Luftkissenfahrzeug
Ein Luftkissenfahrzeug oder Hovercraft [ˈhɒvəkraːft] ist ein Fahrzeug, das durch ein Luftpolster getragen wird. Es wird meist als Luftkissenboot für die Fahrt auf dem Wasser eingesetzt.
Geschichte
Entwickelt wurde das Luftkissenboot in den 1950er Jahren durch den britischen Ingenieur Christopher Cockerell. Aus ersten Experimenten mit leeren Zinnkannen, einem Staubsauger und Küchenwaagen ließ er ein 60cm langes Arbeitsmodell bauen. Im Jahr 1955 ließ er das Gerät patentieren und nannte es Hovercraft. Der besondere technische Kniff dabei war eine doppelwandige Führung des Luftstroms an der Aussenkante des Fahrzeugs, so dass dieser an Geschwindigkeit gewann und damit überhaupt in der Lage war das Fahrzeug mit vergrößerter Effizienz vom Boden abzustossen. Cockerell´s Grundversion basierte auf einem vollkommen steifen Körper.
Erste fahrfähige Modelle des Konzepts erwiesen sich als durchweg tauglich. Die Fähigkeit zur Fahrt über Wasser wurde ebenfalls erfolgreich nachgewiesen. Mit Ausnahme der begrenzten Steigungsfähigkeit und der maximalen Hindernisgröße von (je nach Modell) bis zu 25 cm stellte sich das Fahrzeug als für alle Untergründe geeignet raus, einschliesslich Eis und Wüstensand. Einfluss auf die maximale Geschwindigkeit von typisch rund 60 km/h hatte der Untergrund kaum.
1957 führte Cockerell sein Gerät dem britischen Militär vor. Dies war zwar zunächst nicht unmittelbar daran interessiert (unter anderem wurde die Seetüchtigkeit bei hohem Wellengang in Frage gestellt), stufte es jedoch als ein Objekt der nationalen Geheimhaltung ein, so dass Cockerell seine Erfindung ein Jahr lang nirgends vorführen durfte. Ein wenig zu Irritationen führte auch, dass das Objekt keiner der etablierten Waffengattungen, Marine, Luftwaffe oder Heer direkt zugeordnet werden konnte.
Nach der "Deklassifizierung" 1958 konnte er schließlich die National Research Development Corporation, eine von der britischen Regierung finanzierte Organisation, überzeugen, das Gerät für kommerzielle Zwecke zu entwickeln.
Im Frühling 1959 durchquerte das erste vollwertige Luftkissenfahrzeug den Ärmelkanal und konnte dabei auch rauhem Seegang trotzen.
Eine wesentliche funktionale Komponente des heutigen Designs wurde später im Laufe der Erprobung vom britischen Militär ergänzt: eine Gummi-Manschette, die den Luftstrom wesentlich besser an unebene Untergründe anformen konnte und so zu geringeren Verlustströmungen und einem größeren Bodenabstand beitragen konnte. Die Nachfolgemodelle wurden von den britischen Streitkräften unter anderem in Langstreckentests über einige 100 km in der Libyschen Wüste und dem kanadischen Eismeer erfolgreich erprobt. Die Briten besitzen heute eine der wenigen Battalione mit Luftkissenbooten.

Die USA besitzten ebenfalls mehrere Hovercraft Staffeln, wobei die Fahrzeuge im wesentlichen herkömmmliche Landungsboote ersetzen und somit als Transporter genutzt werden. Für den Antrieb werden Gasturbinen benutzt. Das eingesetzte Modell selbst wird durch mehrere schwenkbare Luftstrahlen vorangetrieben.
Von 1962 an gab es in Großbritannien Hovercraft-Passagierdienste. Diese Schiffe sind auch heute noch im Einsatz und werden laut Betreiber noch so lange weiter fahren wie es dafür noch Ersatzteile geben wird.
Heutige Luftkissenboote sind als Expeditionsfahrzeuge, als Materialtransporter, oder als Hilfsfahrzeuge bei Rettungsdiensten und Feuerwehren im Einsatz.
Im Laufe der Geschichte kam es weiltweit nur zu zwei nennenswerten Unfällen mit Luftkissenbooten. Beim größeren wurde der Bootskörper gegen eine Kaimauer gedrückt, so dass durch ein Loch in der Aussenhaut mehrere Personen zu Tode kamen. Ein vergleichbarer Schiffunfall hätte vermutlich das gesamte Schiff versenkt und wesentlich mehr Opfer gefordert. Im zweiten Fall kenterte ein Luftkissenboot bei schwerem Seegang so dass die Retter sich entschlossen den Rumpf aufzutrennen. Als Ergebnis dieser Maßnahme lief der Rumpf mit Wasser voll, so dass ebenfalls Menschen umkamen. Im Vergleich zu allen anderen Verkehrsmitteln gilt das Luftkissenboot dennoch sehr sicher, nicht zuletzt wegen seinem Einsatz im Passagierverkehr.
Typen
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Luftkissenfahrzeugen:
- SES (SurfaceEffectShips)
- Vollhovercrafts
SES
Ein SES ist ein Schiff in Katamaran-Bauweise (zwei Rümpfe), wobei am Bug- und Heckbereich durch eine flexible Schürze aus Gummimaterial der Bereich zwischen den beiden Rümpfen abgedichtet ist. Mit leistungsstarken Gebläsen wird permanent Luft in den Raum zwischen den Rümpfen und den Schürzen geblasen. Dadurch hebt sich das Boot teilweise aus dem Wasser und beginnt bei schnellerer Fahrt zu gleiten. Der Antrieb eines SES erfolgt mit herkömmlichen Schiffspropellern, die Steuerung mit konventionellen Ruderblättern. Mit SES sind etwa Geschwindigkeiten von 28 bis 30 Knoten (50 - 54 km/h) erzielbar.
Vollhovercraft


Bei diesen Fahrzeugen ist der gesamte Rumpf rundherum mit einer flexiblen Schürze versehen. Wieder wird durch Gebläse ein permanentes Luftkissen im umkleideten Bereich aufgebaut. Auf diesem Luftkissen schwebt das Boot quasi berührungslos über dem Boden (nur die Schürzen liegen am Boden an). Vollhovercrafts können sowohl im Wasser als auch an Land fahren. Der Antrieb erfolgt mit Luftpropellern, die Steuerung mit Luftrudern (analog zum Flugzeug).
siehe auch
Gaskissengleitbahn, Luftkissenschwebebahn