Chewra Kadischa
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Chewra Kadischa, eigentlich Chewra kadischa de-gomle chasadim (Heilige Bruderschaft jener, die Taten der Barmherzigkeit vollbringen) nennt man die in jeder jüdischen Gemeinde bestehende Beerdigungsbrüderschaft, die sich Krankenbesuchen und der rituellen Bestattung Verstorbener widmet.
Grundlage der Vereinigungen ist der jüdische Grundsatz, dass niemand irgendeinen Vorteil vom Tode eines anderen Menschen haben soll. Daher lassen die Bruderschaften allen Menschen, ohne Ansehen ihres Vermögens, die gleichen Dienstleistungen angedeihen. Sie werden durch Spenden finanziert und leisten ihre Dienste unentgeltlich.
Aufgaben
Zu den wichtigsten Tätigkeiten der Chewra Kadischa gehört der Krankenbesuch und das Gebet am Lager des Sterbenden. Dabei sorgen sie dafür, dass 10 jüdische Männer anwesend sind (Minjan), die dem Sterbenden das Glaubensbekenntis (Schema) vorsprechen. Gleichzeitig werden auch die Angehörigen unterstützt und getröstet. Nach dem der Tod eingetreten ist, wird der Leichnam mit einem Linnen bedeckt und auf den Boden gelegt. Neben dem Kopf des Toten werden Kerzen entzündet. Dann wird auf dem Friedhof alles für die Beerdigung vorbereitet, das Grab ausgehoben, der Sarg bereitgestellt und das Totengewand hergerichtet. Der Leichnam wird zum Friedhof gebracht und dort im Bet Tahara, dem Haus der Reinigung, gewaschen und den rituellen Bestimmungen nach gereinigt (warmes Wasser, Beimischung eines Eies als Symbol des Lebens, begleitende Gebete). Nachdem die Leiche mit Wein besprengt wurde, erfolgt die Bekleidung mit den Grabgewändern aus weißem Linnen (Tachrichin), bestehend aus einem Hemd, einer Unterhose, einem Kittel mit Halskrause und Gürtel, Strümpfen und einer Haube. Der Leichnam wird in einen einfachen und schmucklosen Sarg gebettet und mit seinem Tallit bedeckt, dem man die Quasten entfernt hat, da diese den Lebenden an seine Verpflichtungen erinnern sollen, nun aber gegenstandslos geworden sind. In den Sarg kann auch ein Säckchen mit Erde aus dem gelobten Land beigegeben werden. Das Totengeleit und die Teilnahme am Begräbnis gelten als Mizwa, also als wesentliche religiöse Verpflichtung. Beim Trauerzug geht ein Würdenträger der Chewra Kadischa voran, um Spenden einzusammeln, dann folgen die Angehörigen, der Sarg selbst und dahinter der Vorstand der Beerdigungsbruderschaft und der Rabbiner, zuletzt die übrigen Trauergäste und am Schluss die Frauen. Eine Trauerrede des Rabbiners kann, muss aber nicht erfolgen. Die Mitglieder der Chewra senken den Sarg ins Grab hinab und werfen einen Grabhügel auf. Die Bestattung sollte so rasch als möglich, wenn geht noch am Sterbetag erfolgen. Nach dem Ende des Begräbnisses waschen sich die Teilnehmer an einem Brunnen die Hände, da der Leichnam als unrein gilt. Eine weitere Aufgabe der Chewra Kadischa ist der Besuch der Hinterbliebenen während der siebentägigen Trauerzeit.
Die Chewra Kadischa ist eine der wichtigsten Institutionen der jüdischen Gemeinde und erfüllt eine bedeutende soziale Rolle, die seit der Zeit der Aufklärung auch gegenüber ihrer religiösen Dimension an Wichtigkeit zugenommen hat. Die Teilnahme in ihr wird von den angesehensten Männern wahrgenommen und gilt als religiös sehr verdienstlich. Generell liegen alle Agenden die mit Bestattung und Friedhof zusammenhängen in ihren Händen. Analog zu den Bruderschaften gibt es auch Vereinigungen für die Frauen.
Beerdigungsbruderschaften gibt es überall in Europa seit dem 15./16. Jahrhundert.
Literatur
- Jüdisches Lexikon Bd. I. Frankfurt am Main 1927
- Jüdisches Fest, Jüdischer Brauch. 1936
- Arno Pařík: Prager jüdische Friedhöfe. Jüdisches Museum, Prag 2003