A Love Supreme
A Love Supreme | ||||
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MusikalbumJohn Coltrane | von||||
Veröffent- |
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Label(s) | Impulse! Records | |||
Format(e) |
CD, LP | |||
Titel (Anzahl) |
4 | |||
32:50 | ||||
Besetzung |
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Studio(s) |
Van Gelder Recording Studio, Englewood Cliffs, New Jersey | |||
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A Love Supreme ist das berühmteste und erfolgreichste Album des Jazzmusikers John Coltrane. Das in Form einer Suite komponierte Werk gilt bis heute als Coltranes Meisterwerk. Veröffentlicht beim Plattenlabel Impulse! Records wurde es 1965 für 2 Grammys nominiert und die Leser der Zeitschrift Down Beat wählten Coltrane in Folge zum Tenorsaxophonisten des Jahres und nahmen ihn in die Hall of Fame des Magazins auf. Das Album markierte den Höhepunkt von Coltranes Erfolg bei den Hörern - seine weiteren Veröffentlichungen wurden jedoch immer avantgardistischer und die Mehrheit seiner Fans konnten ihm nicht weiter folgen.
Suche nach neuen Ausdrucksformen
1959 hatte John Coltrane an Kind of Blue mitgewirkt. Diese Platte des Miles Davis Quintetts begründete die neue Bewegung des Modalen Jazz. Es war die Abwendung von den musikalischen Klischees und den überkommenen Bebop-Rezepten, die man unter den Oberbegriff Akkordwechsel zusammenfassen kann, hin zur Improvisation über unbekannte und ungewohnte Modi (Skalen). Zwar war Kind of Blue enorm erfolgreich und bedeutete den endgültigen Durchbruch Coltranes als Tenorsaxophonist, doch er war bereits auf der Suche nach neuen Wegen als Solist, als Leiter einer Band uns als Komponist. Das Erscheinen Ornette Colemans und dessen Spielweise, die zur Entstehung des Free Jazz führen sollte, war der entscheidende frische Wind, der Coltrane noch gefehlt hatte. Nach einer letzten Europatournee des Miles Davis Quintetts trennte sich Coltrane im April 1960 von dem Trompeter und ging künftig seine eigenen Wege. Zum Abschied schenkte ihm Davis ein gebrauchtes Sopransaxophon, dessen nasaler Ton und die Möglichkeit zur Erzeugung von indischen und arabischen Klängen dem Interesse Coltranes an exotischen Klängen entgegenkam und das ihn in seiner Entwicklung als Künstler und in seiner Karriere entscheidend weiterbringen sollte.
Das Klassische Quartett
Das Musikstück, bei dem Coltrane erstmals erfolgreich das Sopransaxophon (zusätzlich zum Tenorsaxophon) einsetzte, war ein beliebtes und bekanntes walzerartiges Stück aus dem erfolgreichen Musical The Sound of Music: My Favorite Things. Der Titel wirkte auf manche Hörer wie ein Schock und war dennoch ein großer Erfolg. Aufgenommen wurde My Favorite Things von Nesuhi Ertegun im Studio von Atlantic Records. Es war der erste Studiotermin einer Band unter Coltranes Leitung. Doch das Quartett, das aus relativ jungen Jazzneulingen bestand, konnte die Wünsche Coltranes in Bezug auf Homogenität nicht zufriedenstellen. So wie sich sein musikalischer Ansatz weiterentwickelt hatte, benötigte er nun Begleitmusiker, die sich nicht nur in akkordbezogener Musik auskannten, sondern auch mit experimentellerer nichtakkordischer Spielweise vertraut waren und mit der Intensität seines Spiels und seinen langen Soli umgehen konnten.
Bereits 1957 zur Zeit seines Drogenentzugs und der Hinwendung zu Religion und Spiritualität hatte Coltrane mit einem jungen Pianisten aus Philadelphia gespielt. Der wesentlich jüngere McCoy Tyner lebte im gleichen Viertel. Es verbanden sie gemeinsame musikalische Vorlieben , eine tiefe Religiosität und ihre Persönlichkeiten ergänzten sich. Tyner hatte schon lange auf eine Chance gewartet, sich dem Saxophonisten in dessen Band anschließen zu können.
Mit dem Schlagzeuger Elvin Jones hatte Coltrane 1958 ebenfalls schon zusammen gespielt. In seiner Zeit in der Band von Sonny Rollins hatte Jones einen dynamischen, polyrhythmischen Stil entwickelt und er konnte enorm laut spielen. Mit Jones in der Band musste sich Coltrane nicht mehr mit dem Rhythmus beschäftigen, sondern konnte sich ganz seinen Experimenten widmen.

Mit Tyner und Jones waren zwei der drei Bandmitglieder gefunden, die A Love Supreme zu dem machten, was es werden sollte. Coltrane wechselte 1961 die Plattenfirma und ging zum neu gegründeten Label Impulse! Records. Impulse! gab ihm die Möglichkeit sein bis dahin ehrgeizigstes Studioprojekt zu verwirklichen. Africa/Brass wurde in Bigbandbesetzung eingespielt und enthielt unter anderem das Traditional Greensleeves. Das Album war der Auftakt zu einer Zusammenarbeit mit dem Label, von dem beide gleichermaßen profitierten. Coltrane sicherte der Firma dauerhafte finanzielle Erfolge (auch über seinen Tod hinaus) und Coltrane erhielt nahezu uneingeschränkte künstlerische Freiheit zugestanden. Bei den Aufnahmen zum zweiten Album, das 1961 live im Club Village Vanguard als Debut des Produzenten Bob Thiele entstand, kam nun an Stelle von Reggie Workman erstmals der vierte Mann zum klassischen Quartett auf die Bühne.
Auch der Bassist Jimmy Garrison hatte Coltrane schon zu Zeiten seines Rauschgiftentzugs begleitet. Garrison war Mitglied in den Bands von Curtis Fuller, Lennie Tristano und Bill Evans gewesen. Er spielte bei Ornette Coleman, als Coltrane ihn zu sich holte und er wechselte einzig aus "finanziellen Gründen", wie er selbst sagte. Garrison war genau der Typ, der stark genug war, um es mit Jones am Schlagzeug aufzunehmen und 1962 ersetzte er endgültig Reggie Workman am Bass. Hatte Eric Dolphy die Band ursprünglich noch zum Quintett erweitert, lies Coltrane diesen jedoch im Frühjahr des gleichen Jahres ziehen. Die ideale Besetzung für die musikalischen Ideen Coltranes für die nächsten Jahre und für A Love Supreme stand fest.
Die Suite


Schon die Veröffentlichung von Crescent Ende 1964 markierte ein Abweichen von Coltranes bisherigen Veröffentlichungen auf Impulse!. Deutlicher als alles vorige erweckte es den Eindruck einer in sich geschlossenen Aussage. Die Stimmung des Albums war kontemplativ und relativ gelassen. Es wirkte wie ein Skizzenbuch für A Love Supreme.
Der Toningenieur Rudy Van Gelder hatte ursprünglich begonnen im Wohnhaus seiner Eltern in Hackensack (New Jersey) Platten auzunehmen. Mit zunehmender Reputation unter den Größen der Jazzmusik entschloss sich der approbierte Augenoptiker in Englewood Cliffs (in zwanzig Minuten Fahrzeit von Manhattan zu erreichen) ein eigenes Studio zu bauen. Der atriumartige Raum mit gewölbeartiger, hölzerner Deckenkonstruktion, unverputzten Backsteinwänden und glattem Zementboden bot Platz für ein komplettes Orchester. Das Studio und der Name Van Gelder hat unter Jazzmusikern geradezu einen mythischen Beiklang. Coltrane verband mit Van Gelder eine große gegenseitige Bewunderung und die gleiche Arbeitshaltung: präzise, gut vorbereitet und konzentriert. Hier entstand am 9. Dezember 1964 in einer einzigen Session die Suite A Love Supreme. Sie sollte der Spiritualität einer ganzen Generation Ausdruck verleihen.
Acknowledgement (Anerkennung)
Schon der erste Ton des Albums signalisiert, dass etwas anders ist als üblich. Es ist ein chinesischer Gong, dessen entrückender, exotisch anmutender Klang eine Erhabenheit in die Musik bringt, wie es sie in der bisherigen Jazzmusik noch nicht gab. Danach setzt Coltrane mit einer kurzen Fanfare ein. Eine Fanfare heischt um Aufmerksamkeit und kündet von der Wichtigkeit der folgenden Botschaft. Im Kontext von A Love Supreme wirkt sie wie ein spiritueller Willkommensgruß, eine Segnung. Nach kaum mehr als einer halben Minute setzt Garrison am Bass mit einem aus vier Tönen bestehenden Motiv ein, das Silbe für Silbe die Kadenzen des Albumtitels zum Klingen bringt. Dieses berühmte Riff ist eine Phrase, die zu den Grundbausteinen des Blues gehört und hier einen unverkennbaren Bezugspunkt bildet. Während Garrison das Leitmotiv zupft setzt Jones gefühlvolle Akzente auf Trommelrand und Becken. Das beschwingte Wiegen gewinnt allmählich Präsenz und Tyner kommt mit einer Serie hart geschlagener, im Offbeat gesetzter Akkorde hinzu. Danach setzt Coltrane wieder ein. Wuchtiger als zuvor bläst er entlang der rhytmischen Struktur von Garrisons Bassfigur eine aus drei Noten bestehende Melodie, die zur Hauptfigur des Stückes wird. Nun findet das Quartett in einen swingenden Groove und eine bis zum Ende hin offene, vampartige Struktur. Nachdem die Musik eine meditativere Färbung erhalten hat, folgt einer der berühmtesten und verblüffendsten Momente des Albums: In systematischer Abfolge bläst Coltrane das Leitmotiv aus vier Tönen insgesamt siebenunddreissig Mal in einer scheinbar zufälligen Abfolge von Tonarten. Danach setzt die beschwörende Stimme Coltranes ein, die immer wieder die vier Silben a love supreme ... wiederholt. Der Gesang enthält ein Overdub von Coltranes eigener Stimme, das erst am nächsten Tag aufgenommen und nachträglich hinzugefügt wurde. Das Overdub verklingt, Tyner und Jones steigen allmählich aus und eine Bassfigur von Garrison führt nahtlos zum nächsten Teil der Suite.
Resolution (Entschluss)
Für Acknowledgement wurde an diesem Tag nur ein Take eingespielt und auf dem Album verwendet - bei Resolution bedurfte es vier abgebrochener Versuche und eines nicht verwendeten Takes, bevor es im sechsten Anlauf klappte. Im Gegensatz zum ersten Teil der Suite bewegt sich der zweite Teil wieder auf einem für die meisten Jazzhörer vertrautem Terrain. Mit seinem trügerisch gedämpften Vorspiel weckt Garrison die Erwartungen bevor es mit dem Einstieg Coltranes zu einer Explosion kommt. Das stürmische Tenorsaxophon führt die Band durch ein swingendes Jazzstück im 4/4-Takt. Es gibt eine Melodie, die sich mitsummen lässt, der Puls lässt sich mit den Fingern schnippsen und die Struktur ist klar erkennbar. Tyner spielt ein Pianosolo von hoher Leidenschaft und Intensität, das zum Modell für viele Pianisten wurde. Tyner und Coltrane sind hier perfekt aufeinander eingespielt. Am Ende des Stücks überlässt Coltrane dem Pianisten wieder das Feld, bevor es mit einem Trommelwirbel und einem Beckenschlag von Jones endet.
Pursuance (Streben)
Der dritte und vierte Teil der Suite wurden in einem Take aufgenommen. Ihre Länge entspricht genau der Dauer eines der 7-Zoll-Tonbänder, die für die Aufnahme benutzt wurden. Die Einleitung zu Pursuance ist Jones' Moment auf dem Album. Ein kurzes eineinhalb Minuten dauerndes Solo in unterschiedlichen rhythmischen Mustern mit halb afrokubanischem Beat. Im dramaturgisch wirkungsvollsten Moment spielt Coltrane das Motiv von Pursuance gerade zweimal - danach folgt das zweite Solo von Tyner - klar, schnell und prägnant intoniert. In dem Moment, in dem live üblicherweise ein zwanzig- oder dreißigminütiges Solo des Saxophonisten folgen würde, spielt Coltrane mit Blick auf die Studiouhr ein auf zweieinhalb Minuten verdichtetes Solo. Den Abschluss bildet ein Bass-Solo, das zum Ende hin immer meditativer und melancholischer wird. Das tiefe Grollen einer Kesselpauke, an der Jones eine klassisch orientierte Ausbildung erhalten hatte, eröffnet den vom Blues angehauchten Psalm.
Psalm (Psalm)
Zitate zum Album
„Es war die Ära der östlichen Religionen, eine Zeit voller Spiritualität und Hare Krishna, und das war Coltranes Matrix – er traf genau diese Stimmung.“
Anhaltende Wirkung des Albums
Die Platte beeinflusste und beeinflusst auch nach Jahrzehnten noch zahlreiche Musiker aus allen Sparten der Musikindustrie. 1999 wurde A Love Supreme in die Grammy Hall of Fame aufgenommen.[1]
Fußnoten
- ↑ Grammy Hall of Fame. In: Grammy.com. Abgerufen am 24. Juni 2007.
Trackliste
- Part 1 – Acknowledgement – 7:43
- Part 2 – Resolution – 7:20
- Part 3 – Pursuance – 10:42
- Part 4 – Psalm – 7:05
Literatur
Ashley Kahn: A Love Supreme. John Coltranes legendäres Album. Rogner und Bernhard Verlag, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3807700307