Adelstitel
Der Adelstitel gab den Rang eines Adligen in der gesellschaftlichen Hierarchie an. Viele Adelstitel waren ursprünglich Funktionsbezeichnungen. Die hier beschriebenen Adelstitel beziehen sich auf Europa im Mittelalter und der Neuzeit. Vom Adelstitel ist die Anrede zu unterscheiden.
Überblick
Im Wesentlichen gab es die folgenden Titel (in absteigender Folge):
Männlicher Titel | Weiblicher Titel | Anrede | Männlicher Nachkomme | Weiblicher Nachkomme | Anmerkung |
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Kaiser | Kaiserin | Majestät | (Kron)Prinz | (Kron)Prinzessin | Für die Prinzen des kaiserlichen Hauses die Anrede Kaiserliche Hoheit. |
König | Königin | Majestät | (Kron)Prinz | (Kron)Prinzessin | Für die Prinzen des königlichen Hauses die Anrede Königliche Hoheit. |
Pfalzgraf | Pfalzgräfin | Hoheit | Prinz | Prinzessin | Der Pfalzgraf bei Rhein war bei Thronvakanz Reichsvikar für die Gebiete fränkischen Rechts. Für die Länder sächsischen Rechts war dies der Kurfürst von Sachsen. |
Erzherzog | Erzherzogin | Kaiserliche und Königliche Hoheit | Erzherzog | Erzherzogin | Der Titel stand regelmäßig den Angehörigen des Hauses Habsburg zu |
Kurfürst | Kurfürstin | Königliche Hoheit | Kurprinz | Kurprinzessin | Ein Kurfürst war im Heiligen Römischen Reich (HRR) ein zur Königswahl Berechtigter des Hochadels. Kurfürsten trugen unterschiedliche Adelstitel (Könige, Herzöge, Erzbischöfe, Land-, Mark- und Pfalzgrafen). Nach Auflösung des Heiligen Römischen Reiches trug lediglich der Landesherr von Hessen-Kassel diesen Titel bis 1866 weiter. Er galt als gleichrangig mit einem Großherzog. Auf letzteres beziehen sich diese Angaben. |
Großherzog | Großherzogin | Königliche Hoheit | Prinz/Erbgroßherzog | Prinzessin/Erbgroßherzogin | Für die Prinzen und Prinzessinen der großherzoglichen Häuser von Luxemburg, Hessen und Baden die Anrede Großherzogliche Hoheit. |
Herzog | Herzogin | Hoheit | Prinz | Prinzessin | |
Landgraf | Landgräfin | Hoheit | Prinz | Prinzessin | Den Titel gibt es nur im deutschen Sprachraum (Beispiele: Thüringen, Hessen) |
Markgraf | Markgräfin | Hoheit | Prinz | Prinzessin | |
Großfürst | Großfürstin | Kaiserliche Hoheit | Titel der nicht regierenden Mitglieder des russischen Kaiserhauses | ||
Fürst | Fürstin | Durchlaucht (sofern reichsständisch), Fürstliche Gnaden |
(Erb)-Prinz oder (Erb)-Graf | (Erb)-Prinzessin oder (Erb)-Gräfin | |
Graf | Gräfin | Erlaucht (sofern reichsständisch), Hochwohlgeboren |
Erbgraf | Erbgräfin | Bei weiblichen Familienmitgliedern: „Comtesse“, solange unverheiratet. Häupter der gräflichen Häuser des Hohen Adels erhalten mit wenigen Ausnahmen die Anrede „Erlaucht“. |
Freiherr, Baron | Freifrau, Baronin | Hoch- und Wohlgeboren, sonst Hochwohlgeboren | Freiherr, Baron | Freiin, Baronesse | Der Titel „Freiherr“ wird in der Regel nur geschrieben, die Anrede lautet „Baron XY“ oder umgangssprachlich heute meistens „Herr von XY“. |
Ritter, Edler, Herr von | Edle, Frau von | Hochwohlgeboren | Ritter, Edler, Herr von | Edle, Fräulein/Frau von | Die Titel „Ritter“ oder „Edler“ werden heute in der Regel nur geschrieben, die Anrede lautet umgangssprachlich heute meistens „Herr von XY“. Ebenso wird in der Regel der Titel „Edle“ nur noch geschrieben, die Anrede lautet heute meistens „Frau von XY“. |
Rechtsgültigkeit
Österreich
In der neu entstandenen Republik Deutschösterreich (1918–1919) wurden am 3. April 1919 alle Adelstitel, weltliche Ritter- und Damenorden sowie etliche Titel, Würden und die Privilegien des Adels gesetzlich abgeschafft (siehe: Adelsaufhebungsgesetz).
In einer novellierten Gesetzesform der Republik Österreich von 1920, die 1945 von der neuen Republik Österreich übernommen wurde, dürfen Adelsbezeichnungen auch nicht mehr geführt werden (siehe auch Habsburger-Gesetz).
Deutsches Reich
Im kaiserlichen Deutschen Reich wurde der letzte Adelstitel am 12. November 1918 an Kurt von Kleefeld (1881–1934) verliehen, der jedoch keine Nachkommen hatte.
Im republikanischen Deutschen Reich gab es mit In-Kraft-Treten der Weimarer Reichsverfassung von 1919 keine Adelstitel mehr (Artikel 109). Alle Bürger waren vor dem Gesetz gleichgestellt, Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses ausgeschlossen.
Am 23. Juni 1920 verabschiedete die preußische Landesversammlung das Preußische Gesetz über die Aufhebung der Standesvorrechte des Adels und die Auflösung des Hausvermögens. Dieses Adelsgesetz, das in ähnlicher Form auch von den anderen Ländern des Deutschen Reiches übernommen wurde, bestimmte, dass als Namen der bisherigen Adelsfamilien und ihrer Angehörigen die Bezeichnung zu gelten hatte, die sich bisher auf die nicht besonders bevorrechtigten Familienmitglieder als Familienname vererbte. Dies bedeutet, dass zum Beispiel die Titel Prinz und Graf, die bisher allen Familienmitgliedern zustanden, als Namensbestandteile erhalten blieben, die Titel König, Großherzog oder Fürst usw., welche nur den regierenden Personen (Herrschertitel) oder Familienoberhäuptern zustanden, entfielen ganz. Die Personen allerdings, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung bereits eine solche besondere Bezeichnung hatten, durften diese persönlich beibehalten, was insbesondere die ehemals regierenden Häuser betraf. Da die letzten Inhaber inzwischen verstorben sind, gibt es keine deutschen Fürsten von … als Teil des bürgerlich-rechtlichen Namens mehr, sondern nur noch Prinzen von … Die Fortführung der historischen Adelstitel nach dem Adelsrecht und den Hausgesetzen in den Verbänden und mithin im gesellschaftlichen Leben bleibt davon jedoch unberührt.
Bundesrepublik Deutschland
In der 1949 gegründeten Bundesrepublik Deutschland blieben die Adelstitel ein Bestandteil des Familiennamens (Beispiel: Otto Graf Lambsdorff und nicht Graf Otto Lambsdorff), ein Anrecht auf die Anrede mit einem Prädikatstitel, wie zum Beispiel „Durchlaucht“, besteht nicht mehr. Weibliche Namensträger dürfen den ehemaligen Titel, jetzigen Namensbestandteil, in der entsprechenden geschlechtsspezifischen Form verwenden.
Darüber hinausgehende Rechtsfolgen hat ein Adelstitel heute nicht mehr. Allerdings findet er in manchen Gesellschaftskreisen bzw. im Gesellschaftlichen und bei der Ermittlung des Rangs für das Protokoll immer noch Beachtung.
Schweiz
In der Schweiz werden Adelstitel nicht als Bestandteil des Familiennamens anerkannt. Adelsbezeichnungen werden in amtliche Papiere deshalb auch nicht eingetragen, ebensowenig wie die Neueintragung eines Familiennamens mit dem Zusatz „von“ (obgleich das „von“ nicht immer eine Adelsbezeichnung ist).
Kirchliche Titel
Der kirchliche Titel Kardinal wird zwar nach kirchlichem Recht als Teil des Nachnamens verwendet (Joachim Kardinal Meisner und nicht Kardinal Joachim Meisner), ist jedoch im bürgerlichen Recht kein Bestandteil des Familiennamens.
Verwendung
Bei mehreren Titeln zu einem Namen sieht deren Rangfolge folgendermaßen aus:
(Beispiel: Major Dr. phil. Geheimrat Graf von … zu … Mustermann).
Die Anrede der Träger einzelner Adelstitel richtet sich nach dem Adelsprädikat (im Sinne seiner Wortbedeutung als Anrede); vgl. Adelsprädikat.
Erblichkeit
Der Titel Kaiser, König und Großherzog stand nur einem regierenden Souverän zu. Er ging im Falle eines Thronverlustes nicht auf den Erben über. Dieser trug den Titel Prinz bzw. den entsprechenden Titel des Thronfolgers, z.B. Prinz Georg-Friedrich von Preußen (statt König von Preußen), Herzog Karl I. von Württemberg (statt „König von Württemberg“) oder Markgraf Maximilian von Baden (statt „Großherzog von Baden“).
Adelstitel in verschiedenen Sprachen
Deutsch | Latein | Französisch | Italienisch | Spanisch | Englisch | Niederländisch | Arabisch | Russisch |
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Kaiser, Kaiserin |
Caesar, Imperator Imperatrix |
Empereur, Imperatrice |
Imperatore, Imperatrice |
Emperador, Emperatriz |
Emperor, Empress |
Keizer, Keizerin |
Schah, pl. Qiyâsira |
Zar, Zarin |
König, Königin |
Rex, Regina |
Roi, Reine |
Re, Regina |
Rey, Reina |
King, Queen |
Koning, Koningin |
Malik, pl.Mulûk | |
Vizekönig, Vizekönigin |
Viceroi, Vicereine |
Viceré, Viceregina |
Virrey, Virreina |
Viceroy, Vicereine |
Nâ'ib al-Malik, pl. Nuwwâb al-Malik | |||
Erzherzog, Erzherzogin |
Archidux, Archiducissa |
Archiduc, Archiduchesse |
Arciduca, Arciduchessa |
Archiduque, Archiduquesa |
Archduke, Archduchess |
Aartshertog, Aartshertogin |
||
Großherzog, (Groß-)Herzogin |
Magnus Dux, Magna Ducissa |
Grand Duc, Grande Duchesse |
Gran Duca, Gran Duchessa |
Gran Duque, Gran Duquesa |
Grand Duke, Grand Duchess |
Groot-Hertog, Groot-Hertogin |
||
Herzog, Herzogin |
Dux, Ducissa |
Duc, Duchesse |
Duca, Duchessa |
Duque, Duquesa |
Duke, Duchess |
Hertog, Hertogin |
Dûq | |
Großfürst, Großfürstin |
Magnus Princeps | Grand Duc, Grande Duchesse |
Gran Príncipe, Gran Princesa |
Grand Duke, Grand Duchess |
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Kurfürst, Kurfürstin |
Princeps Elector | Principe Elettore | Príncipe Elector | Elector/Electoral prince | Keurvorst, Keurvorstin |
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Fürst, Fürstin |
Princeps | Prince[1], Princesse |
Principe[1], Principessa |
Príncipe[1], Princesa |
Prince[1], Princess |
Vorst, Prins; Vorstin, Prinses |
Amîr (Emir), pl. Umru' | |
Souverän Baron, Souverän Baroness |
Sovereign Baron / Sovereign Baroness | |||||||
Markgraf[2], Markgräfin |
Marchio | Marquis, Marquise |
Marchese, Marchesa |
Marqués, Marquesa |
Marquess/Margrave, Marchioness/Margravine |
Markies, Markiezin |
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Graf, Gräfin |
Comes, Comitissa |
Comte, Comtesse |
Conte, Contessa |
Conde, Condesa |
Earl/Count[3], Countess |
Graaf, Gravin |
||
Vizegraf, Vizegräfin |
Vicomte, Vicomtesse |
Visconte, Viscontessa |
Vizconde, Vizcondesa |
Viscount (früher Sheriff), Viscountess |
Burggraaf, Burggravin |
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Freiherr, Baron Freifrau, Baronin |
Baro | Baron, Baronne |
Barone, Baronessa |
Barón, Baronesa |
Baron[4], Baroness |
Baron, Barones |
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Ritter | Miles | Chevalier | Cavaliere | Caballero | Knight[5] | Ridder, ohne Äquivalent |
Fâris, pl. Firsân | |
Edler, Edle |
Equité/écuyer[6] | Nobile; | Esquire | Jonkheer, Jonkvrouw |
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Herr, Herrin |
Dominus | Sieur, Seigneur | Signor, Signora |
Señor, Señora |
Sir, Dame | Sayyid, pl.Sâdat |
Internationale Unterschiede
- In Polen war jeglicher Titel unter dem eines Prinzen unstatthaft (siehe szlachta). Die kursiven Titel sind Übersetzungen ins Polnische von westlichen Titeln, welche von fremden Monarchen an einige polnische Edelleute vergeben wurden, besonders nach der Teilung Polens. Man benutzte nicht den Titel Prinz/ Prinzessin (Szlachcic/szlachcianka) mit dem Nachnamen, sondern sagte Onufry Zagłoba herbu Wczele, herbu Wczele = mit dem Wappen Wczele.???
- Nach 1906 nicht mehr vergeben.???
- Für den inländischen russischen Adel wurden vor dem 18. Jahrhundert nur die Titel Kniaz ??? und Boyar verwendet. Später wurde der Titel Graf hinzugefügt.
- In den romanischen Ländern (zum Beispiel Frankreich) rangierte der Fürst vor dem Herzog.
- Die englische und die französische Sprache kennen keinen Unterschied zwischen „Großherzog“ und „Großfürst“.
- Die romanischen Sprachen unterschieden im Gegensatz zu den germanischen nicht zwischen dem regierenden Fürsten (Fürst) und den nachgeborenen Mitgliedern fürstlicher Häuser (Prinzen). Eine Unterscheidung zwischen ehemals regierenden Fürsten und Titularfürsten werden lediglich durch den Prädikatstitel (Durchlaucht gegenüber Fürstliche Gnaden) deutlich.
- Frühere Adelstitel, die heute Namensbestandteile sind, dürfen nicht übersetzt werden.
- Adelstitel und -systeme verschiedener Länder können zwar miteinander verglichen, nicht aber gleichgesetzt werden.
- Auch beim Adel gilt: Kaum eine Regel ohne Ausnahme.
Fußnoten
- ↑ a b c d Prince/principe kann auch ein Königstitel sein, Prinz in Deutsch, Prins in Schwedisch. Im englischen System ist der Titel Prince kein Adelsstand, sondern immer ein Titel, der exklusiv von der Königsfamilie gehalten wird. Die Bezeichnungen Prince of Wales des britischen („englischen“, denn als Erbe der schottischen Krone trägt der britische Prinz den Titel eines Herzogs von Rothesay) und Príncipe de Asturias des spanischen Kronprinzen werden traditionell mit Fürst übersetzt. Aus „Prince Charles the Prince of Wales“ wird „Prinz Charles, der Fürst von Wales“. Charles ist also Prinz (als Sohn der Königin) des Vereinigten Königreiches von GB und Nordirland und Fürst zugleich. Romanische Sprachen unterscheiden im Gegensatz zu germanischen nicht zwischen einem Fürsten (1. allgemeine Bezeichnung souveräner Herrscher im Gegensatz zu Klerikern, Mitgliedern des niedrigen Adels oder den Bürgern, 2. Adelsstufe zwischen Herzog und Graf für den Chef des Hauses) und einem Prinzen (nichtregierende Mitglieder eines hochadligen Hauses), nur der Kontext zeigt an, um welchen Rang es sich handelt.
- ↑ Im deutschen System ungefähr dem Landgraf und Pfalzgraf gleichgestellt.
- ↑ Der Titel Earl wird nur in England und UK angewendet, dagegen wird der Titel Count nur außerhalb von England als die englische Übersetzung von Graf & Co. angesehen.
- ↑ Nicht zu verwechseln mit Baronet.
- ↑ Wird im englischen System nicht als (hoch)adelig angesehen, d.h. ein Knight (ebenso wie ein Baronet) tragen keine Peerswürde.
- ↑ Eigentlich: Schildknappe von lat. scutum
Siehe auch
Weblinks
- Anreden des Adels (grobe Übersicht)