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Haben oder Sein

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Haben oder Sein (Untertitel: die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft) ist ein populäres gesellschaftskritisches Werk des Sozialpsychologen Erich Fromm von 1976. Es zählt mit Die Kunst des Liebens von 1956 zu seinen bekanntesten Werken und erschien wie dieses zuerst in der US-amerikanischen Buchserie World Perspectives. Es ist daher zugunsten der Massentauglichkeit entsprechend spärlich mit Fußnoten versehen. Es handelt von einer philosophischen Anthropologie der Gesellschaft und beschreibt die zwei Charakterstrukturen Haben und Sein (Sozialordnung) und setzt sich kritisch mit den Thematiken auseinander. Das in zahlreiche Sprachen übersetzte Buch ist eines seiner berühmtesten Werke.

Die Arbeit ist eine empirische psychologische und soziologische Analyse der Existenzweisen (sowohl individuell als auch gesellschaftlich, siehe Gesellschaftscharakter) des Habens und des Seins und führt Ansätze seiner früheren Arbeiten fort. Es ist im humanistischen Geist Fromms geschrieben und stellenweise – verfasst ein Jahrzehnt vor Glasnost und Perestroika – vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und insbesondere der Gefahr eines Atomkrieges (Kubakrise etc.) zu verstehen. Ersetzt man die von Fromm verwendeten und für die damalige Zeit aktuellen maschinenfixierten Beispiele durch computerfixierte, so ist das Werk zum größten Teil noch immer hochaktuell.

Inhalt

Das Werk ist in drei Teile unterteilt. Im ersten Teil zeigt Fromm unter anderem etymologische, soziolinguistische, philosophische, religiöse und alltägliche Beispiele für den Unterschied zwischen Haben und Sein auf und analysiert dann im zweiten Teil den Unterschied der beiden Charakterorientierungen. Im dritten Teil schließlich legt er die Krise der (damaligen und heutigen) Gesellschaft dar und stellt Lösungsansätze vor.

Haben oder Sein in der Praxis

Am Ende seines Werkes arbeitet Fromm Gemeinsamkeiten, derjenigen Denkweisen heraus, die sich vom Gedanken des Habens gelöst haben und sich der Sicht des Seins verpflichtet fühlen Dieser Geist des Seins zeichnet sich durch folgende Punkte aus:

1.) die Produktion habe der Erfüllung der wahren Bedürfnisse des Menschen und nicht den Erfordernissen der Wirtschaft zu dienen 2.) das Ausbeutungsverhältnis der Natur durch den Menschen wird durch ein Kooperationsverhältnis zwischen Mensch und Natur ersetzt 3.) der wechselseitige Antagonismus zwischen den Menschen ist durch Solidarität ersetzt 4.) oberstes Ziel aller gesellschaftlichen Arragements seien das menschliche Wohlsein und die Verhinderung menschlichen Leids 5.) maximaler Konsum ist durch einen vernünftigen Konsum (Konsum zum Wohle des Menschen) ersetzt 6.) der einzelne Mensch wird zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben motiviert

Denker in denen Fromm diese geistige Grundhaltung erkennt sind u.a.:

Thoreau, Emerson, Albert Schweitzer, Ernst Bloch, Ivan Illich, die jugoslawischen Schriftsteller um die Zeitschrift Praxis, Schumpeter, Erhard Eppler

Gemeinschaften, in denen dieser Geist gelebt wird seien u.a.:

die israelischen Kibuzzim, die hutterischen Gemeinden, die Communautées de Travail

Literatur

  • To Have or to Be? (englischsprachige Originalausgabe), Erstauflage 1976.
  • Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. München: dtv, 2004, 32. Aufl., 215 S. ISBN 3-423-36103-4