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Wettersteinkalk

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Wettersteinkalk und Wettersteindolomit sind die häufigsten Namen für ein Karbonatgestein aus der Mittleren Trias, der ladinischen Zeitstufe, vergleichbar der deutschen Stufe des Muschelkalks. Das Gestein ist in den ganzen Alpen verbreitet, mancherorts als Kalkstein, mancherorts als Dolomit (Wettersteindolomit), aber wurde vielerorts noch mit einer Reihe von Lokalnamen versehen. Chemisch handelt es sich zum großen Teil um Calciumcarbonat, bei Dolomit zusätzlich mit einem Magnesium-Anteil. Namensgebend war das Wettersteingebirge, weil der Wettersteinkalk hier besonders mächtige Berge bildet. Seinen Verbreitungsschwerpunkt besitzt er aber im Karwendelgebirge. Kennzeichnend für den Wettersteinkalk ist seine hohe Reinheit und seine Resistenz gegen Erosion, weswegen er äußerst steile und gewaltige Felswände bildet wie z.B. die Hochwanner-Nordwand im Wetterstein (1400 m mächtig). Bergsteigerisch ist er deshalb ein besonderer Anziehungspunkt sowohl für Kletterer als auch Bergwanderer, denn viele klassische Kletterrouten sind im Wettersteinkalk. Äußerst attraktive Berge wie Zugspitze, Alpspitze, Birkkarspitze, Lamsenspitze, Scheffauer und Säuling bestehen aus Wettersteinkalk. Typisch ist auch die verbreitete Verkarstung, die sich im Vorkommen von Dolinen, Höhlen und Karrenfeldern äußerst. Eine weitere Folge seiner hohen Resistenz gegen Abtragung ist die Konservierung von Altflächen aus dem Tertiär, d.h. hochgelegene relativ ebene Flächen, die durch Flusserosion noch nicht zerschnitten (=zertalt) worden sind, womit eine alte Landschaftsform aus dem Tertiär bis heute gut erhalten blieb. Gute Beispiele hierfür sind das Zugspitzplatt, das Leutascher Platt und das Höllentalkar. In den meisten Bereichen sind die im Tertiär weit verbreiteten Ebenen durch Zerschneidung durch Gewässer in Grate und Täler umgewandelt worden. Im 19. Jahrhundert wurde es als "Unterer Alpenkalk" bezeichnet, ein treffender Ausdruck, wenn man bedenkt, dass ein weiterer sehr mächtiger Stapel von Karbonatgesteinen (Kalk oder Dolomit) aus der oberen Trias oberhalb lagert oder einst lagerte.

Paläogeographie siehe Weblinks

Vorkommen

in den ganzen nördlichen und südlichen "Kalk"(dolomit)-Alpen entweder gipfelbildend oder im Untergrund der Gebirge. Gipfelbildend ist er in: Karwendel und Wetterstein (mit der Zugspitze), einschließlich Mieminger Kette, ausgenommen nur einige Berge um Seefeld in Tirol. Weiter westlich die Heiterwand. Wilder und Zahmer Kaiser, sowie eine Bergkette nach W mit Guffert. Am Alpenrand die großen Felsgipfel der Tannheimer Berge und Teile der Ammergauer Alpen (z.B. Säuling, Hochplatte), der Staufen bei Reichenhall, Höllengebirge und Traunstein im Salzkammergut. Rax und Schneeberg. In den Südalpen vor allem deren höchster Berg Marmolada sowie die Berge am Westrand der Dolomiten (wo der obere Dolomit schon abgetragen ist): Geislerspitzen, Schlern und Langkofel, Rosengarten, Latemar. Im Süden der Dolomiten die Palagruppe.

Lokalnamen

Schlern, Marmolada, unterer Ramsaudolomit und Steinalmkalk in den Südalpen ist die Gesteinsserie meist dolomitisiert vorhanden und wird meistens mit dem Namen "Schlerndolomit" belegt. Gerade aber an der Königen der Dolomiten, dem höchsten Berg Marmolada, liegt das Gestein mehr kalkig vor und heißt dort "Marmolatakalk". Dieser Name bleibt jedoch rein lokal, weil in den benachbarten Gebirgen durchwegs Dolomit vorliegt. In den Nordalpen liegt in einigen Gegenden eine sehr enge Wechsellagerung und auch eine Verschuppung der Kalk- mit der Dolomitfazies vor; deshalb werden beide Gesteine hier in einem Stichwort zusammengefasst. In Teilen der Nördlichen Kalkalpen ist die auf den W. folgende karnische Stufe ohne jedes Sediment geblieben, so dass die Kalke (Dolomite) des Ladin mit denen des Nor praktisch zusammenhängen. Hier ist kein Unterschied zu sehen zwischen dem Wettersteindolomit (Ladin, Mitteltrias) und dem Hauptdolomit des Nor (Obere Trias). Deshalb werden dort beide Stufen als "Ramsaudolomit" zusammengefasst; der untere Teil desselben ist dem Wettersteindolomit gleichzusetzen. Diese Zusammenfassung dient der Bequemlichkeit des kartierenden Geologen. In Teilen der Nördlichen Kalkalpen findet man bereits zu Beginn der Mitteltrias (anisische Stufe) ein dem Wettersteinkalk sehr ähnliches Gestein mit Diploporen als Fossilien. Falls diesem Kalk oberhalb noch ein anderes Gestein vor dem Wettersteindolomit folgt, ist dieses also von dem Wettersteindolomit abtrennbar, wird es als "Steinamkalk" bezeichnet (Steinalm bei Saalfelden).

Fossilien

Dasycladaceen (Wirtelalgen) mit der typischen Art Diplopora annulata mit einer Wuchsform ähnlich einem Schachtelhalm und mit einem Kalkskelett um den Stängel. Die Fossilien sind makkaroniartige Kalkröhren unterschiedlicher Größe, außen wie innen gekerbt, so dass die Stängelteile von außen wie Geldrollen aussehen, also geringelt ("annulata"). Bei genauer mikroskopischer Untersuchung zeigt sich, dass die Röhren von feinen Kanälen perforiert sind. Diese Kanäle gabeln sich von der Innenseite nach außen in zwei Äste, daher der Name "Diplopora".
Die Diploporen bauten ganze Riffe auf, so dass sie heute noch gelegentlich in aufrechter Lage im Stein erhalten sind. Sie waren, zusammen mit Kalkschwämmen, die einzigen Riffbildner, da der Stamm der Korallen unter dem Massensterben an der Zeitenwende Perm-Trias so sehr gelitten hatte, dass riffbildende Korallen damals noch nicht wieder vorhanden waren.

Aufbau

Zumindest für die Gebiete, in denen der Wettersteinkalk mächtig ist, soll im Allgemeinen folgende Schichtfolge gelten: Der untere Wettersteinkalk ist gebankt und dunkelfarbig; er enthält oft noch Anklänge an die tonigen Partnachschichten oder kieseligen Reiflinger Kalke bzw. den sogenannten "Alpinen Muschelkalk". Der mittlere Wettersteinkalk ist ein heller, ungeschichteter Riffkalk, er bildet den Gipfelbereich etwa der Laliderer Spitze. Der obere Wettersteinkalk ist auch hellfärbig, aber wieder sehr deutlich gebankt, mit Ähnlichkeit zu den Lofer-Zyklothemen der Oberen Trias. Seine deutlichen Bänke bilden beispielsweise den Gipfel der Birkkarspitze und der Kaltwasserkarspitze. In den obersten Partien des Wettersteinkalkes finden sich gelegentlich Schichten, in denen im Kalkstein etwa linsengroße flache Hohlräume vorhanden sind, wobei die Hohlräume in alle Richtungen orientiert sind. Diese Variante wird auch als "Messerstichkalk" bezeichnet. Es wurde die Vermutung geäußert, dass ursprünglich Gipskristalle anstelle der Hohlräume gewesen seien. Wobei der Gips später durch Sickerwasser aufgelöst oder aber nach folgender Reaktion unter Mitwirkung von Erdgas in Kalk umgewandelt sein kann: CaSO4 + CH4 = CaCO3 + H2O + H2S

Erzvorkommen

Typisch für den Wettersteinkalk ist eine Vererzung mit Blei und Zink, (Bleiglanz und Zinkblende), welche fast über die ganzen nördlichen und über weite Bereiche der Südlichen Kalkalpen verbreitet ist. Am berühmtesten sind die Erzvorkommen von Bad Bleiberg westlich von Villach in Kärnten, von Raibl in Friaul und von Mesica (mit Akzent auf s: Meschitza gespr.) im Osten Sloweniens. In den Nordalpen wurde bis vor kurzem noch ein Vorkommen im Karwendel ("Lafatsch", bei der Kastenalm im Hinterautal) abgebaut. In der Vergangengheit waren viele andere Vorkommen bauwürdig, wie der Rauschberg bei Ruhpolding, der Staufen bei Reichenhall usw. Im Karwendel, Wettersteingebirge und in den Mieminger Bergen, wie auch an der Heiterwand waren Abbaue. Wirtschaftlich wichtig schon im späten Mittelalter war auch der Silbergehalt des Bleiglanzes. In den Jahren um den 1. Weltkrieg waren Molybdänvorkommen in den gleichen Erzen wichtig, hier sind besonders die Abbaue im Höllental des Wettersteins zu nennen. Die Vererzung muss im wesentlichen praktisch synsedimentär entstanden sein, das heißt noch während der Wettersteinkalk oder spätestens die Raibler Schichten abgelagert wurden, da die höhergelegenen Kalke oder Dolomite der norischen Stufe von den Erzgängen in keinem Fall erreicht werden.