Politische Parteien in der Schweiz
Die politischen Parteien der Schweiz sind stark vom Schweizer Föderalismus geprägt: Die Schweiz ist in drei Ebenen aufgeteilt: die nationale Ebene, die kantonale Ebene und die Gemeindeebene. Auf allen drei Ebenen werden Parlamente gewählt (auf Gemeindeebene bestehen heute noch vielerorts einfache Gemeindeversammlungen, auf denen jeder in der Gemeinde ansässige Schweizer (vereinzelt auch ansässige ausländische Staatsangehörige) Rede-, Stimm- und Wahlrecht besitzt). Deshalb gibt es auf jeder dieser Ebene Parteien. Die großen nationalen Parteien sind meist auf allen drei Ebenen durch kantonale und kommunale Sektionen aktiv, während es auf kantonaler und vor allem auf Gemeindeebene viele kleine Parteien gibt, die sich auf die politische Arbeit im jeweiligen Kanton oder die Gemeinde beschränken. Das nationale Parlament, die Bundesversammlung, besteht aus 2 Kammern, die kantonalen und regionalen Parlamente bestehen aus einer Kammer.
Besonderheiten
Nationale Ebene
Die wichtigsten Parteien der Schweiz sind die sogenannten Bundesratsparteien. Dabei handelt es sich um die wählerstärksten Parteien, die mindestens einen Vertreter in der Landesregierung, also im Schweizerischen Bundesrat haben. Seit 1959 sind dies Konservative (SVP), Sozialdemokraten (SP), Freisinnige bzw. Liberale (FDP) und Christdemokraten (CVP). Die Bezeichnung „Regierungsparteien“ für jene politischen Kräfte ist unüblich, da in der Schweiz keine parlamentarische Opposition im eigentlichen Sinne besteht. In der Schweiz ist es dafür durchaus üblich, dass eine im Bundesrat vertretene Partei bei einer bestimmten Sachfrage in Opposition zu diesem agiert, z.B. bei Parolen zu Volksabstimmungen (insbesondere bei den „Polparteien“ SP und SVP) (siehe Konkordanzdemokratie, Politisches System der Schweiz).
Die nicht im Bundesrat vertretenen Parteien haben grundsätzlich nur wenig Einfluss auf die nationale Politik – im Bundesrat sind momentan die wichtigsten politischen Richtungen und über 80% der Wählenden vertreten. Einzig die aufstrebenden Grünen besitzen mit knapp 10 % Wählerstimmen (2007) ein gewisses nationales Gewicht.
Die Schweizer Parteienlandschaft ist traditionell in ein bürgerliches (d.h. liberal-konservatives) und ein links-grünes Lager geteilt. Das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Lagern hat sich auf der nationalen Ebene seit der Einführung der Proporzwahl 1919 kaum geändert (ca. zwei Drittel wählen bürgerlich, ein Drittel links-grün). Diese Stabilität ist ebenfalls auf die Besonderheiten des politischen Systems zurückzuführen.
Innerhalb der beiden Lagern finden jedoch teilweise grössere Verschiebungen statt (gegenwärtig auf der bürgerlichen Seite mit dem Aufstieg der Schweizerischen Volkspartei, auf der linken Seite mit dem Erstarken der Grünen). Zudem ist seit Ende der 1990er-Jahre eine Schwächung der bürgerlichen Mitte (FDP, CVP) zugunsten der „radikaleren“ Linken und SVP feststellbar.
Kantonale Ebene
Die Parteiensysteme der einzelnen Kantone unterscheiden sich teilweise stark sowohl voneinander als auch von der nationalen Konstellation. Die einzelnen kantonalen Sektionen einer Partei haben zudem oft unterschiedliche Profile oder unterscheiden sich von ihrer Mutterpartei. So ist in den katholischen deutschschweizer Kantonen die Linke kaum vorhanden, dafür beherrschen die CVP und die FDP (bzw. seit neustem auch die SVP) die Politik. In den reformierten Kantonen ist die ursprünglich katholische CVP nur eine Kleinpartei, während SVP, SP und FDP die Politik bestimmen. In der Romandie spielt zusätzlich die Liberale Partei eine wichtige Rolle, die (mit Ausnahme von Basel) in der Deutschschweiz inexistent ist. Das Profil der CVP ist in den katholischen Hochburgen ausgesprochen konservativ, während es z.B. im Kanton Zürich liberal ausgerichtet ist. Die SVP ist in Bern und Graubünden liberal-konservativ ausgerichtet, während sie in den übrigen Kantonen und auf nationaler Ebene ein rechtskonservatives bis rechtspopulistisches Profil hat.
Bundesratsparteien (in der Regierung vertreten)
- Christlichdemokratische Volkspartei (CVP): bürgerlich, Mitte, familienfreundlich
- Freisinnig-Demokratische Partei (FDP): bürgerlich, wirtschaftsliberal, rechts der Mitte
- Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP): links, gewerkschaftsnah, ökologisch
- Schweizerische Volkspartei (SVP) : bürgerlich, konservativ bis nationalkonservativ, teils wirtschaftsliberal, isolationistisch, rechtspopulistisch
Weitere in der Bundesversammlung vertretene Parteien
- Christlichsoziale Partei der Schweiz (CSP): katholisch, ökologisch, sozial, gesellschaftspolitisch liberal, Mitte-links
- Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU): evangelikal-fundamentalistisch, wertekonservativ, EU-kritisch, rechts
- Evangelische Volkspartei (EVP): evangelisch, wertekonservativ, sozial, ökologisch, Mitte
- Grüne Partei der Schweiz (GPS): ökologisch, links
- Grünliberale Partei (GLP): ökologisch, (wirtschafts)liberal, Mitte (Kanton Zürich und Kanton St. Gallen)
- Lega dei Ticinesi (Lega): rechtspopulistisch, rechts, (Kanton Tessin)
- Liberale Partei der Schweiz (LPS): rechts-liberal, Mitte-rechts
- Partei der Arbeit der Schweiz (PdA): kommunistisch, Nachfolgeorganisation der 1940 verbotenen Kommunistischen Partei der Schweiz
- Alternative Kanton Zug: ökologisch, sozial, links (Kanton Zug, Beobachterstatus bei der Grünen Partei)
Kantonale und regionale Parteien sowie nationale Parteien, die nicht in der Bundesversammlung vertreten sind
- Aktive Senioren (Kanton Zürich)
- Alliance de Gauche: Wahlbündnis zwischen der Partei der Arbeit und SolidaritéS
- Alternative Liste (AL): sozialistisch, ökologisch, sozial, links aussen. (Kanton Zürich und Schaffhausen im Kantonsparlament)
- Basels starke Alternative (BastA), Mitglied der GPS
- Bewegung für den Sozialismus (BfS)
- CHance21: (Kanton Luzern): für kleinräumige Strukturen, ökologisch, gegen NATO- und EU-Beitritt der Schweiz
- Demokratisches Nidwalden, Mitglied der GPS
- Demokratisch-Soziale Partei der Schweiz (DSP): reformorientiert, leicht links der Mitte.
- Die Ostschweizer Partei (DOP)
- Entente Jurassienne
- Europäische Reformpartei: reformorientiert, liberal-zentralistisch, proeuropäisch
- Europa-Partei der Schweiz (EPS): proeuropäisch, Mitte
- Forum Liberale Mitte (Kanton Aargau)
- Freiburger Unabhängige Bewegung
- Freies Forum: Unabhängige - Ex-LdU-Politiker - Mitte (Kanton Zürich)
- Freiheits-Partei der Schweiz (FPS) (bis 1994 Auto-Partei): antigrün, isolationistisch, rechtspopulistisch, stark rechts
- Gruppe für Innerrhoden(GfI) vertreten im Kanton AI
- Humanistische Partei der Schweiz (HPS): humanistisch, links
- Hundepartei (Kanton Zürich)
- Junge Alternative (JA!), links von SP und Grünen, Bern
- Katholische Volkspartei der Schweiz (KVP): katholisch-fundamentalistisch, isolationistisch, rechts aussen.
- Die Kommunisten (Genf)
- Liberalsozialistische Partei (Kanton Tessin)
- Ligue Vaudoise
- Mouvement Autonomiste Jurassiene
- Partei Interessengemeinschaft Gesundheit
- Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) (vom Bundesamt für Polizei 2001 als rechtsextreme Organisation eingestuft)
- Partei für Zürich, SVP-Abspaltung
- Parti Socialiste Autonome (PSA), sozialdemokratisch, für Vereinigung des Süd-Juras (Bern) mit dem Kanton Jura
- RegioStadt-Liste (Kanton St. Gallen: Ex-LdU)
- Schweizer Demokraten (SD): isolationistisch, ausländerfeindlich, rechts aussen, ökologisch
- solidaritéS: links aussen (Romandie)
- Sozialistisch-Libertäre Organisation
- Team baden - Stadt Baden
Nationale Jungparteien
- Junge Christlichdemokratische Volkspartei (JCVP)
- Junge Grüne, Jungpartei der Grünen Partei der Schweiz
- Jungfreisinnige, Jungpartei der Freisinnig-Demokratischen Partei
- JungsozialistInnen (JUSO), Jungpartei der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz
- Junge Schweizerische Volkspartei (JSVP)
- Junge Evangelische Volkspartei (JEVP)
- Junge Eidgenössisch Demokratische Union (JEDU)
- Junge Schweizer Demokraten (JSD)
Bedeutendere Parteien, die es nicht mehr gibt
- Demokraten: unabhängig, anfangs eher links, später bürgerlich, 1971 aufgegangen in SVP und der FDP
- Frauen macht Politik (FraP!): feministisch, links; bis 1999 im Nationalrat vertreten, seither offenbar in Freien Listen, SP und Grünen aufgegangen
- Kommunistische Partei-Opposition (Schweiz), kommunistisch, gegründet 1930, mit einem Abgeordneten im Nationalrat vertreten, schloss sich 1935 der SP an
- Landesring der Unabhängigen (LdU): sozialliberal, Mitte, 1999 aufgelöst.
- Progressive Organisationen der Schweiz (POCH): 68er, stark links, zwischen 1985 und 1993 in den Grünen und der SP aufgegangen.
- Republikanische Bewegung (Rep): ausländerfeindlich, nationalistisch, bürgerlich, 1989 in den Schweizer Demokraten aufgegangen
- Revolutionäre Marxistische Liga (RML): trotzkistisch, gegründet 1969, 1980 Namensänderung in Sozialistische Arbeiterpartei, 1990 aufgelöst, Nachfolgeorganisationen u.a. SolidaritéS und Bewegung für Sozialismus (BfS)
Entwicklung des Wähleranteils bei Nationalratswahlen
Weblinks
- Zur Geschichte der Parteien ab 1987 Institut für Politikwissenschaft Uni Bern
Siehe auch
- Liste der politischen Parteien in Deutschland
- Politische Parteien in Österreich
- Politisches Spektrum
Literatur
- Michael Herrmann, Heiri Leuthold: Atlas der politischen Landschaften - ein weltanschauliches Porträt der Schweiz. vdf Hochschulverlag AG an der ETH, Zürich 2003, ISBN 3728129011
Vorlage:Navigationsleiste Parteien im schweizerischen Nationalrat