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Rechnungsabgrenzung

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Die Rechnungsabgrenzung ist in der kaufmännischen Buchführung ein Schritt im Periodenabschluss (i. d. R. Jahresabschluss), mit dem Werte in der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz der richtigen Rechnungsperiode (z. B. Geschäftsjahr, Quartal) zugeordnet werden. Eine Abgrenzung ist notwendig, um den Erfolg eines Unternehmens selbst dann periodengerecht ermitteln zu können, wenn zusammenhängende Geschäftsvorfälle mehrere Buchungen erfordern und diese unterschiedliche Rechnungsperioden betreffen. Dies ist zum Beispiel regelmäßig dann der Fall, wenn mit Kunden oder Lieferanten Zahlungsziele vereinbart wurden, wenn also die Lieferung und Leistung (und damit das Datum der Rechnungsstellung) einerseits und die Zahlung andererseits nicht zeitgleich stattfinden. Die Rechnungsabgrenzung sichert auch, dass die Umsatzsteuer und andere Steuern in der richtigen Höhe für die entsprechenden Zeiträume abgeführt werden können.

Kurz: Die Rechnungsabgrenzung ist die periodische Abgrenzung von sämtlichen Aufwänden in der Rechnungsperiode.

Vereinfacht ausgedrückt: Rechnungsabgrenzungsposten sind ein Art Verbindlichkeiten oder Forderungen - aber eben nicht in Geld, sondern in Leistung. Wir haben schon bezahlt, die Leistung wird (ganz oder teilweise) erst im nächten Geschäftsjahr erbracht. Oder umgekehrt: Der Kunde hat schon bezahlt, wir erbringen die Leistung aber (ganz oder teilweise) erst im nächsten Jahr.

Beispiel: "Wir" - ein Fintness-Studio (Geschäftsjahr vom 01.01.-31.12) verkaufen am 01.12.07 eine Jahreskarte für 600 € und kassieren das Geld sofort ein. "Wir" haben dann also für das Jahr 2007 eigentlich 550 € "zuviel" eingenommen. Diese anteiligen 550 € für die Zeit von Januar bis November 2008 gehören erfolgsmäßig nicht in das Geschäftsjahr 2007 sondern in das Jahr 2008 (zumal der Kunde im Jahr 2008 u. a. auch unsere Duschen benutzt und dafür im Jahr 2008 Kosten für uns verursacht, ohne im Jahr 2008 etwas dafür zu bezahlen!)

Da die vollen 600 € aber schon auf unser Konto eingegangen sind, werden die anteiligen 550 € für das nächste Jahr als "Rechnungsabgrenzungsposten" bilanziert.

"Wir" - das Fitness-Studio - haben also am 31.12.2007 eine Art "Verbindlichkeiten" in Leistung -wir schulden dem Kunden noch das Recht, unser Studio 11 Monate zu nutzen - ohne dass er dafür noch bezahlen muss.

Im Gegensatz zu Rückstellungen ist bei der Rechnungsabgrenzung immer der genaue Betrag bekannt, er wird also weder geschätzt noch errechnet. Die gesetzliche Grundlage ist für Deutschland in § 250 und § 252 HGB und für Österreich in § 198 Abs. 5,6 UGB geregelt.

Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen.

§ 252, Abs. 1, Zi. 5 HGB

Aktive und passive Rechnungsabgrenzung

Die aktive Rechnungsabgrenzung (Abkürzung: ARA) ist eine Leistungsforderung. Sie entsteht, wenn ein Aufwand des neuen Jahres bereits im alten Jahr eine Ausgabe darstellt. Wird zum Beispiel im Dezember eine Vorauszahlung für die Januar-Miete geleistet (Miete: 2000 €) , wird wie folgt gebucht:

1. Bei Rechnungseingang

Miete an Verbindlichkeiten

2. Bei der Zahlung

Verbindlichkeiten an Bank

3. im Jahresabschluss (der Aufwand wird neutralisiert, aRAP wird gebildet)

aRAP an Miete

4. in Januar (der Aufwand wird in die richtige Periode gebucht, aRAP wird aufgelöst)

Miete an aRAP

Erträge des neuen Jahres, die im alten Jahr bereits Einnahmen sind, zum Beispiel Vorauszahlungen von Kunden, werden auf Konten für passive Rechnungsabgrenzung (Abkürzung: pRAP) gebucht. Sie begründen Leistungsverbindlichkeiten, also Ansprüche der Kunden oder anderer Gläubiger an Leistungen des Unternehmens. Die Buchung auf den Erlös- und Forderungskonten entspricht der oben aufgezeigten Buchungslogik.

Transitorische und antizipative Posten

In der Bilanz werden so abgegrenzte Werte separat als so genannte Rechnungsabgrenzungsposten auf beiden Seiten ausgewiesen. Diese Bilanzpositionen werden auch transitorische Posten genannt, weil sie Aufwand und Ertrag vom alten in das neue Jahr übertragen.

Der umgekehrte Fall wird über die sogenannten antizipativen Posten abgebildet. Dies sind Aufwendungen und Erträge des alten Jahres, die erst im neuen Jahr zu Einnahmen und Ausgaben werden. Die Erfolgswirksamkeit wird hier also vorweggenommen. Ein Beispiel hierfür sind Zinserträge für das alte Jahr, die erst im neuen Jahr zur Zahlung fällig werden. Gemäß § 250 HGB und § 5 (4) EStG sind antizipative Posten nicht als RAP zu führen. In der Bilanzgliederung sind hierfür die Positionen „sonstige Forderungen“ (auf der Aktivseite) und „sonstige Verbindlichkeiten“ (auf der Passivseite) vorgesehen.

Gesetzliche Regelung und Ausnahmen

Während im Regelfall für die Bilanz Ansatzpflicht für Rechnungsabgrenzungsposten besteht, sieht § 250 Abs. 2, Zi. 3 HGB ein Aktivierungswahlrecht für das Disagio vor. Wird dieses in die RAP aufgenommen, kann es über die gesamte Laufzeit eines Kredites abgeschrieben werden. Dies ist sachgerecht, weil das Disagio ein Zinsäquivalent ist, das über den Zeitraum der Kapitalnutzung verteilt wird.

Literatur

  • Manfred Deitermann, Siegfried Schmolke: Industrielles Rechnungswesen. Winklers, Darmstadt 1999, ISBN 3-8045-6652-9, S. 238-245