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Urs Hostettler

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Urs Hostettler (* 14. August 1949 in Bern) ist ein Schweizer Spieleerfinder, Autor und Liedermacher.[1] Er studierte Mathematik, ist mit einer Psychologin verheiratet und hat zwei Söhne. Die Familie lebt in Bern.

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Urs Hostettler als Pfleger in "Genie und Wahnsinn" 2005

Genossenschaft und Verkaufsladen

In den Achtzigerjahren veranstaltete eine Gruppe um Urs Hostettler regelmässig Spielabende, an denen unkonventionelle Gesellschaftsspiele gespielt und gelegentlich auch selber entwickelte Prototypen neuer Spiele getestet wurden. Hostettler gründete 1982 mit anderen Mitgliedern dieser Gruppe die Genossenschaft "Fata Morgana" (Vertrieb von Spielen und Liedermacher-Platten) und später das "Drachennest", einen Verkaufsladen für Spiele und Drachen in der Berner Altstadt.

Spiele

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Das erfolgreiche Kartenspiel Anno Domini

Gemeinsam mit dem Kabarettisten Joachim Rittmeyer kreierte er das Wahlspiel, Schicksack und Kreml, wobei letzteres 1987 auf der Auswahlliste zum "Spiel des Jahres" erschien.

Das Wahlspiel von 1984 ist ein Brettspiel, welches die Wahlen in der Schweiz parodiert. Es gibt diverse Karten von Politikern mit spezifischen politischen Zielen. Die Spieler bilden nun eine zufällige Partei mit diesen Karten und können dann zwei Politiker ihrer Wahl ins Rennen für Kantonsratsitze, später dann für Nationalratsitze und am Schluss für seinen Sitz im Bundesrat senden (insgesamt drei Spielrunden). Es gibt Ereignisse und Wähler als Karten, die von den Spielern auf gewissen Feldern dazu gekauft oder ins Spiel gebracht werden können. Wähler geben ihre Stimmen (Spielchips) vor allem Politiker mit bestimmten Zielen und Eregnisse können auf die Wählerschaft der Kandidaten positiv oder negativ einwirken. Es haben die Kandidatengewonnen, die am Ende die meisten Stimmen gemacht haben.

Kreml von 1986 (englische Übersetzung "Kremlin", herausgegeben von Avalon Hill, erhielt 1988 den "Origins Award") ist eine Parodie der russischen Politik zu kommunistischen Zeiten. Das Spiel ist ein Gesellschaftsspiel, was sich nicht in klassischen Sinn in gängige Spielarten einteilen lässt, da ihm sowohl ein Spielbrett, wie auch Spielkarten fehlen. Die Spieler führen fiktive Funktionäre, die um das Amt des Staats- und Parteichefs kämpfen.

Der wahre Walter ist eine Parodie auf den Schweizer Fichenskandal. Im Spiel geht es nun darum, auf Karteikarten mit Aussagen mit einem oder zwei zensierten Wörter passende Ersatzwörter zu finden. Anstelle des ursprünglichen Wortes steht "WALTER" weiss auf schwarz im Satz. Ein Spieler ist in der Rolle der "Sphinx", die bei den eingeschwärzten Stellen dasjenige aufschreibt, was zu ihr persönlich passen würde. Diese Aussagen der Sphinx werden "wahrer Walter" genannt. Die Mitspieler versuchen nun die Antworten zu fälschen und schreiben auf, was sie für die passenste Antwort der Sphinx halten würden. Die Sphinx liest anschliessend alle Aussagen vor und die Spieler müssen nun heraus finden, welche Aussagen die richtigen sind.

Das 1989 erschienene Kartenspiel Ein solches Ding kam 1989 auf die Auswahlliste zum "Spiel des Jahres" und belegte 1990 den 3. Platz beim deutschen Spielepreis. Die Karten tragen je ein Attribut zu einem beliebigen "Ding" (bsp. "schwimmt"). Das Ziel ist es nun, möglichst viele Karten hinzulegen und trotzdem noch ein solches Ding zu finden, welches alle Attribute erfüllt und auch real existiert oder existieren könnte. Die Spielweise der "Kette" (viele Karten aneinanderlegen und evtl. anzuweifeln) findet sich auch im Spiel Anno Domini wieder. Man kann dieses Spiel deshalb als Vorläufer des Anno Domini bezeichnen.

Auch Schraumen (1992, in Deutschland Schraumeln) stand auf der Auswahlliste zum "Spiel des Jahres". Es ist ein Kartenspiel, bei dem die Spielregeln vor zu durch Schriftrollen (Karten) aufgestellt werden. Es wird um violette Spielchips (Pflaumen) gespielt. Jeder Spieler ist mehrmals rundherum an der Reihe seine favoritisierten Regeln auszuspielen und weitere Schriftrollen zu versteigern. Gewonnen hat schlussendlich derjenige Spieler, der am Ende die meisten Pflaumen sein eigen nennen darf.

Cosmic Eidex ist 1998 entstanden und ist eine Abwandlung, bzw. Erweiterung des Jass-Spieles mit zusätzlichen Sonderregeln, die vor Spielbeginn ausgelost werden. Es gibt etliche Kombinationen von Sonderregeln.

Anno Domini ist ein Kartenspiel von 1998. Auf den Karten ist auf einer Seite ein historisches Ereignis aufgeschrieben, auf der anderen Seite der genaue geschichtliche Zeitpunkt dieses Ereignisses. Ziel ist es nun, die Ereignisse nacheinander korrekt chronologisch in einer Kette einzusortieren. Ein Mispieler kann eine Kette immer anzweifeln und dann muss die Korrektheit überprüft werden. Wenn die Kette nicht chronologisch stimmt, muss der letzte, der eine Karte einsortiert hat, Strafkarten aufnehmen. Stimmt dagegen die Reihenfolge, so muss der Zweifler Strafkarten aufnehmen. Gewonnen hat der Spieler, der als erstes keine Karten mehr besitzt.

Wie ich die Welt sehe ist ein Kartenspiel von 2004, welches eine Abwandlung des Spieles der wahre Walter ist. Ein Spieler liest eine Karte vor, bei der ein oder zwei Wörter ausgelassen wurden. Anstelle freier Antworten, müssen nun von einer Auswahl von Antwortkarten, die ein Spieler in der Hand hält, die passenste ausgewählt werden. Diese Antwortkarten werden verdeckt abgegeben und gemischt und nun wählt der Spieler, der die Aussage vorgelesen hat, die für ihn passenste aus (wie er die Welt sieht). Derjenige der die gewählte Karte gelegt hat, kriegt einen Punkt und liest die nächste Aussage vor.

Weitere Spiele von Hostettler sind:

  • Hotellife
  • Millionen von Schwalben (Fussball-WM-Spiel)
  • Tichu
  • Veto (Spielbuch zur Evaluation von Elternverhalten)
  • Zeitreise

Krimispiele

Seit 1993 veranstaltet Urs Hostettler zusammen mit dem Fata Morgana-Team Krimispiele ("Mystery Weekends"). Diese Kulturform enthält Elemente aus Theater, Kriminalroman, logischen Rätseln, Satire und Improvisation.

Urs Hostettler als "Thüring von Tribolet" in "Der grosse Aufschwung" 2007

Musik

1972 trat Urs Hostettler mit berndeutschen Liedern am 1. Folkfestival auf der Lenzburg auf. 1973 schloss er sich mit dem Gitarristen Martin Diem und dem Geiger Luc Mentha zu einem Trio zusammen, das Konzerte mit alten Balladen und Volksmusik gab und zwei Alben aufnahm. 1978 löste sich die Gruppe auf, und Urs Hostettler gründete als Nachfolgeprojekt die Gruppe "Gallis Erbe" (die Erben des Emmentaler Bauernführers Ueli Galli).

"Gallis Erbe" besteht aus den folgenden Musikern:

  • Christophe Girardin (Geige, Flöte),
  • Sepp Reinhardt (Gitarre),
  • Märk Würmli (Bass),
  • Katharina Siegenthaler Hostettler (Harfe, Mandoline),
  • Urs Hostettler (Gesang, Halszither, Gitarre),
  • Ursula Morell (Gesang).

1979 erschien von Urs Hostettler das Liederbuch Anderi Lieder mit 120 eher ungewohnten Schweizer Volksliedern und Erläuterungen zu den historischen Hintergründen.

Diskografie

  • 1975 FOLK (3 Lps, CBS LSP 13096)
  • 1976 HOSTETTLER/DIEM/MENTHA (Image U-764-002)
  • 1977 LIEDER & TÄNZ US DR SCHWYZ (Image U-775-006)
  • 1978 ÜBERENTWICKLUNG - UNTERENTWICKUNG (Voxpop 4015)
  • 1980 GALLIS ERBE (Zytglogge 229)
  • 1994 Doppel-CD ANDERI LIEDER (Fata Morgana)

Literatur

1991 veröffentlichte Hostettler nach zwölfjährigen Rechercherchen ein Werk über den schweizerischen Bauernkrieg von 1653 mit dem Titel Der Rebell vom Eggiwil. Diese Geschichte im Reportagestil ist auf die Person von Ueli Galli fokussiert und im Zytglogge Verlag Gümligen erschienen. Der Autor erhielt dafür 1992 den Buchpreis der Stadt Bern.

Preise

  • 1983 Anerkennungspreis für Musik Kanton Bern
  • 1986 Werkjahr Literatur Stadt und Kanton Bern
  • 1992 Buchpreis der Stadt Bern
  • 1998 Burgdorfer Bund-Krimipreis (mit Fata Morgana Team)

Einzelnachweise

  1. Eintrag bei Autorinnen und Autoren der Schweiz, Stand 11.11.2007
  2. Tellspiele Interlaken