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Steuerverweigerung

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Steuerverweigerung bezeichnet meist die grundsätzliche − also moralisch bedingte − Weigerung eines Staatsbürgers, dem Staat Steuern zu zahlen.

Das Thema der Steuerverweigerung und des Steuerwiderstandes zieht sich durch die gesamte Geschichte der Steuereintreibung und -erhebung.

Situation in Deutschland

In Deutschland kam die Diskussion zuletzt im Rahmen gesteigerter Rüstungsausgaben (Nato-Doppelbeschluss 1986) in Bewegung, vor allem weil zu dieser Zeit auch die 'Die Grünen' noch daran beteiligt waren. Bürger klagten aufgrund der grundgesetzlichen Gewissensfreiheit (Art. 4 GG) und ihrem Konflikt mit der Zahlung von Steuern militärische Zwecke unterstützen zu müssen. So stellte sich die grundsätzliche Frage: Kann es sein, dass der Bürger dem Staat wegen seines Gewissens die Zahlung von Steuern verweigern darf? Die Gerichte wiesen die Klagen einhellig zurück.[1]

In Literatur und Rechtsprechung wird das Recht auf Steuerverweigerung fast immer mit der Begründung abgelehnt, dass der Steuerverweigerer auf die Steuerverwendung durchgreifen wolle. Die herrschenden Juristen haben argumentiert, dass für den Steuerverweigerer keine rechtliche Zurechnungsregel der Parlamentshoheit zum Inhalt des Gewissens werden könne.[2]

Diese Debatte spitzte sich 1991 durch eine juristische Auseinandersetzung zu. Der grüne Rechtspolitiker und Richter Paul Tiedemann sorgte mit seiner These für Aufregung, dass die verfassungsmäßig verankerte Gewissensfreiheit schon de lege lata (nach geltendem Recht) das Recht umfasse, die Steuer aus Gewissensgründen zu verweigern. Er bezog sich vor allem darauf, dass die Gewissensfreiheit im Grundgesetz nicht durch ein anderes Gesetz einschränkbar ist. [2]

Dass BVerfG stellte sogar tatsächlich die Gewissensverletzung fest. Es formulierte: „Die Gewissensfreiheit ist "jede ernste sittliche, das heißt an den Kategorien von ‚Gut‘ und ‚Böse‘ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.“[3] Trotzdem wurden die Klagen anhand „verfassungsimmanenter Schranken“ abgewiesen. Staatliche Gerichte bewerteten die Steuerverweigerung als eine Frage der Steuerverwendung (auch Non-Affektations-Prinzip genannt). Der Rechtsgelehrte Dr. Harald Maihold sieht hierin schlicht einen Subsumtionsfehler, da nicht einschränkbare Grundrechte auch nicht durch nachrangige Artikel des Grundgesetzes beeinträchtigt werden dürften. Seine Worte: „So gesehen wurde die Frage der Steuerverweigerung trotz der vielen Urteile gerichtlich noch gar nicht entschieden.“[2]

In der Politik wurde auch über sogenannte Friedensfonds diskutiert, um Steuern zweckgebunden verbuchen zu können. Dieses Thema wurde aber wegen mangelhafter Praktikabilität bald wieder aufgegeben.

Literatur

  • Jakob Venedey: John Hampden und die Lehre vom gesetzlichen Widerstande. Belle-Vue bei Constanz: 1844 (2. Auflage, EA 1943)
  • Karl Marx: Rede in der Assisenverhandlung am 8. Februar 1849 in Köln. [vgl. MEW Bd. 6, S. 240]
  • Henry David Thoreau: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat. (EA 1849, dt. 1967)
  • Wolfgang Krauß (Hrsg.) Was gehört dem Kaiser? Das Problem mit den Kriegssteuern, 127 S., Agape Verlag, Weisenheim am Berg, 1984

Einzelnachweise

  1. BVerfG Aktenzeichen 2 BvR 478/92
  2. a b c Maihold: Geld, Gesetz, Gewissen
  3. Siehe BVerfGE 12,55, ähnlich BVerwGE 7,245f.