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Zeugen Jehovas

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Die Zeugen Jehovas sind eine im ausgehenden 19. Jahrhundert in den USA durch Charles Taze Russell gegründete christlich-chiliastische Religionsgemeinschaft die sich kirchlich organisiert. Laut Eigenangaben gibt es 2006 weltweit 6,7 Millionen aktive Mitglieder, 164.000 in Deutschland, 20.000 in Österreich und 18.000 in der Schweiz.[1]

Die Zeugen Jehovas grenzen sich streng von anderen Religionsgemeinschaften ab und sind durch ihre stark ausgeprägte Missionstätigkeit, für den Verlag und Vertrieb der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet!, die Ablehnung von Bluttransfusionen sowie die Verweigerung des Militärdienstes der allgemeinen Öffentlichkeit mehr oder weniger präsent.

Name

Den Namen „Jehovas Zeugen“ benutzt die früher als „Ernste Bibelforscher“, „Internationale Bibelforscher-Vereinigung“ oder schlicht als „Bibelforscher“ bekannte Religionsgemeinschaft erst seit 1931. Die Bezeichnungen „Jehovas Zeugen“ und „Zeugen Jehovas“ werden nicht einheitlich verwendet; Ortsvereine sind teilweise als „Jehovas Zeugen (mit Stadtbezeichnung) e.V.“ eingetragen.

Zur Herkunft des Namen Jehova siehe auch Artikel JHWH.

Geschichte

Charles Taze Russell (1852-1916)
Joseph Franklin Rutherford (1869-1942)

Die Ursprünge der Zeugen Jehovas finden sich in der Gruppe und dem späteren Lesekreis um Charles Taze Russell, der als Presbyterianer erzogen wurde und der damals noch Mitglied der Kongregationalistenkirche war[2]. Er begann, enttäuscht von den Lehren seiner Kirche, ein intensives Studium der Bibel. Er verstand nicht, wie ein Gott der Liebe eine ewige Qual für Sünder anordnen könne.

1870 gründete er nach diesen Erlebnissen mit Bekannten einen Kreis zur Erforschung der Bibel. Bis 1875 bildeten sie sich aus der Bibel die Meinung, dass

  1. es keine unsterbliche Seele gebe, aber die Unsterblichkeit als Gabe im himmlischen Reich gewährt würde;
  2. Jesu Tod ein Loskaufsopfer für alle Menschen darstelle;
  3. die Wiederkunft Christi zunächst unsichtbar erfolgen würde, um die Seinen zu sammeln;
  4. die Wiederkunft Christi nicht in erster Linie den Zweck einer Vernichtung hat, sondern einen Segen für die wiederhergestellte Menschheit bedeuten würde.

Im Jahr 1876 erhielt Russell eine Ausgabe der Zeitschrift Herald of the Morning, die von dem Adventisten Nelson Homer Barbour in Rochester herausgegeben worden war. Barbour überzeugte Russell davon, dass die unsichtbare Wiederkunft Christi bereits 1874 stattgefunden habe. Diese Überzeugung ließ Russell noch aktiver werden; dazu schränkte er seine geschäftlichen Aktivitäten ein. Er unterstützte die Zeitschrift, deren redaktioneller Mitherausgeber und Finanzier er wurde. Gemeinsam gaben sie auch das Buch Three Worlds, and the Harvest of This World heraus, in dem sie Gründe für die angebliche Wiederkunft Christi im Jahre 1874 und für „die irdische Phase des Reiches Gottes“ (Ende der Zeiten der Nationen, „sieben Zeiten“) im Jahre 1914 ausführten.

Barbour und Russell arbeiteten zusammen, bis es zum Eklat in Bezug auf den Wert des Loskaufsopfers kam. Kurz darauf trennten sich die Beiden. Russell gründete eine eigene Zeitschrift, Zion's Watch Tower and Herold of Christ's Presence, die ab Juli 1879 mit einer Startauflage von 6.000 Exemplaren erschien und bis heute als Der Wachtturm in einer Millionenauflage ohne Unterbrechung erscheint.

1881 gründete er die Zion's Watch Tower Tract Society, die 1884 nach den Gesetzen des Staates Pennsylvania als Körperschaft eingetragen wurde. Die Leitung übernahm Russell selbst.

Zu seinem umfangreichen Schrifttum zählt auch die ab 1886 erscheinende Buchreihe Millennium-Tagesanbruch, die später (in kleineren Auflagen ab 1904) in Die Schriftstudien umbenannt wurde. Zu Russells Lebzeiten erschienen sechs Bände. Der abschließende siebte Band erschien kurz nach seinem Tod, der sich inhaltlich nur zum Teil auf das stützte, was Russell geschrieben hatte. Bis 1916 war eine Auflage von knapp 9,4 Millionen Exemplaren erreicht.

Nachdem Russell auf der Heimfahrt von einer Vortragsreise in einem Zug verstarb, wurde am 31. Oktober 1916 Joseph Franklin Rutherford nach verschiedenen internen Spannungen einstimmig zum Präsidenten der Watch Tower Society gewählt.[3]. Die Veränderungen in Lehre und Leitung führten zum Bruch und zur Gründung verschiedener Bibelforscher-Bewegungen, z.B. des Pastoralen Bibel Institutes, oder der auch in Deutschland heute noch ebenso aktiven Tagesanbruch Bibelstudien-Vereinigung und der Laien-Heim-Missionsbewegung.

Die Annahme des Namens Jehovas Zeugen im Jahr 1931 diente nicht nur der Abgrenzung gegenüber den Freien Bibelforschern, sondern entsprach eigentlich mehr dem Wunsch der „Bibelforscher“ der „Wachttum-Gesellschaft“, eine biblische Basis als Gruppenbezeichnung zu finden, und wurde mit dem Hinweis auf Jes 43,10-12 ELB: „ihr seid meine Zeugen, ist der Ausspruch Jehovas“ (gem. NWÜ) exegetisch-argumentativ begründet. Heute erinnert an die alte Bezeichnung nur noch der Titel der britischen Körperschaft, die „International Bible Students Association“ (Kurzform „ISBA“).

Der Wachtturm erschien erstmals 1897 in deutscher Sprache. In Deutschland gibt es die Zeitschrift offiziell seit 1903, als in Elberfeld (heute Wuppertal) ein Zweigbüro der Wachtturm-Gesellschaft eröffnet wurde. Später gab es ein Zweigbüro in Magdeburg. 1927 wurde die Gemeinschaft als Internationale Bibelforscher-Gemeinschaft im Vereinsregister des Amtsgerichts Magdeburg eingetragen. 1946 wurde ein zusätzliches Büro in der amerikanischen Zone in Wiesbaden eröffnet.

Diskriminierung und Verfolgung im Dritten Reich

Siehe Hauptartikel Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus

Unter anderem wegen ihrer konsequenten Weigerung, den Hitlergruß zu entbieten oder in anderer Weise am Führerkult teilzunehmen, wurden sie im nationalsozialistischen Deutschland und dessen Herrschaftsbereich verfolgt.

Diskriminierung und Verfolgung in der DDR

Nach dem Krieg erhielten die Zeugen Jehovas zunächst die Zulassung der „gottesdienstlichen Betätigung“ in Magdeburg. Doch im August 1950 wurden sie in der DDR völlig verboten und ihr Zweigbüro in Magdeburg geschlossen. Ihnen wurde vorgeworfen, Hetze gegen die demokratische Ordnung zu betreiben und Spione einer imperialistischen Macht zu sein. Am 3. und 4. Oktober 1950 wurden Schauprozesse durchgeführt, die mit hohen Zuchthausstrafen für die Angeklagten endeten. Bis 1956 war allerdings kein einziger Zeuge Jehovas des Vorwurfs der Spionage überführt worden. In diesen ersten Jahren versuchte man durch besondere Härte vorzugehen. Es kamen 1.850 Zeugen Jehovas in den DDR-Strafvollzug. In dieser Zeit gab es 60 Todesfälle, die auf Misshandlung, Unterernährung, Krankheit und hohes Alter zurückzuführen sind. Es wurden zwölf lebenslange Haftstrafen ausgesprochen (später wurden sie auf 15 Jahre Haft abgeändert). Man versuchte sogar, den damaligen Leiter des Ost-Berlin-Büros in West-Berlin zu entführen.

Bis Mitte der 1950er Jahre war der Mitgliederbestand der ostdeutschen Zeugen Jehovas in etwa mit dem vor Beginn des Verbots vergleichbar. Das MfS änderte nun die Taktik (auch aufgrund der Abkehr vom Stalinismus). Man versuchte jetzt, die Gemeinschaft zu zersetzen, indem man sie mit eingeschleusten Personen zu unterwandern suchte, um so die Zeugen Jehovas von innen heraus zu zerstören. Man beabsichtigte dabei, das Vertrauen in die Leitung der Zeugen Jehovas durch Briefe und ab 1965 durch eine eigens herausgegebene Zeitschrift „Christliche Verantwortung“ zu erschüttern. Dieses nicht in der offiziellen Postzeitungsliste der DDR nachgewiesene Blatt stand Interessenten in Ost und West auf Anfrage zur Verfügung. Darüber hinaus erhielten es etliche Zeugen Jehovas in der DDR und BRD als ungebetene Zusendung.

Ab 1967 wurde jedoch kein Zeuge mehr wegen seiner Tätigkeit von Strafgerichten verurteilt. Der illegale Predigtdienst und die Verbreitung von Zeitschriften wurde aber weiter als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Von 1962 bis 1985 wurden Zeugen Jehovas wegen ihrer Weigerung, Wehrdienst zu leisten, zu Haftstrafen verurteilt (bis 1987 waren es 2.750). Noch kurz vor Ende der DDR wurden für den Predigtdienst unsystematisch Geldstrafen bis zu 1.000 Mark (mehr als ein Monatslohn eines Arbeiters) erhoben.

Das 1978 eingeführte Pflichtfach „Wehrunterricht“ brachte junge Zeugen Jehovas in Bedrängnis. Vielen wurde daraufhin eine berufliche und schulische Weiterbildung verwehrt.

Insgesamt kamen bis zum Ende der DDR-Zeit über 5.000 Zeugen Jehovas in Strafvollzugsanstalten und Haftarbeitslager. Ein Teil der Betroffenen gilt als „Doppeltverfolgte“: etwa 325 waren bereits im NS-Regime eingesperrt.[4]

Es gelang dem SED-Staat nicht, die Organisation der Zeugen Jehovas zu zerschlagen. Am 14. März 1990 wurden sie von der DDR staatlich anerkannt.[5]

Diskriminierung und Verfolgung in der Gegenwart

Vorlage:Liste

  • Beispiele:
    • Russland: Unter Bezugnahme auf ein russisches Gesetz gegen „Religionen, die Intoleranz und Hass predigen“ sind nach einem langjährigen Prozess seit 2004 die Aktivitäten der Zeugen Jehovas in Moskau verboten.[6] [7]
    • Georgien: In Georgien kam es immer wieder zu religiös motivierten Übergriffen gegen die Zeugen Jehovas. Viele Übergriffe wurden vom abgesetzten radikalen georgisch-orthodoxen Priester Basil Mkalavishvili angeführt, teilweise wurden sie von Polizeikräften unterstützt.[8]

Verhältnis zum Staat in der Bundesrepublik Deutschland

Siehe auch den Hauptartikel Kriegsdienstverweigerung der Zeugen Jehovas

Nach einem 15-jährigen Rechtsstreit ist vom Oberverwaltungsgericht Berlin entschieden worden, dass der Anspruch der Zeugen Jehovas auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Berlin zu Recht besteht.

Diese Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts wurde vom Land Berlin bis zum 10. Februar 2006 mit der Begründung abgelehnt, die Zeugen Jehovas weisen die für die Anerkennung erforderliche Rechts- und Staatstreue nicht auf, obwohl das Grundgesetz diese Anforderung der Staats- und Rechtstreue nicht (explizit) fordert.

Zuvor kam es am 24. März 2005 zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin, wonach die Zeugen Jehovas in Deutschland die Voraussetzungen zur Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit allen damit verbundenen Rechten erfüllen und vom Land Berlin deshalb anerkannt werden müssten. Das Gericht sah den Vorwurf der mangelnden Rechtstreue als nicht bewiesen an.[9] Eine vom Berliner Senat beim BVerwG Leipzig eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde wurde am 10. Februar 2006 abgelehnt.[10] Am 13. Juni 2006 wurde der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas die Rechte einer KdöR durch den Berliner Senat verliehen.[11]

Verbreitung

Datei:Jehovas Zeugen - Länder ohne berichtete Aktivität.png
Verbreitung der Zeugen Jehovas weltweit
rot: Länder, in denen Zeugen Jehovas nicht offiziell im Predigtwerk tätig sind
grau: Länder, in denen Zeugen Jehovas offiziell im Predigtwerk tätig sind
Entwicklung der Zahl der aktiven Mitglieder
(grün: Jahresmittel, blau: Höchstwerte)
lineare Skala
Entwicklung der Zahl der aktiven Mitglieder
(grün: Jahresmittel, blau: Höchstwerte)
logarithmische Skala

Im Jahr 2006 gab es weltweit 99.770 Versammlungen mit ca. 6,7 Millionen im Predigtwerk aktiven Zeugen Jehovas, davon wurden 163.904 in Deutschland gezählt. Über eine Million Mitglieder leben in den USA.

Durch die intensive Mission werden jährlich etwa 250.000 Erwachsenentaufen durchgeführt (was 3,8 % entspricht). Abzüglich der Todesfälle, Ausschlüsse, Austritte und der Beschränkung der offiziellen Statistiken auf im Predigtwerk aktive Mitglieder ergibt sich ein tatsächlicher Zuwachs von 1,6 %. Dieser Zuwachs findet zu großen Teilen in Osteuropa und in den Entwicklungsländern statt. In westlichen Ländern ist die Mitgliederzahl in etwa stabil[12].

Lehre

Die Zeugen Jehovas leiten ihren Glauben nur von ihrem Verständnis der Bibel ab. Für Jehovas Zeugen beinhaltet die Bibel die von Gott geoffenbarte religiöse Wahrheit, die Grundlage aller religiösen Lehre ist. Ihre Exegese der Bibel unterscheidet sich dabei in vielen Punkten von der, die in den meisten anderen christlichen Gemeinschaften anzutreffen ist.

Die „Leitende Körperschaft“ (siehe unten) als Leitungsgremium der Religionsgemeinschaft legt dabei die gültige Lehre fest. Das Selbstverständnis der Leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas ist in ihrer Literatur unmissverständlich dokumentiert. Sie selbst sagt, sie sei von Gottes heiligem Geist gesalbt und geleitet.[13] Dabei erhebt sie keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit [14]. Es wird jedoch von jedem Zeugen Jehovas erwartet, diese Lehre als für die Religionsgemeinschaft gültig anzuerkennen und nicht durch Wort oder Tat abweichende Lehren zu verbreiten oder zu unterstützen.

Rückfragen und begründete Zweifel einzelner Zeugen Jehovas sowie neue Informationen zu einzelnen Sachgebieten dienen dabei als Anstöße für die leitende Körperschaft, um die Lehre immer wieder neu anhand der Bibel zu überprüfen. Die leitende Körperschaft nimmt diese Überprüfungen in begründeten Fällen zum Anlass, einzelne Lehrpunkte zu ändern, die dann z. B. im Wachtturm als „Fragen von Lesern“ veröffentlicht werden.[15]

Gottesbild (Namen, Dreifaltigkeit)

Angebetet wird „der allmächtige und ewige Gott“ Jehova. Nach dem Bibelverständnis der Zeugen Jehovas habe er die Welt und das Leben im Himmel (Engel) und auf der Erde erschaffen. Seine wichtigsten Haupteigenschaften seien Liebe, Gerechtigkeit, Macht und Weisheit, wobei die Liebe herausrage und all sein Handeln bestimme. Jehova sei ein unsichtbarer Geist, der unabhängig vom Menschen lebe und persönliches Interesse an jedem Menschen auf der Erde habe.

Die Zeugen Jehovas lehnen die Lehre der Dreifaltigkeit ab[16]. Sie sind der Auffassung, dass es keine Verse in der Bibel gebe, die bei korrekter Übersetzung und Auslegung die Lehre der Dreieinigkeit stützten. Die Aussage in Joh 1,1 ELB („und Gott war das Wort“) deuten sie nicht trinitarisch in dem Sinn, dass Jesus und sein Vater wesenseins seien[17]. Den Heiligen Geist betrachten sie weder als Person noch als Teil eines dreieinigen Gottes, sondern als Gottes wirksame Kraft. Die Ablehnung der Lehre der Dreieinigkeit ist einer der Haupteckpfeiler ihres Dogmas und unterscheidet sie grundlegend von den meisten anderen christlichen Konfessionen.

Jesus Christus

Jesus betrachten Jehovas Zeugen als das erste und einzige von Gott allein erschaffene Geschöpf. Er sei somit nicht ewig, und als Sohn seinem Vater untergeordnet. Als solcher dürften Gebete nur durch Jesus Christus – in Funktion als Fürsprecher – an Gott gerichtet werden, jedoch nicht an ihn.

Abgesehen hiervon stimmen Jehovas Zeugen mit etlichen christlichen, insbesondere protestantischen Gemeinschaften in verschiedenen Punkten über Jesus Christus überein. Dazu gehört, dass Jesus der Sohn Gottes sei, und dass Gott durch ihn alles andere erschaffen habe. Etwa zu Beginn unserer Zeitrechnung kam er, „das Wort“ aus Joh 1,1 ELB, auf die Erde und wurde dort als vollkommener Mensch Jesus geboren, indem sein Leben durch Gottes Geist in seine irdische Mutter Maria verpflanzt worden sei. Hauptzweck seines Kommens auf die Erde sei es gewesen, sein vollkommenes menschliches Leben zur Erlösung von Sünde und Tod zu opfern; er ersetzte mit seinem Tod den Verlust des vollkommenen Menschen Adam als ausgleichenden Wert. Christus sei nach dem Tode auferweckt worden und habe sein Opfer Gott im Himmel dargebracht. Seitdem sei er das Haupt der Christenversammlung, die er gründete. Zu Gott könne man nur durch Jesus Christus beten, nur durch ihn gäbe es Vergebung von Sündenschuld und nur durch ihn sei ewiges Leben möglich.

Die Auferstehung Jesu sei ihrer Auffassung nach nicht leibhaftig; sie glauben, sein menschlicher Leib sei in der Osternacht vernichtet worden und er sei mit einem nichtmateriellen „geistigen Leib“ auferstanden. In dieser vor- und nachmenschlichen Gestalt als „Geistperson“ sei Jesus mit dem Erzengel Michael (Jud 0,9 ELB)[18] identisch. Mit dem Erzengel Michael sei niemand anderes als Jesus Christus gemeint, denn der Apostel Paulus gebraucht den Begriff „Erzengel“ ein weiteres mal in 1 Thess 4,16 ELB: „…denn der Herr selbst wird vom Himmel herabkommen mit dem gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes, …“ (Neue-Welt-Übersetzung). Dies müsse deshalb so sein, weil vom Himmel herab niemals der Vater kam, sondern immer nur Engel oder Jesus Christus. Außerdem lasse der Kontext zu obigem Bibeltext keinen anderen Schluss zu, als dass Jesus Christus der Heerführer der Engelscharen sei. Dabei handelt es sich um eine Sonderlehre der Zeugen Jehovas. Sie nehmen damit arianische Positionen ein, die von Frühchristen mit dem Nicäanischen Konzil als Irrlehre verurteilt wurde.

Die Zeugen Jehovas schließen aus philologisch-linguistischen Gründen, dass Jesus an einem Pfahl und nicht am Kreuz[19] hingerichtet wurde (weitere Informationen in dem Artikel „Kreuzigung“). Die im NT verwendeten griechischen Wörter staurós (σταυρός) bzw. xylon (ξυλον) werden von ihnen als Pfahl, Balken, Stamm, Baum und schlicht Holz interpretiert[20]; in der Bibel werde somit keine explizite Aussage gemacht, ob der Pfahl einen Querbalken hatte oder nicht, sondern nur darüber, dass mehrere Nägel für die Hände verwendet wurden. Darüber hinaus sehen Sie auch keinen Sinn in der Verehrung eines Gegenstandes – sei es Kreuz oder Pfahl – an dem Jesus Christus hingerichtet worden sei. Es sei lediglich ein Hinrichtungswerkzeug, vergleichbar einer Mordwaffe, dem keinerlei Symbolismus beizumessen sei, und lehnen solche religiösen Praktiken und Traditionen im Gegensatz zu anderen christlichen Kirchen und Gruppierungen als Götzendienst ab.[21]

Vorstellung von der Zukunft

Sie glauben an die Wiederherstellung des im Garten Eden verloren gegangenen Paradieses auf Erden. Ausgangspunkt ist in ihrer Weltsicht der Hauptwidersacher Gottes Satan, ein abgefallener Engel, der aus Selbstsucht wollte, dass die Menschen ihn anbeten. Er verführte die ersten Menschen, die bewusst sündigten. Ihre dadurch eingetretene Unvollkommenheit vererben die Menschen seitdem an ihre Kinder.

Jehova habe sofort reagiert und für eine Lösung gesorgt, indem er den Messias ankündigte (1 Mos 3,15 ELB). Gott habe aber nicht sofort das Böse beseitigt, weil Satan das Herrscherrecht Gottes und dessen Recht zu bestimmen, was Gut und Böse ist, in Frage stelle. Zur Klärung dieser „Streitfrage“ räume Gott Zeit ein. Er erlaube auch den Menschen selbst festzustellen, ob sie von Gott unabhängig regieren können und ihre Probleme selbst in den Griff bekämen. Da Satan seinen schlechten Einfluss als „Herrscher der Welt“ (Joh 12,31 ELB) geltend mache, gebe es bis heute auf der Erde so viel Leid und Ungerechtigkeit.

Leben nach dem Tod

Menschen besitzen nach Auffassung der Zeugen Jehovas keine unsterbliche Seele, sondern der Leib, welcher zu atmen begann, wurde nach ihrem Verständnis von 1 Mos 2,7 ELB dadurch eine lebendige Seele. Die Seele sei demnach kein Teil des Menschen, sondern der ganze Mensch — der Mensch als lebendes Wesen. Daher sei die Seele sterblich [22] und somit vertreten sie zur Hölle den annihilationistischen Standpunkt.

Zeugen Jehovas unterscheiden zwei Gruppen von Christen. Eine begrenzte Anzahl von 144.000 (die „kleine Herde“ oder „Geistgesalbte“) habe die Hoffnung, nach ihrem Tod in den Himmel zu kommen, um dort mit Christus als Priester und Könige eine himmlische Regierung zu bilden. Die andere Gruppe bestehe aus einer unbestimmten Anzahl von Menschen, die im oben beschriebenen irdischen Paradies ewig leben werde. Sie setze sich aus Überlebenden des Kriegs von Harmagedon sowie aus denen, die in einer irdischen Auferstehung wieder zum Leben gekommen sind, zusammen. Sie begründen die Unterscheidung unter anderem damit, dass Jesus in Joh 10,1-16 ELB zwei Gruppen seiner Nachfolger erwähnte, und dass in Offb 7,4-10 ELB eine begrenzte Zahl „Versiegelter“ einer „großen Volksmenge“ unbestimmter Größe gegenübergestellt wird. Die Salbung mit Heiligem Geist, durch die jemand ein „Kind Gottes“ und „Bruder Christi“ werde, und die Teilnahme am Abendmahl sei auf diejenigen beschränkt, die mit Jesus Christus im Himmel regieren würden. Denn nur mit ihnen hätte Jesus einen Bund für das Königreich geschlossen, und durch den „neuen Bund“ befänden sie sich in einem besonderen Verhältnis zu Gott als ihrem Vater, das durch Jesus vermittelt werde (1 Tim 2,5 ELB). Schriftstellen wie Gal 3,26 ELB, in denen alle Angesprochenen als Kinder Gottes bezeichnet werden, sehen sie als an die Christen der apostolischen Zeit gerichtet, denn alle damaligen Christen seien Teil der 144.000 gewesen, heute seien es dagegen nur noch sehr wenige.[23]

1914 – Beginn der „letzten Tage“

Als Beginn der „letzten Tage“ bezeichnen sie die angeblich 1914 erfolgte Übernahme der Herrschaft Jesu über das „Königreich Gottes“ im Himmel in Form einer „theokratischen Regierung“. Er habe als erste Amtshandlung Satan und seine Dämonen (abtrünnige Engel) aus dem Himmel in die Nähe der Erde verbannt. Mit diesem Jahr begannen in den Augen der Zeugen Jehovas die von Jesus vorhergesagten „letzten Tage“.[24] Bis 1914 glaubten sie jedoch, dass die „letzten Tage“ zu diesem Zeitpunkt enden würden.

Für 1914 spräche u.a., dass die „Zeiten der Nationen“ 2.520 Jahre lang seien. Hierzu sehen sie in den 7 Jahren des Wahnsinns Nebukadnezars (DanEU) eine Parallele, die als sieben „prophetische Jahre“ zu jeweils 360 prophetischen Tagen (Hes 4,6 ELB) gedeutet werden. 607 v.Chr. hätten die „Zeiten der Nationen“ mit der Zerstörung Jerusalems begonnen. Dieses Jahr weicht allerdings von dem von Historikern genannten Jahr 587/86 v.Chr. als Jahr der Zerstörung Jerusalems ab. Die Zeugen Jehovas gehen hingegen von 537 v.Chr. als dem Jahr der Rückkehr der jüdischen Bewohner aus dem Babylonischen Exil aus und davon, dass die Bibel eine 70-jährige Gefangenschaft mit anschließender Rückkehr aus dem Exil ankündigte (2 Chr 36,20-23 ELB). Sie geben in ihren eigenen Veröffentlichungen zu, dass sie damit eine von der Historiographie abweichende Sicht einnehmen, was sie damit begründen, dass sie die Bibel als einzig zuverlässige Quelle respektierten[25].

Endzeit

Jehovas Zeugen glauben, dass die „letzten Tage“ in einem globalen, von Gott geführten Krieg gipfelten. Den Ablauf der Endzeit schildern sie so, dass zunächst eine „Große Drangsal“ einträte, in der durch politischen Druck aggressiv gegen Religionen im Allgemeinen und Jehovas Zeugen im Speziellen vorgegangen würde. In dieser Zeit erwarten sie die Vernichtung „Babylons der Großen“, worunter sie sämtliche religiösen Organisationen außer ihrer eigenen verstehen. Gott greife dann zu einem den Menschen unbekannten Zeitpunkt zum Schutz „seines Volkes“ ein, indem er in der Schlacht von Harmagedon (Offb 16,16 ELB) die „alten Himmel“ und die „alte Erde“ vernichtete. Unter den „alten Himmeln“ verstehen Jehovas Zeugen sämtliche menschlichen Regierungen, unter der „alten Erde“ die Gott ungehorsame Erdbevölkerung. Menschen, die in diesem Krieg von Gott zu Tode gebracht würden, hätten keine Auferstehungshoffnung. Der buchstäbliche Himmel oder der buchstäbliche Planet Erde blieben jedoch bestehen, da die Bibel in Ps 37,10-11 ELB erkläre, dass die Erde weiterhin von „Sanftmütigen“ bevölkert sei. Außerdem würden als Erfüllung von Offb 21,1-5 ELB Krankheiten und der Tod beseitigt.

Nach Ansicht der Zeugen Jehovas sind sie in Harmagedon die einzige Organisation, die unter dem besonderen Schutz Jehovas steht[26]. Zu verschiedenen Zeiten haben Zeugen Jehovas konkrete Vermutungen verbal und in ihrer Literatur über den Zeitpunkt dieses von ihnen erwarteten Ereignisses angestellt. Neben den Jahren 1914 und 1925 ist einer breiten Öffentlichkeit aus heutiger Sicht, die Erwartung für das Jahr 1975 am bekanntesten. Nachdem sich diese Annahmen als falsch herausstellten, verzichteten sie auf weitere konkrete Zeitangaben.

Paradies auf Erden

Nach Harmagedon würden Satan und die Dämonen in einem Gefängnis für Geistwesen festgesetzt, und das Tausendjährige Reich begänne. Die Überlebenden würden als „Große Volksmenge“ bezeichnet und die Erde in ein Paradies umwandeln. Zu dieser Zeit fände die Auferstehung „der Gerechten und Ungerechten“ (Joh 5,28-29 ELB) aus dem „Hades“ statt. Von dieser Auferstehung seien nur bereits von Gott gerichtete Menschen (z. B. in Harmagedon oder durch die Sintflut) ausgenommen. Sie befänden sich in der „Gehenna“. Nach der Tausendjahrherrschaft, während der Menschen vollkommen werden sollen, finde durch den nochmals freigelassenen Satan eine Endprüfung statt. Wer diese Endprüfung bestünde, erhalte ewiges Leben, das Adam und Eva durch den Sündenfall verloren hätten. Damit wäre das verloren gegangene Paradies wiederhergestellt.

Sie sind der Auffassung, ein Mitglied der Gemeinschaft zu sein, sei bis auf wenige Sonderfälle ein Erfordernis[27], aber noch keine Garantie, diese Zukunft zu erleben. Vielmehr müsse man sich ernstlich bemühen, dem Beispiel Jesu Christi zu folgen, das er auf der Erde gab. Dazu gehöre eine bewusste persönliche Entscheidung, Jehova anzubeten, an das Opfer Jesu Christi zu glauben und sein himmlisches Reich anzuerkennen. Es schließe auch eine Lebensführung nach dem Verständnis der biblischen Grundsätze ein, wie es von den Zeugen Jehovas gepflegt werde.

Zeugen Jehovas führen ein ausgedehntes Predigt- und Lehrwerk durch, um Menschen weltweit mit dieser Botschaft zu erreichen.

Blut, Bluttransfusionen und Operationen

Von links nach rechts: Rotes Blutkörperchen, Thrombozyt, weißes Blutkörperchen

Seit Jahrzehnten vertreten Zeugen Jehovas die Ablehnung von jeder Art des sog. „Blutgebrauchs“, weil ihrer Lehre gemäß die Verwendung von Blut nur bei den Israeliten für heilige Handlungen erlaubt gewesen sei und deshalb sein Genuss in Lebensmitteln (z. B. in Blutwurst) oder anderweitiger Gebrauch nicht in Frage komme. Insbesondere durch das von Jesus vergossene Blut habe es eine besondere Bedeutung für Zeugen Jehovas erlangt.

Seit 1944 werden auch Bluttransfusionen abgelehnt. Zeugen Jehovas glauben, dies sei durch Texte wie 1 Mos 9,4 ELB („Nur Fleisch mit seiner Seele — seinem Blut — sollt ihr nicht essen“, NWÜ) und Apostelgeschichte 15,29 („…euch (…) zu enthalten (…) von Blut…“, NWÜ) gestützt[28]. Die Verwendung von Bluthauptbestandteilen (Blutplasma, Blutplättchen, roten und weißen Blutkörperchen) wird ebenso abgelehnt wie die Blutspende und die präoperative Eigenblutspende. Die Akzeptanz der Verwendung von Plasmafraktionen (Albumine, Globuline, Gerinnungsfaktoren, Fibrinogen u.ä.) und Ableitungen von den anderen Komponenten (Hämoglobinlösung von Erythrozyten; Interferone und Interleukine von Leukozyten) stellen sie der Gewissensentscheidung des Einzelnen anheim, ebenso Organ- und Knochenmarktransplantationen. Eltern treffen die Einscheidung für ihre minderjährigen Kinder.

Für den Kontakt zu Ärzten, Krankenhäusern und Pflegepersonal haben die Zeugen Jehovas den Krankenhausinformationsdienst und Krankenhaus-Verbindungskomitees eingerichtet. Durch die Zusammenarbeit mit weltweit ca. 100.000 Ärzten konnte die Möglichkeit einer blutransfusionslosen Behandlung optimiert werden.[29]

Todesfälle, die mit der Ablehnung von Bluttransfusionen in Verbindung gebracht wurden, haben in den Medien großes Aufsehen erregt.

Wissenschaft und Schöpfung

Die Zeugen Jehovas erkennen die Leistungen von Wissenschaft und Technik an. Sie betrachten die Bibel nicht als wissenschaftliches Lehrbuch, aber als wissenschaftlich genau. Sie weisen der Bibel die höhere Autorität zu, falls Aussagen von Wissenschaftlern ihrer Ansicht nach biblischen Aussagen widersprechen.

Deutlich wird das bei der Evolutionstheorie, die sie als falsch betrachten, da die Bibel ausdrücklich von einer Schöpfung spricht. Sie fassen die Schöpfungstage in der Genesis als Schöpfungszeiträume auf, die einige tausend Jahre umfassten. Sie vermuteten eine Zeit lang, jeder Schöpfungstag habe 7.000 Jahre gedauert [30], legen sich aber aufgrund heutiger wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr auf konkrete Zahlen fest. Sie zählen zu den „Alte-Erde-Kreationisten“, da sie anerkennen, dass Universum und Erde Milliarden Jahre alt sein können.[31]

Sie lehnen politischen Druck zur Aufnahme der Schöpfung in den schulischen Lehrplan ab, wie er von anderen kreationistischen Gruppen ausgeübt wird und befürworten keine fundamentalistischen Aktivitäten, andere Personen zivilrechtlich zur Annahme solcher Anschauungen zu zwingen.[32]

Wenn in der Bibel chronologische Angaben gemacht werden, ziehen sie diese den anderen Quellen vor. Daher glauben sie z. B., die Sintflut hätte 2370 v.Chr., der Turmbau zu Babel 2269 v.Chr. stattgefunden. Sie nehmen damit erhebliche Diskrepanzen in Kauf – z. B. wird die Fertigstellung der Cheops-Pyramide auf das Jahre 2530 v.Chr. geschätzt, müsste allerdings chronologisch weit nach dem Turmbau zu Babel eingeordnet werden.

Aussagen zur Bibel

Die Aussage in 2 Tim 3,16 ELB legen Jehovas Zeugen so aus, dass die Bibel zwar von Menschen geschrieben, jedoch von Gott – wenn auch nicht wortwörtlich – inspiriert worden sei. Sie sei nur im Gesamtzusammenhang zu verstehen und alle Aussagen seien nützlich und wichtig. Der Bibeltext sei von einem einheitlichen Thema durchzogen: „Die Rechtfertigung des Rechtes Gottes, über die ganze Menschheit zu herrschen, sowie die Verwirklichung seines liebevollen Vorsatzes durch sein kommendes Königreich“.[33]

Aus dem Mosaischen Gesetz leiten sie Grundsätze ab, stufen es als Ganzes jedoch als nicht mehr verbindlich ein, da es gemäß Gal 3,24-25 ELB mit Jesu Tod seine Gültigkeit verloren habe. Je nach Kontext werden die Aussagen der Bibel sowohl wörtlich ausgelegt als auch symbolisch interpretiert.

Die Zeugen Jehovas verwenden hauptsächlich die von ihnen herausgegebene Neue-Welt-Übersetzung. Bis zum Erscheinen deren Deutscher Ausgabe in den 1970er Jahren kam im deutschsprachigen Raum vorrangig die unrevidierte Elberfelder Bibel zur Anwendung. Bei Bedarf werden in den Publikationen andere Bibelübersetzungen zum Vergleich oder bei treffenden Wortlaut verwendet. In Sprachen, in welchen die Neue-Welt-Übersetzung nicht verfügbar ist, nutzen und verbreiten sie andere Bibelübersetzungen durch die Wachtturm-Gesellschaft als Verlagsunternehmung.

Ökumene

Die Zeugen Jehovas lehnen jede ökumenische Zusammenarbeit und die Mitgliedschaft in ökumenischen Organisationen ab, da sie die dort beteiligten Kirchen als zur „falschen Religion“ zugehörend betrachten.[34] Aufgrund dieser Positionierung und weiterer unterschiedlicher Lehren erfüllen die Zeugen Jehovas nicht die theologischen Voraussetzungen für einen Beitritt zum Weltkirchenrat.

Gottesdienst und Praxis

Zusammenkünfte

Die Versammlungsstätten werden Königreichssäle genannt und zweckmäßig jeweils für 60 bis 200 Personen eingerichtet. Allerdings fehlen jegliche religiösen Symbole wie Altar, Kreuz oder Heiligenbilder. Nur Stühle, Tische, ein Sprechpult, Lautsprecher, Mikrofone und eine schlichte Bühnendekoration sowie eine Bibliothek für Schriften der Wachtturm-Gesellschaft, verschiedene Bibelausgaben und andere religionsbezogene und allgemeine Nachschlagewerke sind vorhanden.

In den Zusammenkünften werden auf Grundlage der Bibel Vorträge gehalten, deren Rahmen meist vorgegeben ist, Situationen aus dem Predigtdienst demonstriert, Interviews geführt und der Lehrstoff anhand von Fragen und Antworten gemeinsam besprochen. Zu Beginn und zum Abschluss der Zusammenkünfte und zur Überleitung zwischen den zwei 45- bis 60-minütigen Programmteilen wird jeweils ein Lied gesungen. Am Anfang und am Ende wird gemeinsam gebetet. In der einstündigen Zusammenkunft der „Buchstudiengruppe“ (Versammlungsbuchstudium) wird nicht gesungen.

Es finden wöchentlich fünf Zusammenkünfte statt, die insgesamt 4 3/4 Stunden dauern (davon 30 Minuten Lied und Gebet), die 2. und 3., sowie die 4. und 5. dieser Zusammenkünfte werden zeitlich zusammengefasst.

  1. das „Versammlungsbuchstudium“ (60 Min.), bei dem in Gruppen zu 5-20 Personen ein Buch oder eine Broschüre besprochen wird,
  2. die „Theokratische Predigtdienstschule“ (45 Min.), in der das Predigen in kurzen (5 bis 10 Minuten) Reden und Rollenspielen geübt wird,
  3. die „Dienstzusammenkunft“ (45 Min.), dient der Unterstützung für den Predigtdienst,
  4. die „Zusammenkunft für die Öffentlichkeit“ (45 Min., ab 2008: 30 Min.), ein Vortrag auf Basis eines vorgegebenen Redeplans und
  5. das „Wachtturm-Studium“ (45-60 Min.), bei dem ein Artikel der Zeitschrift in Frage und Antwort mit Beteiligung der Anwesenden besprochen wird.

Die Leitung der Zusammenkünfte obliegt den männlichen Mitgliedern, da nur diese die Funktion eines Ältesten (siehe unten Organisation) übernehmen können (1 Kor 14,33-40 ELB; 1 Tim 2,12 ELB). An bestimmten Programmteilen auf der Bühne sind auch Frauen beteiligt, nicht jedoch an der Vortragstätigkeit im Rahmen dieser Zusammenkünfte.

Dreimal im Jahr finden größere Tagungen statt, die abweichend zur Regel als Kongresse bezeichnet werden:

  • eintägige Tagessonderkongresse mit üblichen Anwesendenzahlen von 500 bis 2000.
  • zweitägige Kreiskongresse ebenfalls mit üblichen Anwesendenzahlen von 500 bis 2000.
  • dreitägige Bezirkskongresse mit Anwesendenzahlen von mehreren Tausend bis zu einigen zehntausend Besuchern.

Ein- und zweitägige Veranstaltungen finden normalerweise in eigenen speziell hierfür erbauten Kongresssälen statt, dreitägige Kongresse meist in Fußballstadien oder Sporthallen.

Taufe

Die Zeugen Jehovas praktizieren eine Erwachsenentaufe. Gemäß einer Studie, die Zeugen Jehovas 1994 in Deutschland durchgeführt haben, hat jedes neue Mitglied vor der Taufe etwa drei Jahre die Zeugen Jehovas und deren Lehren kennen gelernt. Bevor ein Taufanwärter zur Taufe zugelassen wird, werden mit ihm/ihr Gespräche geführt, die belegen sollen, dass ausreichendes Verständnis der Lehre vorhanden ist. Vor der eigentlichen Taufe werden öffentlich zwei Fragen gestellt, die jeder Taufanwärter mit „Ja“ beantworten muss, will er getauft werden:[35]

  1. Hast du auf der Grundlage des Opfers Jesu Christi deine Sünden bereut und dich Jehova hingegeben, um seinen Willen zu tun?
  2. Bist du dir darüber im klaren, dass du dich durch deine Hingabe und Taufe als ein Zeuge Jehovas zu erkennen gibst, der mit der vom Geist geleiteten Organisation Gottes verbunden ist?

Abgesehen von der Befragung der Taufkandidaten unterscheidet sich die Taufe der Zeugen Jehovas von der Taufe, wie sie in vielen anderen Kirchen praktiziert wird. Die Täuflinge werden z. B. vollständig im Wasser untergetaucht und nicht nur symbolisch mit Wasser benetzt. Es erfolgt keine vorhergehende Segnung des Wassers und während der Taufe wird keine Taufformel gesprochen.

Die Taufe anderer christlicher Richtungen erkennen die Zeugen Jehovas nicht an, sowie andererseits die meisten deren Taufe ebenfalls nicht anerkennen.

Das Abendmahl

Die einzige religiöse Feier der Zeugen Jehovas ist das Abendmahl des Herrn, das auch Gedächtnismahl oder Feier zum Gedenken an den Tod Christi genannt wird. Dieses Fest wird am 14. Nisan gemäß der Berechnung des jüdischen Kalenders nach Sonnenuntergang gefeiert. Das Fest fällt jedes Jahr auf ein anderes Datum des heutigen Gregorianischen Kalenders. Während der Feier wird eine Ansprache gehalten, nach der die Minderheit mit himmlischer Hoffnung von den Symbolen nimmt, dem ungesäuerten Brot und Wein. Da diese Minderheit durch alle Zeiten nur 144.000 Menschen umfasst (weltweit seien es derzeit um die 8.700, die jetzt leben; in Deutschland ungefähr 200), nimmt in dem überwiegenden Teil der Versammlungen niemand von den Symbolen.

Evangelisation und Mission

Besonders fallen Zeugen Jehovas durch ihre Evangelisation auf, die sie als Predigtdienst, Predigtwerk, manchmal auch als Felddienst bezeichnen. Dieses begründen sie hauptsächlich dadurch, dass es Jesus in Mt 28,19-20 ELB geboten habe, zudem seien sie dadurch an der Erfüllung der Prophezeiung aus Mt 24,14 ELB beteiligt. Von jedem Zeugen Jehovas wird erwartet, mit anderen Menschen über seinen Glauben zu sprechen. Über seine Tätigkeit fertigt er monatlich einen sogenannten Predigtdienstbericht an, den er an den Sekretär der Versammlung weitergibt. Gemäß eigenen Statistiken wendet ein Zeuge Jehovas dafür je nach Land durchschnittlich 100 bis 500 Stunden jährlich auf. (Deutschland: ca. 100 Stunden im Jahr)

Sie sprechen Menschen an Haustüren oder auf öffentlichen Plätzen mit Themen aus der Bibel an und hinterlassen bei Interesse kostenfrei Zeitschriften, Broschüren, Traktate oder bei besonderem Interesse Bücher und Bibeln. Bei dieser Gelegenheit besteht auch die Möglichkeit, den Zeugen Jehovas Geld zu spenden. Vor 1991 gaben Zeugen Jehovas das Schrifttum für ihren missionarischen Einsatz zum Selbstkostenpreis weiter.

Über diese Hausbesuche und Gespräche fertigt sich der Zeuge gewöhnlich private Notizen an, die er für Nachfolgebesuche verwenden kann. Regelmäßig wird darauf hingewiesen, dass diese Notizen nur mit Einverständnis der Betroffenen an andere Verkündiger weitergegeben werden sollen. Angeboten wird ein Bibelkurs (meist Heimbibelstudium genannt). Das Material dafür ist in erster Linie ein Buch[36] oder eine Broschüre mit thematisch geordneten Bibelzitaten und -kommentaren, die jeder Teilnehmer erhält und anhand konkreter Fragen durcharbeiten kann, die dann mit dem Verkündiger besprochen werden.

Freiwillige können vereinbaren, mehr Zeit im Predigtwerk einzusetzen – entweder zeitlich begrenzt („Hilfspionier“) oder zeitlich unbestimmt („Dauer-Hilfspionier“ oder „Allgemeiner Pionier“). Allgemeine Pioniere werden nach einem Jahr zu einer zehntägigen „Pionierdienstschule“ eingeladen, in der sie Predigtwerk, biblische Lehre und Organisation vertieft kennen lernen.

Zeugen Jehovas betreiben auch ein weltweites Missionswerk, zu dem sie jährlich unter anderem in den USA Missionare in der „Gileadschule“ ausbilden.

Behandlung von Verstößen gegen Glaubensmaßstäbe

Bei einem Fehlverhalten prüfen die Ältesten der betreffenden Versammlung bei Bekanntwerden, ob die Voraussetzungen für ein „Rechtskomitee“ erfüllt sind, das aus drei oder mehr Ältesten der Versammlung besteht. Diese fungieren in Personalunion als Ankläger, Verteidiger und Richter. Der Beschuldigte hat nicht das Recht jemanden als Beobachter zum Rechtskomitee mitzunehmen. Das Komitee spricht mit dem Angeklagten darüber, warum sein Verhalten gewissen Lehrpunkten widerspricht. Ändert er sein Verhalten entsprechend den Vorschriften der Zeugen Jehovas, wird er „still zurechtgewiesen“, bei allgemeinem Bekanntwerden vor der Versammlung ohne Angabe der Gründe durch eine kurze Mitteilung. Zeigt er keine Reue, wird er, nachdem er eine Woche Zeit für eine Berufung hatte, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Er kann verlangen ein anderes Komitee einzuberufen, wenn er triftige Gründe anführen kann, die Formfehler aufzeigen. Nach dieser Berufung besteht als letzte dritte Instanz eine Berufung eingesetzt vom zuständigen Zweigbüro.

Die Zeugen meiden Ausgeschlossene.

Ausgeschlossene können die Zusammenkünfte im Königreichssaal besuchen, ohne sich aktiv daran zu beteiligen. Sie werden nicht angesprochen, sofern sie nicht mit einem aktiven Zeugen Jehovas in einem gemeinsamen Haushalt als Ehepartner oder minderjährige Kinder zusammenleben[37].

Ausgeschlossene haben die Möglichkeit, durch schriftlichen Antrag wieder in die Gemeinschaft zurückzukehren, falls sie das an ihnen gerügte Verhalten nicht mehr zeigen und es aufrichtig bereuen. Es wird dann erwartet, dass sie die Zusammenkünfte regelmäßig besuchen, soweit es ihre privaten und/oder beruflichen Verpflichtungen zulassen. Etwa ein Viertel bis ein Drittel machen von dieser Möglichkeit Gebrauch. Die Rückkehr ist selbst nach Verbrechen möglich. Falls ein Ausgeschlossener die Versuche der Kontaktaufnahme und Bewegung zur Umkehr durch Älteste der Zeugen Jehovas ausdrücklich missbilligt, wird er nicht angesprochen.

Leben im Alltag

Verhältnis zum Staat

Zeugen Jehovas wenden ihr Verständnis der Bibel auf die Art der Unterordnung unter die Macht des Staates an, indem sie sich nicht an politischen Veränderungen (ob nun gewaltsame Revolutionen, friedliche Demonstrationen, oder aber auch bloße Teilnahme an Wahlen oder Parteitagen) beteiligen, sondern betrachten die staatlichen Organe als von Gott geduldet und mit Autorität ausgestattet (vgl. Röm 13,1-7 ELB). Im Allgemeinen halten sie sich deswegen an die staatlichen Gesetze. In vielen Ländern sind sie von staatlicher Seite als Religion anerkannt.

Es kann aber durchaus zu Konflikten zwischen staatlichen Forderungen und den Forderungen ihres Glaubens führen, da sie in der Bibel lesen: Du sollst Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg 5,29 ELB). So sind sie vor allem dafür bekannt geworden, dass sie sich strikt weigern, Militärdienst zu leisten (Siehe: Wehrdienstverweigerung der Zeugen Jehovas). Darüber hinaus lehnen sie alle Handlungen ab, die ihrer Meinung nach einer 'Verehrung' des Staates oder seiner Repräsentanten gleich kommen. Bekannte Beispiele hierfür sind die Ablehnung des Fahnengrußes, des Singens der Nationalhymne oder des Hitlergrußes unter dem Nationalsozialismus.

Sie lehnen den Wehrdienst ab. Bis zur Veröffentlichung eines Artikels im Wachtturm vom 1. Mai 1996 betrachteten sie den Zivildienst als eine unpassende Einschränkung ihrer religiösen Freiheit und eine Form der politischen Betätigung. Nach dem Verständnis der Zeugen Jehovas darf heute Zivildienst geleistet werden.

Die Zeugen beteiligen sich nicht an politischen Wahlen, weil sie die Worte Jesu, „kein Teil der Welt“ (Joh 17,16 ELB) zu sein, als Aufforderung zu einem politisch passiven Verhalten verstehen. Aus ähnlichem Grund bekleiden sie keine politischen Ämter (in Joh 6,15 ELB flieht Jesus vor einer Menge, die ihn zum König machen möchte). Außerdem betrachten sie die Theokratie als der Demokratie überlegen (dies spiegelt sich auch in ihrer Kirchenordnung wieder, die eine hierarchische Ernennung von Funktionsträgern statt demokratische Wahlen vorsieht).

Ausbildung und Beruf

Die Literatur der Zeugen Jehovas weist auf die Widersprüche und Interessenkonflikte hin, welche zwischen einer Hochschulausbildung und dem Leben als Zeuge Jehovas bestehen können. In den Veröffentlichungen der Zeugen Jehovas wird vor dem vermeintlich unmoralischen Lebenswandel vieler Studenten gewarnt, mit der Begründung, dass sich etliche Hochschulen seit den 60er Jahren zu Brutstätten der Gesetzlosigkeit und der Unmoral entwickelt hätten.[38] Gemäß einer Empfehlung des monatlich erscheinenden internen Mitteilungsblattes Unser Königreichsdienst vom April 1999 wird angeraten, dass Bildungsfragen mit den Eltern, den Versammlungsältesten, dem Kreisaufseher oder mit erfolgreichen Pionieren besprochen werden sollten. Die letzte Entscheidung über die berufliche Zukunft ist aber dem Einzelnen überlassen.[39] Bei allen Überlegungen sollte das Bestreben im Vordergrund stehen, Jehova in größtmöglichem Umfang durch das christliche Predigtwerk zu dienen.[40] Aus diesen Gründen entscheiden sich viele Zeugen Jehovas gegen eine Hochschulausbildung.[41][42]

Zeugen Jehovas lehnen Berufe und Tätigkeiten ab, wenn deren Ausübung ihren religiösen Ansichten zuwiderläuft, zum Beispiel Arbeiten in der Tabakindustrie oder der Handel mit Tabak, Berufe im Zusammenhang mit Glücksspielen oder kirchlich bzw. militärisch unterstützten Einrichtungen, wenn ein solches Beschäftigungsverhältnis ausschließlich aus derartigen Handlungen besteht. Wer solch einer Beschäftigung nachgeht, kann kein Zeuge Jehovas werden.

Lebensweise und soziales Verhalten

In der Lehrverkündung werden Nicht-Zeugen-Jehovas als „Andersgläubige“ bezeichnet. Es wird angeraten, den Kontakt mit ihnen gemäß der individuellen Verhältnisse und Erfordernisse zu gestalten.

Die Zeugen Jehovas lehnen die meisten traditionellen Feste ab, wegen der oftmals unklaren bzw. heidnischen Ursprünge. Zu diesen Feiern gehören neben Festen, die biblischer Ereignisse gedenken, wie Weihnachten, Ostern, Palmsonntag oder die Verklärung des Herrn, auch solche wie Karneval, Erntedankfest, Halloween, Neujahr sowie Geburtstagsfeiern. Ausnahmen werden manchmal gemacht, wenn der religiöse Bezug heutzutage nicht mehr gesehen wird, etwa bei der Piñata-Tradition aus Mexiko oder beim hawaiischen Lūʻau. Der einzige religiöse Feiertag für die Zeugen Jehovas ist der 14. Nisan, an dem sie ihr Gedächtnismahl begehen (siehe oben).

Auch die Mitgliedschaft in Parteien wird abgelehnt, ebenso wie in Vereinen, die ideologische oder ideelle Zwecke verfolgen. Rein pragmatisch ausgerichtete Vereinsmitgliedschaften (wie z. B. Trägerverein zur Unterstützung einer Kindertagesstätte, die von den eigenen Kindern besucht wird) werden jedoch unkritisch gesehen, und Zeugen Jehovas können sich wie andere Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisieren.

Die Mitglieder leisten sich gegenseitig Hilfe. Anders als bei Kirchen, denen Institutionen wie Caritas oder Diakonie angegliedert sind, unterhalten die Zeugen Jehovas als Institution keine sozialen Einrichtungen bzw. übernehmen keine Trägerschaften, um dadurch staatliche Aufgaben zu erledigen. In Pflegeheimen, welche von aktiven Jehovas Zeugen betrieben werden und in denen das Personal überwiegend aus Jehovas Zeugen besteht, werden ältere Mitglieder der Religionsgemeinschaft aufgenommen und betreut.

Ehe, Familie und Sexualität

Jehovas Zeugen definieren die Ehe als von Gott geschaffene, lebenslang dauernde Verbindung eines Mannes und einer Frau (d.h. nach ihrer Definition ist sie immer monogam und heterosexuell). Sie gilt durch die rechtliche Eintragung als geschlossen. Dies geschieht in der Regel durch eine zivile Trauung[43] und wird oft durch eine ans Brautpaar gerichtete Ansprache im Königreichssaal sowie ein Hochzeitsfest begleitet. Jehovas Zeugen empfehlen, nur innerhalb ihrer Religionsgemeinschaft zu heiraten. Falls jemand zum Zeitpunkt seiner Konversion bereits mit einem andersgläubigen Ehepartner verheiratet ist, raten sie zur Weiterführung dieser Ehe.

Wenn einer der Ehepartner stirbt oder sexuell untreu wird, betrachten sie den anderen Partner als frei, sich wieder zu verheiraten. Von Trennungen raten sie allgemein ab, erheben aber in Ausnahmesituationen (z. B. bei häuslicher Gewalt) keine Einwände dagegen.

Homosexuelle Handlungen, sowie vor- und außereheliche heterosexuelle Handlungen, sind mit ihrer Exegese biblischer Maßstäbe nicht vereinbar. Der Verzicht auf Masturbation wird empfohlen.

In den USA geriet die Watchtower Bible and Tract Society Inc. in die Kritik, nachdem Vorwürfe erhoben wurden, dass Älteste sexuellen Missbrauch in der Gemeinschaft vertuscht hätten. Mitglieder der Zeugen Jehovas, die Opfer von sexuellem Missbrauch werden, sind angewiesen, das den Ältesten zu melden[44][45]. Anfang 2007 wurden in den USA außergerichtliche Vergleiche zwischen den Parteien getroffen.

Organisation

Hauptsitz der Watchtower Bible and Tract Society Inc.

Die Watchtower Bible and Tract Society Inc. in Brooklyn, New York ist die Zentrale der weltweit tätigen Religionsgemeinschaft. Hierarchisch sind darunter die Zweige, unter Aufsicht von Zweigkomitees, die Bezirke unter Aufsicht der Bezirksaufseher, die Kreise unter Aufsicht der Kreisaufseher und als lokale Einheiten die Versammlungen angeordnet. Die Hauptverwaltung hat die Zweige in 15 Zonen mit je einem Zonenaufseher, der sie zyklisch besucht, aufgeteilt.

Die Mitteilungen der Zentrale in Brooklyn werden an die Zweigkomitees gesandt und im Bedarfsfall von dort an die einzelnen örtlichen Versammlungen weitergeleitet. Zentralorgan ist die Zeitschrift Der Wachtturm und im Bereich des Missionswerk werden intern Mitteilungen monatlich durch das Mitteilungsblatt „Unser Königreichsdienst“ getätigt.

Druckmaschine im deutschen Zweigbüro in Selters/Taunus

Es gibt weltweit 109 Zweige, in denen Literatur in die jeweiligen Sprachen übersetzt und verschickt wird; in einigen Zweigen (z. B. in Deutschland und der Schweiz) wird auch gedruckt. Die wichtigste Aufgabe der Zweige ist die Organisation der Predigttätigkeit, an der sich ein Großteil der Mitglieder beteiligt. Die dazu nötige Einteilung des Gebietes, die Klärung rechtlicher Fragen und die Schaffung von Zusammenkunftsstätten sind einige weitere Aufgaben der Zweige. Die Organisationen sind nicht auf Erzielung kommerziellen Gewinns ausgelegt. Den Zweigen steht ein Zweigkomitee vor.

Die Zeugen Jehovas bedienen sich weltweit verschiedener rechtlicher Werkzeuge (Organisationen), deren Struktur (Vorstand o.ä.) jedoch nicht mit der geistlichen Struktur ihrer Religionsgemeinschaft identisch ist. In Deutschland sind dies die Wachtturm-, Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e.V. (kurz Wachtturm-Gesellschaft genannt), deren Verwaltungszentrum sich in der Gemeinde Selters im Taunus befindet. Der Sitz der Zeugen Jehovas in Deutschland, KdÖR befindet sich in Berlin. In Österreich haben die Zeugen Jehovas den rechtlichen Status einer „Eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft“. Das Verwaltungszentrum (Zweigniederlassung der Wachtturm-Gesellschaft) befindet sich im 23. Wiener Gemeindebezirk. Die „Vereinigung Jehovas Zeugen der Schweiz“ hat ihren Hauptsitz in Thun.

Die Gemeinden werden Versammlungen genannt, deren „Älteste“ (ausnahmslos Männer, 1 Tim 2,11-12 ELB; 3,1-13 ELB) gemeinsam als „Ältestenschaft“ tätig sind und für geistliche Belange der Versammlung verantwortlich sind. Sie haben organisatorische Aufgaben, lehren, besuchen die Mitglieder durch „Hirtenbesuche“ und beteiligen sich, wie die meisten anderen auch, an der Predigttätigkeit.

Immobilien

Königreichssaal

Die Versammlungsstätten (Königreichssäle, Kongresssäle) und Zweigniederlassungen mit Druckereigebäuden werden überwiegend von den Mitgliedern selbst erbaut. Um regionale Unterschiede auszugleichen und erheblichem Bedarf an Neubauten und Instandhaltungsarbeiten gewachsen zu sein, wurde ein nationales und internationales Bauprogramm gegründet. In diesem Bauprogramm arbeiten ebenfalls nur Freiwillige aus den Reihen der Zeugen Jehovas. Die dadurch vorhandene Infrastruktur wird auch genutzt, um Wiederaufbauarbeit in Katastrophengebieten leisten zu können (in Deutschland geschah das z. B. bei den Hochwasserkatastrophen an der Elbe). Finanziert wird das Bauprogramm durch freiwillige Spenden und Darlehen. Die Verwaltung der Königreichssäle liegt in Deutschland grundsätzlich bei einer der Versammlungen, die den Saal nutzen, das Eigentum der Kongresssäle und vieler Königreichssäle bei der Religionsgemeinschaft[46].

Literatur

  • Detlef Garbe: Die Zeugen Jehovas. Geschichte, Glaube, Organisation, Beck-Verlag, München 1999, ISBN 3-486-56404-8
  • Ferdinand Herrmann. (Hg.): Symbolik der Religionen, Band XI. Symbolik der kleineren Kirchen, Freikirchen und Sekten des Westens. Hiersemann, Stuttgart 1964.

Einzelnachweise

  1. Zeugen Jehovas: „2006 Report of Jehovah's Witnesses Worldwide“, <http://www.watchtower.org/e/statistics/worldwide_report.htm>, letzter Zugriff: 22. August 2007.
  2. Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben, S. 14, Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania (Herausgeber), Wiesbaden, 1960
  3. Jehovas Zeugen, Verkündiger des Königreiches Gottes 1993, 750 S.
  4. Gerhard Besier, Clemens Vollnhals (Hg.): Repression und Selbstbehauptung. Die Zeugen Jehovas unter der NS- und der SED-Diktatur. S. 69-326. (Zeitgeschichtliche Forschungen, Band 21). Duncker&Humblot, Berlin, 2003. Hans Hermann Dirksen: "Keine Gnade den Feinden unserer Republik". Die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR 1945-1990. (Zeitgeschichtliche Forschungen, Band 10), Duncker&Humblot, Berlin, 2001. Waldemar Hirch: Die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas während der SED-Diktatur. Unter besonderer Berücksichtigung ihrer Observierung und Unterdrückung durch das Ministerium für Staatssicherheit. (Europäische Hochschulschriften, Bd. 980), Peter Lang, Frankfurt/Main, 2003. Gabriele Yonan (Hg.): Im Visier der Stasi. Jehovas Zeugen in der DDR. Edition Corona, Niedersteinbach, 2000. Gerald Hacke: Zeugen Jehovas in der DDR. Verfolgung und Verhalten einer religiösen Minderheit. (Hannah-Arendt-Institut: Berichte und Studien Nr. 24), Dresden, 2000
  5. http://www.jehovaszeugen.de/0/pdf/rec/ues/1990/1990-03-14-a.pdf
  6. CNN: Jehovah's Witness lawsuit tests Russia's religious freedom, 9. Februar 1999
  7. Jehovah's Witnesses: Russia—Jehovah's Witnesses Test Religious Freedom
  8. amnesty international - Länderbericht Georgien
  9. OVG Berlin, Urteil vom 24. März 2005
  10. BVerwG 7 B 80.05 – Beschluss
  11. Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an die Religionsgemeinschaft „Jehovas Zeugen in Deutschland e.V.“
  12. Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2007
  13. Der Wachtturm 1. Januar 1985 S.11
  14. Den allein wahren Gott anbeten, Selters, 2002, S. 131f; Erwachet! 22.3.1993, S. 4; Die Offenbarung - Ihr großartiger Höhepunkt ist nahe!, Selters 1988, S. 9; Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1980, S. 23, 30
  15. Jehovas Zeugen – Verkündiger des Königreiches, Selters 1993, S. 143
  16. Unterredungen anhand der Schriften, 1990, Seite 90-111
  17. Einsichten über die Heilige Schrift Bd. 1, S. 1338
  18. Was lehrt die Bibel wirklich 2005 S.218,219
  19. A.Walde: Lateinisches Etymologisches Wörterbuch; Crux → Das Marterholz...sowohl zum anheften, spiessen, hängen, pfählen. [....] zum kreuzigen ... richtiger von der Bedeutung „Pfahl“ auszugehen. Heliand: Vers 5552-54,„thie thar neglid stuod an niuuon galgon | thuru nîdscipi, an bômin treo“, Jesus von Nazareth, der da genagelt stünde|An den neuen Galgen, aus Neid geheftet| An des Baumes Stamm. Das as. „galgon“ zu gotisch „galga“; Gotisch-Griechisches Wörterbuch → Stauros, Pfahl, Kreuz; „jah undgripun sumana mannê ... ei nêmi galgan is“ Mk 15,21 ELB[1] Indogermanische Wortwurzelstā- u.a. „σταυρός“ m. Pfahl, Palisade; stāu- stehen, stellen; stāuro- fest, stark, stehend, Ständer, Stamm. (Pokorny Sp. 1004 ff.); „Die Strafe wird an einem Pfahl o.ä. vollstreckt, wobei Art und Weise der Durchführung ... variieren. ... Dem NT ist die Form des Kreuzes nicht zu entnehmen.“, Art. Kreuz/Kreuz Christi in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Auflage, Bd. 4, S. 1745f, Tübingen 2001.
  20. Das "Griechisch-Deutsche Handwörterbuch Gemoll", Standardwerk der Altphilologie, nennt als Übersetzung: Pfahl, Palisade, Marterpfahl, Kreuz; abgeleitet vom gotischen "staurs": Stab, Pfahl, Balken bzw. altindisch "sthavaras": fest,stark, hergestellt. Das hiervon abgeleitete Verb σταυρόω umfasst nur noch die Bedeutungen "einen Pfahl einschlagen" und "kreuzigen". Es ist im Neuen Testament also keine explizite Rede von einem Pfahl oder einem Kreuz, sondern es wäre beides denkbar.
  21. Herrmann:Stichwort → Zeugen Jehovas
  22. häufig zitieren sie als Beleg Hes 18,4 ELB und Koh 9,5-10 ELB
  23. Der Wachtturm, 1.5.2007, Seiten 30f
  24. Der Wachtturm, 15.9.2006, S. 3
  25. Dein Königreich komme, Wiesbaden 1981, Seite 186ff)
  26. Der Wachtturm 1. September 1989 S.19
  27. Der Wachtturm 1. März 2007 S.31
  28. http://watchtower.org/languages/deutsch/bibel/ac/chapter_015.htm?bk=ac;chp=15;vs=29;citation#bk29 ZJ und Blut
  29. Transfusion Alternatives, Documentary Series, New York, 2004 [DVD von Zeugen Jehovas für Mediziner]
  30. Der Wachtturm 15. Mai 1970, S.311ff und 1. Januar 1987, S.30
  31. Erwachet!, 22.10.1983, S. 24-27
  32. Erwachet!, 9.2006, S. 3
  33. Einsichten über die Heilige Schrift Bd. 1, S. 396-408
  34. Erwachet! 22.8.1997, S. 27; Der Wachtturm, 1.7.1993, S. 16f
  35. Organisiert, Jehovas Willen zu tun, 2005, Seite 215
  36. Der Wachtturm, 15.1.2007, S.24f
  37. Der Wachtturm, 15. April 1988, Seiten 26-31
  38. Der Wachtturm, 1. November 1992 Seite 19.
  39. Fragen junger Leute (1989) Seite 179 „Zusammen mit deinen Eltern mußt du bei der Entscheidung, welche Ausbildung die richtige für dich ist, sorgfältig alle Faktoren abwägen. Jeder muß bei dieser Entscheidung seine eigene Last tragen“.
  40. Der Wachtturm, 1. Februar 1996 Seite 14.
  41. Fragen junger Leute – Praktische Antworten (1989) Seite 178 „Viele christliche Jugendliche haben sich daher gegen eine Hochschulausbildung entschieden.“
  42. Broschüre Jehovas Zeugen, Menschen aus der Nachbarschaft — Wer sind sie? Seite 31 „Aber wegen ihrer Einstellung zu materiellen Dingen und ihrer Zukunftshoffnung verzichten viele junge Zeugen auf eine akademische Ausbildung, allerdings nicht, weil dies verboten wäre. Sie ziehen aus persönlichen Gründen eine anderweitige Ausbildung vor, die sie ausrüstet, für sich selbst und gegebenenfalls für eine Familie zu sorgen.“
  43. Sollte dies in dem Land nicht möglich sein, reicht ein Treuegelöbnis innerhalb der Religionsgemeinschaft.
  44. Lehrer-Buch Seite 170/171
  45. Jehovah's Witnesses Office of Public Information: Jehovah's Witnesses and Child Protection
  46. Statut von Zeugen Jehovas in Deutschland KdöR §6 (1), im Amtsblatt der Zeugen Jehovas in Deutschland, Berlin, 25.09.2006