Haupthistokompatibilitätskomplex
Der MHC-Komplex (engl.: Major Histocompatibility Complex), wird im deutschen auch Haupthistokompatibilitätskomplex genannt und ist eine Gruppe von Genen auf Chromosom 6. Die Gene des MHC-Komplexes tragen Informationen zur Herstellung bestimmter Proteine, die für die Immunerkennung, die Gewebeverträglichkeit und die immunologische Individualität des Menschen wichtig sind. Die Genprodukte, die MHC-Moleküle, sind körpereigene Antigene auf der Oberfläche jeder Körperzelle, die immunologische Vorgänge regulieren. Diese Moleküle kennzeichnen die Zellen als zum Körper gehörig und sind auf weißen Blutkörperchen (Leukozyten) leicht nachweisbar. Daher kommt auch die Bezeichnung HLA-System (Human Leucocyte Antigen) für das Regulationssystem der Immunabwehr, dessen wichtigster Bestandteil der MHC ist.
Unter anderem werden im HMC-Komplex die MHC-Klasse-I- und MHC-Klasse-II-Moleküle kodiert, die für die einwandfreie Funktion des Immunsystems eine zentrale Rolle spielen.
Damit Antigene von T-Lymphozyten erkannt werden können, müssen sie zuvor aufbereitet und auf spezifischen Rezeptoren, den vom MHC-Komplex (major histocompatibility complex) kodierten Klasse-I- und Klasse-II-Molekülen, auf der Zelloberflache präsentiert werden. Dieses Phänomen nennt man MHC-Restriktion.
Man unterscheidet zwei Klassen von MHC-Molekülen:
- MHC-Klasse-I-Molekül
Diese Moleküle finden sich auf der Oberfläche nahezu aller Zellen des Organismus und dienen der Antigenpräsentation für T-Killerzellen. Sie bestehen aus einer größeren membranverankerten Untereinheit, der schweren Kette (heavy chain, HC), und einer kleineren löslichen Untereinheit, dem β2-Mikroglobulin (β2M), sowie einem antigenischen Peptid. Diese Peptide werden in großer Zahl und Vielfalt überwiegend im Cytoplasma gebildet und stellen Spaltprodukte der dort kontinuierlich synthetisierten Proteine dar. Das Immunsystem überwacht den Körper fortwährend auf das Vorliegen viraler Infektionen und entarteter Zellen, indem es überprüft ob Zellen körpereigene oder fremde Proteine synthetisieren. Die T-Killerzellen (CD8+ T-Zellen) sind so selektioniert, dass sie in der Regel mit ihrem T-Zell-Rezeptor nicht an Zellen binden, die ein Peptid präsentieren, das einem körpereigenen Protein entstammt. Dieses Phänomen nennt man Selbsttoleranz und schützt den Körper vor Angriffen des eigenen Immunsystem. Ist jedoch eine Zelle mit Viren infiziert oder von Mutationen betroffen und exprimiert somit neuartige Proteine, werden dem Immunsystem körperfremde Peptide als Teil des MHC-Klasse-I-Komplexes präsentiert und zytotoxische T-Lymphozyten aktiviert, die die betroffenen Zellen vernichten.
- MHC-Klasse-II-Molekül
MHC-Klasse-II-Moleküle werden von spezialisierten Zellen des Immunsystems, so genannten Antigen-präsentierenden Zellen oder APCs (antigen presenting cells), präsentiert und von T-Helferzellen (CD4+ T-Zellen) erkannt. Zu den APCs gehören unter anderem die Monozyten und Makrophagen, interdigitierende follikuläre Zellen im Thymusmark, nicht phagozytierende follikuläre dendritische Zellen in Sekundärfollikeln von Lymphknoten und Milz, dendritische Zellen in Blut, Lymphe und anderen Geweben, phagozytoseaktive Zellen des Gefäßendothels, Langerhans-Zellen in der Haut und B-Lymphozyten. MHC-Klasse-II-Moleküle bestehen aus zwei etwa gleich großen membranverankerten Untereinheiten, der α- und β-Kette, sowie ebenfalls einem Peptid. Die Peptide, die auf MHC-Klasse-II-Molekülen präsentiert werden, stammen in der Regel von extrazellulären Proteinen ab, die z.B. durch Endo- oder Phagozytose Zugang zum sekretorischen Weg der APCs gefunden haben. Wie die T-Killerzellen sind auch die T-Helferzellen so selektioniert, dass sie nur dann mit ihrem T-Zellrezeptor an einen MHC-Klasse-II-Komplex binden und damit aktiviert werden, wenn ein körperfremdes Antigen präsentiert wird.
Über den MHC-Klasse-I-Weg werden infizierte und entartete Zellen, die körperfremde
Proteine herstellen, gezielt von T-Killerzellen identifiziert und anschließend eliminiert. Über
den MHC-Klasse-II-Weg können T-Helferzellen die Produktion von spezifischen Antikörpern
und die Aktivität von Phagozyten stimulieren, die Krankheitserreger in Körperflüssigkeiten
inaktivieren und eliminieren. Das adaptive Immunsystem trennt also zwischen intra- und
extrazellulären Pathogenen.
Die schwere Kette der MHC-Klasse-I-Moleküle sowie die α- und β-Untereinheit der MHC-Klasse-II-Moleküle treten beim Menschen in sehr vielen Allelen auf (genetischer Polymorphismus). Dies ist maßgebend für die Bedeutung des Haupthistokompatibilitätskomplex bei der Gewebeverträglichkeit.