Index der menschlichen Entwicklung

Der Human Development Index (HDI, Index der menschlichen Entwicklung) versucht seit 1990 mit einer Maßzahl den Stand der menschlichen Entwicklung in den Ländern der Welt zu verdeutlichen. Der HDI wird jährlich im Bericht zur menschlichen Entwicklung (Human Development Report, HDR) veröffentlicht, welchen das United Nations Development Programme (UNDP), das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, herausgibt.

Der HDI wurde im Wesentlichen durch den pakistanischen Ökonom Mahbub ul Haq entwickelt, der eng mit dem indischen Ökonomen Amartya Sen und Lord Meghnad Desai zusammenarbeitete.

Was wird verglichen?

Anders als der Ländervergleich der Weltbank berücksichtigt er nicht nur das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner eines Landes in KKP-$ (Kaufkraftparität), sondern ebenso die Lebenserwartung und den Bildungsgrad mit Hilfe der Alphabetisierungsrate (siehe Analphabet) und der Einschulungsrate der Bevölkerung.

Der Faktor Lebenserwartung gilt als Indikator für Gesundheitsfürsorge, Ernährung und Hygiene; das Bildungsniveau steht ebenso wie das Einkommen, für erworbene Kenntnisse und die Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben für einen angemessenen Lebensstandard

Für alle drei Teilindikatoren werden Teilindizes nach folgender Formel bestimmt:

${\textrm {Index}}={\frac {{\textrm {tats}}{\ddot {\textrm {a}}}{\textrm {chlicher\,Wert}}-{\textrm {unterer\,Grenzwert}}}{{\textrm {oberer\,Grenzwert}}-{\textrm {unterer\,Grenzwert}}}}$

Die Kaufkraft-Werte gehen logarithmisch (statt linear) in die Berechnung des entsprechenden Teilindex ein (vgl. Erstes gossensches Gesetz).

Als unterster Grenzwert wurde 1987 der weltweit niedrigste registrierte Wert festgelegt, die obere Grenze stellt lediglich einen wünschenswerten Wert dar.

Teilindex	unterer Grenzwert	oberer Grenzwert	Anteil am Teilindex
A - Lebenserwartung bei der Geburt	25 Jahre	85 Jahre	100 %
B1 - Alphabetenquote der Erwachsenen	0%	100%	66,67 %
B2 - Brutto-Schuleinschreibungsrate	0%	100%	33,33 %
C - Reale Kaufkraft je Einwohner	100 US-$	40.000 US-$	100 %

Anschließend wird der HDI als Durchschnittswert der Teilindizes A, B $\left(={\frac {2}{3}}\cdot B1+{\frac {1}{3}}\cdot B2\right)$ und C festgesetzt. Die Grenzwerte sind so gewählt, dass der höchste erreichbare Wert 1 und der niedrigste 0 ist. Die UNDP unterteilt die Länder nach dem HDI-Wert in drei Entwicklungskategorien:

Länder mit hoher menschlicher Entwicklung: HDI ≥ 0,8
Länder mit mittlerer menschlicher Entwicklung: HDI < 0,8 und ≥ 0,5
Länder mit geringer menschlicher Entwicklung: HDI < 0,5

Human Development Index 2006

Die unten aufgeführten Daten stammen aus dem Human Development Report 2006. Der in diesem Report aufgeführte Human Development Index basiert auf Länderdaten von 2004. Der Report bezog 177 Länder in den Index der menschlichen Entwicklung ein.^[1]

Hochentwickelte Länder (HDI mindestens 0,80):

1. Norwegen (HDI: 0,965)	26. Südkorea (0,912)	51. St. Kitts und Nevis (0,825)
2. Island (0,960)	27. Slowenien (0,910)	52. Bahamas (0,825)
3. Australien (0,957)	28. Portugal (0,904)	53. Mexiko (0,821)
4. Irland (0,956)	29. Zypern (0,903)	54. Bulgarien (0,816)
5. Schweden (0,951)	30. Tschechien (0,885)	55. Tonga (0,815)
6. Kanada (0,950)	31. Barbados (0,879)	56. Oman (0,810)
7. Japan (0,949)	32. Malta (0,875)	57. Trinidad und Tobago (0,809)
8. Vereinigte Staaten (0,948)	33. Kuwait (0,871)	58. Panama (0,809)
9. Schweiz (0,947)	34. Brunei (0,871)	59. Antigua und Barbuda (0,808)
10. Niederlande (0,947)	35. Ungarn (0,869)	60. Rumänien (0,805)
11. Finnland (0,947)	36. Argentinien (0,863)	61. Malaysia (0,805)
12. Luxemburg (0,945)	37. Polen (0,862)	62. Bosnien und Herzegowina (0,800)
13. Belgien (0,945)	38. Chile (0,859)	63. Mauritius (0,800)
14. Österreich (0,944)	39. Bahrain (0,859)
15. Dänemark (0,943)	40. Estland (0,858)
16. Frankreich (0,942)	41. Litauen (0,857)
17. Italien (0,940)	42. Slowakei (0,856)
18. Großbritannien (0,940)	43. Uruguay (0,846)
19. Spanien (0,938)	44. Kroatien (0,846)
20. Neuseeland (0,936)	45. Lettland (0,845)
21. Deutschland (0,932)	46. Katar (0,844)
22. SVZ Hongkong von VR China (0,927)	47. Seychellen (0,842)
23. Israel (0,927)	48. Costa Rica (0,841)
24. Griechenland (0,921)	49. Vereinigte Arabische Emirate (0,839)
25. Singapur (0,916)	50. Kuba (0,826)

Länder mittleren Entwicklungsstandes (HDI zwischen 0,80 und 0,50):

64. Libyen (0,798)	96. Iran (0,746)	128. Salomonen (0,592)
65. Russland (0,797)	97. Georgien (0,743)	129. Kambodscha (0,583)
66. Mazedonien (0,796)	98. Malediven (0,739)	130. Myanmar (0,581)
67. Weißrussland (0,794)	99. Aserbaidschan (0,736)	131. Botswana (0,570)
68. Dominikanische Republik (0,793)	100. Palästinensische Autonomiegebiete (0,736)	132. Komoren (0,556)
69. Brasilien (0,792)	101. El Salvador (0,729)	133. Laos (0,553)
70. Kolumbien (0,790)	102. Algerien (0,728)	134. Pakistan (0,539)
71. St. Lucia (0,790)	103. Guyana (0,725)	135. Bhutan (0,538)
72. Venezuela (0,784)	104. Jamaika (0,724)	136. Ghana (0,532)
73. Albanien (0,784)	105. Turkmenistan (0,724)	137. Bangladesch (0,530)
74. Thailand (0,784)	106. Kap Verde (0,722)	138. Nepal (0,527)
75. Samoa (0,778)	107. Syrien (0,716)	139. Papua-Neuguinea (0,523)
76. Saudi-Arabien (0,777)	108. Indonesien (0,711)	140. Kongo (0,520)
77. Ukraine (0,774)	109. Vietnam (0,709)	141. Sudan (0,516)
78. Libanon (0,774)	110. Kirgisistan (0,705)	142. Osttimor (0,512)
79. Kasachstan (0,774)	111. Ägypten (0,702)	143. Madagaskar (0,509)
80. Armenien (0,768)	112. Nicaragua (0,698)	144. Kamerun (0,506)
81. Volksrepublik China (Festland) (0,768)	113. Usbekistan (0,696)	145. Uganda (0,502)
82. Peru (0,767)	114. Moldawien (0,694)	146. Swasiland (0,500)
83. Ecuador (0,765)	115. Bolivien (0,692)
84. Philippinen (0,763)	116. Mongolei (0,691)
85. Grenada (0,762)	117. Honduras (0,683)
86. Jordanien (0,760)	118. Guatemala (0,673)
87. Tunesien (0,760)	119. Vanuatu (0,670)
88. St. Vincent und die Grenadinen (0,759)	120. Äquatorialguinea (0,653)
89. Suriname (0,759)	121. Südafrika (0,653)
90. Fidschi (0,758)	122. Tadschikistan (0,652)
91. Paraguay (0,757)	123. Marokko (0,640)
92. Türkei (0,757)	124. Gabun (0,633)
93. Sri Lanka (0,755)	125. Namibia (0,626)
94. Dominica (0,751)	126. Indien (0,611)
95. Belize (0,751)	127. São Tomé und Príncipe (0,607)

Gering entwickelte Länder (HDI unter 0,50):

147. Togo (0,495)	158. Ruanda (0,450)	169. Burundi (0,384)
148. Dschibuti (0,494)	159. Nigeria (0,448)	170. Äthiopien (0,371)
149. Lesotho (0,494)	160. Guinea (0,445)	171. Tschad (0,368)
150. Jemen (0,492)	161. Angola (0,439)	172. Zentralafrikanische Republik (0,353)
151. Simbabwe (0,491)	162. Tansania (0,430)	173. Guinea-Bissau (0,349)
152. Kenia (0,491)	163. Benin (0,428)	174. Burkina Faso (0,342)
153. Mauretanien (0,486)	164. Elfenbeinküste (0,421)	175. Mali (0,338)
154. Haiti (0,482)	165. Sambia (0,407)	176. Sierra Leone (0,335)
155. Gambia (0,479)	166. Malawi (0,400)	177. Niger (0,311)
156. Senegal (0,460)	167. Demokratische Republik Kongo (0,391)
157. Eritrea (0,454)	168. Mosambik (0,390)

Die letzten Erstplatzierten

Folgende Länder waren in den vorhergehenden Jahren auf Platz 1 der HDI-Liste:

2006 – Norwegen (HDI= 0,965)
2005 – Norwegen (HDI= 0,963)
2004 – Norwegen (HDI= 0,956)
2003 – Norwegen (HDI= 0,944)
2002 – Norwegen (HDI= 0,942)
2001 – Norwegen (HDI= 0,939)
2000 – Kanada (HDI= 0,935)
1999 – Kanada (HDI= 0,932)
1998 – Kanada
1997 – Kanada
1996 – Kanada
1995 – Norwegen
1994 – Kanada
1993 – Japan
1992 – Kanada
1991 – Japan
1990 – Kanada
1985 – Kanada
1980 – Schweiz

Kritik

Selbstverständlich kann kein Index eine allgemein akzeptierte oder gar verbindliche Reihenfolge festlegen, welches Land weiter entwickelt ist. Die Gewichtung der Faktoren ist letztlich willkürlich. Es gibt insbesondere politische und philosophische Auffassungen, die andere Faktoren als wesentlich für die Entwicklung ansehen oder sogar bestreiten, dass es so etwas wie Entwicklung überhaupt gibt.

Kritik am HDI kam zu großen Teilen aus politischen Motivationen. Frauengruppen beklagten sich über die hohe Position Japans, ostasiatische Länder wegen der Bewertung ihrer Menschenrechtslage und andere Länder wegen ihrer Eingruppierung vor oder hinter einem bestimmten anderen Land. Auf Antrag Indiens und nach einem darauf folgendem Beschluss der UN-Generalversammlung wird der Bericht zur menschlichen Entwicklung seit Mitte der 1990er Jahre daher nicht mehr als "offizielles" UN-Dokument geführt.^[2]

Weiterhin ist kritisch zu sehen, dass die Lebenserwartung und die Bildung eng mit dem Einkommen korreliert sind. Bei der Berechnung des Teilindikators für den Lebensstandard ist zudem die Logarithmierung des Einkommens fraglich. Diese wird durch den abnehmenden Grenznutzen des Einkommens begründet. Nach dem 1. Gossenschen Gesetz trifft dieses für Güter zu, beim Einkommen ist dies jedoch fraglich.

Die Konstruktion des HDI wurde in den vergangenen Jahren mehrfach verändert (z.B bei der Behandlung des Einkommens oder der Modifikation von Ober- und Untergrenzen). Daraus resultiert eine eingeschränkte Vergleichbarkeit über die Jahre.

HDR 2006 fordert Wasserversorgung

Statt der mindestens 20 Liter Wasser pro Tag, die ein Menschenrecht wären, haben 1,1 Milliarden Menschen überhaupt keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,2 Milliarden keine Abwasserentsorgung. In vielen Ländern sind wenig verbrauchende Arme gezwungen, mehr als reichere Vielverbraucher für sauberes Wasser zu bezahlen. Dies sei ein entscheidender Mitgrund für schwere Krankheiten und damit ein enormes Hindernis für Entwicklung.

Literatur

Nuscheler, Franz: Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, Bonn 2004, ISBN 3-8012-0350-6
Heyden, Knut: Datenbaustein UN-Entwicklungsindex (HDI-GDI), Braunschweig 2000, ISBN 978-3-14-100634-6

Siehe auch

Weblinks

Quellen

↑ Human Development Report 2006 Länder-Indexwerte
↑ Nuscheler 2004, S. 191

[Human_Development_Report_2006_Länder-Indexwerte-1] Human Development Report 2006 Länder-Indexwerte

[Nuscheler_2004-2] Nuscheler 2004, S. 191

[1]

[2]