Infrastruktur
Der Sammelbegriff Infrastruktur ist von dem lateinischen infra (unten, unterhalb) abgeleitet. Die Infrastruktur (somit Unterbau) bezeichnet alle langlebigen Grundeinrichtungen personeller, materieller und institutioneller Art, welche das Funktionieren einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft garantieren. Meist wird sie Öffentliche Infrastruktur genannt. Der Begriff beinhaltet z. B. Verwaltung, Verkehr, Handel und Produktion.
Allgemeines
Infrastruktur und Suprastruktur sind Begriffe, welche erstmals von der NATO verwendet wurden. Die Infrastruktur bezeichnete ursprünglich die im Boden befindlichen Leitungen, wie Rohrleitungen und Kabel.
Die Planung, Erstellung und Instandhaltung einer Infrastruktur ist im Normalfall die Aufgabe des Staates oder ihm assoziierter Organe (öffentlich-rechtliche Einrichtungen, öffentliche Unternehmen).
Im Zuge der Privatisierung von öffentlichen/staatlichen Betrieben und staatlichen Aufgaben werden insbesondere Erstellung und Instandhaltung der Infrastruktur vermehrt privaten bzw. privatrechtlich organisierten Firmen übertragen. Die Planungs- und Regulierungshoheit bleibt aber weiterhin beim Staat.
Die Nutzung einer Infrastruktur ist jedem Bürger eines Staates möglich bzw. verpflichtend (z. B. Müllentsorgung). Nutzungsgebühren sind in der Regel durch den Nutzer zu entrichten (Steuergelder).
Die Erstellung einer (öffentlichen) Infrastruktur wird dagegen meist durch Steuergelder finanziert.
Bei der Infrastruktur gibt es mitunter nationale Besonderheiten. So verfügen die Schweiz, Österreich und Deutschland über ein Bahnstromnetz, während in den anderen Ländern der elektrische Bahnbetrieb im Regelfall mit dem Strom des allgemeinen Elektrizitätsnetzes durchgeführt wird.
Der Begriff Infrastruktur wird inzwischen auch analog zur Kennzeichnung technischer Grundeinrichtungen im privatwirtschaftlichen Bereich, beispielsweise in Unternehmen, verwendet. So können unter anderem verwaltete Straßen, Gebäude und technische Grunddienste wie Strom oder Kommunikation in Industrieparks oder Büroanlagen auch als Infrastruktur verstanden werden, spezielle Organisationsformen der privatwirtschaftlichen Verwaltung solcher Anlagen bezeichnet man zum Beispiel mit „(On-)Site-“ oder „Facility Management“. In den Unternehmen selbst hat sich in den letzten Jahren auch der Begriff IT-Infrastruktur durchgesetzt.
Arten der öffentlichen Infrastruktur
Es gibt folgende Arten von öffentlichen Infrastrukturen:
Technische Infrastruktur
- Verkehrsinfrastruktur
- öffentlicher Verkehr
- Binnengewässer
- Seeschifffahrt
- Eisenbahnen (Nah- und Fernbahn)
- Öffentlicher Personenverkehr (ÖPNV und Personenfernverkehr Fernbus)
- Luftverkehr
- Flughäfen
- Navigationsfunksender für Luft- und Seefahrzeuge
- Individualverkehr
- öffentlicher Verkehr
- Geodateninfrastruktur
Soziale Infrastruktur
- Bildungssystem, Bildungseinrichtungen
- Dienstleistungen
- Kinderbetreuungs-Einrichtungen
- Pflegedienste
- Vereinswesen
- Kulturelle Einrichtungen
- Ausstellungsräume
- Bibliotheken
- Museen
- Sehenswürdigkeiten
- Tourismus
- Öffentliche Sicherheit
- Verwaltung
- Kommunalverwaltung
- Landesverwaltung
- Regierung (Staatsverwaltung)
- Stadtverwaltung
Infrastrukturrecht
Infrastrukturrecht ist das Recht, dass sich mit der staatlichen und kommunalen Infrastruktur und der Gewährleistung flächendeckender Angebote der Daseinsvorsorge beschäftigt (Wasser, Abwasser, Energie, Verkehr, Telekommunikation, Post). Dabei handelt es sich um ein Querschnittsrecht. D. h., es gibt keinen Gesetztext, in dem zentral Infrastrukturrecht geregelt wäre. Bestimmungen des Infrastrukturrechts finden sich daher in:
- Verfassungen, etwa das deutsche Grundgesetz (GG),
- EG-Vertrag (EGV),
- EU-Verordnungen, EU-Richtlinien und EU-Entscheidungen,
- EG-Beihilfenrecht,
- EU-Wettbewerbsrecht, EU-Kartellrecht,
- Rechtsprechung des EuGH (europäischer Gerichtshof),
- Kartellrecht (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB),
- Wettbewerbsrecht (GWB, Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb – UWG),
- Sektorspezifischen Fachgesetzen: Energiewirtschaftsgesetz, Allgemeines Eisenbahngesetz, Telekommunikationsgesetz, Postgesetz
- Freistellungsverordnungen,
- Vergaberecht (GWB, Vergabeverordnungen – VgV),
- Rechtsprechung der Vergabesenate und Kartellsenate des BGH und der Oberlandesgerichte,
- Entscheidungen der Kartellbehörden und der EU-Kommission,
- Beschlüssen der Vergabenachprüfungsinstanzen.
Im Infrastrukturrecht sind insbesondere folgende Aspekte von Bedeutung:
- Offener und diskriminierungsfreier Netzzugang,
- Ausschreibungspflicht,
- Missbrauch marktbeherrschender Stellung,
- Durchleitungsentgelte,
- Gemeinsame Nutzung (ggf. Finanzierung) von Infrastruktureinrichtungen,
- Berechtigung zum Erhebungen von Maut und Gebühr (Beleihung),
- Gebührenhöhe, Mauthöhe,
- Erhebung von Erschließungsbeträgen/Erschließungsgebühren,
- Vermeidung von Doppelbelastungen für Nutzer/Bürger,
- Privatfinanzierung staatlicher und kommunaler Infrastruktur.
Die herausragende Bedeutung des Infrastrukturrechts beruht auf der großen Bedeutung staatlicher und kommunaler Infrastruktur.
Staatliche und kommunale Infrastruktur ist:
- Wasser (z. B. Wasserleitungen, Brunnen, Wasserwerke, Wasseraufbereitung)
- Abwasser (z. B. Kanalisation, Klärwerk, Vorfluter, Versickerungsanlage)
- Straßen (z. B. Straßen, Autobahn, Umgehungsstraße, Straßenbau, Straßenausbau, Autobahnbau, Autobahnausbau, Brücken, Tunnel, Pässe, Umgehungsstraßen)
- Immobilien (z. B. Verwaltungsgebäude, Rathaus, Schule, Turnhalle, Schwimmbad)
- Schienenverkehr (z. B. Schienennetze, Schienenstrecken, Hochgeschwindigkeitsstrecken, Streckenausbau, zweigleisiger Ausbau, Errichtung von Haltestellen und Bahnhöfen, Sanierung von Bahnhöfen)
- Nahverkehr (z. B. Ausbau von U-Bahn-Strecken, Errichtung von Erdgastankstellen/Wasserstofftankstellen für den ÖPNV, Ausbau von Straßenbahnen, Haltepunkte, Park and Ride Gelegenheiten)
- Abfall (z. B. Abfalleinsammlung, Abfallsammlung, Abfallbeseitung, Müllverbrennung, Mülldeponie)
- Strom (z. B. Stromnetz, Hausanschlüsse, Kraftwerke, Umspannwerke)
- Fernwärme (z. B. Leitungsnetz, Kraftwerke)
- Gas (z. B. Leitungen, Hausanschlüsse)
- Telekommunikation (z. B. Leitungen, Netzknoten, Hausanschlüsse)
Literatur
- Dr. Christopher Zeiss: Privatfinanzierung staatlicher Infrastruktur. 2000.
- Reimut Jochimsen: Theorie der Infrastruktur. Grundlagen der marktwirtschaftlichen Entwicklung. Tübingen, 1966.
- Dirk van Laak: Der Begriff „Infrastruktur“ und was er vor seiner Erfindung besagte. In: Archiv für Begriffsgeschichte. Nr. 41 (1999), S. 280-299.
- Jochen Monstadt, Matthias Naumann: Neue Räume technischer Infrastruktursysteme. Forschungsstand und -perspektiven zu räumlichen Aspekten des Wandels der Strom- und Wasserversorgung in Deutschland. netWORKS-Paper Nr. 10, Berlin 2004.
- Christian Koenig, Jürgen Kühling, Christian Theobald (Hrsg.): Recht der Infrastrukturförderung. Sellier, München Heidelberg 2004.
- Georg Hermes: Staatliche Infrastrukturverantwortung.
- J. Schäufele: Artikel zum Begriff Infrastruktur.