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Prophetie

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Als Prophetie - im Einzelfall auch als Prophezeiung, Weissagung oder Verheißung - bezeichnet man im Bereich der Religion die Ansage bzw. Voraussage von Zukunftsereignissen, aber auch die Verkündigung einer Wahrheit, Vision oder Erkenntnis, die sich auf die Gegenwart bezieht.

Der Ausdruck stammt vom altgriechischen propheteía für „aussprechen”, „aussagen” oder „für jemanden sprechen”, zusammengesetzt aus pro (für, heraus, anstelle) und φεµι [femí] (ich spreche).

Überblick

Im Unterschied zu einer rational begründeten Prognose kommt Prophetie aus der Intuition, Inspiration oder Eingebung eines Menschen im Zusammenhang einer Religion: Verkünder einer Prophezeiung - seien sie Prophet, Seher, Orakel-Empfänger oder einfacher, zufälliger Sendbote („Gottesmann“) - sehen sich selbst dazu durch eine Gottheit inspiriert, geleitet und beauftragt.

Dies ist ein in vielen Religionen bekanntes, vielschichtiges Phänomen, hat jedoch vor allem im antiken Judentum seit etwa 1000 bis 200 v. Chr. immer stärkeren, zeitweise dominierenden Rang erhalten. Dabei trat mit Beginn des Königtums im Königreich Israel zunächst überwiegend Unheils-, seit dem Ende des Königtums und dem Babylonischen Exil auch Heilsprophetie auf. Beide sind in Geschichts- und Prophetenbüchern gesammelt und aufgezeichnet worden. Letztere bilden als Nebiim den zweiten Hauptteil des Tanach, der Hebräischen Bibel. Prophetie bezeichnet daher im Judentum, später auch im Christentum und im Islam, eine bestimmte Gattung religiöser, mündlicher und schriftlicher Überlieferung, die Zukunfts- und Gegenwartsansagen für Kollektive, etwa das erwählte Volk, die Fremdvölker, alle Gläubigen und Ungläubigen, sowie Lebensgeschichte von Propheten weitergibt.

Außerbiblische Prophetie

Göttliche auf Zukunft und Gegenwart bezogene Botschaften, die ein Mensch empfängt und weitergibt, sind ein altes und verbreitetes religiöses Phänomen. Dabei lassen sich besonders im Alten Orient verschiedene Formen und Einzelmotive unterscheiden, die die biblische Prophetie zum Teil beeinflussten, ohne sich vollständig mit ihr zu decken.

Ekstase

Der Reisebericht des Ägypters Wen-Amun (ca. 1100 v. Chr.) erzählt von einem Phönizier, der bei einer Opferfeier unbeabsichtigt in ekstatische Erregung geriet, dabei eine Gottesbotschaft empfing und diese ungefragt dem Fürsten von Byblos ausrichtete, worauf dieser sein Verhalten änderte.

Von ekstatischen Anhängern des Gottes Baal in Kanaan berichtet auch die Bibel in [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Kön]] 18,19ff EU; [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|2_Kön]] 10,19 EU. Hier handelt es sich um Gruppen, die ihr Gebet durch Tanz begleiteten, sich absichtlich selbst verletzten, um sich in Raserei zu versetzen. Ähnliche Praktiken sind 2000 Jahre später von Derwischen bekannt, allerdings ohne eine Verbindung zum Empfang göttlicher Wortbotschaften.

Heilsorakel

Die Inschrift des Zakir von Hamat (um 800 v. Chr.) bezeugt eine Bitte des Königs in einer Belagerungssituation an seinen Schutzgott Baalschamem, den „Herrn des Himmels“. Dieser habe durch Vermittlung von „Sehern“ geantwortet und dem König Rettung vor seinen Feinden zugesagt. Ähnliche Befragungen und Orakel vor einer Schlacht kennt die Bibel etwa in Ex 14,13 EU; Dtn 20,1ff EU; Ps 110,1ff EU.

Hofpropheten

Die Briefe aus Mari (um 1800 v. Chr.) berichten von nicht durch Orakel oder Los herbeigeführten Botschaften der Wetter- und Vegetationsgötter Dagan, Hadad und anderen, die Menschen ohne ihren Willen mit ihrem Wort überfallen, worauf diese es dem König als „Gesandte“ ungebeten ausrichten. Der Botschaftsempfang geschah etwa in einer Traumvision vor dem Götterbild im Tempel. Inhaltlich verkündeten sie dem eigenen Volk Heil, fremden Völkern dagegen Unheil. Dies gilt als engste bekannte altorientalische Parallele zu biblischen Hofpropheten, etwa Gad, Natan, später auch Hananja (Jer 28 EU; [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Kön]] 22,11 EU).

Prophetie im Tanach

Begriff

Die biblische Geschichtsüberlieferung kennt von der staatlichen Frühzeit an sowohl Prophetengruppen als auch Einzelgänger. Letztere traten offenbar von Beginn an auch gegen an Heiligtümern und am Königshof angestellte und besoldete Kultpropheten auf. Da auch diese die Zukunft weissagten, wurden beide Typen mit demselben hebräischen Wort als nabi bezeichnet. Es wird aus dem akkadischen Verb nabu für „rufen“ hergeleitet, bezeichnet aber im Tanach den passiv von Gott „Berufenen“, nicht sein aktives „Rufen“, also sein Prophezeien.

Der frühe Gegensatz zwischen einzelnen unabhängigen Wortpropheten zu von Königtum und Kult abhängigen Prophetengruppen könnte erklären, dass die ersten Schriftpropheten den Begriff nabi für sich mieden. Amos ließ sich chosä („Seher“) nennen (Am 7,12ff EU). Auch Jesaja verwendete nabi nur für seine Frau (Jes 8,3 EU), nicht für sich. Frühe Propheten werden in der biblischen Geschichtsüberlieferung oft „Mann Gottes“ genannt ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Sam]] 9,9 EU u.a.).

Erst seit Jeremia wird der Ausdruck nabi zur Selbstbezeichnung der Schriftpropheten, wobei gerade dieser Unheilsprophet den scharfen Gegensatz zur Kultprophetie verkündete und durchlebte. Von da aus drang die Kennzeichnung als für Israels Zukunft berufener Wortprophet auch in die Väter- und Exodusüberlieferung vor und prägte deren Darstellung Abrahams (Gen 20,7 EU) und vor allem des Mose (Dtn 18,15 EU; Dtn 34,10 EU; Num 11 EU u.a.).

Frühe Königszeit

Prophetie tritt in der Hebräischen Bibel seit dem Königtum Sauls (um 1000 v. Chr.) auf. Auch die älteren charismatischen Heerbannführer („Richter“) trugen bereits prophetische Züge; doch erst seit der Königszeit treten politische und theologische Führungsrollen in Israel auseinander.

Berufung

  • Der Prophet Amos schrieb, dass Gott nichts tut ohne es zuvor seinen Propheten zu offenbaren (Amos 3,7 LUT).
  • Gott offenbarte Moses seinen Ratschluss: Die Herausführung Israels aus Ägypten (2. Mose 3,8 LUT), die Wundertaten Gottes (2. Mose 7,8-12 LUT), die Gesetzgebung (2. Mose 20,1-17 LUT).
  • Um das Wort des HERRN zu erfahren, wurden unter anderem seine Propheten befragt (2. Chronik 18,6 LUT).
  • Das Alte Testament schließt mit der Prophetie des Propheten Maleachi, dass der Prophet Elia gesendet wird (Maleachi 3,23 LUT).

Messiasweissagungen

Die Prophetie Judas nach dem Untergang des Nordreichs (722 v. Chr.), besonders aber nach dem Untergang des Jerusalemer Tempelkults (586 v. Chr.), bezog sich neu auf die Gestalt eines zukünftigen idealen Herrschers, der später Messias genannt wurde. Die frühesten messianischen Texte stammen vom Propheten Jesaja aus dem frühen 8. Jahrhundert.

Moses kündigte einen Propheten an, den Gott nach ihm erwecken werde und dem Israel gehorchen solle (5. Mose 18,15): Dies wurde auf den Messias bezogen.

Verheißung und Erfüllung

  • Wenn ein Prophet redet und es trifft nicht ein, so hat es der Herr nicht geredet (5. Mose 18,22 LUT).
  • Manche Prophetien erfüllten sich nach hunderten von Jahren. Jesaja prophezeite dass eine Jungfrau einen Sohn gebären wird, den sie Immanuel nennen wird (Jesaja 7,14 LUT). Die Weissagung über die Geburt des Messias erfüllte sich nach christlicher Auffassung ungefähr 700 Jahre später. Die Prophezeiung Jesajas hatte keinen Zeitpunkt genannt wann es eintrifft.
  • Der Prophet Jona sagte voraus, dass die Stadt Ninive innerhalb von 40 Tagen untergehen wird (Jona 3,4 LUT), es traf innerhalb dieser Frist jedoch nicht ein weil sie nach der Predigt Jonas an Gott glaubten und sich von ihren bösen Wegen bekehrten, woraufhin Gott gnädig war und es nicht tat (Jona 3,10 LUT).

Prophetie im Neuen Testament

  • Paulus lehrte über die Gabe der Prophetie, worin der heilige Geist unterschiedlichen Leuten prophetische Reden zuteilen kann, so wie er (der heilige Geist) es will (1. Korinther 12,10 LUT). Paulus lehrte auch über den Dienst von Propheten, die von Gott in den Leib Jesu Christi (die Gemeinde) gesetzt sind (1. Korinther 12,28 LUT).
  • Petrus sagte (in Apostelgeschichte 5,1-10 LUT) Dinge voraus, die nach kurzer Zeit eintrafen. Er prophezeite auch Dinge, die weiter in der Zukunft liegen, er schrieb dass die Erde vor Hitze schmelzen wird und eine neue Erde entstehen wird (2. Petrus 3,10 LUT).
  • Simon Petrus ermahnte, auf das prophetische Wort zu achten und dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist (2. Petrus 1,19-20 LUT). Eine Weissagung ist noch nie aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern vom heiligen Geist getrieben haben Menschen im Namen Gottes geredet.
  • Als Paulus mit dem Schiff nach Rom gebracht wurde, sagte er voraus, dass diese Schiffsfahrt nur mit Leid und großem Schaden, nicht allein für die Ladung und das Schiff, sondern auch für ihr Leben vor sich gehen wird (Apostelgeschichte 27,10 LUT). Da aber der Hauptmann dem Steuermann und dem Schiffsherrn mehr glaubte als dem, was Paulus sagte, gerieten sie zwei Wochen lang in einen Sturm, verloren das Schiff und konnten mit Mühe ihr Leben retten (Apostelgeschichte 27,14-44 LUT).

Prophetien in verschiedenen Religionen

Ursprünglich wurden Prophezeiungen vornehmlich in einem religiösen Kontext verstanden, d. h. der Inhalt der Prophetie wird als wiedergegebene Aussage von Gott oder einer Gottheit verstanden. Eine Prophezeiung muss also nicht zwingend eine Aussage über die Zukunft sein, sondern kann allgemein eine göttlich inspirierte Aussage (Offenbarung) sein.

Prophezeiungen sind aus nahezu allen Religionen bekannt, meist von einem Propheten oder einer Prophetin im Auftrage des/eines Gottes ausgesprochen. Vielfach wurden diese Aussagen jedoch in den Wind geschlagen oder als zu unklar beiseite gelassen. Manche Prophetien bedürfen der Deutung durch „begnadete” oder dazu „bestellte” Personen, wie es z.B. im antiken Delfi zwischen der Pythia und dem diensthabenden Priester geschah, oder bei der Zungenrede, wie es etwa Paulus im Zusammenhang mit den verschiedenen Gaben des Heiligen Geistes (vgl. Charisma) beschreibt.

Griechische Antike

Datei:Delphi Tempel des Apollon.jpg
Tempel des Apollon in Delphi

In der Mythologie des antiken Griechenland gab es verschiedene Orakelstätten (z.B. Delphi), wo Vorhersagen der Zukunft durch Priester/innen gesucht wurden. Bekannt ist die Erzählung des Orakelspruches für den reichen Lydierkönig Krösus (Kroisos): „Wenn Du den Halys überschreitest, wirst Du ein großes Reich zerstören”. Krösus glaubte, damit wäre das Perserreich gemeint, doch sollte es sein eigenes Königreich Lydien treffen.

siehe auch: Thetis

Römische Antike

Im antiken Rom war das Lesen der Zukunft aus himmlischen Zeichen und dem Vogelflug durch Pontifices und Flamines Teil des Staatskultes. Auch durch Betrachtung der Eingeweide von Opfertieren („Leberschau”) sollten von den Haruspices Orakel erstellt werden.

Jüdische Religion

In der jüdische Religion gilt bereits Abraham, der Stammvater Israels, als Prophet (Genesis 20:7). Dem altgewordenen, aber noch kinderlosen Ehepaar Abraham und Sara wird von drei Männern die baldige Geburt eines Stammhalters und sogar eine zahllose Nachkommenschaft prophezeit. Abraham nimmt die Weissagung ernst, seine Frau hingegen muss darüber lachen. Diese für die drei abrahamitischen Religionen fundamentale Szene und ihre Folgerungen werden sowohl in der Bibel als auch im Koran - allerdings in Details abweichend - ausführlich geschildert und als Gottes direkte Verheißung gedeutet.

Mose ist gemäß der Tora „Prophet des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs”. Weitere (sog. „große” und „kleine”) Propheten, die Vorhersagen für die Zukunft oder wichtige Deutungen von Geschehnissen der Gegenwart gemacht haben, waren Jeremia, Jesaja, Ezechiel, Amos (Vorhersage der Zerstörung Jerusalems und Samarias), Daniel, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephanja und die Prophetin Debora.

siehe auch: Menetekel

Christentum

Johannes schaut auf Patmos die Visionen der Offenbarung, Altarbild von Hans Memling

Neben den aus dem Alten Testament bekannten Propheten wird im Christentum die „Offenbarung des Johannes” aus dem Neuen Testament als bedeutendes prophetisches Buch verstanden (unter anderem Aussagen über den Antichrist, das Jüngste Gericht und über falsche Propheten); mit dessen Deutung befasst sich die Eschatologie. Die messianische Prophetie, also die Verheißung des Erlösers, wird ausdrücklich auf Jesus bezogen.

Am Palmsonntag - dem Einzug in Jerusalem - sagt Jesus über die Stadt und ihren vergangenen und künftigen Unglauben: „Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel; und ihr habt nicht gewollt! Siehe, euer Haus soll euch wüst gelassen werden” (Lutherbibel, Mt.23) - was als Verstärkung von Jeremia (22,5) und Vorhersage der Zerstörung des Tempels aufzufassen ist.

Der Heilige Malachias machte 111 Weissagungen, die im Deutschen als „Papstweissagung des Malachias” bekannt sind. Darauf standen alle Päpste, von Coelestin II. (1143-1144) bis zum „letzten” Papst. Nach Benedikt XVI. solle demnach nur noch ein Papst kommen. Dieser wird sich nach Simon Petrus nennen und „seine Herde durch manche Leiden führen, danach wird die Stadt der sieben Hügel zerstört werden, und der schreckliche Richter wird über die Menschen zu Gericht sitzen”.

Verschiedene als Sekten oder neue religiöse Bewegungen bezeichnete Gruppen haben ebenfalls eine sie begründende Prophetie, z. B. die Mormonen das Buch Mormon oder das Engelwerk die angeblichen Privatoffenbarungen der „Mutter” Gabriele Bitterlich.

siehe auch: Heilige Drei Könige

Das Weissagen oder prophetische Reden im Christentum beschränkt sich jedoch nicht auf die geschriebenen Aussagen der Bibel, sondern wird von Paulus als eine wichtige Gabe von Gottes Geist verstanden, nach der sich die Gläubigen ausstrecken sollen (Die Bibel, 1. Korintherbrief 14,1) und die zur Anwendung im Gottesdienst und zur Erbauung der Gemeinde bestimmt ist (ebenda, 14. Kapitel, Verse 3-6 und 29-33)

So gibt es auch heute von der Kirche offiziell akzeptierte Menschen, die Prophezeiungen äußern z. B. Vassula Ryden .

In Pfingstgemeinden gehören Prophezeiungen zu den Gaben des Heiligen Geistes und werden praktiziert.

Islam

Im Islam gilt Mohammed als der letzte und den Ausschlag gebende Prophet.

siehe auch: Ar-Rūm

Literatur

  • Reinhard G. Kratz: Die Propheten Israels (Beck'sche Reihe Wissen 2326). Beck, München 2003, ISBN 3-406-48026-8

Siehe auch