diskutiert.
Tarifgeschichte
Die Verfahren zur Berechnung des Einkommensteuertarifs sind in der Tarifgeschichte [1] des Bundesfinanzministeriums mit Formeln und Tabellen beschrieben. Dort ist auch die ab 1990 erfolgte Vereinfachung der Berechnung des Steuersatzes dokumentiert.
Steuersätze für 2007
Der so genannte Eingangssteuersatz beträgt für das Jahr 2007 15%, der höchste Steuersatz innerhalb der Progressionszone 42%. Der lineare Anstieg dazwischen ist in zwei Geraden aufgeteilt.
Herstellen der Progression
Bei der linearen Progression steigt der Grenzsteuersatz in einem oder mehreren Bereichen zwischen Eingangssteuersatz und Spitzensteuersatz linear an.
Beim Stufentarif wird auf einen linearen Anstieg des Steuersatzes verzichtet. Stattdessen gibt es Stufen, ab denen für jeden Euro über der Stufe der höhere Steuersatz zur Anwendung kommt. Im Gegensatz zu weitverbreiteten Annahmen, kann es bei keinem dieser beiden Vorgehen zu Nettoeinkommensverlusten bei Bruttosteigerungen kommen.
Stufentarife setzen sich aus einem oder mehreren konstanten (flach verlaufenden) Grenzsteuersätzen zusammen. Auch hier kommt es aber zu einem einkommensabhängigen Anstieg des "Durchschnittsteuersatzes". Das ergibt sich aus der Art der Berechnung des Durchschnittsteuersatzes als Quotient aus Steuer und zu versteuerndem Einkommen.
Selbst bei einem einstufigen Tarif (Einheitssteuer mit nur einem Steuersatz) führt das Zusammenwirken von Freibetrag und Grenzsteuersatz (auch "Grenzbelastung" genannt) zu einem mit dem Einkommen ansteigenden Durchschnittssteuersatz. Mit steigendem zu versteuerndem Einkommen nähert sich die tatsächliche Steuerbelastung (Durchschnittsteuersatz) abflachend dem Grenzsteuersatz an. Man spricht von einer indirekten Progression, da der Grenzsteuersatz selbst nicht progressiv ist, sondern nur der Durchschnittsteuersatz.
Steuerprogression und Steuervereinfachung
Aufwand zur Berechnung des Steuersatzes aus dem zu versteuernden Einkommen
Gemeinsam haben alle [1] in Deutschland bestehenden und diskutierten Verfahren zur Berechnung des Steuersatzes aus dem zu versteuernden Einkommen, dass sie in wenigen Zeilen beschrieben werden können.
Aufwand zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens
Vor der Berechnung des Steuersatzes aus dem zu versteuernden Einkommen muss erst das zu versteuernde Einkommen selbst ermittelt werden. Komplex wird die Steuerberechnung durch eine Vielzahl von Sonderregelungen und Verordnungen, die bei der Ermittelung des zu versteuernden Einkommens vor der Berechnung des Steuersatzes zu berücksichtigen sind. Da hierbei der Aufwand zwischen mehreren Stunden und mehreren Tagen beträgt, oft Fehler auftreten und viele Nachweise zu erbringen sind, hat im Vergleich dazu die Berechnung des Steuersatzes keine Bedeutung für Maßnahmen zur Steuervereinfachung.
Wirkung der Steuerprogression
Die Progression führt dazu, dass höhere Einkommen nicht nur absolut höher besteuert werden, sondern auch prozentual. Einfach gesagt soll ein Vielverdiener eben die Hälfte seines Einkommens abgeben, ein Geringverdiener z.B. nur ein Fünftel.
Messbarkeit
Durch progressive Einkommensbesteuerung wird die Ungleichverteilung der Bruttoeinkommen im Netto mehr oder weniger stark vermindert. Die effektive Progression[2] kann aus den Ungleichverteilungskennzahlen (z.B. Ginikoeffizient) der Einkommen vor und nach Steuern berechnet werden. Rechnerisch ist die in diesem Fall auf den Ginikoeffizient bezogene effektive Progression ein Verhältnis von relativen Gleichverteilungsmaßen:
Beispielsweise sank im Jahr 2001 der Ginikoeffizient für Einkommen durch Steuerprogression von 47,9% (Brutto-Einkommen) auf 43,2% (Netto-Einkommen)[3]. Aus den beiden Ginikoeffizienten ergibt sich eine effektive Progression von r=1,09.
Bei streng proportionaler Einkommensbesteuerung zahlt jeder einen festen Anteil seines Einkommens an den Staat. Wenn Steuerzahlern Freibeträge gewährt werden, ergibt sich trotzdem auch bei dieser Besteuerung eine Progression. Die Wirkung dieser Progression kann ebenfalls durch den Vergleich der Ungleichverteilungskennzahlen beschrieben werden.
Kalte Progression
- Siehe Hauptartikel Kalte Progression
Quellen
- ↑ a b http://www.abgabenrechner.de/TarifgeschichteoF.pdf
- ↑ Eckhard Janeba (Universität Mannheim): Teil II, Theorie und Politik der öffentlichen Einnahmen, siehe: Umverteilungseffekte der Besteuerung
- ↑ berechnet basierend auf der Steuerstatistik (nicht Einkommensstatistik) in den Grunddaten des Bundesamtes für Statistik, Nov. 2005
Siehe auch
- Einkommensteuertarif
- Einheitssteuer (flat tax, eine Einkommensteuer ohne Progression)
- Grenzsteuersatz
- Progressionsvorbehalt
- Kalte Progression