Edelkastanie
Edelkastanie | ||||||||||||
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![]() Edelkastanie (Castanea sativa) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Castanea sativa | ||||||||||||
Mill. |
Edelkastanie (Castanea sativa Mill.) bezeichnet eine Baumart aus der Familie der Buchengewächse (Fagaceae), sowie deren essbare Früchte. Es werden auch die Bezeichnungen Esskastanie, Essbare Kastanie, Echte Kastanie, Zahme Kastanie; für die Frucht die Bezeichnungen Marone (pl. Maronen oder Maroni), in der Schweiz Marroni (sg. und pl.), landschaftlich Cheste, Cheschtene, Keschte, Keschde, Köschte, Kesten, Chegele verwendet.
Vorkommen und Geschichte
Ursprünglich aus Kleinasien stammend, verbreitete sich die Kastanie im Zeitraum der vergangenen Jahrtausende – oft mit Hilfe des Menschen, der ihre nahrhaften, wohlschmeckenden und zudem gut lagerfähigen Früchte schon lange schätzt – im gesamten Raum zwischen Kaukasus und Portugal, weshalb sie hier zu den Archäophyten gerechnet wird. Bei uns gedeiht sie hauptsächlich in mildem Weinbauklima, in rauheren Lagen reifen die Früchte nicht aus. Vor allem in den Tälern der Südalpen und auf Korsika halten sich noch große, alte Bestände. Der Name Maroni und die ähnlichlautenden Bezeichnungen in vielen Sprachen stammen vom griechischen maraon. Im antiken Griechenland wurde die Frucht auch als „Eichel des Zeus“ bezeichnet und hatte sowohl in der Ernährung als auch in der Heilkunde einen festen Platz. Auch in späterer Zeit schätzte man sie sehr, was unter anderem auch in der Capitulare de villis genannten Landgüterverordnung Karl des Großen dokumentiert ist.
Beschreibung
Edelkastanien sind sommergrüne Bäume oder Sträucher. Sie können bis zu 30 Meter hoch werden und bilden häufig eine weit ausladende Krone. Die 15 bis 30 Zentimeter langen Laubblätter sind lanzettlich geformt mit spitz gezähnten Rändern, auf der Oberseite dunkler grün gefärbt als auf der Unterseite. Sie können ein Alter von über 1.000 Jahren erreichen. Sie blühen das erste Mal in einem Alter von 5 bis 10 Jahren, vorher sind naturgemäß auch keine Früchte zu erwarten. Stehen sie in dichten Beständen, können bis zur ersten Blüte mehrere Jahrzehnte vergehen.
Castanea sativa ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch), d.h. weibliche und männliche Blüten befinden sich auf der selben Pflanze. Die getrenntgeschlechtlichen Blüten erscheinen in der Zeit von Juni bis Juli und riechen wie bei Weißdorn und der Eberesche nach Trimethylamin, was von den meisten Menschen als unangenehm empfunden wird.
Es entwickeln sich braune Nussfrüchte, die von den hellgrünen, stacheligen Fruchtschalen (Fruchtbecher, Cupula) umgeben sind. Die Erntezeit der Edelkastanien ist im September, Oktober und November.
Standort
An den Standorten, die dem Wärmebedürfnis der Edelkastanie gerecht werden, zählt sie zu den Schattenbäumen. Je schlechter jedoch der Boden, auf dem sie steht und je rauher das Klima ist, desto stärker ist ihr Lichtbedürfnis.
An ihrem ursprünglichen Standort gedeiht die Edelkastanie in lichten Laubmischwäldern in sommertrockenem Klima und bei mildem Winter. Der optimale Boden ist nährstoffreich und tiefgründig. Kalk und Bodennässe verträgt die Kastanie nicht.
Notwendig ist ein mildes Klima. Die Edelkastanie blüht erst spät, bei einer Temperatur von 15 bis 18 °C. Zu einer vollkommenen Reife der Früchte ist eine lange Vegetationsdauer und eine große Wärmemenge notwendig: Die Summe der täglichen Temperaturen von der Blüte bis zur Ernte soll 2000-2300 °C betragen. Zum Ausreifen der Früchte ist ein warmer Herbst unentbehrlich. Besonders günstig sind dabei in Mitteleuropa Seeufer (der See wärmt im Herbst, das Wasser reflektiert die Sonnenstrahlen). Dank der insularen Lage ist England geradezu eine zweite Heimat der Kastanie geworden. In rauhen Lagen kann man zwar auch Kastanienbäume pflanzen, doch sind die Erträge sehr gering. Am ertragreichsten sind sonnige Hänge zwischen 400 und 800 Metern über dem Meeresspiegel. Nur kümmerliches Wachstum ist zu erwarten bei windigem, lehmigem und nassem Boden. Ungünstig sind nasse Niederungen und nasse Mulden.
Die Kastanie gedeiht am besten auf Urgestein, ganz besonders auf Moränenablagerungen und ehemaligen Felsstürzen. Die Kastanie ist sehr kalibedürftig (wie Ginster, Heide und Adlerfarn: wo diese vorkommen, hat auch die Kastanie gute Bedingungen). Die Kastanie verlangt kieselsäurereiche Böden, und zwar deshalb, weil es ausschließlich Silikate sind, welche das Kali absorbieren und den Pflanzen zuführen. Als Nährstoff selbst spielt das Kali allerdings eine ganz untergeordnete Rolle. Die Absorptionswirkung im Boden und die chemisch-physikalischen Wechselwirkungen zwischen Klima und Böden sind für das Gedeihen des Baumes von größter Bedeutung.
Ausbreitung
Die Edelkastanie zählt zu den Pflanzen, die aufgrund der sogenannten Versteckausbreitung sich neuen Lebensraum erobern. Nagetiere wie das Eichhörnchen, der Siebenschläfer, Wald-, Feld- und Schlafmaus, aber auch Vögel wie Krähen und Eichelhäher verschleppen die Früchte und legen versteckte Nahrungsvorräte damit an. Werden diese, aus welchem Grund auch immer, nicht aufgebraucht, keimen die zu den Dunkelkeimern zählenden Samen aus und begründen neue Bäume.
Vorkommen
Ursprungsgebiet und Einführung nach Europa
Ursprünglich stammt die Edelkastanie aus Vorderasien. Sie wurde bereits im 5. Jahrhundert vor Christus nach Griechenland eingeführt. Von dort ausgehend wurde sie noch vor der Zeitenwende in Italien, Spanien und Frankreich etabliert. Mit den Römern ist sie ebenso wie die Weinrebe in die besetzten Gebiete Portugals, Nordafrikas und Germaniens eingeführt worden. Am nördlichen Alpenrand war sie jedoch bereits verbreitet, bevor die Römer diese Landstriche eroberten.
Bestände in Deutschland und Naturschutz
Vorkommen
Edelkastanien finden sich innerhalb Deutschlands vor allem im Rheintal sowie in den wärmebegünstigten Nebentälern dieses Flusses. Heute ist sie unter anderem am Rand des Pfälzerwaldes (der Haardt) und im Taunus heimisch. Der dortige landessprachliche Name für die Frucht ist Keschde. Angebaut wird sie dort nicht nur wegen ihrer Früchte, sondern weil sie auch die zum Weinbau notwendigen Rebstecken liefert. Reich an Edelkastanien sind auch die westlichen Randzonen des Odenwalds und des Schwarzwalds. Sie ist außerdem im südlichen Spessart und im Südwesten Westfalens zu finden. Die nördlichst gelegenen nennenswerten Bestände finden sich in Dresden (Elbhänge), Mammolshain im Taunus (50° 11' N.) und Oberursel im Taunus. Die Städte liegen am Limes in Hessen.
Die größte Edelkastanie Deutschlands wächst im Gemeindewald Hainfeld in der Nähe des Forsthauses Heldenstein im Pfälzerwald. Sie hat einen Brusthöhendurchmesser von 1,10 Meter und einen astfreien Stamm von 8 Metern Höhe.
Es gibt einen sehr alten und großen Edelkastanienbestand in der Gemeinde Miltitz bei Meißen.
Ein weiterer Bestand existiert in Wernigerode am Harz (51,8°N/10,8E). Dieser Bestand ist wegen seiner Nordhanglage bemerkenswert. Ein kleiner Bestand befindet sich in Klein Kussewitz OT Volkenshagen (östlich von Rostock).
Naturschutz
Die Edelkastanie unterliegt keinem besonderen Schutz. Einzelne Bäume bzw. lokale Edelkastanienbestände können in Deutschland nach §28 Bundesnaturschutzgesetz zu Naturdenkmälern erklärt und damit unter Naturschutz gestellt werden[1]. Derartig geschützte Bäume sollen vor allem aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen bzw. wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erhalten werden[2].
Da die traditionellen Nutzungsformen weitgehend erloschen sind, sind viele Edelkastanienbestände überaltert. Da die Edelkastanie, anders als Eichen, auch im hohen Alter wieder gut ausschlägt, ist die Wiederaufnahme der traditionellen Nutzung möglich. Dies ist auf Beispielflächen auch erfolgreich getestet worden.
Bestände im übrigen Europa
Ungewöhnlich große Edelkastanien finden sich im klimatisch milden Großbritannien. Im italienischen Nationalpark Foreste Casentinesi bilden Edelkastanien zum Teil Reinbestände.In Italien verbreitet in Südtirol,Campania,Sizilien,Lazio,Piemonte und der Toskana. Im französischen Nationalpark Cevennen und den südöstlichen Ausläufern des französischen Zentralmassivs, wie z. B. den Monts d'Ardèche (Regionaler Naturpark) bildeten die Kastanienkulturen auf Terrassen seit dem 14. Jahrhundert die Nahrungsgrundlage der Bevölkerung; die heutigen „Kastanienwälder“ werden aber kaum noch genutzt. Weitere alte Kastaniengärten befinden sich auch auf Madeira, Korsika und den Kanarischen Inseln. Reine Edelkastanienwälder finden sich auch an den Hängen des Mecsek-Gebirges im Süden Ungarns sowie in einigen sonnigen Abschnitten des Donauknies nördlich von Budapest, wie auch im Kanton Tessin und in den Bündner Südtälern Misox, Calanca, Bergell und Puschlav (alle Schweiz). Ferner gibt es nördlich der Alpen an den Hängen der Rigi Kastanienwäldchen (sogenannte Chestenenweid). Auch in Österreich (Südsteiermark, Burgenland, Voralpengebiet, Kärnten) sind einige Bestände bekannt. In Oberösterreich, genauer in Unterach am Attersee, ist einer der größten Edelkastanienwälder nördlich der Alpen zu besichtigen.
Wirtschaftliche Nutzung
Nutzung als Holzlieferant, Streu- und Trachtpflanze
Das Holz der Edelkastanie ist sehr wertvoll. Neben der Möbelproduktion wurde es auch bevorzugt zur Herstellung von Rebenpfählen sowie zur Produktion von Fässern und im Schiffbau genutzt, da es weitgehend resistent gegen Nässe und Fäulnis ist. Als Brennholz findet es hauptsächlich im Piemont Verwendung, hat aber schlechte Flammenqualität, es rußt und raucht stark.
Das Holz der Edelkastanie wird im Rahmen der Schutzwaldsanierung zur temporären Verbauung genutzt. Verschiedene Bauwerke, u. a. Schneerechen und Dreibeinböcke werden regelmäßig mit Edelkastanie gebaut. Ein großer Vorteil bei ihrer Verwendung ist, dass auf eine Behandlung des Holzes mit Chemikalien verzichtet werden kann. Die Dauerhaftigkeit des hierbei verwendeten Kernholzes resultiert aus seinem hohen Gerbstoffgehalt.
Traditionell wurden die abgefallenen Blätter als Streu sowohl als Dünger oder Einstreu in Stallungen verwendet. Die Blüten werden außerdem als Bienenweide geschätzt. Wichtigste Trachtpflanze vor allem an der Bergstraße (Odenwald) und im Pfälzerwald. Der Kastanienhonig hat einen interessanten herb pfeffrigen Geschmack. Frei gehaltene Ziegen lieben es, im Winter die Rinde der jungen Zweige und frischen, dreijährigen Schösslinge abzunagen. Sie nehmen darin wichtige Spurenelemente auf und bekommen in der Folge ein glänzendes Fell.
Die Kastanienwälder werden in der Schweiz seit den 1950er-Jahren nicht mehr bewirtschaftet, da es sich meist um Niederwälder handelt. Im Kanton Tessin findet man in der Nähe von Dörfern und Maiensässen (monti) „auf den Stock gesetzte“ Kastanienbäume, das heißt, ca. auf Mannshöhe abgesägte Baumstümpfe. Da die Kastanie die Fähigkeit hat, aus dem abgesägten Baumstumpf wieder auszutreiben (Stockausschlag), musste man einfach solange warten (etwa 10 Jahre), bis die Triebe den gewünschten Umfang erreichten, um zum Beispiel als Balken für die tonnenschweren Steindächer eingesetzt werden zu können. Im Jahre 2005 publizierte Studien über Versuchsanlagen mit Kastanienbäumen schlagen vor, das wertvolle Kastanienholz wieder als Wertholz – zum Beispiel für Parkettböden – zu nutzen.
Nutzung der Frucht als Nahrungsmittel
Kastanien als Hauptnahrungsmittel
Im französischen Gebirge der Cevennen nördlich von Alès waren bis ins 17. Jahrhundert Kastanien das Hauptnahrungsmittel – Brot war dagegen weitgehend unbekannt. Weizen und selbst Roggen wuchsen in den Bergen wegen der ungünstigen Bodenbeschaffenheit nur schlecht oder überhaupt nicht. In vielen Dörfern machten Kastanienpflanzungen 90% oder mehr des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens aus. Aufgrund der einseitigen Ernährung mit Kastanien hatten viele Bewohner der Cevennen riesige Kröpfe.[3]
Kastanien als Kost bei Missernten
In den italienischen Alpentälern sowie in den Regionen der Schweiz, die klimatisch so begünstigt waren, dass die Kastanie dort gedeihen konnte, galt sie früher als Bestandteil der Nahrungsmittel, mit denen man Zeiten der Missernten überstehen konnte. Man veranschlagte, dass die stärkereichen Früchte eines Baumes ausreichten, damit eine Person einen Winter überstehen kann. Aus diesem Grund wurde in vielen Gemeinden der oben genannten Regionen jedem Bewohner ohne eigenen Grund- oder Waldbesitz ein eigener Baum aus dem Gemeindeeigentum als Nahrungsreserve zugewiesen.
Maronen als Bestandteil traditioneller Regionalküche

Maronen sind weiter gezüchtete Sorten der normalen Edelkastanie. Die Früchte sind meist runder, manchmal mit dunklen Streifen. Sie sind aromatischer und innen weniger gefaltet als die Wildform der Esskastanien. Sie werden bevorzugt in der Küche verwendet und kosten fast doppelt so viel wie die anderen Esskastanien. Letztere haben bis zu drei Früchte/Cupula, sind jahreszeitlich vor den Maronen auf dem Markt und aufgrund ihrer gefältelten Frucht schlechter zu schälen. Die Kalibrierung wird als Stückzahl/kg angegeben. 50/60 sind große Maronen, 80/85 dementsprechend kleine. Es gibt hunderte von Kultivaren beider Arten. Seit den 1970er-Jahren werden auch Hybride von europäischen und japanischen Esskastanien angebaut. Diese sind resistenter gegen gewisse Krankheiten.
Maronenpüree (gesztenyepüré) ist eine typisch ungarische Spezialität, ohne die ein Winter in Ungarn undenkbar wäre. Es ist aber auch in Österreich (unter dem Namen Kastanienreis), oder Kroatien (als „kesten pire“) verbreitet. Es wird in nahezu jeder ungarischen Konditorei angeboten. Aus dem Püree lassen sich beispielsweise auch schmackhafte Kuchen herstellen. Die Herstellung einer süßen Krem (sogenannte Maronenkrem) aus dem Fruchtmark ist aber auch in anderen Anbaugebieten (beispielsweise Südfrankreich) und der Schweiz (Vermicelles) verbreitet. Korsika ist bekannt für sein Kastanienmehl, aus dem Suppe und eine Art Polenta hergestellt werden. Um Kastanienmehl zu erhalten, werden die Kastanien erst getrocknet, dann geröstet und schließlich gemahlen. Im Piemont stellt man aus Maronen und Kartoffelmehl kombinierte Gnocchi her, die extrem nahrhaft und nachhaltig sättigend sind; auch eine Marmeladencreme aus mit Honig gesüßter Maronipaste ist dort sehr beliebt. Jäger und Waldläufer lieben es auch, die frischen Maroni an Ort und Stelle direkt zu verzehren. Sie sind süß und kräftig im Geschmack, was sich aber erst bei sorgfältigem Kauen zeigt. Seit einigen Jahren gibt es auf Korsika auch Bier mit Kastanienmehl (Pietra), es schmeckt mild und würzig. In Deutschland und Österreich werden Edelkastanien oft geröstet auf Weihnachtsmärkten angeboten. In Österreich und der Schweiz werden diese im Winter zum vertrauten Stadtbild gehörenden Verkaufsstände als Maronibrater bezeichnet. In der Schweiz werben die Verkäufer oft mit „Heissi Marroni“, was soviel bedeutet wie Heiße Maronen. Des Weiteren finden Maronen Verwendung als Füllung von gebratenem Geflügel (beispielsweise Gans oder Truthahn) oder als gekochte Beilage statt Kartoffeln.
Verarbeitungsweise
Edelkastanien sind leicht verderblich und nur kurzfristig lagerbar. Ab Mitte November ist besondere Vorsicht nötig. Früchte, die in Wasser aufschwimmen, sind nicht mehr verwendbar. Die Edelkastanien werden am runden Ende eingeschnitten gekocht oder geröstet. Vor dem Verzehr werden die Maronen geschält und die darunterliegende braune Haut vollständig entfernt (gerbsäurehaltig). Im Gegensatz zu Maronen ist dies bei den Esskastanien deutlich schwieriger.
Im Bergell (Südostschweiz) werden die Kastanien seit Jahrhunderten in eigens dafür errichteten Holzhäuschen luftgetrocknet oder geräuchert (21 Tage lang) und von Hand zu Mehl gerieben.
Krankheiten
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wütet ein aus Asien stammender Pilz unter den Kastanien, es handelt sich dabei um den sogenannten Kastanienrindenkrebs (Endothia parasitica = Cryphonectria p.). Dieser Pilz wurde erstmals 1904 im New Yorker Zoo entdeckt, bereits im Jahr 1937 waren 99 Prozent aller Bäume der dortigen Esskastanien-Art Castanea dentata in den USA befallen oder abgestorben. 1938 tauchte der Pilz in Genua auf, und schon in den 1950er-Jahren hatte er Südtirol erreicht. Im Jahr 1992 wurde er schließlich auch in Deutschland entdeckt. Aufgrund seines späten Auftauchens zählt dieser Schlauchpilz zu den Neomyceten. Die Sporen werden von Wind, Regen, Insekten, Vögeln und Menschen verschleppt. Die Kastanienbäume werden zwar nicht befallen, sie welken jedoch, weil der Pilz die Wasser- und Nährstoffzufuhr beeinträchtigt. Der Baum geht schließlich ein, wenn die Nährstoffzufuhr komplett unterbrochen ist.
Verwandte oder ähnlich aussehende Arten
Zuchtformen
Neben der Wildform der Esskastanie haben sich im Verlauf der langen Kultivierungsgeschichte eine Vielzahl veredelter Sorten gebildet, bekanntere hiervon sind beispielsweise die Bouche de Betizac oder die Brunella, die beide als hervorragende Speisemaroni gelten.
Die Japanische Edelkastanie als Beispiel einer vergleichbaren Nutzung
Mit über 200 Kulturvarietäten ist die Japanische Edelkastanie (Castanea crenata; jap. クリ) eine wichtige Kulturpflanze in Japan. Sie wird dort in ähnlicher Weise wie die Edelkastanie in Europa genutzt. Ihre Früchte sind das Ausgangsmaterial zahlreicher Süßigkeiten und Konditorwaren (jap. 菓子).
Verwechslungsgefahr mit der Rosskastanie
Die Edelkastanie sollte nicht mit der Rosskastanie verwechselt werden, deren Früchte für den Menschen ungenießbar sind und sogar Vergiftungserscheinungen hervorrufen können. Trotz einiger ähnlicher Merkmale sind Edelkastanie und Rosskastanie nicht näher verwandt. Während die Edelkastanie zusammen mit Buche und Eiche zur Familie der Buchengewächse (Fagaceae) gehört – in Asien und Nordwestamerika gibt es sogar Übergangsformen zwischen Eiche und Esskastanie – zählt die Rosskastanie zu den Seifenbaumgewächsen (Sapindaceae).
Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen einer Rosskastanie und einer Edelkastanie ist, dass sie völlig verschiedene Früchte haben (siehe Bilder): Während die Edelkastanienfrucht eine von einem Fruchtbecher (Cupula) umgebene Nuss ist, haben Rosskastanien Kapselfrüchte.
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Edelkastanien geöffnet
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Edelkastanien ungeöffnet
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Blüten der Edelkastanie
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Zweig mit Früchten der Edelkastanie
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Italienische Maroni, verschiedene Schnitte und geschälte Früchte
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Deutsche Edelkastanie
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Edelkastanie mit Stockausschlag
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Edelkastanien im Mittelrheintal
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Edelkastanie
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Edelkastanien
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Kastanienbaum in der Nähe des Monte Padrone, Korsika
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Kastanien
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Zum Vergleich: Rosskastanien
Siehe auch
- Markante und alte Baumexemplare in Deutschland
- Neophyten, Liste von Bäumen und Sträuchern in Mitteleuropa
Literatur
- Ingo Kowarik: Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. Ulmer, Stuttgart 2003, ISBN 3-8001-3924-3
- Doris Laudert: Mythos Baum. Was Bäume uns Menschen bedeuten: Geschichte, Brauchtum, 30 Baumporträts. BLV, München 2001, ISBN 3-405-15350-6
- Dr. G. Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel. Band 1. Thieme, Leipzig 1938
- René A. Strassmann: Baumheilkunde. AT, Aarau 1994, ISBN 3-85502-485-5
- Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka. 4. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002, ISBN 3-8047-1854-X
Weblinks
- [1] Lebensmittellexikon
- Dossier zu Kastanien aus forstlicher Sicht - Waldwissen.net
- Unterschied zwischen Esskastanien und Maronen
- Alte Edelkastanie in Bamberg
- Biologie und Historie der Esskastanie
- Information zum Kastanienrindenkrebs
- Wissenswertes zur Edelkastanie
- Wertholzproduktion im Kastanien-Niederwald
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. dazu beispielsweise Verordnung des Bürgermeisteramtes Karlsruhe zum Schutz von Naturdenkmalen im Stadtkreis Karlsruhe vom 9. August 1988 (Amtsblatt vom 9. September 1988) oder Ordnungsbehördliche Verordnung zum Schutz der Naturdenkmale in der Stadt Bochum - Naturdenkmalverordnung - vom 23. Februar 2002
- ↑ §28 Naturdenkmale, Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG)
- ↑ Emanuel Le Roy Ladurie: Die Bauern des Languedoc. dtv, München 1990, ISBN 3-423-04555-8, S. 87 ff.