Medizinische Task Force
Die Innenminister und -senatoren haben anlässlich der Innenministerkonferenz im Juni 2007 das neue Konzept zum Bevölkerungsschutz des Bundes einstimmig verabschiedet. Zentrales Element der Planung sind die so genannten Medizinische Task Forces (MTF). Bisher war der Bevölkerungsschutz in Deutschland nicht flächendeckend in der Lage, kontaminierte Patienten medizinisch zu versorgen. Dies wird mit der Einführung der neuen Einheit geändert.
Dieser Artikel stellt den momentanen Stand der Entwicklung der Medizinischen Task Force dar und berücksichtigt alle bis zum momentanen Zeitpunkt bekannten und veröffentlichten Quellen. Leider stellt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) auf seinen öffentlich zugänglichen Internetseiten noch keinerlei Informationen zur Verfügung. Lediglich in einer Pressemitteilung des BBK [1] wird bezüglich eines neuen Ausstattungskonzeptes nebulös erwähnt: "Hier stehen in naher Zukunft wichtige Entscheidungen an, die auf Jahre hinaus die technische Ausstattung in den Hilfsorganisationen prägen werden."
Grundgedanke
Mit dieser grundlegenden Umstrukurierung verfolgt der Bund eine komplett neue Strategie bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung bei Großschadenslagen. Während er bisher die ergänzenden Komponenten für den Katastrophenschutz der Länder zur Verfügung gestellt hat, stellt er in Zukunft eigene Einheiten auf. Die bisher durch den Bund für den Sanitäts- und Betreuungsdienst der Länder zur Verfügung gestellten Arzttruppkraftwagen, Viertragewagen, Betreuungskombis, Betreuungslastkraftwagen und Feldküchen werden in Zukunft nicht mehr durch diesen gestellt. Nach Interventionen der Länder stellt der Bund nach der aktuellen Planungen für den Katastrophenschutz der Länder denselben nur noch pro Landkreis bzw. pro kreisfreier Stadt (zusammen bundesweit etwa 450) eine Grundversorgung zur Verfügung. Diese Grundversorgung besteht aus je einem Dekontaminations-Lastkraftwagen für Personen (DekonP-LKW), einem Löschgruppen-Lastkraftwagen (LF16/20), einem Gerätewagen Sanität und zwei Notfallkrankenwagen. Diese massive Reduzierung hat für die Länder weitreichende Konsequenzen, da sich diese in der Vergangenheit zum größten Teil auf die Ausstattung und somit auch die Finanzierung des Bundes verlassen haben.
Mit der Einführung des neuen Konzeptes soll die bisherige Trennung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz neu definiert werden. Der bisherige Zivilschutz gemäß Art. 73 GG soll in den des Bevölkerungsschutzes überführt werden. Hierunter sollen die Aufgaben der medizinischen Versorgung im Verteidigungsfalls, die Unterstützung der Länder bei länderübergreifenden Großschadensereignissen und bei Anschlägen terroristischer Art subsumiert werden. Um die Zuständigkeiten der verschiedenen Einheiten und Einrichtungen definieren zu können, hat der Bund neue Versorgungsstufen (1 bis 4) definiert. Die Medizinischen Taskforces sollen in der Schutz- und Versorgungsstufen 4 eingesetzt werden. Bei allen vorherigen Versorgungsstufen behalten die Instrumente der alltäglichen bzw. der erweiterten Gefahrenabwehr der Kommunen bzw. Länder ihre Zuständigkeit. Anfang 2008 soll mit dem Aufbau der insgesamt 61 Einheiten begonnen werden. Die vollständige Ausstattung der Einheiten soll erst im Jahr 2017 abgeschlossen sein.
Medizinische Task Forces sollen unter anderem in das EU-Gemeinschaftsverfahren eingebunden werden. Hierunter wird die schnelle Hilfe und bessere Koordination von Einsätzen zum Schutz der Bevölkerung innerhalb und außerhalb der EU verstanden. Es soll die Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen zwischen den beteiligten europäischen Ländern verstärken. Dabei kann das Verfahren bei Naturkatastrophen, großen Unfällen oder terroristischen Anschlägen gleichermaßen aktiviert werden. Jedes Land, das eine Gefahrensituation aus eigenen Kräften nicht mehr zu bewältigen vermag, kann um Hilfe und Unterstützung bitten, die im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahrens in Form von Expertise, Einsatzteam, Einsatzmitteln und Einrichtungen wie Krankenhausbetten gewährt werden kann. Dies erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Einsatzbereitschaft. Die Einheiten müssen, ähnlich den SEEBA-Einheiten der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, innerhalb weniger Tage oder gar Stunden weltweit einsatzbereit sein.
Wie eingangs bereits erwähnt, ist die an eine Medizinische Task Force die Versorgung von ggf. kontaminierten Patienten. Um dies realisieren zu können, ist sie in so genannte Module gegliedert. Diese treten an die Stelle der bisherigen Gruppen einer Einsatzeinheit oder eines Katastrophenschutzzuges. Im Einzelnen sind folgende Module geplant:
Modul | Helfer/innen | Fahrzeuge | Ausstattung |
---|---|---|---|
Führung | 6 | 1 Kommandowagen | Führungs- und Kommunikationsmittel |
Behandlung | 20 | 1 Gerätewagen Behandlung,
2 Mannschaftstransportwagen (hierzu werden die bisherigen Betreuungskombis umgebaut) |
notfallmedizinische Ausrüstung (inklusive "Zusatzausstattung Wasserrettung") |
Logistik / Betreuung | 3 | 1 Gerätewagen Logistik (hierzu werden die bisherigen Betreuungslastkraftwagen umgebaut),
1 Mannschaftstransportwagen (hierzu werden die bisherigen Betreuungskombis umgebaut) |
Feldbetten, Decken, Ersatzbekleidung, Hygieneartikel, Equipment zur Zubereitung von Verpflegung |
Dekontamination Verletzter | 15 | 1 Dekontaminationslastkraftwagen Personen (genauer gesagt ein Dekontaminationslastkraftwagen Personen (Verletzte), offensichtlich eine Weiterentwicklung) | Ausrüstung zur Dekontamination Verletzter, Persönliche Schutzausrüstung für die Arbeit im Schwarzbereich ("schmutziger Bereich" vor der Dekontamination) |
Transport | 12 | 6 Notfallkrankenwagen |
Darüber hinaus werden den Länden insgesamt 450 Gerätewagen Sanität mit "Material zur Ergänzung der medizinischen Versorgungskapazität" zur Verfügung gestellt. Rechnerisch entspräche dies einer Veteilung von 7,3 Fahrzeugen pro MTF.
Mit Außnahme der Angaben über die Module sowie die Fahrzeuganzahl stammen alle Informationen aus der Planungsphase!
Chronologie bisheriger Veröffentlichungen
- Okt. 07: Bundesregierung: Antwort auf die "Kleine Anfrage" des Landtages Baden-Württemberg
- Sept. 07: Bundesbeschaffungsamt: Ausschreibung von 137 Notfall-KTW mit der Option auf ca. 348 weitere durch das Beschaffungsamt des Bundes
- Aug. 07: Landtag von Baden-Württemberg: Kürzungen des Bundes beim Katastrophenschutz und die Folgen für das Land Baden-Württemberg
- Jun. 07: Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder zum Bevölkerungsschutz
- Apr. 07: Präsentation Medical Task Force und Katastrophenschutz aktuell des DRK Generalsekretariats [2]
- Jan. 07: Informationen über Änderungen, veröffentlicht durch das Malteser Generalsekretariat [3]
- Dez. 06: Präsentation "Neue Konzeption im Bevölkerunsschutz" des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
- Mai 06: Grobkonzept zur Ausstattung des ergänzenden Katastrophenschutzes des Bundes
- Mrz. 06: Bericht der Arbeitsgemeinschaft "Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung": Analyse und Darstellung des tatsächlichen und rechtlichen Änderungsbedarfs
- Mrz. 05: Bericht des AK V über den Stand der Umsetzung der Beschlüsse der IMK vom 6.12.2002
- Mrz. 03: Bericht strategische Neukonzeption zur ergänzenden technischen Ausstattung des Katastrophenschutzes im Zivilschutz des Bundesministerium des Innern (auch unter dem Begriff Rechenbach-Bericht bekannt) [4]
Weblinks
- katastrophenschutz.de - private Informationsseite über den Bevölkerungsschutz