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Medium (Person)

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Ein Medium bei der Kontaktaufnahme (Thailand)

Medium bezeichnet ein Individuum, das nach Auffassung verschiedener religiöser und mystischer Traditionen und von Spiritualisten die Fähigkeit besitzt, Botschaften von übernatürlichen Wesenheiten, Engeln und nicht physisch-verkörperten Wesen, beispielsweise Geistern und Verstorbenen, durch Hellhören oder Hellsehen wahrzunehmen.

Mediumismus ist die gesprochene oder geschriebene Weitergabe von Visionen und Auskünften, die auf übernatürlichem Weg mit Hilfe des als Medium (Mittler) fungierenden Körpers der übermittelnden Person empfangen worden sein sollen. In den 1970er Jahren entstand innerhalb der US-amerikanischen New-Age-Bewegung der Begriff Channelling für Medienschaft, der in den Achtzigern im deutschsprachigen Raum bekannt wurde.

Viele Gläubige religiöser Bewegungen und Weltreligionen sind überzeugt, dass ihre jeweiligen heiligen Schriften ganz oder teilweise auf intuitive, mediale oder prophetisch-visionäre Weise von Göttern oder Engeln an besonders auserwählte Menschen übermittelt wurden.

Mediale Übermittlung

Medien nehmen für sich in Anspruch, unter anderem mit "Totengeistern" Verbindung aufzunehmen. Sie tun dies in so genannten Séancen (Sittings oder Readings) oder bei Einzelsitzungen. Dabei übermitteln sie den Zuhörern oder dem Klienten Botschaften des Trostes oder der Lebenshilfe, die persönlich auf diese Zuhörer zugeschnitten sind. Medien behaupten, diese Botschaften kämen von Verstorbenen, Engeln oder Geistwesen. Bis jetzt konnte jedoch noch kein Medium gefunden werden, dessen Antworten aus dem Totenreich sich von gewöhnlichem Cold Reading unterscheiden.

Kulturelle und religiöse Verbreitung

Mediumismus tritt traditionell in zahlreichen Kulturen Eurasiens, Afrikas und auf den pazifischen Inseln auf, vornehmlich in schamanistisch orientierten Agrar- und Viehzüchtergesellschaften.

Weltweit nehmen viele Religionen und weltanschauliche Bewegungen für sich in Anspruch, dass ihre Lehre auf medialem Weg durch Propheten, Mystiker empfangen wurde; auch der Zungenrede (vorwiegend in der Charismatischen Bewegung) wird eine göttliche Ursache zugesprochen. Die Bibel beschreibt beispielsweise im 2. Buch Mose, Kapitel 3 und 4, wie Gott mit Mose aus einem brennenden Dornbusch heraus gesprochen hat und ihm so den Befehl gab, zurück nach Ägypten zu gehen, um die Israeliten aus der Knechtschaft zu befreien. Joseph Smith behauptete, eine Wesenheit namens Mormon habe ihm, dem Gründer der gleichnamigen Kirche, das Buch Mormon übermittelt. Die Entstehung des Koran wird dem Erzengel Gabriel zugeschrieben, der ihn dem Begründer und Propheten des Islam Mohammed diktiert haben soll.

Vertreter des Mediumismus

Dem Einfluss des von dem französischen Schriftsteller Allan Kardec (1804-1869) begründeten Spiritismus wird zugeschrieben, dass der Mediumismus auch in Industriegesellschaften Verbreitung fand. Carl Gustav Jungs Lebensweg als Psychiater und Begründer einer Denkschule wurde von seinen Geistführern Philomen und Salome beeinflusst. Im „Roten Buch“ hat er die inneren Gespräche mit ihnen aufgezeichnet. Von dem jenseitigen Wesen Basilides in Alexandria empfing er die „Sieben Belehrungen der Toten“.[1]

Mediumismus in Tibet

Aus der tibetischen Bön-Religion und auch aus einigen Schulen des tibetischen Buddhismus ist das Wirken von Medien bekannt. Das aktuelle Orakel, eine so genannte Dakini, der Bön ist die prophezeite Frau aus dem Westen Rosalyn Bruyere. Eines der bekanntesten Medien Tibets, das Mönchsmedium der Gottheit Pekar, ist auch als Nechung-Orakel bekannt. Es soll die tibetische Regierung und die Dalai Lamas seit ungefähr vier Jahrhunderten in wichtigen Zukunftsfragen beraten und ist auch heute noch als Medium der tibetischen Exilregierung im Dienst. Der als Medium dienende Mönch genießt innerhalb der buddhistischen Gelug-Schule hohes Ansehen; seine meist kurze Lebensspanne schreiben Buddhisten den kräftezehrenden "Orakel-Trancen" zu.

Mediumismus in Brasilien

In Brasilien werden die Fähigkeiten von Medien vom Staat anerkannt und genutzt. In der brasilianischen Rechtsprechung werden schriftliche Aussagen von Medien, die unter Aufsicht eines Notars erstellt wurden, in vielen Fällen anerkannt. So wurden zum Beispiel in den Fällen

  • Mord in Goiânia de Campina, Goiás, Mai 1976, von José Divino Gomes an Maurício Garcez Henriques begangen,
  • Mord in Campo Grande, Mato Grosso do Sul, im März 1980, von José Francisco Marcondes de Deus an seiner Ehefrau Cleide Maria begangen,
  • Mord in Goiânia, Goiás,1975, begangen an Henrique Emmanuel Gregoris

Schriftstücke, die ein Medium unter notarieller Aufsicht verfasst hat, werden vor Gericht als Aussagen des Verstorbenen und somit als Beweise anerkannt. Ein Fall, der sich im Mai 2006 ereignet hat, wird in der Carta psicografada ajuda a inocentar ré por homicídio no RS auf Portugiesisch beschrieben.[2]

In der Verfassung des brasilianischen Bundesstaates Pernambuco wird in Artikel 174 Medien der besondere Schutz des Staates zugesichert[3]:

O Estado e os Municípios, diretamente ou através do aŭilio de entidades privadas de caráter Assistencial, regularmente constituídas, em funcionamento e sem fins lucrativos, prestarão Assistência aos necessitados, ao menor abandonado ou desvalido, ao superdotado, ao paranormal e a velhice desamparada. (Der Bundesstaat und seine Gemeinden helfen Bedürftigen, Waisen, Straßenkindern, Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, Menschen mit paranormalen Fähigkeiten (Medium) und bedürftigen Senioren direkt oder mittels eingetragener, nicht profitorientierter, privater Unternehmen.)“

Art. 174: Verfassung von Pernambuco

Mediumismus im Westen

Weithin bekannten Medien aus der Esoterikszene im Westen wie beispielsweise Rhea Powers (USA), Alexa Kriele (BRD), Sylvia Browne (USA), Paul Meek (GB) und James van Praagh (USA) ist es bis jetzt nicht gelungen, ihre Fähigkeiten unter kontrollierten Bedingungen unter Beweis zu stellen; sie finden jedoch großen Anklang bei ihren Lesern und Sympathisanten, die von deren behaupteten Fähigkeiten überzeugt sind. Des Weiteren kennt man

Mediumismus in Großbritannien

Traditionell ist insbesondere in England der Spiritualismus weit verbreitet. Allein in London gibt es mehrere hundert spiritualistische Kirchen, in denen Medien regelmäßig Vorträge (Sittings) halten und Botschaften für Anwesende aus dem Jenseits übermitteln. Diese "Gottesdienste" sind für jedermann frei zugänglich und gebührenfrei.

Als Musikmedium wurde Rosemary Brown auch außerhalb Großbritanniens bekannt.

Spiritualistische Medien in Großbritannien haben eine eigene 'Gewerkschaft' Spiritualists' National Union, die bereits 1890 durch Emma Hardinge Britten gegründet wurde.[4]

Schreibmedien

Schreibmedien sind Personen, die behaupten, auf paranormalem Weg Mitteilungen aus dem Jenseits zu empfangen und diese A) zu diktieren oder B) selbst aufzuzeichnen.

Gruppe A

Gruppe B

Kritik

Aus wissenschaftlicher Sicht konnte bis heute kein Fall von Mediumismus identifiziert werden, der nicht auf Scharlatanerie oder Selbsttäuschung bzw. in einigen Fällen sogar auf Persönlichkeitsstörung basierte. Falsifikation scheint möglich zu sein in einigen Fällen, Verifikation bleibt wissenschaftlich aufgrund hochproblematischer Operationalisierbarkeit eher schwierig. Daher gilt die Medienschaft sowie die Existenz von Geistern, körperlosen Geistwesen und Engeln nach aktuellem wissenschaftlichem Stand als nicht belegt. Diese Sicht deckt sich stark mit der öffentlichen Meinung der westlichen Welt: In breiten Schichten der Bevölkerung wird die Existenz der von Medien kontaktierten Geistwesen bezweifelt. Nur etwa 10 Prozent der Gesamtbevölkerung beantwortet die Frage, ob es Geister oder Gespenster überhaupt gibt, mit "Ja", je nach Art der Umfrage. [5] Bemerkenswert bleibt mangelnder Pragmatismus seitens Lesern vieler Botschaften, die aufgrund angenommener Quellenauthenzität jegliche inhaltliche und formale Unstimmigkeiten hinzunehmen bereit sind. Ebenso überrascht, dass Kritiker genau dieser fehlenden Glaubwürdigkeit der Quelle einer Botschaft Inhalte gänzlich ignorieren und häufige Originalität, kreatives und intellektuell oder emotional stimulierendes Material unbeachtet verwerfen.

Quellenangaben

  1. Carl Gustav Jung [1]
  2. Carta psicografada ajuda a inocentar ré por homicídio no RS [2]
  3. Constituição do Estado de Pernambuco [3]
  4. Spiritualists' National Union SNU
  5. Allensbach-Umfrage von 2002 http://www.ifd-allensbach.de/news/prd_0201.html

Literatur

  • Peter Gorsen, Der Eintritt des Mediumismus in die Kunstgeschichte. In: The Message. Kunst und Okkultismus, hrsg. v. Claudia Dichter, Hans Günter Golinski, Michael Krajewski, Zander. Walther König: Köln 2007, S. 33-55 ISBN 978-3-86560-342-5. (mit Illustrationen)