Hesychasmus
Der Hesychasmus (v. altgr. ἡσυχία [ēsychia]: Ruhe, Stille, Stillschweigen, Einsamkeit, Ungestörtheit, Untätigkeit, Rast, Gelassenheit, Friede) ist eine Form der byzantinischen und slawischen Spiritualität im 12. bis zum 16. Jahrhundert. Die spirituellen Wurzeln liegen in den Verhaltensregeln des antiken östlichen Mönchtums.
Die im 14. Jahrhundert auf dem Berg Athos wohnenden Mönche führen sich und die von ihnen praktizierte Spiritualität auf Johannes Hesychastes (454-559) zurück. Der 557 verfassten Johannes-Vita sind Züge dieser Gebetsform entnehmbar, wobei die Apophthegmen und die Vita des Heiligen Antonius, dem Urvater des Mönchtums, bereits monastische Verhaltensregeln (wie z.B. das "Bewahren der Zunge") zur Erhaltung der inneren Wachsamkeit (ἔνδον ϕυλαϰή) und Ruhe (ἡσυχία) zum Bild des idealen Zellenmönchs stilisierten. Der Hesychasmus erhält durch Gregor Palamas seine volle Ausprägung. Palamas verteidigt ihn erfolgreich gegen die Kritik von Barlaam aus Kalabrien (die Entscheidung fällt 1341). Im Anschluss findet der Hesychasmus weitgehende Anerkennung in der Orthodoxen Kirche. Er wird über den Berg Athos vor allem in Russland und im slawischen Balkangebiet verbreitet. Die Betenden versuchen im Hesychasmus u. a. mit Hilfe der Nabelschau und häufiger Wiederholung bestimmter Formeln, z. B. des Jesusgebets, sowie spezieller Atemtechniken mit Gott eins zu werden und eventuell das ungeschaffene Taborlicht zu erblicken.
Durch die Philokalie sowie das Buch "Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers" hat der Hesychasmus eine weite Verbreitung erfahren, insbesondere auch bei den Laien bzw. "einfachen Gläubigen" der Ostkirche.
Literatur
- Ammann, A. M.: Die Gottesschau im palamitischen Hesychasmus. Ein Handbuch der spätbyzantinischen Mystik, 3. Auflage, Würzburg 1986.
- Dimitrijevic, Dimitrije: Bedenken gegen Hesychasmus aus orthodoxer Sicht, in: Ostkirchliche Studien 34 (1985), 325-330.
- Jungclaussen, Emmanuel: Art. Hesychasmus, in: Praktisches Lexikon der Spiritualität, Hrsg. von Christian Schütz, Freiburg i.Br. 1988, 625f.
- von Lilienfeld, Fairy: Art. Hesychasmus, in: TRE, 282-289.
- Meyendorff. J.: Byzantine Hesychasm, London 1974.
- Podskalsky, Gerhard: Zur Gestalt und Geschichte des Hesychasmus, in: Ostkirchliche Studien 16 (1967), 14-32.
- Ware, Kallistos: Schweigen im Gebet. Was „Hesychia“ bedeutet, in: EuA 51 (1975), 427-447.
- Wunderle, Georg: Zur Psychologie des hesychastischen Gebetes, Würzburg 1949.
Weblinks
- Was ist Hesychasmus?
- Artikel auf Philos Website
- Die Praxis des moderenen Hesychasmus von Wladimir Antonow