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Kontroversen um die Bibel

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Kontroversen um die Bibel behandelt u. a. folgende Punkte, die gegen Inhalte und Widersprüche der Bibel gerichtet sind:

  • Zurückweisung des Anspruchs, die Bibel sei „von Gott inspiriert“, habe „Gott zum Urheber“ – ein Anspruch, der von vielen Christen erhoben wird, wie z. B. im Katechismus der Katholischen Kirche, Absatz 136.
  • Argumente gegen die Glaubwürdigkeit von einzelnen Tatsachenbehauptungen der Bibel – Argumente, aufgrund derer von einigen Kritikern die Glaubwürdigkeit der Bibel als Ganzes in Zweifel gezogen wird.
  • Kritik an ethischen Vorstellungen in der Bibel.


Geschichte: Bibelkritik in der Neuzeit

Die moderne Bibelkritik geht vor allem auf die Renaissance und die Aufklärung zurück. Das Aufkommen kritischer Wissenschaften, die sich nicht direkt der Religion verpflichtet fühlten, wie z. B. der vergleichenden Geschichte, führte recht schnell zu Auseinandersetzungen mit den klerikalen Autoritäten. Hobbes, Simon, und vor allem Spinoza veröffentlichen im 17. Jahrhundert bibelkritische Texte. Spinoza sagte z. B., die Bibel sei von einfachen Menschen geschrieben, voller Irrtümer und Widersprüche, über weite Strecken nicht authentisch, und das auf ihr beruhende Christentum ein vorübergehendes Phänomen.[1]

Die steigende Verfügbarkeit übersetzter Bibeln eröffnete auch Laien die Möglichkeit, die Bibel zu studieren. Einige stießen dabei auf Widersprüche innerhalb der Bibel sowie zwischen der Bibel und anderen antiken Überlieferungen. Archäologen, Historiker und andere vergleichende Wissenschaftler versuchten, mit Hilfe von Forschungen die Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Bibel zu beweisen. Nicht immer entsprachen die Ergebnisse den Absichten der Forscher. Es wurden historische Quellen gefunden, deren Angaben im Widerspruch standen zu Angaben der Bibel; beispielsweise Chronologien der ägyptischen Dynastien, die bis weit vor den angenommenen Zeitpunkt der Sintflut zurückreichten (z. B. die von Manetho).[2] Auch von naturwissenschaftlicher Seite erwuchs Kritik. Robert Hooke veröffentlichte mit Blick auf die Fossilien eine Theorie des Verschwindens der Arten, die zum biblischen Schöpfungsplan im Widerspruch stand – was schließlich in die Evolutionstheorie von Charles Darwin mündete.

Diese, auf den Ideen der Aufklärung und Säkularisierung fußende Bibelkritik trug dazu bei, dass die christliche Religion bisweilen in Frage gestellt wurde. In diese Zeit fällt auch die Auffindung eines religionskritischen Testaments des Klerikers Abbé Meslier. Seine Religionskritik ging weiter als bei anderen Religionskritikern seiner Zeit: Sie mündete in einen entschiedenen Atheismus. Viele der wesentlichen bibelkritischen Argumente finden sich auch schon in Mesliers Werk, so z. B. der Hinweis auf viele Widersprüche in der Bibel, die er zum Anlass nahm, die Bibel als ein von Menschen in betrügerischer Absicht geschriebenes Buch zu bezeichnen.[3]

Diese Sichtweisen nahmen im Zuge der Aufklärung und parallel zu Kirchen- und Religionskritik im Verlauf des 18. Jahrhunderts an Verbreitung zu. Georges Minois nennt das 18. Jahrhundert das „Jahrhundert des Unglaubens“.[4]

Die Aufzählung prominenter Bibel- und Religionskritiker beinhaltet viele bekannte Namen der Aufklärung, z. B. D'Holbach, Voltaire, La Mettrie, Diderot. Entsprechend dem Motto der Aufklärung gebrauchte man den eigenen Verstand zunehmend in der Weise, dass man nicht einfach die kirchliche Doktrin akzeptierte, sondern Nachweise forderte, die Bibel selbst mit einem kritischen Blick las und die kirchliche Lehre daran maß. Bibelkritische Argumente wurden benutzt, um die gesamte kirchliche Doktrin und Autorität und die christliche Religion in Frage zu stellen, einschließlich der Existenz Gottes.

Den Schritt zum Atheismus machten jedoch viele nicht, und wandten sich stattdessen dem Deismus zu, von dem Minois schrieb, er sei „eine Warteposition für Menschen, die das Christentum […] nicht mehr hinnehmen können, die jedoch […] noch einen Gott brauchen“[5] Der Deismus ist aus dieser Perspektive eine Position, welche die Bibel oder andere Offenbarungen als religiöse Quelle verwirft, und dabei zugleich am Glauben an eine Gottheit festhält. Es ist der Versuch, den Glauben an einen Gott mit eben der kritischen Vernunft in Einklang zu bringen, mit der man den Glauben an den Gott der Bibel für unvereinbar hielt. Es ist auch der Versuch, einem im Atheismus gesehenen moralischen Vakuum bzw. einer Sinnleere auszuweichen (siehe dazu auch Kant und Fichte).

Im 19. Jahrhundert – im Gefolge der französischen Revolution – entstanden offen atheistische Gesellschaftsmodelle, die teils die Religion vom Staat trennen, teils die Religion ganz durch Vernunft und Wissenschaft ersetzen wollten. In diesem Klima reagierte die katholische Kirche mit trotziger Abschottung, sie beharrte ohne Abstriche auf den Dogmen und Traditionen, also auch auf der Lehre von der göttlichen Inspiration der Bibel (so z. B. auf dem Vaticanum I mit der Dogmatischen Konstitution Dei Filius). Im Protestantismus wurde dagegen die Bibelexegese unter den Prämissen der historisch-kritischen Methode betrieben (David Friedrich Strauß), was katholische Theologen oft als Zerstörungswerk an der Bibel beargwöhnten (z. B. Lamennais).

Das daraus – in seiner Sicht – erwachsende Dilemma für die Exegese beschreibt Minois: „Ein grausames Dilemma: entweder die Bibelkritik (d. h. die historisch-kritische Methode) zu akzeptieren und die Bibel zu einem gewöhnlichen Studienobjekt zu erklären, […] auf die Gefahr hin, das übernatürliche Element zu töten, […] was zum Unglauben führt; oder aber in aller Strenge am heiligen und inspirierten Charakter […] festzuhalten, […] und damit alle der Vernunft und der Intelligenz Hohn sprechenden Ungereimtheiten in Kauf zu nehmen, auf die Gefahr hin, die […] Köpfe zu entmutigen, die sich nicht dazu durchringen können, ihre Vernunft zu opfern.“[6] Kurz, Minois behauptet ein Dilemma zwischen Vernunft und Festhalten am inspirierten Charakter der Bibel.

Diese Sicht der Dinge hat gerade im 19. Jahrhundert viele Christen vom Glauben abgebracht (z. B. Ernest Renan, Friedrich Engels, David Friedrich Strauß, Friedrich Nietzsche); heute wirkt sie weiterhin (z. B. Gerd Lüdemann). Auf der anderen Seite haben sich Haltungen entwickelt, die um so entschiedener auf der Autorität der Bibel als „Wort Gottes“ bestehen (siehe u. a. Dialektische Theologie, Karl Barth; Evangelikalismus, Christlicher Fundamentalismus, Eta Linnemann).

Das 19. Jahrhundert markiert ebenfalls den Beginn einer Bibelkritik – und auch allgemeiner einer Religionskritik – aus psychologischer Sicht. Große Psychologen haben sich in der einen oder anderen Form auch mit der Religion auseinandergesetzt. Die Sichtweisen sind uneinheitlich, aber eine Reihe von Psychologen können zu den Bibelkritikern gezählt werden.[7] Psychologische Betrachtungsweisen haben seither Eingang in die Theologie und die Philosophie gefunden,[8] aber es hat sich auch mit der Religionspsychologie ein eigener Forschungszweig etabliert. Teils versucht diese psychologische Bibelkritik die Bibeltexte im positiven Sinn als symbolisch zu deuten, was implizit eine wörtliche Lesart der Bibel verneint (z. B. Eugen Drewermann), teils wird aber auch auf aus psychologischer Sicht kritikwürdige Inhalte der Bibel und deren Folgen hingewiesen, und die Bibel aus diesem Grund abgelehnt (z. B. Buggle).

Moderne Bibelkritik kann verschiedene Formen annehmen. Das Spektrum erstreckt sich von offener Verunglimpfung über die Karikatur, die Satire, die Ironie, die indirekte Kritik in romanhafter oder gleichnisartiger Form, die direkte Kritik in Prosaform bis hin zu wissenschaftlichen Abhandlungen für ein spezialisiertes Publikum.

Akzeptanz der Bibelkritik

Einige Anhänger der sich auf die Bibel als heilige Schrift beziehenden Religionen und Bekenntnisse halten Kritik an der Bibel für unzulässig oder gar für eine Form von Blasphemie. Sie halten eine kritiklose und vollständige Akzeptanz der Bibel als autoritatives Wort Gottes für erforderlich. Evangelikale Strömungen pflegen diese Ansicht, die Fundamentalistische Hermeneutik und der Biblizismus betreiben diesen kritiklosen Umgang mit der Bibel in der Theologie.

Andererseits wird auch von bibelkritischen Theologen Forschung unter der Prämisse betrieben, als sei Gott nicht existent (etsi Deus non daretur – eine auf Hugo Grotius zurückgehende Formel). Grundlage allen Erkennens ist daher unter dieser Prämisse nicht der Glaube an einen in der Bibel sich ausdrückenden Gott als Herrn der Geschichte. Stattdessen sei die grundlegende Voraussetzung für die bibelkritische Theologie der disziplinierte, fachlich geschulte und kritische menschliche Verstand. Dieser ist die letzte Instanz in der Frage nach der Wahrheit. Diese Prämisse ist für andere Zweige der Wissenschaft ebenso gültig wie für die in diesem Sinne betriebene Bibelforschung.[9]

In manchen Glaubensbekenntnissen bleibt die Interpretation den religiösen Autoritäten vorbehalten, die vom Gläubigen angenommen werden muss (z. B. in der Römisch-Katholischen Kirche untersteht „alles das nämlich, was die Art der Schrifterklärung betrifft, … letztlich dem Urteil der Kirche, die den göttlichen Auftrag und Dienst verrichtet, das Wort Gottes zu bewahren und auszulegen“[10]); andere Bekenntnisse (z. B. die Evangelischen Kirchen) überlassen diese Interpretation dem Einzelnen, der sich dazu gegebenenfalls auch des Gebets, der Meditation und der Konsultation weiterführender Literatur und religiöser Autoritäten bedient (Martin Luther: „sola scriptura“).

Diejenigen, die sich an keine der Buchreligionen gebunden fühlen, sind frei in Art und Umfang der Bibelkritik. Für sie hat die Bibel keinen autoritativen Charakter, der sie in ihrer Interpretationsfreiheit einschränken würde. Das heißt nicht, dass von diesem Standpunkt aus jede beliebige Kritik oder jeder beliebige Umgang mit der Bibel für alle legitim erscheint. So halten manche es für legitim, die Bibel verächtlich oder lächerlich zu machen, während andere davon Abstand nehmen und ein solches Vorgehen für schlechten Stil halten. Umstritten ist dabei auch, welches Ausmaß an Rücksichtnahme auf die religiösen Gefühle der betroffenen Religionsanhänger geboten ist. Der Respekt und die Rücksicht vor Gläubigen und deren Religion, unabhängig davon, ob man selbst einen Glauben vertritt, wird in der Gesellschaft immer wieder gefordert, weil die Annahme vertreten wird, dass auf diese Weise Konflikte vermieden werden können. Dies bedeutet aber nicht, dass der Glaube undifferenzierter betrachtet werden soll, als der Einzelne für angemessen empfindet.

Das findet seinen Ausdruck in gesetzlichen Handhabung von Bibelkritik in säkularen Gesellschaften. In Deutschland ist z. B. Kritik an der Bibel nur dann als Blasphemie strafbar, wenn dadurch der öffentliche Friede gefährdet wird (§ 166). Die Strafbarkeit hängt also nicht von Form oder Inhalt der Kritik ab, sondern von deren gesellschaftlicher Wirkung. Auch satirische oder polemische Bibelkritik ist damit nicht notwendigerweise strafbar. Im Gegenteil gilt eine solche Form der Bibelkritik als vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt, soweit dabei nicht die Grenzen des § 166 überschritten werden. Wo diese Grenzen zu setzen sind, ist auch bis in jüngste Zeit immer wieder Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzungen gewesen.

Es ist ein Merkmal einer liberalen, aufgeklärten und pluralistischen Gesellschaft, wenn sie die Kritik an der Bibel oder allgemeiner an den heiligen Schriften von Religionen zulässt. In anderen Gesellschaften ist dies oftmals mit scharfen Sanktionen bedroht, die dazu führen können, und in der Vergangenheit auch dazu geführt haben, dass kritische Texte anonym herausgegeben wurden und unter der Hand verteilt wurden.[11] In einigen Fällen haben Autoren auch auf eine Veröffentlichung zu ihren Lebzeiten verzichtet, um sich nicht in Schwierigkeiten zu bringen.[12] Es sind so auch Texte verloren gegangen, deren Inhalt heute nur noch indirekt erschlossen werden kann.[13]

Bibelkritik im Spiegel des Bibelverständnisses

Die meisten Argumente der Bibelkritiker sind implizit oder explizit auch als Argument gegen die göttliche Inspiration oder die Irrtumslosigkeit zu verstehen.[14] So sind die Reaktionen von Christen unterschiedlich, je nach ihrem Bibelverständnis:

Fundamentalistisches Bibelverständnis: Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit

Von der Annahme ausgehend, die gesamte Bibel sei von Gott inspiriert (Verbalinspiration), begreift bis heute ein großer Teil der evangelikalen Bewegung die Bibel als Geschichtsbuch und betont, dass „die Bibel absolut irrtumslos und unfehlbar“ sei.[15] Die Chicago Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift von 1978, betont, „dass die Schrift in ihrer Gesamtheit irrtumslos und damit frei von Fehlern, Fälschungen oder Täuschungen ist;“[16] dies umfasse auch naturwissenschaftliche Aussagen (Biblischer Fundamentalismus).

Aus dieser Sicht wird jede Kritik, die der Bibel Fehler, Irrtümer oder Widersprüche bescheinigt, für fehlerhaft gehalten und als grundsätzliche Kritik an der Bibel und damit an der Grundlage des christlichen Glaubens wahrgenommen. Die Existenz von echten Widersprüchen im Bibeltext wird abgestritten. Augenscheinliche Widersprüche werden als Resultate von Interpretationsfehlern erklärt; sie könnten durch korrekte Interpretation ausgeräumt werden. Wenn Erkenntnisse aus den Wissenschaften der Bibel entgegenstehen, so werden diese abgelehnt. Teilweise führt dies zu einer generellen Ablehnung der historisch-kritischen Methode in der Theologie.[17]

Alternativen zum fundamentalistischen Bibelverständnis

Symbolische Interpretation

Ein anderer Ansatz zur Verteidigung der Auffassung, die Bibel sei fehlerfrei, besteht in der Erklärung, bestimmte Texte der Bibel seien von vornherein nicht wörtlich gemeint gewesen. Kritische Hinweise auf Fehler im wörtlich verstandenen Inhalt des Bibeltextes gingen deshalb an der Sache vorbei: So könne man Kritik an einer fundamentalistischen Interpretation der Bibel begründen, nicht jedoch Kritik an der Bibel selbst.

Für Vertreter dieser Auffassung entfällt die Notwendigkeit, Irrtümer und Widersprüche im wörtlich verstandenen Inhalt bestimmter Bibeltexte abzustreiten und entgegenstehende Ergebnisse aus den Wissenschaften abzulehnen.

Auf welche Bibeltexte im Einzelnen die Behauptung zutrifft, sie seien von vornherein nicht wörtlich gemeint gewesen, das ist dabei eine Frage der Interpretation, und darüber gibt es keine allgemeine Einigkeit.[18]

Göttliche Inspiration und menschliche Fehlbarkeit

Andere Christen vertreten die Auffassung, die Bibel sei zwar göttlich inspiriert, aber von Menschen verfasst. So könne das Zustandekommen von Irrtümern und Widersprüchen im Bibeltext mit dem Anteil fehlbarer Menschen an der Entstehung der Bibel erklärt werden, ohne die Überzeugung in Frage zu stellen, dass wichtige Aussagen der Bibel vom Geist Gottes geprägt seien. Aufgeschlossenheit gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen wird so auch in Fällen möglich, in denen diese Erkenntnisse im Widerspruch zu solchen Bibelstellen stehen, bei denen die Interpretation, sie seien „nicht wörtlich gemeint“, auf allgemeine Skepsis stoßen würde.

Welche Bibeltexte im Einzelnen auf göttliche Inspiration zurückzuführen sind, das ist eine Frage der Interpretation.

Beispiele:
  • Weit verbreitet ist die Auffassung, dass die Schöpfungsgeschichten sowie die Geschichten von der Sintflut und vom Turmbau zu Babel keine Tatsachenberichte seien, sondern Glaubensaussagen, eingekleidet in naturkundliche und mythologische Vorstellungen ihrer Entstehungszeit.
  • Diese Auffassung lässt sich auch auf weitere Teile der Bibel ausdehnen, z. B. auf die Geschichten von den Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob. Teilweise wird für die Tatsachenberichte in der Bibel darauf hingewiesen, dass sich im Laufe der bis zu dreitausendjährigen Überlieferung Ungenauigkeiten und Fehler eingeschlichen haben könnten.
  • Die Katholische Kirche lehrt: Es „ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, dass sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Absatz 107). Dies kann so interpretiert werden, dass Irrtumslosigkeit nur für Glaubensaussagen in Anspruch genommen werde, aber nicht unbedingt für naturwissenschaftliche und historische Tatsachenbehauptungen.
  • Einige Theologen, unter ihnen Rudolf Bultmann, befürworten eine weitgehende Entmythologisierung der Bibel. Sie erklären bestimmte Geschichten als Mythen, die nicht zur Überlieferung von Tatsachen bestimmt seien, sondern zur Verkündigung von Glaubensinhalten.
Kritische Reaktionen

Die Art und Weise, in der nichtfundamentalistische Christen ihre Unterscheidungen vornehmen – sei es in der Frage, welche Texte wörtlich zu verstehen sind und welche nicht, sei es in der Frage, welche Texte als Werk fehlbarer Menschen aufzufassen sind und welche die Verbindlichkeit von göttlich inspirierten Texten in Anspruch nehmen können – wird teilweise sehr kritisch kommentiert. So schreibt Hans Albert: „Bultmann kommt […] zu völlig willkürlichen Entscheidungen darüber, was zu eliminieren ist und was nicht. Die Engel und die Wunder will er eliminieren, die Gottesvorstellung und das Heilsgeschehen scheint er lieber ‚interpretieren‘ zu wollen.“[19] Albert nennt die Entmythologisierung „ein hermeneutisches Immunisierungsverfahren für den Teil des christlichen Glaubens, den moderne Theologen […] unter allen Umständen retten möchten.“ Er spricht von „Abbruch der Kritik am entscheidenden Punkt“ und meint, „dass ein konsequentes Wahrheitsstreben mit dieser Strategie auf jeden Fall unvereinbar ist.“[20]

Dietrich Bonhoeffers Kritik an Bultmann kommt in seinem Brief an Eberhard Bethge vom 5. Mai 1944 zu einer ganz anderen Auffassung: „Du erinnerst Dich wohl des Bultmannschen Aufsatzes über die ,Entmythologisierung‘ des Neuen Testamentes? Meine Meinung dazu würde heute die sein, daß er nicht ,zu weit‘, wie die meisten meinten, sondern zu wenig weit gegangen ist. Nicht nur mythologische Begriffe wie Wunder, Himmelfahrt etc sondern die ,religiösen Begriffe‘ schlechthin sind problematisch. Man kann nicht Gott und Wunder voneinander trennen (wie Bultmann meint), aber man muß beide ,nicht-religiös‘ interpretieren und verkündigen können. Bultmanns Ansatz ist eben im Grunde doch liberal.“[21]

Menschenwerk

Vertreter einer grundsätzlichen Kritik an der Bibel gehen davon aus, dass die Bibel – oder ein wichtiger Teil der Bibel – reines Menschenwerk sei. Widersprüche und Ungereimtheiten sind aus dieser Sicht weder überraschend noch problematisch. Sie werden im Gegenteil als Bestätigung dieser Sichtweise verstanden.[22]

Themen der Kritik

Zuverlässigkeit, Autorität und Authentizität der Bibel

Historische Zuverlässigkeit

Teile des Alten Testaments sind viele hundert Jahre nach den ursprünglichen Ereignissen bzw. ersten mündlichen und schriftlichen Überlieferungen in ihre endgültige Fassung gebracht worden.

Die Evangelien des Neuen Testaments, die Apostelgeschichte und die Offenbarung sind etwa 30 bis 70 Jahre nach dem Tod Jesu in ihre heutige Form gebracht worden. Dies schließt nicht aus, dass es schon früh neben einzelnen Briefen auch Sammlungen von Aussprüchen Jesu oder einen Passionsbericht in schriftlicher Form gegeben haben könnte. Diese Quelle wird allgemein mit „Q“ bezeichnet.

Vorwürfe von Bibelkritikern bezüglich Zuverlässigkeit der Bibel lauten unter anderem:

  • Die alttestamentlichen Texte seien Mythen ohne historischen Hintergrund.
  • Aufgrund der jahrzehntelangen mündlichen Überlieferung hätten sich tatsächliche Ereignisse durch Mythenbildung in der Erinnerung verändert.

In vielen biblischen Texten scheint zudem die Persönlichkeit und die ideologische oder theologische Motivation des jeweiligen Autors durch.[23]

Autorenschaft

Für Anhänger der Verbalinspiration ist die Frage nach den menschlichen Verfassern der einzelnen Bücher der Bibel von vergleichsweise geringer Bedeutung, da sie ohnehin nur als Werkzeug Gottes fungierten. Wenn in einem Buch der Verfasser ausdrücklich genannt ist, dann wird die Richtigkeit dieser Angabe in aller Regel auch nicht bezweifelt, denn es wird meist ausgeschlossen, dass Gott selbst eine Vortäuschung falscher Tatsachen bezweckt haben könnte.

Für kritische Theologen, und Bibelkritiker im Allgemeinen, steht allerdings die Autorenschaft einiger Bücher in Frage. So wird beispielsweise weithin bezweifelt, dass Paulus der Autor der Pastoralbriefe ist. Da sich der Verfasser in den Briefen selbst als Paulus von Tarsus ausgibt ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Tim]] 1,1 EU, [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|2_Tim]] 1,1 EU, Tit 1,1 EU), würde dies auf eine Täuschung hinauslaufen. Daraus ergibt sich das Problem der Pseudepigraphie und ihrer Bewertung.

Einige Bibelkritiker sprechen deshalb von Betrug, und sprechen der Bibel die Autorität ab.[24] Andererseits gibt es Anzeichen, dass solche Täuschungen für fromme Zwecke als legitim betrachtet wurden (pia fraus). Einen vagen Hinweis darauf kann man in Röm 3,7 EU sehen, deutlicher noch findet man diese Einstellung bei späteren Kirchenvätern wie z. B. bei Origenes.[25] Inwiefern dem zugestimmt werden kann, ist bis heute umstritten, auch unter christlichen Autoren. Zum einen wird darauf hingewiesen, dass auch schon in der Antike die Vortäuschung von Autorenschaft vielleicht weit verbreitet, jedoch keineswegs allgemein akzeptiert war.[26] Zum anderen fragt man sich auch, welcher Nutzen denn in dieser Täuschung liegen soll. Wird sie aufgedeckt, liefert sie ja gerade den Gegnern ein wirksames Argument.[27] Wie das Beispiel des Celsus zeigt, wurden schon in antiker Zeit solche Täuschungen durchschaut.

Kanonisierung

Ein Kernpunkt der Bibelkritik ist die Behauptung, die Kanonisierung (Zusammenstellung) der Bibel sei Menschenwerk und die richtige Auswahl der Schriften und Bücher könne somit nicht von Gott stammen.

Eine andere Richtung der Kritik des biblischen Kanons ist der Vorwurf, dass gewisse Texte nicht in die Bibel aufgenommen worden wären, um häretische Lehren zu unterdrücken.

Eine spezifische Variante dieser Kritik ist die in den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts von Shirley MacLaine verbreitete These, Kaiser Konstantin I. (oder der Papst) habe im vierten Jahrhundert sämtliche Stellen bezüglich Reinkarnation aus der Bibel streichen lassen – eine These, die weder von Historikern noch von Theologen als vertretbar angesehen wird.

Verschiedene Handschriften und Übersetzungen

Die Bücher der Bibel liegen in unterschiedlichen Fassungen vor. Die Unterschiede kommen zum Teil durch unterschiedliche Übersetzungen zustande, zum Teil dadurch, dass die Texte in Handschriften mit verschiedenen Varianten vorliegen.[28] Einige moderne Bibelausgaben enthalten daher Editionshinweise mit Angaben darüber, wo sich die Quellentexte unterscheiden und/oder nicht sicher ist, wie ein Text zu verstehen ist. Beispiele sind Anmerkungen zur Freilassung von Sklaven,[29] zur Inspiration von „Schrift“[30]), sowie Angaben darüber, wo Fachleute der Überzeugung sind oder vermuten, dass Teile des Originaltextes verloren gegangen seien und/oder bestimmte Teile später hinzugefügt worden seien (z. B. am Ende des Markusevangeliums[31]. Genauere Angaben sind in textkritischen Ausgaben der Bibel[32] zu finden.

Zu der von einigen Christen behaupteten Irrtumslosigkeit der Bibel stellen Kritiker die Frage, welche der unterschiedlichen Fassungen denn als zuverlässiges und verbindliches Wort Gottes aufzufassen sei.[33]

Die Bezeichnung der Bibel als Wort Gottes – gelehrt in der Katholischen wie in der Evangelischen Kirche – schließt die Auffassung nicht aus, dass die Bibel der Auslegung bedürfe.[34]

Martin Luther vertrat den Grundsatz Sola scriptura: Den Maßstab für die rechte Auslegung der Heiligen Schrift habe man in der Heiligen Schrift selbst zu suchen.

Erzählerische und weltanschauliche Perspektive

Der überwiegend begrenzte Fokus der alttestamentlichen Erzählungen auf Einzelpersonen, das Volk Israel und dessen politische und militärische Verwicklungen sowie die Beschränkung auf die Region des heutigen Nahen Ostens passt nach Auffassung von Bibelkritikern schlecht zum Anspruch auf universelle Gültigkeit und göttliche Inspiration der Bibel.[35] Auch Jesus selbst, obwohl Sohn Gottes, kommt ihnen provinziell daher: Keiner der damals dominanten Kultursprachen und möglicherweise nicht einmal des Schreibens mächtig. Wenig bis keine Anzeichen dafür, dass er mit der außerjüdischen Kultur, Denk- und Lebensweise vertraut war.[36]

So werde auf der einen Seite Gott als Erschaffer, Herrscher und Richter der ganzen Welt angesehen, auf der anderen Seite habe er und sein Volk sich im Alten Testament ständig anderer Völker und ihrer Götter bzw. Götzen zu erwehren. Dies sei ein Gott, der zwar die Welt erschaffen habe, dessen Anhängerschaft sich aber auf ein paar Quadratkilometer am toten Meer zusammendränge, von feindlichen Völkern umzingelt und zeitweise beherrscht bzw. sogar versklavt und deportiert. Aus der Perspektive des damaligen jüdischen Volkes sei dies einleuchtend, und habe zum Zusammenhalt und Überleben des Volkes sicher wesentlich beigetragen, aber aus einer globalen Perspektive wirke dies absurd.

Die erzählerische Perspektive lässt in vielen Fällen auch Rückschlüsse über die Verfasser, oder auch die Redakteure der biblischen Bücher zu. Ihre Berücksichtigung und Analyse gehört daher zu den Methoden der Textkritik. Auch Widersprüchlichkeiten und Irrtümer kommen so zutage. So gibt es z. B. einige Stellen im Evangelium nach Markus, die darauf hinweisen, dass der Verfasser nicht mit der jüdischen Gesellschaftsordnung, sondern mit der römischen vertraut war, und so ein paar Fehler machte, die einem jüdischen Autor nicht passiert wären. Im Vers Mk 10,12 EU sagt Jesus angeblich, eine Frau begehe Ehebruch, wenn sie ihren Mann verlässt und einen anderen Mann heiratet. Das hätte er einem Römer sagen können, denn dort hatte die Frau wie der Mann das Recht zur Scheidung, im jüdischen Recht war das aber dem Mann vorbehalten ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|5_Mos]] 24,1 EU). Man schließt daraus gemeinhin, dass Jesus den ihm zugeschriebenen Satz so nicht geäußert haben könne. Auch andere Stellen im Evangelium deuten darauf hin, dass der Verfasser die jüdischen Gepflogenheiten nicht gut kennen konnte.[37]

Ethik

Ethische Vorstellungen

Bibelkritiker sehen Widersprüche zwischen den ethischen Vorstellungen in der Bibel und denen aus der modernen Zeit, wie sie z. B. in den Menschenrechten zum Ausdruck kommen. Franz Buggle schreibt, „das sehr gehäufte Vorkommen göttlich angeordneter Verbrechen und Grausamkeiten“ würde „die Bibel […] als Quelle heute akzeptierbarer Ethik und Religiosität disqualifizieren.“[38] Buggle kritisiert „von Gott angeordnete Genozide“[38] und die „Aufforderung des biblischen Gottes zu einer exzessiven Anwendung der Todesstrafe“.[39] „Wenn Jahwe über die Amalekiter den Bann verhängt und gebietet, keinen zu verschonen, sondern das ganze Volk auszurotten, dann bezeichnen wir dies heute als ‚Völkermord‘, und da gibt es keinerlei theologische Rettung durch Um- oder Neuinterpretation, sondern unsererseits nur den theologischen Bann“, schrieb der evangelische Theologe Heinz Zahrnt. „Wenn auf Geheiß und im Namen Gottes Gräueltaten begangen werden […] – dann kann man heute nur noch darüber predigen, indem man dagegen predigt.“[40]

Bibelkritiker gründen ihre Ethik oft ohne Rückgriff auf die Bibel auf humanistischen Idealen und kritisieren dann ausgehend von dieser Position die ethischen Maßstäbe der Bibel. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass die Ethik keines religiösen Fundaments bedürfe, und sich ethische Maßstäbe aus der Vernunft und/oder dem Sozialgefüge herleiten ließen.[41] Auf der Grundlage dieser Maßstäbe wird biblische Ethik kritisierbar. Wer dagegen die Bibel als Grundlage der Ethik betrachtet, hat keinen unabhängigen Maßstab, anhand dessen die biblische Ethik kritisiert werden könnte – die Bibel ist selbst der Maßstab. Hier kann man dann allenfalls die innere Konsistenz der biblischen Ethik untersuchen.

So ergeben sich zwei verschiedene Arten der Ethikkritik:

  1. Kritik an der mangelnden inneren Konsistenz der biblischen Ethik. Hier stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit die ethischen Aussagen des Neuen Testaments zu denen des Alten Testaments im Widerspruch stehen („Liebet eure Feinde“ (Lk 6,27-28 EU) im Neuen Testament, „du sollst an ihnen [Anm.: den Feinden] unbedingt den Bann vollstrecken“ (Dtn 20,16-17 EU) im Alten Testament).
  2. Kritik an der mangelnden Konsistenz der biblischen Ethik mit anderen Ethikansätzen, besonders mit denjenigen, die auf den Humanismus und die Aufklärung zurückgehen (z. B. Menschenrechte).

Religiöse Intoleranz im Alten Testament

Schon im ersten der Zehn Gebote (Ex 20,5 EU) wird Gott von Bibelkritikern als eifersüchtiger und rachsüchtiger Gott verstanden. Im ganzen Alten Testament gibt es zahlreiche Beispiele, in denen Gott die Bestrafung oder Ausrottung von Andersgläubigen und deren Kult fordert, veranlasst oder gutheißt (Ex 34,11-16 EU, DtnEU).

Mit dem Neuen Bund, so behauptet die christliche Auslegung, sei derartige Gewalt hinfällig geworden.

Gewaltdarstellungen

Siehe Gewalt in der Bibel

Die göttliche „Gerechtigkeit“ unter ethischer Betrachtung

Der Begriff Gerechtigkeit hat in der Bibel häufig eine andere Bedeutung als im heutigen Sprachgebrauch. So wird Gott in vielen Passagen als „gerecht“ gepriesen (z. B. Dtn 32,4 EU, Neh 9,33 EU), obwohl Gott viele Taten verlangt oder begeht, die von Bibelkritikern als ungerecht angesehen werden – aus der Sicht einer Ethik, wie sie die Verfassungen und die Gesetze von heutigen demokratischen Rechtsstaaten prägt, einer Ethik, zu der die Achtung der Menschenrechte gehört sowie der Grundsatz, dass Strafe nur dann legitim ist, wenn sie jemanden trifft, der persönlich ein Unrecht begangen hat. Bibelkritiker bemängeln, die in der Bibel definierte „Gerechtigkeit“ habe andere Ziele als Toleranz oder Langmut. Die strenge Bestrafung oder gar Vernichtung Andersgläubiger durch Gott im Alten Testament oder im Jüngesten Gericht werde als „gerecht“ empfunden (z. B. Ps 129,4 EU).

Ein von Gott verhängtes Unglück oder eine Strafe wird in der Bibel als gerechte Strafe, vor allem für Gottlosigkeit, dargestellt (z. B. DanEU). Der erste Mord führt zum Fluch der Heimatlosigkeit (Gen 4,11-12 EU). Auch trifft die göttliche Strafe ganze Völker (z. B. in Ägypten für den Ungehorsam des Pharao (ExEU)), beim Bericht von der Sintflut (ExEU) nahezu die ganze Menschheit.

In [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|2_Chr]] 12 EU wird erzählt, wie demütige Umkehr bewirkt habe, dass Gottes Zorn besänftigt worden sei und die göttliche Strafe abgemildert worden sei.

Emotionalität

Die Darstellung Gottes in der Bibel bedient sich über weite Strecken starker Gegensatzpaare. So werden ihm an Emotionen in erster Linie Zorn und Liebe zugeschrieben. Im Alten Testament scheint dabei der Schwerpunkt beim strengen, strafenden und zornigen Gott zu liegen, während im Neuen Testament die Liebe Gottes in den Vordergrund rückt (Neuer Bund).[42] Berichte über positive Emotionen Gottes seien nach Ansicht der Bibelkritiker selten.

Liebe und Zorn sind nicht die einzigen auffälligen Gegensatzpaare. Fluch und Segen werden gegeneinander gestellt, sowie Verdammung gegen Errettung. Wer nicht glaubt, ist dem Zustand der Sünde schutzlos ausgesetzt, der ewigen Verdammnis entgeht er nur durch die Gnade Gottes (Mk 16,16 EU). Am Tag des Gerichts werden die Gesegneten von den Verfluchten geschieden, die ersteren gehen in das endgültige Reich Gottes ein, während die letzteren ins ewige Feuer geworfen werden (Mt 25,31-46 EU). Dieses Richtertum ausgehend vom Wort Jesu Christi, wie es in den apokalyptischen Schriften der Bibel überliefert ist, wird von Bibelkritikern als gewalttätig und selektiv verurteilt. Auch die Bergpredigt enthalte selektive Motive, wenn sie den Eingang ins Himmelreich gegen den Eingang in die Hölle stellt (Mt 5,17-48 EU). Franz Buggle nimmt dies als Zeichen für Jesu „Doppelcharakter“, der die liebenden und gewaltlosen Aspekte einerseits mit einem extremen Rigorismus am Jüngsten Tage verbinde.

Kritiker stören sich sowohl an der starken Betonung des Gegensatzes, den sie für übertrieben und konstruiert halten, als auch an der archaischen Motivation. Diese Betonung diene dem Zweck, den Menschen die Notwendigkeit einer eindeutigen Entscheidung zugunsten des Glaubens an den christlichen Gott nahezulegen und sich gegenüber den Heiden abzugrenzen. Auch die psychologischen Konsequenzen einer solch strikten Trennung von Gegensätzen, die doch jeder Mensch in sich trägt und miteinander in Einklang bringen muss, werden kritisiert.[43]

Sünde, Opfer, Sühne und Buße

Der Begriff der Sünde und die Konsequenzen für den Menschen sind durch die ganze Bibel hindurch zentrale Themen, die auch profunde Auswirkungen auf die auf der Bibel basierenden Religionen und Bekenntnisse hatte.

Die christlich-biblische Position

Sünde wird sowohl als Tat als auch als Zustand und Schicksal verstanden. Die Bibel geht davon aus, dass der Mensch seiner Natur nach sündig ist, dies letztlich als Folge seiner Vertreibung aus dem Paradies (Erbsünde) und er daher einerseits nach einem sündefreien Leben streben kann und soll, andererseits das Erreichen dieses Ziels zu seinen Lebzeiten aussichtslos ist. Er wird daher zwangsläufig Sünden begehen, für die er nach seinem Tode, am jüngsten Tag, zur Rechenschaft gezogen werden wird. Um Erlösung durch die Gnade Gottes zu erlangen und schon zu Lebzeiten Gott günstig zu stimmen, kann und soll der Gläubige neben seinem Bestreben, ein sündefreies und frommes Leben zu führen, für seine Sünden Buße tun. Für Christen erheblich wichtiger ist aber, dass Christus durch sein Opfer stellvertretend die Sünden der Menschheit gesühnt hat (Röm 5,18-21 EU).

Kritik am christlichen Sündenverständnis
  • Die Unausweichlichkeit der Sünde platziere den Menschen in eine Situation, in der er unausweichlich von der göttlichen Erlösung abhngig ist. So erzeuge die Bibel die Notlage selbst, für die sie sodann die Lösung anbiete. In den Augen der Kritiker existiere die Notlage aber nicht wirklich, sondern würde den Gläubigen über das biblische „Konzept“ der Sünde erst eingeredet. Dadurch, dass die religiösen Autoritäten mit Hilfe der Bibel sowohl festlegten, was Sünde sei, als auch die einzige Möglichkeit der Erlösung anböten, so argumentieren sie, würden sie die Gläubigen in einer emotionalen Abhängigkeit halten, die letztlich als ein Instrument der Kontrolle und Herrschaft eingesetzt werden könne.
  • Die Vorstellung, man könne durch ein Opfer, gar ein Menschenopfer, einen Gott gnädig stimmen, und so seine eigenen Interessen befördern, wird als archaisch abgelehnt.
  • Die Vorstellung, ein liebender Vater-Gott könne seinen eigenen Sohn der Folterung und Hinrichtung ausliefern wird als absurd abgelehnt – auch wenn dieser danach vom Tode aufersteht. Es wird auch nicht akzeptiert, dass damit ein Erlösungseffekt verbunden sein soll, zumal ein allmächtiger Gott ja sicher auch unblutigere Mittel zur Erlösung hätte finden können.
  • Gott hätte die Menschen von vorn herein so schaffen können, dass sie der Sühne durch ein solches Opfer überhaupt nicht bedurft hätten.
  • Es sei auch inkonsequent, den Menschen durch das Opfer des Gottes-Sohnes die Erlösung vorab pauschal zu gewähren, und andererseits dennoch von ihnen das fromme und nicht-sündige Leben abzuverlangen, das im Prinzip das Alte Testament auch schon vor Christi Kreuzigung forderte. Es sei der Vorteil nicht zu erkennen, der sich aus dem Kreuzestod ergebe, nachdem die abschließende Bewertung ja ohnehin erst am jüngsten Tag erfolge.
  • Mit Hinweis auf das stellvertretende Leiden Christi werde dem Gläubigen angesichts seiner eigenen unausweichlichen Sündhaftigkeit ein Schuldkomplex vermittelt, der ihn nicht selten das ganze Leben hindurch begleite und seine psychologische Entfaltung behindere.

[44]

Verhältnis der beiden Geschlechter, Sexualität

Patriarchat, Vorrang des Mannes vor der Frau im Alten Testament

Viele Bibelkritiker sehen eine durchgehend patriarchalische Grundeinstellung im Alten Testament. Die Formung der Frau aus der Rippe des Mannes in der zweiten Schöpfungsgeschichte ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Mos]] 2,18ff EU) wird dabei als eine Umkehrung der biologischen Verhältnisse aufgefasst.[45] Die Frau wird darauf aufbauend in der Bibel als dem Mann untergeordnet dargestellt, was an diversen Indizien festgemacht wird, beispielsweise:[46]

  • Priester sind grundsätzlich männlich.
  • Auch Gott selbst trägt überwiegend männliche Züge.[47]
  • Stammbäume werden über die männliche Linie angegeben, die Frauen spielen dabei nur eine geringe Rolle (z. B. [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Chr]] 1-9 EU). Auch bei der Angabe der Nachkommenschaft werden Töchter üblicherweise übergangen (z. B. [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|2_Sam]] 3,2ff EU).
  • Ein Mann kann mehrere Frauen und Nebenfrauen haben, aber nicht umgekehrt ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|5_Mos]] 21,15f EU, [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|5_Mos]] 25,5ff EU).[48]
  • Töchter werden als Eigentum der Väter, Ehefrauen als Eigentum der Ehemänner betrachtet ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Mos]] 29,16ff EU).
  • Eine Frau ist nach der Geburt einer Tochter doppelt so lange unrein wie nach einem Sohn ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|3_Mos]] 12 EU).
  • Fasst eine Frau im Streit einem Mann an die Geschlechtsteile, soll ihr die Hand abgehackt werden ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|5_Mos]] 25,11f EU). Ein entsprechendes umgekehrtes Gebot fehlt.
  • Frauen werden als schwächer und unzuverlässiger dargestellt, Verräter sind oft weiblich (Nah 3,13 EU, JosEU, Ri 16 EU).
  • Der mindere Wert der Frau wird auf drastische Weise in der Geschichte der Gräueltat der Benjaminiter von Gibea vorgeführt (Ri 19 EU), wo eine Nebenfrau von ihrem Mann einer Gruppe von Männern zur Vergewaltigung überlassen wird, nachdem diese mit der Vergewaltigung seiner Gäste drohten. Dies schildert die Bibel allerdings als Skandal, der zu einem Krieg führte.

Andererseits stehen Frauen mehrfach als positive Heldinnen im Mittelpunkt des Geschehens, so z. B. Deborah, Ruth und Ester.

Diese streng patriarchalische Haltung wird gern mit dem allgemein verbreiteten Zeitgeist in der Antike erklärt. In der Tat kamen solche Vorstellungen zu jener Zeit auch in anderen Gesellschaften als der jüdischen vor. Es gab jedoch auch damals bereits verschiedene Gesellschaften, in denen Frauen ein wesentlich größeres Ausmaß an persönlicher Freiheit und Gleichberechtigung genossen.[49][50]

Nicht alle fassen die Schöpfung der Frau aus der Rippe des Mannes als eine Rechtfertigung des Patriarchats auf. Manche deuten es als Symbol der Zusammengehörigkeit. Dennoch kann man nicht einfach über die Asymmetrie hinwegsehen, und dieses Bild hat darum auch besonders die Psychologen beschäftigt. So findet man z. B. die These, es gebe eine Art „Weiblichkeitsneid“ des Mannes, in Analogie (und in gewissem Ausmaß auch im Gegensatz) zum freudschen Begriff des „Penisneid“ bei der Frau.[51] Der Mann würde demnach mit dieser Konstruktion auf eine empfundene Bedrohung reagieren.[52][53]

Auch die Geschichte vom Sündenfall ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Mos]] 3 EU) findet in diesem Zusammenhang das Interesse der Psychologen. Psychoanalytiker finden eine Verwandtschaft zum Ödipuskonflikt: Der Sohn will und soll einerseits wie der Vater sein, andererseits hindern ihn Verbote des Vaters daran (Freud). Nimmt man Gott als den Vater und Adam als den Sohn, so ergibt sich in der biblischen Geschichte ein ähnliches Verhältnis. Das göttliche Verbot soll ausdrücklich verhindern, dass der Sohn dem Vater gleich wird ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Mos]] 3,22 EU).[54]

Frauenbild und Sexualität im Neuen Testament

Jesus zeigt Frauen gegenüber mehr Milde und Offenheit (Joh 8,3ff EU, Joh 4,7-29 EU). Zudem beschneidet er die Rechte der Männer (z. B. Mt 5,27f EU, Mt 5,31f EU, Mt 19,3ff EU), was darauf hindeutet, dass sie ihre Rechte zu freizügig ausgenutzt hatten. Jesus hatte – vermutlich auch aus diesem Grund – besonders viele Frauen unter seinen Anhängern.

Paulus betont dann wieder eine traditionellere Sichtweise ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Kor]] 11,7-12 EU, [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Kor]] 14,33ff EU, Eph 5,24 EU). Es wird hier deutlich, dass Paulus die Schöpfungsgeschichte bewusst patriarchalisch auslegt. Auch Petrus vertritt eine Haltung die mehr an der jüdischen Tradition orientiert ist ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Petr]] 3,1-7 EU). Der Gegensatz der Haltungen zwischen Jesus und Paulus wird von Kritikern immer wieder herausgestellt, und die Haltung der Kirchenväter und der christlichen Kirche wird in der Tradition von Paulus gesehen. Paulus wird dabei vorgeworfen, zum Teil sogar noch die Strenge der jüdischen Traditionen zu übertreffen.[55][56]

Unter den Frauenbildern im Neuen Testament hat die Gottesmutter Maria die größte Bedeutung. In großen Teilen des Christentums findet man einen ausgeprägten Marienkult, der sich in den letzten beiden Jahrhunderten deutlich verstärkt hat. Kritiker stellen dabei heraus, dass die Madonna als geschlechtsloses Wesen gezeigt werde, was wiederum an das patriarchalische Prinzip anknüpfe.[57] Andere sehen dagegen die Madonna als eine Verkörperung des Mutterprinzips (z. B. Mutterarchetyp nach C. G. Jung).

Gesellschaftliche und psychologische Folgen

Die patriarchalische Einstellung der Bibel, so das bibelkritische Argument, hat sich stark auf die Verhältnisse in den christlichen Gesellschaften ausgewirkt und diese Wirkung dauert noch an.[58] Mit Hinweis auf die Bibel werden bis heute patriarchalische Verhältnisse in Familie, Klerus und Gesellschaft gerechtfertigt.[59]

Siehe hierzu auch Feministische Theologie, Pelagianismus, Zölibat, Erbsünde.

Konflikte mit wissenschaftlichen Erkenntnissen

Die Entwicklung der Wissenschaften, so wie wir sie heute kennen, ist geprägt von Konflikten mit den religiösen Autoritäten. In vielen Fällen ging und geht es dabei nicht direkt um den Inhalt der Bibel, sondern um die religiöse Doktrin, und um die Abgrenzung der Zuständigkeiten bei der Beantwortung existenzieller Fragen. Die Bibel spielt in diesem Konflikt allerdings immer wieder eine wichtige Rolle, und zwar umso mehr als sich die streitenden Parteien in der Argumentation auf sie beziehen.

Methodik der Wahrheitsfindung

„Was ist Wahrheit?“ fragt schon in der Bibel Pontius Pilatus beim Verhör von Jesus (Joh 18,38 EU). An dieser Frage entzündet sich oftmals der Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion. Traditionell beruht der Wahrheitsbegriff bei den Buchreligionen auf göttlicher Offenbarung. Die heiligen Schriften als wichtigstes Zeugnis dieser Offenbarung enthalten demnach diese Wahrheit, und man findet sie durch das Schriftstudium. Der Wahrheitsbegriff der Wissenschaft beruht dagegen auf der Übereinstimmung zwischen Vorhersagen, die sich aus Theorien ergeben, und deren experimenteller Überprüfung. Siehe dazu auch Wissenschaftstheorie. Manche lösen den daraus entstehenden Konflikt dadurch, dass sie von mehreren parallelen Wahrheiten ausgehen, die alle ihre Berechtigung haben, aber besonders befriedigend ist diese Haltung nicht.[60]

Diese beiden verschiedenen Auffassungen von Wahrheit bzw. Wahrheitsfindung kamen und kommen dann miteinander in Konflikt wenn sie unterschiedliche Aussagen über das gleiche Thema machen. Dieser Fall trat und tritt immer wieder ein. Bekannte historische Beispiele für diesen Konflikt sind:

  • Die Kosmologie, speziell die Ablösung des geozentrischen Weltbildes in der Tradition des Ptolemäus durch das heliozentrische Weltbild, das von Kopernikus, Galilei und weiteren Wissenschaftlern propagiert wurde.
  • Die Evolution, bzw. die Lehre von der Entstehung der Arten.
  • Die Geologie, bzw. die Lehre von der Entstehung der Erde.
  • Die Anatomie, speziell die Auseinandersetzung um die Zulässigkeit von Sektionen.
  • Die Geschichte, speziell die vergleichende Geschichte, und die mit ihr zusammenhängende Archäologie

Zu allen diesen Themen macht auch die Bibel Aussagen, die allerdings nicht nur wörtlich, sondern auch mythologisch ausgelegt werden können. Von dieser Auslegung hängt es ab inwieweit sich Konflikte zu den Wissenschaften ergeben.[61]

Es gab und gibt zahlreiche Versuche, nicht zuletzt auch von religiös gesinnten Wissenschaftlern, und von wissenschaftlich gebildeten Theologen, diese Konflikte aufzulösen, und ein fruchtbares Nebeneinander von Wissenschaft und Religion zu erreichen. Da die Konflikte andauern kann man nicht von einem vollen Erfolg dieser Bemühungen sprechen, jedoch tragen sie zu einem verbesserten Verständnis der beiden Seiten bei.[62]

Kosmologie

Das kosmologische Weltbild in der Bibel unterscheidet sich von dem der heutigen Wissenschaft grundlegend. Letzteres hat sich in den letzten Jahrhunderten stark gewandelt und damit vom kosmologischen Weltbild der Antike entfernt. Dabei war und ist auch umstritten, inwieweit die Bibel das Weltbild der flachen Erde vertritt, bzw. inwieweit das geozentrische und das heliozentrische Weltbild mit der Bibel verträglich sind.[63][64]

Die heute gängige theologische Lehrmeinung hat ihren Frieden mit der Ansicht geschlossen, die Erde stehe nicht im Zentrum des Universums. Es gibt jedoch weiterhin Uneinigkeit über die Theorien zur Entstehung des Universums. Vielfach werden die biblischen Schöpfungsberichte als im Widerspruch mit der Theorie des Urknalls und der Entstehung von Galaxien und Sternen befindlich angesehen. Teils wird daraus Kritik an der Bibel abgeleitet, teils Kritik an der kosmologischen Wissenschaft. Siehe dazu auch den Abschnitt zu den Schöpfungsberichten im Buch Genesis weiter unten.

Evolution

Die Evolutionslehre ist seit ihren Anfängen bei Charles Darwin besonders im Brennpunkt von Konflikten zwischen religiösen und naturwissenschaftlichen Weltanschauungen. Die Kontroverse dauert bis in die Gegenwart an und wird z. B. auch auf dem Feld der Schulpolitik ausgetragen.

Die Evolutionslehre wird dabei von einem Teil der Christen, insbesondere von Evangelikalen, als mit der biblischen Schöpfungslehre im Widerspruch befindlich angesehen. Oftmals wird dabei fälschlicherweise die Evolution als ein zufälliger Prozess dargestellt, durch den die Komplexität und Zweckmäßigkeit von Organismen und insbesondere des Menschen nicht entstehen könne.

Die Evolutionstheorie ist vom größten Teil der Wissenschaftler als im Wesentlichen richtig akzeptiert, auch wenn es noch große Lücken in der Erkenntnis zu schließen gilt. Dadurch wird die Annahme eines Schöpfers unnötig, die Entstehung der Lebewesen ist auch ohne Schöpfer erklärbar.

Manche Theologen versuchen eine Harmonisierung dergestalt, dass sie die Evolution als Gottes Methode der Schöpfung auffassen. Gott hätte demnach (als „Creator Spiritus“) den Rahmen geschaffen, innerhalb dessen sich die Evolution vollzieht. Die meisten Wissenschaftler halten aber auch die Annahme eines solchen Rahmengebers für unnötig.

Geologie

Es gibt zahlreiche Versuche, aus der Bibel durch Auswertung der Genealogien und anderer Zeitangaben den Zeitpunkt der Schöpfung zu rekonstruieren. Wenngleich so keine eindeutige Datierung zu erreichen ist, ergibt sich auf diese Weise doch ein Zeitpunkt vor ungefähr 6000 Jahren. Die geologischen Erkenntnisse sprechen demgegenüber für ein Alter der Erde von über 4 Milliarden Jahren. Es gibt zahlreiche Versuche, diese Diskrepanz zu erklären bzw. aufzulösen.

So gibt es z. B. das Argument, Gott habe die Erde (und das Universum) so geschaffen, dass es so scheine, als sei sie Milliarden Jahre alt. Die Fossilien und Gesteinsschichten beispielsweise seien schon in dieser Form mitgeschaffen worden. Dagegen lässt sich kaum ein Beweis führen, doch wird dagegen eingewandt, dass es nicht recht einsichtig sei, weshalb Gott den Menschen in dieser Hinsicht täuschen wollte, bzw. welchen Grund außer der Täuschungsabsicht es dafür geben könnte.

Kritik an einzelnen Bibelpassagen

Dieser Abschnitt soll aufgelöst und in den jeweiligen Argumentationszusammenhang gestellt werden.

Genesis

Schöpfungsgeschichte

Die Bibel enthält im Buch Genesis (= 1. Buch Mose) zwei Schöpfungsberichte, die von unterschiedlichen Autorengruppen in unterschiedlichen Zeiten verfasst wurden. Der erste (Gen 1,1 EU-2,4a EU) wurde wohl vor etwa 3000 Jahren von dem so genannten Jahwisten geschaffen, der zweite (Gen 2,4b-25 EU) im 6. Jh. v. Chr. von Priestern während des babylonischen Exils. Beide wollen bestimmte Aussagen über die Beschaffenheit der Welt und des Menschen machen und wurden deshalb beide - ohne Rücksicht auf die offensichtlichen Widersprüche - hintereinander an den Anfang der Bibel gestellt.

Die Unterschiede zwischen beiden Darstellungen beziehen sich u.a. auf die Reihenfolge der Schöpfungselemente. Die Widersprüche zur naturwissenschaftlichen Theorie der Weltentstehung sind offensichtlich. Konservative Christen, die im weitesten Sinne dem Kreationismus zuzurechnen sind, halten trotzdem an der Auffassung fest, die Schöpfungsgeschichten seien naturkundliche Tatsachenberichte. Unter vielen Theologen und aufgeklärten Christen hingegen hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass die beiden Schöpfungsberichte nicht als naturwissenschaftliche Beschreibung zu verstehen sind, sondern als Beschreibung der Aufgaben des Menschen in seiner Welt, die ihm nicht gehört.

Erster Schöpfungsbericht

Die erste Schöpfungsgeschichte (Gen 1,1-2,4a EU) lässt Gott das Licht, die Himmelsfeste, die bewohnbare Erde, darauf die Gestirne, Pflanzen, verschiedene Tierarten und schließlich den Menschen in sechs Tagen erschaffen, mit einem folgenden siebenten Tag der Ruhe.

Diese Darstellung entspricht nicht den modernen naturwissenschaftlichen Theorien über die Entstehung des Universums, der Erde, der Lebewesen und des Menschen. Die weithin anerkannten, wenn auch von einigen religiösen Fundamentalisten abgelehnten wissenschaftlichen Theorien sind z. B. die Theorie vom Urknall und von der Entstehung der Galaxien, Sonnensysteme und Planeten einschließlich der Erde, und die Theorien von der Evolution, der Erdgeschichte, in der Geologie und der Paläontologie.

Es hat viele Versuche gegeben, Schöpfungsberichte und naturwissenschaftliche Theorien in Einklang zu bringen. Beispielsweise versuchte man zu argumentieren, dass ein Schöpfungstag mehreren Millionen Jahren entspreche. Solche Versuche werden weithin als verfehlt betrachtet. Heute gehen viele Christen davon aus, dass die Schöpfungsberichte keine naturwissenschaftlichen Theorien aufstellen wollten, sondern die Absicht hätten, theologische Aussagen über Gott, den Menschen und die Welt zu machen. Einen "Vergleich" von Aussagen der Schöpfungsgeschichte mit naturwissenschaftlichen Theorien halten sie für unseriös.

Nachfolgend eine Liste von Differenzen zwischen biblischem Schöpfungsmythos und naturwissenschaftlicher Theorie:

  • Die Dauer der Schöpfungsphase von 7 Tagen widerspricht der Theorie vom Urknall bis zur Entstehung des Menschen in einem Zeitraum von Milliarden Jahren vergangen, auch von der Entstehung der Erde ab gerechnet sind es noch mehr als 4 Milliarden Jahre bis zur Entstehung der ersten Menschen.
  • Das Licht wurde laut Schöpfungsbericht vor der Sonne geschaffen (weswegen einige die Schöpfung des Lichts mit dem Urknall in Zusammenhang bringen). Zugleich markiert dies auch den Beginn des Wechsels zwischen Tag und Nacht, also der (irdischen) Zeitrechnung, was wiederum nicht ohne weiteres zum Urknall passt und eher für die Identifikation des Lichts mit der Sonne spricht.
  • Die Teilung „der Wasser“ in einen Teil „oberhalb der Wölbung“ und einen „unterhalb der Wölbung“ ist eine Beschreibung eines Weltbildes, das dem klassischen, in Mesopotamien in der Antike verbreiteten Weltbild mit der Erde als flache Scheibe, an allen Seiten umgeben von Wasser, entspricht. Die Wölbung ist dabei als die „Luftblase“ zu verstehen, die die oberen Wasser von den unteren Wassern trennt. Regen wurde als eine Art „Undichtigkeit“ aufgefasst. Bis in das 19. Jahrhundert hinein gab es Gruppierungen, die auf die Bibel gestützt ein solches Weltbild propagierten (Flat Earth Society).
  • Die Entstehung der Pflanzen erfolgt in der Schöpfungsgeschichte vor der Schöpfung der Gestirne, einschließlich der Sonne. Hier erkennt man, dass die Sonne und andere Gestirne nicht als Quelle des Lichts angesehen wurden. In der Tat hielt sich bis in die Zeit der Aufklärung die Vorstellung, die Gestirne seien nicht die Quelle des Lichts, sondern eher eine Art von Lichtförderer. Die unmittelbare Anschauung legt zunächst auch nahe, dass das Licht nicht bloß von der Sonne komme; denn tagsüber ist der ganze „Himmel“ hell, selbst wenn die Sonne gar nicht sichtbar ist. So wird verständlich, dass für das Vorhandensein von Licht und für den Wechsel von Tag und Nacht die Sonne nicht als entscheidend angesehen wurde, und Pflanzen die Sonne zu ihrem Gedeihen nicht zu brauchen schienen. Entsprechend heißt es in der Schöpfungsgeschichte auch, dass die beiden größten Gestirne (Sonne und Mond) „zur Beherrschung“ von Tag und Nacht gemacht wären - und eben nicht zur Beleuchtung.
  • Auch die Reihenfolge der Erschaffung der Tierarten stimmt mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht überein. Die Schöpfungsgeschichte lässt die Wassertiere und die Vögel an einem Tag entstehen, und die auf der Erde lebenden Tiere am nächsten Tag. Der Stand der heutigen Wissenschaft lässt dagegen die erdbewohnenden Tiere aus den Wassertieren, und daraus dann die Vögel entstehen. Einige Wassertiere wie z. B. die Meeressäugetiere (die mit den Seeungeheuern der Schöpfungsgeschichte identifiziert werden) stammen von erdbewohnenden Tieren ab.
Zweiter Schöpfungsbericht

Der Mythos vom Garten Eden (Gen 2,4b-25 EU) gibt eine andere Version der Schöpfungsgeschichte wieder: Zunächst wird der männliche Mensch aus Lehm erschaffen, danach werden Pflanzen geschaffen, dann die Tiere, und schließlich der weibliche Mensch (Eva) aus der „Rippe“ (die exakte Bedeutung dieses Textes ist nicht bekannt) des Mannes (Adam). Im oben beschriebenen ersten Schöpfungsbericht werden dagegen beide zugleich erschaffen.

Eine Übereinstimmung mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über die Entstehung der Arten ist bei diesem Schöpfungsbericht selbstverständlich nicht zu erkennen; der Mythos ist allein theologisch begreifbar: Gott erschafft den Menschen und sorgt für ihn, indem er versucht, ihm einen passenden Gefährten zu schaffen. Von den Tieren kann niemand die Ansprüche des Menschen erfüllen, nur die Partnerin ist hierfür geschaffen.

Noach und die Sintflut

In der Geschichte von der Sintflut (GenEU) sehen Bibelkritiker ein Beispiel dafür, wie im Alten Testament die Sippenhaftung als selbstverständlich gelte. Gott ist darüber betrübt, dass die Menschheit, seine Schöpfung, der Bosheit verfallen ist und beschließt, sie auszurotten (Gen 6,5-7 EU). Bibelkritiker interpretieren diese Situation als Konstruktionsfehler, der Gott anzulasten sei. Über die konkreten Vergehen, deretwegen so eine drastische Reaktion gerechtfertigt werden könnte, erfährt man in der Bibel praktisch nichts. Die Bibel berichtet, wie Gott nicht nur die gesamte Menschheit – außer Noach und seiner Familie – ausrottet, was auch Unschuldige wie z. B. Säuglinge mit einschließe, sondern darüber hinaus auch die gesamte an Land lebende Tierwelt, außer den Exemplaren, die Noach in die Arche rettet. Sie fragen sich, ob Gott nicht „etwas zielgenauer“ hätte vorgehen können.

Oder andernfalls, wenn schon die fast völlige Vernichtung der Schöpfung erforderlich gewesen sein sollte, warum macht Gott dann nicht einfach reinen Tisch, und erschafft die Welt ganz neu, was ja in sechs Tagen geschehen kann? Es ist manchem Bibelkritiker (z. B. Reimarus) nicht recht einsichtig, was Noach vor allen anderen Menschen zum Überleben qualifizierte, z. B. wenn man die in Gen 9,21-27 EU erzählte Geschichte der Verfluchung seines Enkels Kanaan berücksichtigt.

Bibelkritiker monieren, dass die Operation nicht den Erfolg hatte, den sie erwartet hätten, denn wie sich im weiteren Verlauf der Bibel zeigt, ist auch danach an Bosheit kein Mangel, und es bieten sich weitere Anlässe zu summarischen Strafaktionen. Historiker sehen in dem Bericht eine mythische Verarbeitung einer tatsächlich stattgefundenen Naturkatastrophe, die auch in den Mythen anderer Völker überliefert wurde.[65]

Lot und der Untergang von Sodom und Gomorra

Sodom und Gomorra werden wegen der Sünden seiner Bewohner (wegen der hiernach benannten Sodomie) von Gott vernichtet, nur Lot mit seiner Familie entgeht dem Tod (Gen 19 EU). Zuvor verhandelt noch Abraham mit Gott, um das Unheil abzuwenden (Gen 18,16ff. EU), scheitert aber mangels genügend Gerechter in Sodom. Auch hier gilt wieder die Sippenhaftung, obwohl in diesem Fall angegeben wird, dass sich alle vom Knaben bis zum Greis an der Sodomie beteiligten (Gen 19,4 EU). Lots Frau stirbt auf der Flucht allein deswegen, weil sie sich umsieht, gegen die ausdrückliche Anweisung Gottes.

Lot, der einzige Gerechte von Sodom, schwängert danach betrunken seine beiden Töchter. Dass weder Lot noch seine Töchter dafür bestraft werden, zeigt wie kulant Gott in diesem Fall ist. Indirekt wird dabei klar, als wie schlimm die Vergehen der Sodomiter angesehen worden sein müssen, die ihnen die Vernichtung eingebracht haben.[66]

Exodus

Die zehn Gebote

Bei den zehn Geboten, [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|2_Mos]] 20 EU bzw. [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|5_Mos]] 5,6-21 EU, einer Grundlage christlicher Moral, fällt z. B. auf, dass die ersten drei Gebote, die sich um religiöse Vorschriften drehen, besonders ausgeführt und erklärt sind, während die Übrigen direkt und ohne Auslegung gehalten sind.

Im Zusammenhang mit weiteren Bibelstellen kann man erkennen, dass die letzteren Gebote den Anordnungen Gottes untergeordnet sind, dass Gott also im Einzelfall die (anscheinende) Verletzung eines Gebotes verlangt oder gutheißt. So lässt zum Beispiel Moses kurz nach dem Empfang der Gebotstafeln eine Meuterei in seinem Lager blutig niederschlagen, da mit der Verehrung des Goldenen Kalbs sein Volk gegen das 1. und 2. Gebot verstoßen hat (2 Mos 32 EU).[67]

Im weiteren Verlauf der Bibel findet man noch vielfach Anweisungen Gottes an seine Anhänger, ihre Feinde zu töten, mit List zu überwältigen, auszuplündern, zu versklaven und dergleichen mehr.

Deuteronomium

Tod des Moses und Urheberschaft des Pentateuch

Die 5 Bücher des Pentateuch galten traditionell als von Moses selbst verfasst. Das letzte Buch, Deuteronomium, endet aber mit der Schilderung seines Todes, das kann also wohl kaum von ihm selbst stammen. Wenigstens diese Passage musste also von Unbekannten nachträglich hinzugefügt worden sein, wenn man Moses nicht gerade hellseherische Fähigkeiten unterstellen will. Dieser Widerspruch ist schon recht früh aufgefallen, doch hat die historisch-kritische Forschung zunehmend zu Zweifeln geführt, ob Moses überhaupt als Autor des Pentateuch angesehen werden kann.

Inzwischen herrscht in der historisch-kritischen Theologie weithin Übereinstimmung, dass der Pentateuch in der auf uns gekommenen Fassung ein Werk von Autoren und Redakteuren aus der Zeit nach dem babylonischen Exil ist, und dass im Wege der (mündlichen oder schriftlichen) Überlieferung Teile auf unterschiedliche frühere Quellen zurückgehen. Sowohl die Quellen als auch die späteren Redakteure hätten ihre jeweilige historische Perspektive und Interessenlage, die zum Teil in den Texten durchscheint.

Das Buch Deuteronomium scheint dabei einer ganz anderen Quelle zu entstammen als die anderen Bücher des Pentateuch. Es wird weithin mit dem Buch in Verbindung gebracht, das im 7. Jhd v. Chr. während der Herrschaft von Josia bei Bauarbeiten im Jerusalemer Tempel gefunden worden sein soll (2 Kön 22,8 EU), es scheint aber nicht lange davor geschrieben worden zu sein.[68]

1. und 2. Buch Samuel

Das 1. Buch Samuel und das 2. Buch Samuel bildeten ursprünglich ein Buch im Alten Testament; erst bei der Übersetzung ins Griechische wurde es in zwei Bücher geteilt. In diesem Buch sind Texte aus verschiedenen Quellen zusammengefasst, sodass sich auch einzelne Widersprüche finden. Beispielsweise wird an zwei Stellen von der Tötung eines als riesig beschriebenen Kriegers namens Goliath aus Gath berichtet: In 1 Sam 17,4-51 EU wird die bekannte Geschichte des Kampfes zwischen David und Goliath erzählt, nach Vers 50-51 tötete David den Goliath; in [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|2 Samu]] 21,19 EU hingegen heißt es, jemand namens Elhanan habe Goliath aus Gath erschlagen.

Das Buch Ijob

Das Buch Ijob beschreibt eine Art Wette zwischen Gott und dem Satan. Der Satan fügt mit Duldung Gottes Ijob schwere Schicksalsschläge zu, um dessen Glaubensfestigkeit zu testen. Er ist schließlich so weit, sich über Gott zu beklagen, sieht aber seinen Fehler ein und nimmt die Klage zurück. Er wird darauf von Gott für seine Standhaftigkeit belohnt und besser gestellt, als er vorher war.

Die Geschichte hat auf der einen Seite das Potenzial des Trostes für Menschen, die sich vom Leben betrogen fühlen. Kritiker sehen jedoch darin ein 'übles Spiel', das Gott und Satan mit Ijob treiben.[69] „Als wenn einfach wiedergutzumachen wäre, was Hiob, seiner Frau und seinen Kindern geschehen ist; als wenn die einen Söhne durch die neuen und als wenn die umgekommenen Töchter einfach durch andere zu ersetzen wären. Kein Leben kann ein Leben wiedergutmachen“, heißt es in einer Fastenpredigt[70] von Dorothee Sölle und Fulbert Steffensky. Und J. L. Mackie merkt an: „Gleichgültig was wir auch von Hiob selbst denken mögen, es kann kein Zweifel daran bestehen, daß Jahwe in dieser Geschichte keine gute Figur macht.“[71]

Evangelien

Geburt, Herkunft und Abstammung Jesu

Die Angaben der Evangelien über die Herkunft der Eltern Jesu stimmen anscheinend nicht miteinander überein. Im Markusevangelium erfährt man, Jesus stamme aus Nazareth in Galiläa (Mk 1,9 EU). Bei Matthäus wohnen Maria und Josef in Betlehem, und ziehen dann nach der Geburt Jesu nach Nazareth. Lukas lässt die Familie dagegen zur Schätzung von Nazareth nach Bethlehem ziehen. Auch die Chronologie ist nicht mit den historischen Fakten in Einklang zu bringen. So soll der bei Lukas genannte Grund für die noch vor Jesu Geburt angetretenen Reise nach Bethlehem die von Statthalter Quirinius angeordnete Schätzung gewesen sein. Eine von Publius Sulpicius Quirinius im Jahr 6 n. Chr. in Judäa und Samaria veranstaltete Volkszählung ist bekannt, sie betraf aber nicht Galiläa. Matthäus schreibt demgegenüber, dass Herodes zur Zeit von Jesu Geburt noch lebte und die Familie vor einer von ihm angeordneten Kindertötung[72] nach Ägypten floh, und erst nach seinem Tod nach Nazareth zog. Herodes starb aber im Jahr 4 v. Chr., lange bevor Quirinius Statthalter in Syrien wurde. Die Zeit der Geburt Jesu ist demnach nicht mit Sicherheit zu bestimmen, die Evangelisten scheinen einige historische Ereignisse miteinander zu vermischen, die zu unterschiedlichen Zeiten stattgefunden haben, auf ihre Erzählung wäre somit in historischer Hinsicht kein Verlass.[73]

Das Matthäusevangelium (Mt) beginnt mit der Stammlinie Jesu (MtEU). Das entspricht zwar den patriarchalischen Vorstellungen der Zeit, und es soll offenbar Jesus' Legitimation als von König David abstammend demonstrieren, aber dadurch entsteht ein Konflikt zur Vorstellung der jungfräulichen Geburt Jesu. Wenn Maria vom Heiligen Geist empfangen haben sollte, dann kann ihr Mann Josef nichts damit zu tun gehabt haben - die über ihn laufende Linie wäre damit irrelevant.

Direkt nach der Aufzählung der männlichen Ahnen (Mt 1,18ff EU) wird deutlich, dass Josef zunächst Betrug witterte, dann aber von einem Engel dazu gebracht wurde, Maria nicht zu verlassen. Ein unvoreingenommener Leser könnte annehmen, dass Josef einen Seitensprung Marias nach anfänglicher Verärgerung schließlich nachgesehen hat und sich dazu entschlossen hat, das Kind als sein eigenes auszugeben. Das scheint sich auch bewährt zu haben: Wie man z. B. aus Mt 12,46f EU erfährt, hatte Jesus später Geschwister. Josef verschwindet demgegenüber recht schnell aus dem Blickfeld, es scheint fast, als hätte er mit der Zurverfügungstellung seiner Stammlinie seine Schuldigkeit getan.

Auch das Lukasevangelium (Lk) enthält eine Stammlinie Jesu (Lk 3,23 ff EU). Dort heißt es über Jesus: „Man hielt ihn für den Sohn Josefs.“ Das passt zu der Angabe im Matthäusevangelium, nach der Josef der Mann von Jesu Mutter Maria war, relativiert aber auch die Bedeutung der Stammlinie im Hinblick auf Jesu' direkte göttliche Abstammung.

Beide Stammbäume stimmen in einer Reihe von weiteren Punkten überein, z. B. darin, dass König David und sein Vater Isai vorkommen.

Es gibt jedoch auch erhebliche Unterschiede: Nach dem Lukasevangelium soll Jesus – oder eigentlich Josef – von Davids Sohn Natan abstammen, nach dem Matthäusevangelium hingegen sollen Davids Sohn Salomo und eine Reihe weiterer Könige in diese Ahnenreihe gehört haben. Der Vater Josefs soll nach dem Lukasevangelium Eli geheißen haben, nach dem Matthäusevangelium Jakob.

Manche erklären die Unterschiede zwischen beiden Evangelien damit, dass in einem Fall die Abstammung Josefs, im anderen die Abstammung Marias berichtet werde. (Details siehe Vorfahren Jesu) Beide stammten demnach von David ab. Dadurch werden aber nicht alle Widersprüche beseitigt, denn auch die Abstammungslinie von Abraham bis David stimmt in beiden Berichten nicht überein. Auch der Vergleich mit den Genealogien im alten Testament ergibt Widersprüche (1 Chr 1-8 EU, 1 MosEU, 1 Mos 11 EU)[74]

Neben diesen Unstimmigkeiten in den Details kann man sich auch fragen, weshalb für einen Gottessohn überhaupt eine Ahnentafel nötig sein soll. Aus diesem Blickwinkel heraus scheint es eher so als hätte zumindest Matthäus in seinem Evangelium Jesus zunächst überhaupt nicht als Gottessohn und Erlöser wahrgenommen. So beginnt er sein Evangelium so: „Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.“ Hätte nicht der christliche Standpunkt eher diese Formulierung erwarten lassen: „Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Gottes, des Allmächtigen.“? Solche Überlegungen haben auf bibelkritischer Seite zur Annahme geführt, bei der Gottessohnschaft Jesu handle es sich um ein erst später aufgekommenes Konstrukt, das zu Lebzeiten Jesu und kurz danach noch überhaupt nicht präsent gewesen sei.

Auferstehung

Die historische Existenz von Jesus ist zwar allgemein anerkannt. Die Berichte seiner Auferstehung und Himmelfahrt jedoch rufen Widerspruch hervor, da die berichteten Wunder mit allen bekannten Naturgesetzen unvereinbar, mithin nach naturwissenschaftlichen Kriterien wahrscheinlich mythologischen Charakters sind. Bibelkritiker, die an einen historischen Kern dieser Berichte glauben, sie also nicht für rein mythologisch halten, suchen deshalb nach Interpretationen, die auf die Annahme naturwissenschaftlich nicht belegbarer Wunder verzichten.

Sie spekulieren, Jesus könne möglicherweise noch gelebt haben, seine Kreuzigung könne inszeniert gewesen sein, oder er könne scheintot gewesen und in der Grabkammer wieder erwacht sein (z. B. Franz Alt). Weitere Spekulationen ranken sich darum, wie lange und wo Jesus danach gelebt haben könnte. Gegen die These des Weiterlebens sprechen jedoch neueste medizinische Versuche zum Kreislaufversagen nach schweren Traumata, insb. solchen, die beim „Durchnageln“ von Händen und Füßen entstehen. Dies beweist allerdings in keiner Weise die Hypothese der Auferstehung.

Andere Spekulationen ranken sich um einen eventuellen Diebstahl des Leichnams aus der Grabkammer - eine Theorie die auch von Mt 28,11 ff. EU inspiriert ist (z. B. Reimarus).[75]

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die im Vergleich zur Kreuzigung geringe Zahl von Zeugen der Auferstehung. Gerade weil die Auferstehung ein zentraler Glaubensartikel des Christentums darstellt wird dies als bemerkenswert empfunden.[76]

Himmelfahrt

Christi Himmelfahrt wird am ausführlichsten in Apg 1,4-14 EU beschrieben. Für ein so außergewöhnliches Ereignis erscheint der Text unerwartet oberflächlich. Noch knapper wird das Ereignis in den Evangelien von Markus (Mk 16,19 EU) und von Lukas (Lk 24,50 ff. EU) erwähnt. Bei Lukas mag das daran liegen, dass er auch der Verfasser der Apostelgeschichte ist. Die anderen beiden Evangelien enthalten keine Schilderung der Himmelfahrt. Das ist insbesondere bei Johannes bemerkenswert, stellt doch sein Evangelium am meisten von allen Jesus als göttlich dar. Man kann sich fragen, warum so ein bedeutendes Ereignis so stiefmütterlich behandelt wird.

Ebenfalls fällt auf, dass die Angaben darüber, was Jesus zwischen Auferstehung und Himmelfahrt gemacht hat, variieren. Auch die Dauer dieses Zeitraums ist nicht klar ersichtlich, wenn auch die katholische Kirche immer von 40 Tagen ausging; für das von der Apostelgeschichte berichtete Ereignis sind keine 40 Tage erforderlich gewesen, also was ist sonst passiert? Angesichts der doch recht detaillierten Schilderungen der Kreuzigung bleiben die Texte hier ziemlich vage.

Eine weitere Auffälligkeit besteht darin, dass Jesus in Apg 1,6-7 EU die Antwort auf eine Frage zu geben scheint, die die Urchristen insbesondere zur Zeit der Abfassung der Apostelgeschichte, also wenigstens 40 Jahre nach Jesu Kreuzigung, beschäftigt haben dürfte: Die Frage der Zeit seiner Wiederkehr. Einige Kritiker vermuten, dass Lukas hier Worte in Jesu Mund legt, die insbesondere als Antwort auf Fragen seiner Leser gedacht sind.

Das Jesusbild im Johannesevangelium (Joh)

Das Johannesevangelium als das vermutlich zeitlich am spätesten verfasste Evangelium unterscheidet sich inhaltlich stark von den anderen drei Evangelien. Wie man z. B. an der Kreuzigungsgeschichte (Joh 18-19 EU) erkennt, wird Jesus hier stark verklärt als göttliche Gestalt dargestellt, die mit den Vorgängen auf der Erde schon nicht mehr viel zu tun hat. Jeder Hinweis auf Schmerz, Agonie oder Verzweiflung wird vermieden. Wo im Markusevangelium Jesus noch ruft: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Mk 15,34 EU) da sagt er bei Johannes: „Es ist vollbracht“ und übergibt den Geist.

Dieses Verständnis von Jesus als göttlicher Figur findet seinen Niederschlag in vielen Formulierungen im Evangelium. Hier eine unvollständige Liste der Auffälligkeiten, die man im Vergleich mit den synoptischen Evangelien auch als Widersprüche auffassen kann:

  • Von Jesu Taufe ist nicht die Rede. Der Autor hat sie vielleicht weggelassen, weil die Taufe die Reinigung von der Sünde symbolisiert, die ein Gottessohn per Definition nicht nötig haben sollte.
  • Die Jesusmutter Maria wird nicht mit ihrem Namen genannt, und von Jesus als Frau angeredet.
  • Die Schilderung der Eucharistie fehlt bei Johannes.
  • Die Synoptiker schildern die Agonie von Jesus auf dem Ölberg, bei Johannes ist nur von einem gefassten, fast souveränen Gebet zu lesen.
  • Lukas lässt Jesus am Kreuz beim Vater um Vergebung für die Sünden seiner Peiniger bitten, bei Johannes fehlt dies.

Aus bibelkritischer Sicht sind das klare Hinweise auf das Bestreben des Evangelisten, Jesus in göttlichem Licht, und frei von menschlichen Schwächen erscheinen zu lassen. Das Evangelium sei daher noch mehr als die anderen Evangelien nicht als historische Schilderung sondern als von einem theologischen Programm dominiertes Werk zu verstehen.[77]

Apostelgeschichte (Apg)

In der Apostelgeschichte gibt es mehrere Berichte über die Bekehrung des Saulus, der als Apostel Paulus bekannt wurde: im 9. Kapitel, im 22. Kapitel und im 26. Kapitel. Diese Berichte widersprechen einander in einer Reihe von Einzelheiten:

  • Nach 9:7 hörten die Begleiter des Paulus die Stimme (Jesu), nach 22:9 hörten sie sie nicht.
  • Nach 9:7 standen die Begleiter sprachlos, nach 26:14 sind alle zur Erde niedergefallen.
  • Nach 9:6 und 22:10 wird Paulus von Jesus aufgefordert, in die Stadt bzw. nach Damaskus zu gehen, wo ihm gesagt würde, was er tun sollte – nach 26:16-18 erhält Paulus gleich von Jesus einen Missionsbefehl.

Authentizität

Nicht alle der 13 unter dem Namen des Paulus von Tarsus in der Bibel geführten Briefe werden nach heutigem Stand der Forschung Paulus als Autor zugeschrieben (z. B. gelten die Pastoralbriefe weithin als nicht von Paulus persönlich verfasst). Es ist auch umstritten, ob einige der Briefe in der vorliegenden Form auf Paulus zurückgehen, oder ob zuvor eigenständige Texte von einem unbekannten Redakteur zu einem Brief zusammengefügt wurden. Dies wird z. B. von Röm. 16 behauptet, der dem Römerbrief erst nachträglich angefügt worden sein soll. Grund zu der Annahme gibt die Tatsache, dass der Autor zahlreiche Personen aus der römischen Gemeinde namentlich grüßt, obwohl er bis dahin die römische Gemeinde noch nie aufgesucht hatte.[78] Der Theologe Werner de Boor kommt hingegen zu dem Schluss, dass Umfang und Inhalt der Grußliste plausibel sind und es sich bei Römer 16 um einen echten Anhang des Römerbriefs handelt. [79]

Aus bibelkritischer Sicht wirft es auf die Glaubwürdigkeit der Bibel ein sehr schlechtes Licht wenn es dort vorkommen sollte, dass falsche Autorenschaft vorgeschützt wird, oder dass die Einheit eines Dokuments suggeriert wird das in Wirklichkeit nachträglich aus verschiedenen Quellen zusammengesetzt wurde. Was bei einer angenommenen menschlichen Autorenschaft ohne weiteres erklärt werden kann, provoziert bei einer angenommenen göttlichen Inspiration Erklärungsprobleme.

Es ist im Altertum nicht ehrenrührig gewesen, eigene Gedanken unter dem Namen einer Autorität zu veröffentlichen, ganz im Gegenteil, man sah darin eine Respektbekundung gegenüber der Autorität. Schutz des geistigen Eigentums ist eine Idee, die dem Altertum fremd war.

Theologische Positionen des Paulus

Viele Bibelkritiker konstatieren ein Spannungsverhältnis zwischen den Lehren von Paulus und denen von Jesus (z. B. besonders pointiert Friedrich Nietzsche: „Der „frohen Botschaft“ folgt auf dem Fuß die allerschlimmste: die des Paulus.“[80]). Paulus hat Jesus nicht persönlich gekannt (wenn man davon absieht, dass er Jesus in einer Vision gesehen haben will, siehe ApgEU). Wie man z. B. der Apostelgeschichte entnehmen kann, gab es zwischen ihm und der Urgemeinde in Jerusalem um Petrus auch bald Konflikte. Einer der Streitpunkte dabei war die Beschneidung, auf der die Vertreter der Urgemeinde als jüdische Pflicht bestanden, Paulus aber nicht (Apg 15 EU, GalEU).

Paulus war als Gebildeter wohl den meisten seiner Kontrahenten in der Jerusalemer Urgemeinde überlegen, und seine Lehre hat sich in der Folge auch weitgehend durchgesetzt. Jesus selbst war offenbar kein Gebildeter, und seine Lehre war an die einfachen Menschen gerichtet. Der Spannungsbogen zwischen der paulinischen Lehre und der Lehre Jesu hat die christliche Religion von Anfang an geprägt. Während auf der einen Seite sich die katholische Kirche und mit ihr weitere christliche Bekenntnisse die Position Paulus' weitgehend zu eigen machen, wird Paulus auch immer wieder von (häretischen) Kritikern als Verfälscher der ursprünglichen Lehre Jesu gebrandmarkt (siehe Paulinismus). Es ist aber unverkennbar, dass Paulus letztlich mit seinen theologischen Ansichten gegenüber der Urkirche um Petrus und Jakobus den Sieg davontrug.

Bibelkritik in der Diskussion

Unterschiedliche Interpretationen

Kritiker und Apologeten der Bibel üben teilweise scharfe Kritik aneinander, bis hin zum Vorwurf der Unredlichkeit. Nicht selten geht es dabei um die Interpretation der Bibel: Die einen wie die anderen werfen der Gegenseite vor, sie würde die Bibel „falsch“ interpretieren oder gar „verfälschen“.

Ein häufiger Streitpunkt ist die Frage, ob bestimmte Bibelstellen wörtlich zu verstehen sind. Moderne Apologeten werfen Bibelkritikern vor, sie würden Bibelstellen zu Unrecht wörtlich interpretieren. Bibelkritiker hingegen werfen einigen modernen Interpreten der Bibel vor, sie würden sich allzu weit von der ursprünglichen Aussage der Texte entfernen, würden willkürlich hineininterpretieren, was ihnen gefällt.

Einige gläubige Christen gehen davon aus, dass ihnen der Heilige Geist dabei helfe, zu erkennen, welche Stellen wörtlich zu nehmen sind und welche nicht.

Frage der Bedeutung für die heutige Zeit

Kritik an vielen Bibelstellen wird von manchen Gläubigen mit der Begründung zurückgewiesen, die Aussagen dieser Stellen seien zeitbedingt und für die heutige Zeit nicht mehr anwendbar. Einige bringen vor, diese Auffassung werde durch die historisch-kritische Methode bestätigt.

Bibelkritiker hingegen sehen einen Widerspruch darin, einerseits umfangreiche Passagen der Bibel für zeitbedingt und heute nicht mehr anwendbar zu erklären, andererseits aber den Anspruch zu erheben, die Bibel heute noch als Autorität in ethischen Fragen anzusehen.

siehe auch: Religionskritik, Kirchenkritik

Fußnoten

  1. Georges Minois: Die Geschichte des Atheismus; S. 290
  2. Minois: „Weit beunruhigender ist, dass nun auch aufrichtige Gläubige, die meinen, recht zu tun, die Arena betreten; sie beginnen, Anomalien zu finden und alles zu verwirren. Die vergleichende Geschichte erweist sich als besonders heikel. Was ist beispielsweise von der Liste der ägyptischen Dynastien zu halten? Diejenige, die Manethon, Priester von Heliopolis, im 3. Jahrhundert v. Chr. aufstellte, enthielt Herrscher in steter Folge seit einer Epoche weit vor der Sintflut, über die kein Wort gesagt wird; eine andere, noch ältere Chronik umfasste mehr als sechsunddreißigtausend Jahre. […] Bald gibt es ebensoviele Meinungen wie Chronologien: Pater Antonio Foresti zählte siebzig Datierungen der Schöpfung, zwischen einem Minimum von 3740 und einem Maximum von 6984 v. Chr.“; aus: Geschichte des Atheismus, S. 290 f)
  3. Meslier: „Es ist klar und einleuchtend, daß es Mißbrauch, Irrtum, Täuschung, Lüge und Betrug ist, rein menschliche Gesetze und Einrichtungen als übernatürliche und göttliche Institutionen hinzustellen; nun ist es aber sicher, daß alle Religionen, die es auf der Welt gibt, nichts als rein menschliche Erfindungen sind.“ Und: „Es ist nun klar und deutlich, daß die oben erwähnten angeblich heiligen und göttlichen Bücher in sich selbst überhaupt kein besonderes Anzeichen göttlicher Eingebung enthalten, noch irgendein Merkmal von Bildung, Wissen, Weisheit, Heiligkeit oder irgendeiner anderen Vollkommenheit, von der man sagen könnte, daß sie nur von Gott kommen kann.“ Zitiert nach Hartmut Krauss: Das Testament des Abbé Meslier
  4. G. Minois, S. 307
  5. G. Minois, S. 391
  6. G. Minois, S. 523
  7. Prominente Beispiele sind hier z. B. Sigmund Freud und C.G. Jung, auch unter den zeitgenössischen Bibelkritikern finden sich viele Psychologen, z. B. Franz Buggle und Gerhard Vinnai.
  8. Siehe z. B. Friedrich Schleiermacher, William James, oder heutzutage Eugen Drewermann. Das Verhältnis zwischen Theologie und Psychologie ist allerdings nach wie vor von Spannungen geprägt, was sich exemplarisch an Drewermanns Lebenslauf ablesen lässt.
  9. Sigmund Freud: „Es gibt keine Instanz über der Vernunft“; in: Die Zukunft einer Illusion, V
  10. Katechismus der Katholischen Kirche, Absatz 119
  11. Dies war bei bibelkritischen Werken der Aufklärung und davor häufig der Fall. Beispiele sind Werke von d'Holbach, Voltaire oder Reimarus.
  12. z. B. das Testament des Abbé Meslier
  13. So z. B. bibelkritische Texte des Celsus, die heute nur noch über die Erwiderung des Origenes erhalten sind.
  14. Siehe z. B. Robert Green Ingersoll: A Few Reasons for Doubting the Inspiration of the Bible. (auf Englisch)
  15. Johannes Vogel, Breckerfeld; in: idea-Pressedienst 46/004
  16. zitiert nach: idea-Pressedienst 25/2003
  17. z. B. Eta Linnemann, Original oder Fälschung, Historisch-kritische Theologie im Licht der Bibel.
  18. Ein bekanntes Beispiel für einen Streit darüber, ob eine bestimmte Bibelstelle eher wörtlich oder eher symbolisch zu verstehen sei, ist der evangelische Abendmahlsstreit
  19. Albert: Traktat über Kritische Vernunft, S. 133
  20. Albert: Traktat über Kritische Vernunft, S. 134f
  21. Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung, hg. von Eberhard Bethge; Brief an E. Bethge vom 5. Mai 1944; München, Hamburg: 1970
  22. Arno Schmidt: „Die Theologen wollen mit Gewalt aus der Bibel ein Buch machen, worin kein Menschenverstand ist. Die Haare stehen einem zu Berge, wenn man bedenkt, was für Mühe auf ihre Erklärung gewendet worden ist; und was war am Ende, nach Jahrtausenden, der jedem Unbefangenen von vornherein selbstverständliche Preis all der Bemühungen?: kein anderer als der: Die Bibel ist ein Buch, von Menschen geschrieben, wie alle Bücher.“; aus: Atheist ? : Allerdings !
  23. Reimarus: „die Apostel sind selber Lehrer und tragen das ihrige vor“; in: Vom Zwecke Jesu und seiner Jünger
  24. Beispiele sind hier Deschner oder Meslier.
  25. Origenes meint, sogar Gott selbst könne für den guten Zweck lügen: „Sagst du nicht selbst, Celsus, dass man ,Irreführung und Lüge einmal als Heilmittel anwenden darf‘? Wäre also die Anwendung eines solchen Mittels ungereimt gewesen, wenn ein solches Mittel die Erlösung hätte vollbringen können? Denn mancher ist so geartet, dass er mit einigen Unwahrheiten, wie sich deren die Ärzte zuweilen ihren Kranken gegenüber bedienen, eher auf den rechten Weg gebracht wird als mit der reinen Wahrheit. […] Denn es ist nicht ungereimt, wenn der, welcher ,kranke Freunde heilt‘, auch die Menschheit, die er liebt, durch Anwendung solcher Mittel ,geheilt hat‘, die man nicht vorzugsweise, sondern nur nach Umständen brauchen dürfte“ (Contra Celsus 4,19). Vergleiche zu dieser Ansicht aber auch [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|4_Mos]] 23,19 EU.
  26. Eckhard J. Schnabel: „Für die biblische, alt- und neutestamentliche Tradition, für die Lüge, Täuschung und Verführung in grundlegender Weise eine Verwerfung der Wahrheit Gottes und Anschluss an den Gegenspieler Gottes waren, kann dasselbe Interesse an authentischen Texten vorausgesetzt werden: der sich Israel offenbarende Gott ist ,eifersüchtig‘ und bestraft Anmaßung in kultischpriesterlichen und prophetischen Dingen aufs strengste.“; in: Der biblische Kanon und das Phänomen der Pseudonymität, in: Jahrbuch für evangelikale Theologie 3 (1989))
  27. Eckhard J. Schnabel: „Wenn es die Pseudonymität nicht auf Täuschung angelegt hätte, wäre sie nicht notwendig. Pseudepigraphische Texte – besonders solche, die Lehrautorität beanspruchen – erzielen nur dann ihre beabsichtigte Wirkung, wenn sie den Leser tatsächlich und effektiv täuschen. Wenn die Täuschung erkannt würde, hätten die zu vermittelnden Argumente ihre Glaubwürdigkeit vollends verloren.“ Sein Schluss: „Kanonizität vom Geist Gottes inspirierter, Offenbarung kommunizierender autoritativer Schriften und Fiktion implizierende Pseudonymität schließen einander aus.“ (ebenda)
  28. Kassühlke: „Das Neue Testament liegt in etwa 35 Fassungen vor, das Alte Testament in 23, dazu kommen noch etliche Übersetzungen einzelner biblischer Bücher“ (hier sind nur die deutschsprachigen Übersetzungen gemeint). „Leider haben wir für keine einzige biblische Schrift das Original des Verfassers vorliegen. Alle Handschriften, auch die allerältesten, sind Kopien aus späteren Jahrhunderten, die im Wortlaut vielfältig voneinander abweichen.“; in: Eine Bibel – viele Übersetzungen; ISBN 3417205603
  29. Was ein Sklave tun soll, wenn er frei werden kann, dazu äußerte sich der Apostel Paulus in 1 Kor 7,21 ELB. Aber ob das nun so zu verstehen ist, dass der Sklave von dieser Möglichkeit Gebrauch machen soll, oder im Gegenteil so, dass er lieber Sklave bleiben soll – dazu gibt es verschiedene Meinungen. In verschiedenen Übersetzungen fiel die Entscheidung für verschiedene Möglichkeiten. Die Möglichkeit, dass der Sklave die Gelegenheit zum Freiwerden nutzen soll, ist u. a. in folgenden Übersetzungen zu finden: Übersetzung nach Luther 1 Kor 7,21 LUT, New International Version 1 Kor 7,21 NIV, Today’s New International Version 1 Kor 7,21 TNIV, New Int. Readers Version 1 Kor 7,21 NIRV, King James Version 1 Kor 7,21 KJV; auch die Elberfelder Übersetzung 1 Kor 7,21 ELB favorisiert diese Möglichkeit, merkt aber an: „viell. auch: bleib lieber dabei“. Die Einheitsübersetzung hingegen favorisiert die Möglichkeit „lebe lieber als Sklave weiter“ 1 Kor 7,21 EU, merkt jedoch an: „Der griechische Wortlaut des Verses und der Zusammenhang des Abschnitts empfehlen diese Übersetzung. Es gibt aber auch Gründe für das Verständnis: Ergreif lieber die Gelegenheit (frei zu werden).“, in: Die Bibel, Einheitsübersetzung; Stuttgart: Katholische Bibelanstalt, 1980; ISBN 3-451-18988-7
  30. 2 Tim 3,16 ELB beginnt nach der Elberfelder Übersetzung mit den Worten: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben1 und2 nützlich zur Lehre3“, merkt aber u. a. an: „2 Andere üs.: Alle von Gott eingegebene Schrift ist auch“
  31. Udo Schnelle: „Mk 16, 9–20 werden vom Vaticanus und Sinaiticus nicht überliefert, d. h. die älteste erhaltene Version des Markusevangeliums endet mit Kap. 16, 1-8. Es ist umstritten, ob das Evangelium schon immer mit Mk 16, 1-8 abschloß oder der ursprüngliche Markusschluß verlorenging. […] Es muss deshalb ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß der ursprüngliche Markusschluß verlorenging.“; in: Einleitung in das Neue Testament, S. 250; ISBN 3-8252-1830-9; Mk 16 EU)
  32. z. B. Nestle-Aland: Das Neue Testament. Griechisch und Deutsch; ISBN 3-438-05406-X sowie ISBN 3-920609-32-8; für das Alte Testament Emanuel Tov: Der Text der Hebräischen Bibel. Handbuch der Textkritik; ISBN 3170135031.
  33. Arno Schmidt in Atheist ? : Allerdings !: „Solange man als die reinste Quelle ‚Göttlichster Wahrheit‘, als heilige Norm der ‚Vollendetsten Moral‘, als Grundlage von Staatsreligionen ein Buch mit, milde gerechnet, 50000 Textvarianten (also pro Druckseite durchschnittlich 30 strittige Stellen!) proklamiert; dessen Inhalt widerspruchsvoll und oft dunkel ist; selten auf das außerpalästinensiche Leben bezogen; und dessen brauchbares Gute (schon vor ihm und zum Teil besser bekannt) auf unhaltbaren Gründen eines verdächtig-finsteren theosophischen Enthusiasmus beruht : solange verdienen wir die Regierungen und Zustände, die wir haben!“
  34. Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es zwar in Absatz 104: „In der Heiligen Schrift findet die Kirche ständig ihre Nahrung und ihre Kraft [Vgl. DV 24.], denn in ihr empfängt sie nicht nur ein menschliches Wort, sondern was die Heilige Schrift wirklich ist: das Wort Gottes [Vgl. l Thess 2,13.].“ Absatz 100 zeigt jedoch, dass eine Auslegung nicht für überflüssig gehalten wird: „Die Aufgabe, das Wort Gottes verbindlich auszulegen, wurde einzig dem Lehramt der Kirche, dem Papst und den in Gemeinschaft mit ihm stehenden Bischöfen anvertraut.“
  35. Schon ein früher Christentumskritiker, Celsus, der zeitbedingt noch einen Horizont hatte, der sich auf den Mittelmeerraum im weiteren Sinn beschränkte, fand das lächerlich: „Wenn Gott, wie der Jupiter der Komödie, nach dem Erwachen von einem längeren Schlummer die menschliche Rasse vom Übel zu befreien trachtete, warum sendete er dann diesen Geist, von dem Du redest, in eine Ecke der Welt? Er hätte ihn in ähnlicher Art und Weise in viele Leiber blasen sollen, und sie in alle Welt hinaus schicken. Der Komödiendichter hat nun, um im Theater Gelächter zu erzeugen, geschrieben, dass Jupiter nach seinem Erwachen den Merkur zu den Athenern und den Lakedaimoniern schickte; aber meinst Du nicht, dass Du Gottes Sohn noch lächerlicher gemacht hast, indem Du ihn zu den Juden schicktest?“; zitiert nach: Origenes: Gegen Celsus, Buch 6. Eigene Übersetzung
  36. Arno Schmidt verschärft diese Ansicht in polemischer Weise in Atheist ? : Allerdings ! so: „Was würden wir heute sagen, wenn ein junger Mann aus irgendeinem unbedeutenden Zwergstaat käme; einem der immer wieder vorhandenen und nicht nur ,wirtschaftlich unterentwickelten‘ Ostgebiete; keiner der großen Kultursprachen mächtig; völlig unbekannt mit dem, was in Jahrtausenden Wissenschaft, Kunst, Technik, auch frühere Religionen, geleistet haben – und ein solcher stellte sich vor uns hin mit den dicken Worten: ‚Ich bin der Weg; und die Wahrheit; und das Leben‘? Wir müßten’s uns durch einen herbeigerufenen Dolmetsch erst noch mühsam aus dem barbarischen Dialekt übersetzen lassen – würden wir nicht halb belustigt, halb verständnislos ihm raten : ‚Junger Mensch: Lebe erst einmal und lerne: und komme dann in 30 Jahren wieder!‘?“
  37. Siehe dazu z. B. Walter-Jörg Langbein: Lexikon der Irrtümer des Neuen Testaments, S. 63ff
  38. a b Franz Buggle: Denn sie wissen nicht, was sie glauben; S. 31 (in den Vorbemerkungen zur überarbeiteten Auflage)
  39. Franz Buggle: Denn sie wissen nicht, was sie glauben; S. 95
  40. Heinz Zahrnt: Warum ich glaube. Meine Sache mit Gott, S. 71f; Hervorhebung Zahrnt
  41. Die Ansicht, die Ethik bedürfe eines religiösen Fundamentes, oder genauer gesagt eines Regeln gebenden Gottes, ist weit verbreitet. Sie findet Ausdruck im Dostojewski zugeschriebenen Ausspruch „Ohne Gott ist alles erlaubt.“ Es ist jedoch durchaus möglich, eine Ethik auch ohne Rückgriff auf religiöse Vorstellungen oder Offenbarungen zu entwickeln. Siehe dazu z. B. Mackie: Ethik. Angesichts von häufig vorkommenden religiös motivierten Gewalttaten wird die prinzipielle Überlegenheit religiös begründeter Ethiken auch immer wieder bestritten.
  42. Diese Diskrepanz in der Darstellung Gottes zwischen AT und NT erschien Marcion so groß, dass er davon ausging, es könne sich nicht um den gleichen Gott handeln, und folglich das gesamte AT als heilige Schrift verwarf.
  43. Gerhard Vinnai: „Wo man zu solchen Spaltungen Zuflucht nimmt und diese von religiösen Interpretationen gestützt werden, tendiert man dazu, das Böse nicht an sich selbst zu akzeptieren, sondern es außerhalb seiner selbst, am Andern, am Fremden auszumachen. Das begünstigt die Verfolgung derjenigen, auf die die am eigenen Selbst verleugneten destruktiven Regungen verschoben werden.“; http://www.vinnai.de/gewalt.html
  44. Das christliche Sündenverständnis geht zu einem guten Teil auf die Bergpredigt zurück. Die Kritik an der Moral der Bergpredigt ist ein immer wiederkehrendes Thema in der Auseinandersetzung um die Bibel und den christlichen Glauben. Ein früheres (18. Jhd) von vielen Beispielen für eine kritische Betrachtung dieser Lehre wird von d’Holbach in seinem Werk Histoire Critique de Jesus Christ (Kap. X) vorgestellt.
  45. Z. B. Erich Fromm: „Der biblische Schöpfungsmythos beginnt dort, wo der babylonische Mythos endet … Im Gegensatz zu den Tatsachen wird der Mann nicht durch die Frau geboren, sondern die Frau wird aus dem Manne geschaffen.“; in: Das Christusdogma, S. 115f
  46. Siehe dazu auch Karlheinz Deschner: Das Kreuz mit der Kirche, Kap. 4
  47. Zu den Ausnahmen gehören Jes 66,13 EU, 49,15 EU, evtl. auch [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|5_Mos]] 32,18 EU.
  48. Bei manchen Königen spricht die Bibel von einer großen Zahl von Frauen und Nebenfrauen, z. B. bei Salomo ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Kön]] 11,3 EU). Auch sein Vater David hatte viele Nebenfrauen ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Chr]] 14,3 EU, [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|2_Sam]] 20,3 EU, [[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|2_Sam]] 5,13 EU)
  49. Im direkten jüdischen Blickfeld war die Situation in Ägypten, wo Frauen schon in pharaonischer Zeit die freie Partnerwahl hatten, und auch sonst große Autonomie. Siehe dazu z. B. Peter H. Schulze: Frauen im alten Ägypten, ISBN 3404641191
  50. In der griechischen Mythologie und Geschichte kommen Frauenfiguren öfter in einer durchaus autonomen und selbstbewussten Lage vor, wie z. B. die Amazonen, diverse Göttinnengestalten wie Hera oder Athene, oder auch Sappho und ihre Schülerinnen auf Lesbos. In Sparta waren Frauen zwar nicht gleichgestellt, genossen aber etliche Rechte, die einer Jüdin nicht zustanden, wie z. B. Besitz- und Erbrechte.
  51. z. B. Zilboorg: „Das Gefühl der Vaterschaft ist im Grunde ein weibliches Attribut, das sich schließlich der Mann bei dem Versuch zu eigen macht, seine Herrschaft über die Frau, die periodisch durch ihr Kindergebären ihre Überlegenheit beweist, zu sichern und sich selbst zu beruhigen. Ich neige zu der Annahme, daß nicht der Penisneid der Frau, sondern der Weiblichkeitsneid des Mannes psychogenetisch älter und deshalb von grundlegender Bedeutung ist.“; in: Männlich und Weiblich. Biologische und kulturelle Aspekte; in: Hagemann-White (Hg.): Frauenbewegung und Psychoanalyse, 1979)
  52. Gerhard Vinnai: „Durch die Bedrohung, die für sie vom Weiblichen ausgeht, wird die männliche Psyche zu Phantasien und Realitätskonstruktionen provoziert, die das Weibliche zu etwas Sekundärem machen, um seine verführerische und zugleich bedrohliche Macht zu brechen. Die Vorstellung, die der biblischen Konstruktion zugrunde liegt, dass der männliche Phallus und damit auch der männliche Samen allein ein aktives Zeugungsprinzip repräsentieren, entspricht einem uralten patriarchalischen Mythos. Die Mutter ist diesem Mythos zufolge allenfalls eine Art Brutkasten oder Blumentopf, in den der männliche Samen eingelegt wird, um sich zu entwickeln. Im männlichen Samen ist ihmzufolge bereits der ganze Mensch enthalten.“ (Jesus und Ödipus)
  53. Siehe auch Ranke-Heinemann: Eunuchen für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität; Hamburg 1989
  54. Vinnai: „Freuds Konstruktion zeigt ebenso wie die biblische einen widersprüchlichen Anspruch der Autorität gegenüber dem Sohn, die für diesen zu tragischen Verwicklungen führt. In der Bibel ist das, was Adam von seinem Vater Gott vorenthalten wird, die ,Erkenntnis des Guten und Bösen‘. Bei Freud ist der Sohn mit einem Verbot des Vaters konfrontiert, das sich auf die Sexualität bezieht: Sie soll dem Vater in der Beziehung zur Mutter vorbehalten bleiben. Durch die psychoanalytische Interpretation gilt es aufzuzeigen, daß beide Verbote miteinander verwandt sind.“ – „Zuerst ist im [biblischen] Text Männliches und Weibliches gleichermaßen ursprünglich vorhanden, später wird das Weibliche aus einer Rippe Adams, die als Symbol des männlichen Phallus interpretiert werden kann, geschaffen. Schon diese widersprüchliche Konstellation verweist darauf, daß das Geschlechterverhältnis in der Bibel Probleme aufwirft, mit denen das Christentum nicht zu Rande kommt. Der biblische Text paßt zu einer patriarchalischen Tradition, die auch später im Verlauf der europäischen Geschichte Vorrang hatte und die von der Abwehr des Weiblichen lebt.“ (ebenda)
  55. Simone de Beauvoir: „Die christliche Ideologie hat nicht wenig zur Unterdrückung der Frau beigetragen. […] Die leidenschaftlich antifeministische Tradition des Judentums lebt im Apostel Paulus fort. Der hl. Paulus gebietet den Frauen unauffällige Zurückhaltung; auf das alte und das neue Testament gründet er das Prinzip der Unterordnung der Frau unter den Mann.“; Das andere Geschlecht, Buch 1, Teil 2, Kap. 4)
  56. Karlheinz Deschner stellt in Das Kreuz mit der Kirche die beiden Positionen gegeneinander (Kap. 6&7): „An Jesus hat die christliche Askese keine Stütze. Zölibat, Frauen- und Ehediskriminierung, die Fasten- und anderen Kasteiungspraktiken vertritt er so wenig wie Militarismus oder Ausbeuterei. […] Es fällt nicht schwer, sich die Radikalität vorzustellen, mit der Jesus das Triebleben verdammt hätte, wäre es ihm darum zu tun gewesen. Doch pflegte er Umgang selbst mit Sündern und Huren. […] Mit Frauen verkehrte Jesus in voller Freiheit. Er hielt sie nicht für minderwertig und setzte sie nirgends zurück“ und „Paulus […] induzierte nicht nur eine Reihe scharf antijesuanischer, das Christentum recht eigentlich erst begründender Dogmen, sondern führte auch schon die Diffamierung der Sexualität ein, die Zurücksetzung der Frau, die Geringschätzung der Ehe und die Askese. […] Mit solchen Attacken gegen die Lust […] sinkt Paulus noch unter das Judentum seiner Zeit“.
  57. Christina von Braun: „Nur wenn die Mutterschaft als ungeschlechtlich gesehen wird, kann auch der Vater zur Mutter werden. Es zeigt sich, daß der Widersinn keiner ist: das Bild der omnipotenten und asexuellen Mutterschaft dient zugleich der Eliminierung der Mütter und der Verwandlung der ‚geistigen Vaterschaft‘ in eine Mutterschaft. Ein deutliches Symptom für diese Entwicklung ist die Belebung des Marienkultes im aufbrechenden Industriezeitalter. Neumann, wie viele andere Autoren, sieht im Madonnenkult ein Relikt der matriarchalischen Gesellschaften. Er betrachtet die ‚Muttergottes‘ als Erbin der ‚Großen Mutter‘ der Frühgeschichte, die sich trotz des Christentums gehalten habe. In Realität hat die Madonna aber nichts mit der ‚Großen Mutter‘ gemeinsam: sie verfügt weder über eine eigene Sprache noch über Sexualität und eigene Fruchtbarkeit. Sie ist geschlechtslos – und eben das macht sie zu einer geeigneten Projektionsfläche für eine männliche Mutterschaft. Eben weil sie keine Frau ist, wird die Heilige Jungfrau zum Ideal der Mütterlichkeit erhoben. Das asexuelle Mutterbild liefert den Beweis dafür, daß die Mutterschaft nichts mit der Geschlechtszugehörigkeit zu tun haben kann; sie bezeugt, daß auch der Mann Mutter werden kann. Deshalb – und eben nicht aus Verehrung für die Frau – wird 1854 das Dogma von der unbefleckten Empfängnis verkündet und sind fast alle Wallfahrtsorte, die seit dem Beginn der Industrialisierung entstehen, dem Marienkult gewidmet. Weil man in der Madonna ein Sinnbild männlicher Mutterschaft sieht, wird 1950 das Dogma der leiblichen Himmelfahrt Marias verkündet, das sie für den katholischen Gläubigen beinahe auf die gleiche Stufe stellt wie den Erlöser.“; Nicht Ich. Logik Lüge Libido; 1985
  58. Karlheinz Deschner: „Obwohl das Christentum heute geistig beinahe bankrott ist, prägt es noch immer entscheidend unsere Sexualmoral, sind die formalen Beschränkungen unseres Geschlechtslebens grundsätzlich noch fast wie im 15. oder 5. Jahrhundert, wie zur Zeit von Luther oder Augustin. Das aber betrifft jeden in der westlichen Welt, selbst Nichtchristen und Antichristen. Denn noch immer bestimmt, was irgendwelche nomadisierenden Ziegenhirten vor zweieinhalbtausend Jahren dachten, die offiziellen Kodices von Europa bis Amerika; besteht ein handgreiflicher Zusammenhang zwischen den Sexualanschauungen der alttestamentlichen Propheten oder des Paulus, und der strafrechtlichen Verfolgung von Unzucht in Rom, Paris oder New York.“; aus dem Vorwort von: Das Kreuz mit der Kirche)
  59. Das gilt für das Judentum ebenso wie für die meisten christlichen Konfessionen. Die religiösen Autoritäten machen auch weiterhin regelmäßig ihren Einfluss geltend, um diese Verhältnisse zur gesellschaftlichen Norm zu machen. Autorinnen aus dem feministischen Spektrum haben sich diesem Thema häufig gewidmet. Siehe z. B. Elizabeth Cady Stanton: „Der Kanon und das Zivilrecht; Kirche und Staat; Priester und Gesetzgeber; alle politischen Parteien und religiösen Bekenntnisse haben gleichermaßen gelehrt dass Frauen nach, aus und für den Mann gemacht wurden, ein minderwertiges Wesen, dem Mann unterworfen. Glaubensbekenntnisse, Gesetzbücher, Schriften und Statuten basieren alle auf dieser Idee. Die Moden, Formen, Zeremonien und Bräuche der Gesellschaft, kirchlicher Ritus und Disziplin erwachsen alle aus dieser Idee. […] Die Bibel lehrt dass die Frau Sünde und Tod in die Welt gebracht hat, den Fall des Menschengeschlechts herbeigeführt hat, dass sie vor dem Richterstuhl des Himmels angeklagt, abgeurteilt und bestraft wurde. Die Ehe sollte für sie ein Zustand der Knechtschaft sein, Mutterschaft eine Zeit des Leidens und der Qual sein, und in Schweigen und Unterordnung sollte sie die Rolle einer von des Mannes Großzügigkeit Abhängigen spielen, und für all die Information die sie über die wesentlichen aktuellen Fragen wünschen mag befahl man ihr zu Hause ihren Mann zu fragen. Dies ist die biblische Position der Frau in Kürze zusammengefasst. Diejenigen, die die göttliche Einsicht haben, dieses traurige und bemitleidenswerte Objekt in eine erhabene und würdevolle Persönlichkeit übersetzen, tauschen und verklären wollen, die es wert ist Mutter unseres Geschlechts zu sein, muss man beglückwünschen zu ihrer Teilhabe an der okkulten mystischen Kraft der östlichen Mahatmas. Das gewöhnliche Englisch für den normalen Verstand erlaubt keine solch freie Interpretation. Die ungeschminkten Texte sprechen für sich selbst. Das kanonische Gesetz, Kirchenriten und Schriften sind homogen, und alle spiegeln den gleichen Geist und die gleichen Empfindungen.“; Eigene Übersetzung aus der Einleitung von The Woman‘s Bible
  60. Hoimar v. Ditfurth: „Mit aller Entschiedenheit ernst gemeint war […] das trotzig-triumphierende ,Credo quia absurdum‘ des Tertullian […] (frei übersetzt: „Ich glaube es gerade deshalb, weil es meinem Verstand so unannehmbar erscheint“). Welchen Sinn der antike Theologe selbst seinem Ausspruch auch immer beigemessen haben mag, die moderne Religionskritik würde hier kühl und sachlich von einem typischen Fall von ,Immunisierungsstrategie‘ sprechen.“; in: Wir sind nicht nur von dieser Welt, Vorwort
  61. Es ergeben sich daraus nicht nur Konflikte mit den Wissenschaften, sondern auch mit anderen Religionen und Konfessionen.
  62. (Quellen anführen: Ditfurth, Dürr, Küng, CFv Weizsäcker)
  63. In seinem Werk Earth not a Globe führt Samuel B. Rowbotham zahlreiche Bibelzitate an, die nach seiner Ansicht die Weltsicht der flachen Erde stützen oder voraussetzen (Kapitel 15).
  64. Eine prominente Bibelstelle, die für ein geozentrisches Weltbild zu sprechen scheint, und auf die sich Befürworter des geozentrischen Weltbildes bezogen, ist Jos 10,13 EU.
  65. Bei Reimarus liest sich diese Kritik so: „Der Geschichtsschreiber scheint auch von den menschlichen Vollkommenheiten schlechte Begriffe gehabt zu haben. Er wollte doch den Noah als einen gerechten und aufrichtigen Mann vorstellen, der stets mit Gott gewandelt, und allein bey demselben Gnade gefunden habe aus dem allgemeinen Untergange errettet zu werden. […] so müßte er doch einen so würdigen Mann nicht so unmäßig einführen, daß er sich bald nach der Sündtfluht in Wein berauschte, und mit aufgedeckter Schaam, ohne Verstand und Empfindung, in seiner Hütte läge; noch so ungerecht, da ihm der Sohn Cham ich weis nicht was für Schande bey der Gelegenheit angethan hatte, daß er nicht ihn den Cham, sondern dessen Sohn den Canaan mit allen seinen Nachkommen verflucht und zur Knechtschaft widmet. […] Das ist alles sehr anstössig; […] Noah wird nicht als ein Mann Gottes, […] geschweige denn als Gerechter, vorgestellt, sondern als ein Unsinniger, der den Verdruß über sein eigenes Vergehen, im rasenden Affect, durch Verwünschung seiner unschuldigen Enkel und Nachkommen ausläßt. Das ist ein schlechter Anfang einer besseren Welt“ (Apologie Teil 1, II.1. §13).
  66. Reimarus kommentiert diesen Vorfall in der Apologie Teil 1 II.2 §10
  67. Aaron, der die Meuterei anführte wird dagegen geschont, und wird sogar zum Oberpriester. Anlass für einen der bekannt bissigen Kommentare von Voltaire: Vorlage:"-fr
  68. siehe Finkelstein, Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die Autoren nennen das dem Deuteronomium zugrundeliegende Original aus der Zeit Josias „eine ideologische und gleichzeitig theologische Komposition“.
  69. Siehe dazu z. B. C.G. Jung: Antwort auf Hiob, ISBN 3423351713.
  70. [http://www.berlinerdom.de/gemeinde/predigtsammlung/20030406b.htm
  71. John Leslie Mackie: Das Wunder des Theismus. ISBN 3150080754, Kapitel 11.
  72. Außer im Matthäusevangelium findet man nirgends eine Bestätigung dieser Anordnung von Herodes, weswegen die Geschichte als Legende gilt. Vorlage:"-fr
  73. Siehe z. B. dazu Wilhelm Schneemelcher Das Urchristentum. Kap. 3.
  74. Die Unterschiede zwischen den Stammbäumen sind schon frühzeitig aufgefallen. Eusebius von Caesarea erwähnt in seiner Kirchengeschichte (Kap. I.7) den Brief eines Afrikanus, in dem dieser einen Erklärungsversuch unternimmt.
  75. Reimarus untersucht in seinem Werk Apologie oder Schutzschrift der vernünftigen Verehrer Gottes die verschiedenen Angaben über die Auferstehung in der Bibel und notiert zahlreiche Widersprüche und Probleme.
  76. Schon Celsus bemerkte: „Wäre Jesus wirklich auferstanden, so hätte er, wenn er doch eine wahrhaftig göttliche Kraft erscheinen lassen wollte, den Schmähern selbst und dem Verurteiler und überhaupt allen erscheinen müssen.“ – „Gestraft also zwar wurde er von allen gesehn, auferstanden aber von einem; das Gegenteil wäre am Platze gewesen, damit er die Frommen erleuchtet, der Sünder oder Bußfertigen aber sich erbarmt hätte. Wollte er verborgen bleiben, wozu wurde gehört die Stimme aus dem Himmel, die ihn als Sohn Gottes verkündigte?“
  77. Reimarus schreibt: „Der mystische Evangelist Johannes ist es hauptsächlich, welcher Jesum zuweilen gantz sonderbare Dinge von sich sagen läst, die recht geheimnißvoll klingen, und sonst bey keinem anderen Evangelisten erzehlt werden. Die Ursache ist: er schreibt nicht sowohl als ein bloßer Geschichtsschreiber, sondern, (wie gleich der Anfang seines Evangelii zeiget) als ein Selbstlehrer, und zwar als ein solcher Lehrer, der sein System aus lauter dunkelen Begriffen der Kabbalisten und Platonischen Juden zusammengesetzt hatte. […] Ich fürchte demnach billig, daß wir aus Johannis Vortrage der Reden Jesu, nicht sowohl das System Jesu, als vielmehr seines Jüngers Johannis fassen mögten.“ (Apologie, 2. Teil, I.2 §10)
  78. Wilhelm Schneemelcher: Das Urchristentum, Seite 38ff.
  79. "Der Brief des Paulus an die Römer" von Werner de Boor, Wuppertaler Studienbibel, 1989, Seite 351-357. Daraus "Daß die Grußliste im Römerbrief so viel ausführlicher wird, ist verständlich: in der Welthauptstadt trafen sich besonders viel Menschen, und Paulus legt gerade dieser bedeutsamen fremdem Gemeinde gegenüber den größten Wert darauf, in ihrer Mitte eine solche Schar von Männern und Frauen zu haben, mit denen er fest verbunden ist. Es war bei der Verlesung des Briefes in den Gemeindeversammlungen schon eine Sache, wenn die römischen Christen merkten: alle diese Menschen unter uns kennen diesen Paulus und haben z. T. eng mit ihm zusammen gearbeitet. Auch für uns ist es ein großer Gewinn, daß wir anschaulich merken: Paulus war nicht der isolierte "große Mann" (obwohl er freilich immer einsamer wurde!), sondern stand in einer solchen Fülle lebendiger Beziehungen."
  80. Nietzsche: Der Antichrist, Kap. 42

Literatur

Bibelkritik

  • Franz Buggle: Denn sie wissen nicht, was sie glauben. Alibri, Aschaffenburg 2004, ISBN 3-932710-77-0.
  • Israel Finkelstein, Neil Asher Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel. Beck, München 2002, ISBN 3-406-49321-1.
  • Georges Minois: Geschichte des Atheismus. ISBN 3-7400-1104-1.
  • Karlheinz Deschner: Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte. 5. Auflage. btb, München 1996, ISBN 3-442-72025-7.
  • Karlheinz Deschner: Der gefälschte Glaube. Eine kritische Betrachtung kirchlicher Lehren und ihrer historischen Hintergründe. Knesebeck, München 2004, ISBN 3-89660-228-4.
  • Rudolf Augstein: JESUS Menschensohn. 3. Auflage. dtv, München 2003, ISBN 3-423-30822-2.
  • Uta Ranke-Heinemann: Nein und Amen. Mein Abschied vom traditionellen Christentum. 4. Auflage. Heyne, München 2004, ISBN 3-453-21182-0.
  • Norbert Rohde: Abschied von der Bibel. Books on Demand, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-1577-0.
  • Johannes Maria Lehner: Und die Bibel hat doch NICHT Recht. Historia, Ulm 2005.
  • W. Stewart Ross: Jehova's gesammelte Werke. Eine kritische Untersuchung des jüdisch-christlichen Religionsgebäudes auf Grund der Bibelforschung. 2. revidierte Auflage. Verlag von Wolfgang Schaumburg, Zürich.
  • Voltaire: La Bible enfin expliquée. (um 1776)
  • William Henry Burr: Self-Contradictions of the Bible. Prometheus Books, Amherst, ISBN 1-57392-233-1.
  • C. Dennis McKinsey: The Encyclopedia of Biblical Errancy. Prometheus Books, Amherst 1995, ISBN 0-87975-926-7.
  • Walter-Jörg Langbein: Lexikon der biblischen Irrtümer. Von A wie Auferstehung Christi bis Z wie Zeugen Jehovas. Langen/Müller, München 2003, ISBN 378442922X.
  • Walter-Jörg Langbein: Lexikon der Irrtümer des Neuen Testaments. Langen/Müller, München 2004, ISBN 3784429750.
  • Hartmut Krauss (Hrsg.): Das Testament des Abbé Meslier. Hintergrund Verlag, Osnabrück 2005, ISBN 3-00-015292-X.

Verteidigungsschriften

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