Zum Inhalt springen

Kardinal

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. November 2007 um 19:19 Uhr durch 84.149.219.29 (Diskussion) (Deutschland). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Wappenzier eines Erzbischofs im Kardinalsrang (Erkennbar an dem roten Kardinalshut (galero) mit 30 seitlichen Quasten. Das doppelte Kreuz weist außerdem darauf hin, dass der Wappenträger Erzbischof ist.
Chorkleidung eines Kardinals

Kardinal ist ein vom Papst verliehener religiöser Titel, der den Träger zur Papstwahl berechtigt und ihn zur besonderen Mitverantwortung an der Gesamtleitung der Kirche („Senat des Papstes“) verpflichtet. Die Verleihung nennt man Kreïerung, die protokollarische Anrede eines Kardinals lautet „(Eure) Eminenz“. Es gibt Kardinäle, die in der römischen Kurie die Funktionen von „Ministern“ – wie in weltlichen Regierungen – inne haben. Diese werden Kurienkardinäle genannt, zu denen z.B. der Kardinalstaatssekretär oder der Kardinalgroßpönitentiar gehören, und solche, die außerhalb Roms den Titel Kardinal neben ihrem Bischofstitel tragen und ihre Diözese (Bistum) vor Ort leiten.

Herkunft des Begriffs

Der Ausdruck Kardinal kommt zum einen vom lateinischen cardinalis „wichtig, vorzüglich“ (abgeleitet aus cardo „Türzapfen, Angel“). Zum anderen bezieht er sich ursprünglich auf einen an einer römischen Hauptkirche (cardo) – auch außerhalb Roms – angestellten Geistlichen (in cardinatus cardinalis), dem eine Kirche oder Diakonie als Titelkirche (tituli cardinales) in Rom anvertraut ist.

Es handelt sich um die älteste kirchliche Ehrenfunktion, die unmittelbar auf den Papst, den Summus Pontifex, folgt (höchster Würdenträger nach dem Papst). Sie geht auf die älteste Zeit der Kirchengeschichte zurück, nämlich auf Papst Silvester I. (314-336) – presbyteri et diaconi cardinales.

Der volle Titel lautet: Sanctae Romanae Ecclesiae Cardinalis (Latein für: „Kardinal der Heiligen Römischen Kirche“), was in offiziellen kirchlichen Schreiben und Urkunden meist mit S. R. E. Cardinalis abgekürzt wird.

Kirchenrechtliche Bestimmung

In der Regel werden nur Bischöfe zu Kardinälen ernannt, es gibt aber Ausnahmen, so dass auch gewöhnliche Priester aufgrund besonderer Verdienste zu Kardinälen ernannt werden können. Diese müssen allerdings nach dem Codex Iuris Canonici zu Bischöfen geweiht werden. Der Papst kann jedoch (wie bei Leo Kardinal Scheffczyk geschehen) auf Wunsch des angehenden Kardinals von dieser Verpflichtung dispensieren. Der Papst ist nicht verpflichtet, den Namen des von ihm ernannten Kardinals bekannt zu geben, in solchen Fällen spricht man von einem Kardinal in pectore. Diese Vorgangsweise wird regelmäßig bei Kardinälen aus Ländern gewählt, in denen die Kirche verfolgt wird.

Man unterscheidet drei Klassen (ordines):

  • Kardinalbischöfe
  • Kardinalpriester
  • Kardinaldiakone.

Die Kardinäle bilden das Kardinalskollegium der Heiligen Römischen Kirche unter der Leitung des Kardinaldekans (seit Mai 2005 Angelo Kardinal Sodano). Die Kardinäle werden vom Papst ernannt und feierlich in einem Konsistorium „kreiert“. Sie sind seine unmittelbaren Gehilfen in der Leitung der Gesamtkirche. Die wahlberechtigten Kardinäle wählen während der Vakanz des Apostolischen Stuhles im Konklave den neuen Papst. Wahlberechtigt sind seit einer 1968 durch Papst Paul VI. erlassenen Regelung alle Kardinäle, die am Tag vor der Vakanz das 80. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Die Höchstzahl der wahlberechtigten Kardinäle darf seit einer von Paul VI. erlassenen und am 22. Februar 1996 durch Papst Johannes Paul II. bestätigten Regelung nicht mehr als 120 betragen. Diese Zahl wurde durch die im Februar 2001 und im Oktober 2003 gehaltenen Konsistorien vorübergehend jeweils auf 135 erhöht.

siehe auch:Liste der Kardinalskreierungen

Historisches

Seit dem 4. Jahrhundert waren die Kardinäle zuerst Berater und Mitarbeiter des Papstes im Dienste der „tituli“ (Titelkirchen) der Stadt Rom, d.h. der ersten Pfarreien. Kardinäle waren die Vorsteher der „tituli cardinales“, also der wichtigsten „Titelkirchen“. Bis heute ist jedem Kardinal eine Titelkirche in Rom zugeordnet. Somit gehören Kardinäle auch zum Klerus der Stadt Rom. Seit 1150 versammeln sich die Kardinäle im „sacrum collegium“, dem der Dekan vorsteht. Seit dem Jahr 1059 sind die Kardinäle die ausschließlichen Papstwähler.

Kardinal Ferdinand I. de Medici - er gehörte zu den Kardinälen, die in den weltlichen Stand zurückkehrten

Die Vergabe von Kardinalshüten waren insbesondere in der frühen Neuzeit ein Mittel, mit denen Päpste ihre Beziehungen zu den europäischen Fürstenhäusern pflegten und ihre freundschaftliche Beziehung zu anderen Staaten festigten. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts war es in vielen Dynastien Europas üblich, dass ein Sohn oder ein Bruder des regierenden Fürsten zum Kardinal ernannt wurde. Ein Beispiel für eine solche Kardinalsernennung ist die des spanischen Königssohnes Kardinalinfant Ferdinand im Jahre 1619. Die Familie Borghese, der der ernennende Papst Paul V. angehörte, erhielt im Gegenzug dafür einen spanischen Adelstitel. Ähnliches gilt auch für das Königreich Polen, für die Habsburger, das Königreich Portugal wie die Lothringer. Auch die großen Adelsgeschlechter Italiens wie die Medici, die Farnese, die Gonzaga oder die d'Este waren im Kardinalskollegium vertreten. Gelegentlich empfingen diese sogenannten „dynastischen“ Kardinäle wie beispielsweise Kardinal Maurizio di Savoia noch nicht einmal kirchliche Weihen. Ihnen stand damit die Möglichkeit offen, in den weltlichen Stand zurückzukehren, wenn dies aus dynastischen Gründen sinnvoll erschien. Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert kam es insgesamt 12 Mal vor, dass Kardinäle in den weltlichen Stand zurückkehrten. Zu ihnen zählt Cesare Borgia, der den sogenannten Kardinalnepoten zugerechnet wird sowie etwa 10 Kardinäle, bei denen die familiäre Erbfolge für den Rücktritt ausschlaggebend war. Dazu zählen Ferdinando de Medici, der nach dem Tod seines Bruders 1589 zum Herrscher von Florenz wurde und Christina von Lothringen heiratete. Albrecht VII. war Sohn von Kaiser Maximilian II. und legte nach 12 Jahren sein Kardinalat nieder. Ferdinando Gonzaga gab 1615 seinen Kardinalshut zurück, nachdem sein älterer herzoglicher Bruder 1612 ohne männlichen Erben gestorben war. Kardinalsernennungen wie die des Carlo Emanuele Pio di Savoia waren gelegentlich auch eine Notwendigkeit für die Kurie, um ihre Herrschaftsansprüche im päpstlichen Territorium durchzusetzen.

Umgekehrt schlugen Fürsten ihnen genehme Personen dem Papst zur Auszeichnung mit dem Kardinalshut vor. Diese Personen werden als Kronkardinäle oder Nationalkardinäle bezeichnet und waren meist dem Fürsten mehr verbunden als dem jeweiligen Papst. Kardinäle, die man als typische Kronkardinäle bezeichnen kann, sind beispielsweise die Spanier Bernardo de Sandoval y Rojas und Antonio Zapata y Cisneros.

Die Kardinalsernennung als politisches Herrschaftsinstrument des Papstes verlor erst in der Folge des Westfälischen Friedens von 1648 ihre Bedeutung, als sich die Politik zusehends entkonfessionalisierte. Die Vertretung im Kardinalskollegium in Rom als politischer wie religiöser Machtfaktor wurde für die europäischen Herrscherhäuser zunehmend uninteressant. Kardinäle wie etwa Angelo Giori, die aus einfachen Verhältnissen stammten, blieben innerhalb der kurialen Führungszirkel in dieser Zeit misstrauisch beäugte Außenseiter, deren Wirkungskreis häufig in informellen Bereichen zu finden war. Bis 1870 waren die Päpste jedoch nicht nur Oberhaupt der katholischen Kirche, sondern auch Landesherren eines Kirchenstaates, der von Bologna und Ferrara im Norden bis nach Benevent im Süden reichte. Zwischen den Kardinälen finden sich daher auch Verwaltungsbeamte, deren Fachgebiet eher die Jurisprudenz als die Theologie war. Beispielhaft für die Karriere eines Verwaltungsfachmanns und Diplomaten ist die des Fabrizio Spada, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts eine Zeit lang als Kardinalstaatssekretär diente.

Siehe auch: Addextrator

Kleidung

Datei:P1030894.jpg
Christoph Kardinal Schönborn in Soutane mit scharlachrotem Zingulum und Pileolus (2006).

Kardinäle tragen zu besonderen Anlässen eine früher purpurfarbene, heute scharlachrote („porpora“) Soutane (Talar) und die Mozetta (Schulterumhang) sowie das scharlachrote Birett (Kopfbedeckung), das in einer besonderen Zeremonie vom Papst verliehen wird. Hinzu kommen das Zingulum (Gürtelband) und der Pileolus (Scheitelkäppchen) aus roter Moiréeseide. Die rote Farbe soll darauf hinweisen, dass sie bereit sein sollen, jederzeit als Märtyrer für den Glauben zu sterben. Außerhalb der Liturgie trägt der Kardinal eine schwarze Soutane mit roter Paspelierung (Nahtbesatz) und roten Knöpfen. Der früher übliche große Kardinalshut, mit jeweils zu den Seiten herabhängenden 15 roten Quasten (fiocchi) erscheint heute nur noch im Wappen des Kardinals.

Recht und Ehrenrechte des Kardinals

Der Kardinal besitzt das Recht, in seiner eigenen Kirche begraben zu werden, er kann überall in der Welt das Bußsakrament spenden, er darf (bei Verfehlungen gegen das kirchliche Recht) nur vor das Gericht des Papstes gezogen werden und kann den Ort zur Zeugenvernehmung selbst bestimmen. Über seine Titelkirche übt er keinerlei Leitungsgewalt aus, wohl aber beratende Schirmherrschaft. Zu den Ehrenrechten gehört der sogenannte „Kardinalspurpur“, der in Wirklichkeit scharlachrot ist, und seit 1630 die Anrede „Eminenz“. Der Titel „Kardinal“ wird zwischen Vor- und Nachname geführt.

Liste traditioneller Kardinalssitze

Siehe Kardinalstradition

Von Papst Benedikt XVI. ernannte neue Kardinäle

Konsistorium vom 24. März 2006

Papst Benedikt XVI. hat am 22. Februar 2006 fünfzehn neue Kardinäle angekündigt, davon zwölf wahlberechtigte und drei nicht mehr wahlberechtigte. Sie haben bei einem Konsistorium am 24. März 2006 das Kardinalsbirett erhalten.

Die zwölf neuen wahlberechtigen Kardinäle waren:

Die drei neuen nicht mehr wahlberechtigten Kardinäle waren:


Konsistorium vom 24. November 2007

Papst Benedikt XVI. hat am 17. Oktober 2007 23 neue Kardinäle angekündigt, davon achtzehn wahlberechtigte und fünf nicht mehr wahlberechtigte. Eine weitere vom Papst geplante Ernennung kam nicht zu Stande, da der ausgewählte ehemalige Bischof der polnischen Diözese Koszalin-Kołobrzeg (Köslin-Kolberg), Mons. Ignacy Ludwik Jeż am Vortag im Alter von 93 Jahren verstorben war.

Das Konsistorium zur Verleihung des Kardinalsbiretts fand am 24. November 2007 statt.

Die achtzehn neuen wahlberechtigten Kardinäle sind:

Die fünf nicht mehr wahlberechtigten Kardinäle sind:

Derzeitige Kardinäle aus deutschsprachigen Ländern

(für eine vollständige Liste aller lebenden Kardinäle siehe Liste der Kardinäle)

Deutschland

Österreich

Schweiz

Literatur

  • Arne Karsten (Hg.): Jagd nach dem roten Hut. Kardinalskarrieren im barocken Rom. Göttingen 2004
  • Arne Karsten: Künstler und Kardinäle. Vom Mäzenatentum römischer Kardinalnepoten im 17. Jahrhundert. Köln/Wien/Weimar 2003
  • Karl Gerold Fürst: Cardinalis. Prolegomena zu einer Rechtsgeschichte des römischen Kardinalskollegiums. München 1967
  • Christa Kramer von Reisswitz: Die Papstmacher. Die Kardinäle und das Konklave. Dezember 2003
  • Agnelo Rossi: Il Collegio Cardinalizio. Rom 1990
Wiktionary: Kardinal – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen