Berchtesgadener Weihnachtsschützen
Die Berchtesgadener Weihnachtsschützen umrahmen vorwiegend kirchliche Feste im Berchtesgadener Talkessel durch ihre Böllerschüsse. Namensgebend ist das Schießen zu Weihnachten. Sie sind in mehreren Vereinen unter dem Dach der Vereinigten Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes e.V. organisiert, der wiederum dem Trachten-Gauverband I angehört. Heimatverbundenheit und christliches Brauchtum sind zusammen mit der hierin gesuchten Geselligkeit wichtige Wesensmerkmale dieser Vereine. Der Brauch wird in dieser Form allein im Berchtesgadener Land gepflegt. Die Weihnachtsschützen tragen während des Schießens eine Variante der Berchtesgadener Tracht, die sich durch eine blaugraue Joppe sowie dem Schützenhut mit Gamsbart oder Schildhacken auszeichnet.
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung des Weihnachtsschützenbrauches geht auf das Jahr 1708 zurück. Grundlage des Brauches waren die in den Höfen der damals eigenständigen Fürstprobstei Berchtesgaden vorhandenen Feuerwaffen zur Landesverteidigung. Im Gegensatz zu den direkt aus der Landesverteidigung hervorgegangenen Gebirgsschützen fehlten bei den Weihnachstschützen die paramilitärischen Ausprägungen, sie waren eher im kultischen einzuordnen. Über die Jahrhunderte hinweg trat die kultische Tradition zugunsten einer immer engeren Bindung an das christliche Brauchtum zurück. Trotz eines Jahrhunderte langen Verbotes der Obrigkeit hielt sich das Schießen zu Weihnachten und in den anderen Rauhnächten.
Der erste offizielle Verein wurde 1874 gegründet. 1925 schlossen sich die Weihnachtsschützenvereine der einzelnen Orte zu den Vereinigten Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes zusammen.
Zeit des Nationalsozialismus
Während der Zeit des Nationalsozialismus widersetzten sich die Weihnachtsschützen einer Vereinnahmung ihres Brauchtums durch den Nationalsozialismus. Bereits wenige Jahre nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten kam es zu Spannungen, als diese versuchten die enge Bindung der Weihnachtsschützen an das Kirchliche zu lösen. In ihrem Widerstand dagegen kam ihnen zugute, dass sie, vertrauend auf positive Aussagen Hitlers zum Brauchtum, diesen 1933, kurz nach seiner Ernennung zum Reichskanzler, zum Ehrenmitglied ernannt hatten. Dadurch konnten sie sich dem Einfluss der lokalen und regionalen Parteispitzen weitgehend entziehen. Einen ersten Höhepunkt erreichte die Auseinandersetzung als sich die Weihnachtsschützen gegen die Auflösung des Franziskanerklosters Berchtesgaden wehrten. Durch ihren Einsatz wurde der Kirchenbetrieb aufrecht erhalten, die Franziskaner blieben in Berchtesgaden, mussten aber vom eigenen Kloster in das Pfarrhaus wechseln. In der Folge wurde Vorstand Brandner als einziger Berchtesgadener Postbeamter für einige Zeit an die Front versetzt. Bereits 1943 machte sich die Vereinsführung Gedanken, wer nach dem Ende des Dritten Reiches geeignete Bürgermeister für die Gemeinden des Berchtesgadener Talkessels sein könnten. Vordenker der Schützen war ihr späterer Ehrenvorstand Prof. Dr. Rudolf Kriß. Dies soll der eigentliche Grund dafür gewesen sein, dass er vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt (später zu lebenslanger Haft begnadigt) wurde. Kurz nach der kampflosen Übergabe Berchtesgadens an die Amerikaner ernannten dies Kriß zum Bürgermeister von Berchtesgaden. Mit der Auswahl der Bürgermeister der Landgemeinden wurde Vorstand Brandner beauftragt. Er selbst wurde zum Vorsitzenden des Kreistags bestimmt. Im Rahmen der Entnazifizierung wurden die Weihnachsschützen als widerstandsähnliche Gruppe eingestuft. In Anerkennung dieser Leistungen wurde 1945 die Berchtesgadener Poststraße in Weihnachtsschützenplatz umbenannt.
Die Weihnachtsschützen genießen bis heute aufgrund ihrer alten Tradition verschiedene Privilegien hinsichtlich waffen- und sprengstoffrechtlicher Vorschriften. Derzeit wird der Brauch von 17 Vereinen mit insgesamt ca. 3.000 Mitgliedern ausgeübt.
Literatur
Kriß, Rudolf: Die Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes und ihr Brauchtum. 4. Aufl. Berchtesgaden (Berchtesgadener Anzeiger) 1994.