Flächenstilllegung

Die Flächenstilllegung ist ein agrarpolitisches Instrument zur Marktmengensteuerung. Sie wurde in der Europäischen Union (EU) Ende der 1980er Jahre im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik eingeführt, um die landwirtschaftliche Überproduktion vor allem im Bereich des Getreides in der EU zu begrenzen.
Geschichte der Flächenstilllegung in Europa
Die Flächenstilllegung (engl. set-aside) mit deren Einführung vor allem die Getreideproduktion in der EU begrenzt werden sollte, wurde erstmals 1988/89 auf freiwilliger Basis eingeführt. Nach der McSherry-Reform des Jahres 1992, in der die flächengebundenen Ausgleichszahlungen eingeführt wurden, wurde die Flächenstilllegung obligatorisch, d.h. die unter die Regelung fallende Landwirte mussten einen bestimmten Prozentsatz ihrer Flächen stilllegen, um die Direktzahlungen zu erhalten. So wurde für das Anbaujahr 1993/94 ein Stilllegungssatz von 15% festgelegt, der aber jährlich den Markt- und Preisentwicklungen angepasst werden konnte [1] Ausgenommen von der Stilllegungsverpflichtungen waren sogenannte Kleinerzeuger, also solche Landwirte, deren Anbaufläche eine bestimmte Grenze nicht überstieg.
Anfänglich wurde der Satz der obligatorischen Stilllegung jährlich festgelegt, im Wirtschaftsjahr 1999/2000 wurde sie dann zur Vereinfachung dauerhaft auf 10% festgelegt. [2]. Für das Anbaujahr 2004/05 wurde sie einmalig auf 5% festgelegt [3], um dann im Jahr 2005 im Rahmen der Luxemburger Beschlüsse in regionale Stilllegungssätze überführt zu werden. Mit der Umsetzung der Luxemburger Beschlüsse wurde auch die Referenzfläche zur Bestimmung der Stilllegungsfläche geändert. Wurde früher die Getreide- und Ölsaatenfläche zur Berechnung der betriebsindividuellen Stilllegungsflächen herangezogen, ist mit den Beschlüssen der Agrarreform (Mid-Term-Review) die Berechnung auf Basis der gesamten Ackerfläche etabliert. Dies führt in den Ackerbauregionen mit hohen Gemüse-, Kartoffel- und Zuckerrübenanteil zu einer erheblichen Ausdehnung der Stilllegungsflächen in den Jahren 2005/06. [4]
Verschiedene Formen der Flächenstilllegung
Konjunkturelle, jährliche Stilllegung
Bei der obligatorischen Stilllegung müssen die Landwirte einen Teil ihrer Ackerflächen stilllegen, damit sie Direktzahlungen im Rahmen der Agrarförderung ausgezahlt bekommen können. Darüber hinaus können Landwirte unter Einhaltung der Cross-Compliance-Regelungen freiwillig Flächen stilllegen.
Langfristige Stilllegung
Bis 1996 gab es die Möglichkeit der Stilllegung von Ackerflächen für fünf Jahre. Darüber hinaus existieren langjährige Stilllegungen für Umweltzwecke oder in Verbindung mit Erstaufforstungen.
Flächenentwicklung der Stilllegung

Zur Flächenentwicklung der Stilllegung und des Anbaus von Nachwachsenden Rohstoffen auf Stilllegungsflächen in Deutschland siehe neben stehende Abbildung. In der EU ist derzeit eine Fläche von 3,8 Mio. ha obligatorisch stillgelegt.[5]
Anbau Nachwachsender Rohstoffe auf Stilllegungsflächen
Mit der Verabschiedung der obligatorischen Flächenstilllegung im Jahr 1992 wurde auch festgelegt, dass auf Stillegungsflächen Nachwachsende Rohstoffe angebaut werden dürfen. Da die Nachwachsenden Rohstoffe ihre Verwendung im nicht-Lebensmittelbereich finden, war dies im Rahmen internationaler Abkommen möglich. Damit die Erzeugnisse von stillgelegten Flächen auch wirklich nicht im Food-Bereich eingesetzt wurden, mussten die Landwirte eine Reihe von Nachweisen (Meldungen, Anbauverträge, Kautionen, ...) bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung erbringen. Hierbei entstanden erhebliche Transaktionskosten. Auch die Beschlüsse im Bereich der Agrarreform (Mid-Term-Review) haben den Anbau von Nachwachsendenden Rohstoffen auf Stilllegungsflächen bestätigt.
Aktuelle Entwicklungen
Aufgrund der angespannten Lage am Getreidemarkt und des damit verbundenen massiven Anstiegs der Preise für Agrarrohstoffe hat die EU-Kommission vorgeschlagen, den obligatorischen Flächenstilllegungssatz für das kommende Jahr auf Null zu setzen. Die Agrarminister der Europäischen Union und das Europäische Parlament sind im September 2007 dieser Empfehlung gefolgt und haben einen entsprechenden Beschluss gefasst.
Damit sind die Landwirte nicht verpflichtet ihre Fläche zu kultivieren, sondern sie können auch weiterhin auf freiwilliger Basis stilllegen. Auch für die Flächen gelten die Cross-Compliance-Regelungen. Aufgrund des aktuell hohen Agrarpreis-Niveaus kann damit gerechnet werden, dass nur auf Grenzstandorten freiwillige Flächenstilllegung betrieben wird. Somit rechnet die Europäische Kommission damit, dass 1,6 bis 2,9 Mio. ha wieder in die Erzeugung genommen werden.[5]
Im Rahmen des Gesundheitschecks der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik im Jahr 2008 will die EU-Kommission die endgültige Abschaffung der Flächenstilllegung prüfen. Dabei soll unter anderem analysiert werden, wie die positiven Effekte der Stillegungsflächen auf die Umwelt aufrechterhalten werden können.
Lebensraum Brache
Der Lebensraum Brache zeigt eine Reihe von Vorteilen für die Umwelt. Bei langjähriger Stilllegung kann es zu einer Entlastung der Ökosysteme durch Verringerung der Austräge von Düngemittel und Pestiziden kommen. Ebenso können sich auf den Stilllegungsflächen neue (extensivere) Biotope bilden. Zudem bilden die Stilllegungsflächen Rückzugsgebiete für verschiedene Wildtiere. [6]
Einzelnachweise
- ↑ Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen, Amtsblatt Nr. L 181 vom 01/07/1992 S. 0012 - 0020, Online
- ↑ Zusammenfassung von Gesetzgebungen Landwirtschaft, Online
- ↑ Verordnung (EG) Nr. 2322/2003 des Rates vom 17. Dezember 2003 zur Abweichung von der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 hinsichtlich der Stilllegungsverpflichtung für das Wirtschaftsjahr 2004/05, Amtsblatt der Europäischen Union. L 345. 46. Jahrgang. 31. Dezember 2003, Online
- ↑ Breuer, T. & K. Holm-Müller (2006): Abschätzung der Chancen aus der Förderung der Biokraftstoffe für die ländlichen Regionen in Nordrhein-Westfalen. Landwirtschaftliche Fakultät der Universität Bonn, Schriftenreihe des Lehr- und Forschungsschwerpunktes USL. Nr. 137. Bonn. S. 41-44.
- ↑ a b Pressemitteilung der Europäischen Union: Getreide: Rat genehmigt Stilllegungssatz von Null für die Aussaat von Herbst 2007 und Frühjahr 2008, Reference: IP/07/1402, 26.09.2007, Online
- ↑ Lebensraum Brache, Online