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Helmut Kohl

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Helmut Josef Michael Kohl (* 3. April 1930 in Ludwigshafen am Rhein, damals Bayern) ist ein deutscher CDU-Politiker. Er war von 1969 bis 1976 Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und von 1982 bis 1998 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Kohl gestaltete den Prozess der deutschen Wiedervereinigung und wirkte maßgeblich am europäischen Einigungsprozess mit.

Lebenslauf

Helmut Kohl wurde 1930 als drittes Kind des aus Greußenheim stammenden bayerischen Finanzbeamten Hans Kohl (1887–1975) und dessen Frau Cäcilie geb. Schnur (1890–1979) in Ludwigshafen geboren. Kohls Familie war bürgerlich-konservativ und römisch-katholisch geprägt. Der ältere Bruder fiel im Zweiten Weltkrieg. Kohl selbst wurde gegen Ende des Krieges als Luftwaffenhelfer eingezogen, kam aber nicht mehr zum Kampfeinsatz.

Seine Jugend verbrachte er im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim in der Hohenzollernstraße. Er besuchte die Friesenheimer Grundschule Ruprechtschule und anschließend das Max-Planck-Gymnasium. 1950 begann er ein Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main. 1951 wechselte er an die Universität Heidelberg mit den Hauptfächern Geschichte und Staatswissenschaften.

Nachdem Kohl sein Studium 1956 beendet hatte, trat er eine Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alfred-Weber-Institut der Universität Heidelberg an. 1958 wurde er aufgrund einer Arbeit zum Thema Die politische Entwicklung in der Pfalz und das Wiedererstehen der Parteien nach 1945 bei Professor Dr. Walther Peter Fuchs (1905-1997) zum Dr. phil. promoviert. Anschließend wurde er Direktionsassistent bei einer Eisengießerei in Ludwigshafen und 1959 Referent des „Industrieverbandes Chemie“ in Ludwigshafen. Im Jahr darauf heiratete Helmut Kohl die Fremdsprachsekretärin Hannelore Renner (1933–2001), die er seit 1948 kannte. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor.

Am 5. Juli 2001 nahm sich seine Frau Hannelore im Alter von 68 Jahren das Leben. Sie hatte zuvor jahrelang unter einer Lichtallergie gelitten.

Am 4. März 2004, gut fünfeinhalb Jahre nach Ende seiner Kanzlerschaft, stellte Helmut Kohl den ersten Teil seiner Memoiren unter dem Titel „Erinnerungen, 1930–1982“ vor. Sie enthalten Lebenserinnerungen und umfassen die Jahre 1930 bis zum Beginn seiner Kanzlerschaft 1982. Der zweite Teil über die Regierungsjahre bis 1990 erschien am 3. November 2005, der dritte Teil über die Jahre bis 1994 am 16. November 2007. Ein vierter Band ist geplant.

Kohl lebt in Berlin und in Ludwigshafen (Stadtteil Oggersheim).

Politische Karriere

Schon als Schüler trat Kohl der CDU bei (1946) und war anschließend Mitbegründer der Jungen Union in seiner Heimatstadt Ludwigshafen (1947). Seine politischen Aktivitäten verfolgte er auch während seines Studiums. 1953 wurde er Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der CDU in Rheinland-Pfalz, 1954 stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Union Rheinland-Pfalz, 1955 Mitglied des Landesvorstandes der CDU Rheinland-Pfalz. 1959 wurde er Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Ludwigshafen, 1960–69 war er Fraktionsführer der Stadtratsfraktion Ludwigshafen, ab 1963 Fraktionsvorsitzender im Landtag von Rheinland-Pfalz, von März 1966 bis September 1974 war er Landesvorsitzender der CDU von Rheinland-Pfalz, 1966 Mitglied des Bundesvorstandes der CDU, 1969 stellvertretender Bundesvorsitzender. Ein wichtiger Förderer Helmut Kohls war der zu Zeiten von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg vermögend gewordene Industrielle Fritz Ries, Vater von Ingrid (ab 1979 mit Kurt Biedenkopf verheiratet).

Ministerpräsident

Als Kohl 1966 zum Landesvorsitzenden der CDU Rheinland-Pfalz gewählt wurde, war er auch zum Nachfolger Peter Altmeiers im Amt des Ministerpräsidenten bestimmt. Nach der folgenden Landtagswahl wurde zwar noch einmal Altmeier Ministerpräsident, doch am 19. Mai 1969 löste Kohl ihn ab. Wichtige Entscheidungen in Kohls Amtszeit waren die Gebietsreform und die Gründung der Universität Trier-Kaiserslautern (heute: Universität Trier, Technische Universität Kaiserslautern).

1971 kandidierte Kohl erfolglos für den Bundesvorsitz der CDU und unterlag Rainer Barzel. 1973, ein Jahr nach Rainer Barzels misslungenem Misstrauensvotum gegen den amtierenden Bundeskanzler Willy Brandt, konnte Kohl ihn als Bundesvorsitzenden der CDU ablösen und behielt diese Parteifunktion 25 Jahre bis zum 7. November 1998.

Oppositionsführer

Bei der Bundestagswahl 1976 trat er erstmals als Kanzlerkandidat seiner Partei an. Die CDU/CSU verfehlte die absolute Mehrheit mit 48,6 Prozent der Stimmen nur knapp. Das war das bis dorthin zweitbeste Wahlergebnis der CDU/CSU überhaupt. Kohl trat nach der Wahl als Ministerpräsident zurück und wurde als Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag in Bonn Oppositionsführer. Sein Nachfolger als Ministerpräsident wurde am 2. Dezember 1976 Bernhard Vogel. Nach der verlorenen Wahl fasste die CSU den Kreuther Trennungsbeschluss zur Aufhebung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU, Kohl konnte jedoch gegen den CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß die Fortführung durchsetzen. Bei der Bundestagswahl 1980 musste er dafür Strauß den Vortritt bei der Kanzlerkandidatur lassen. Da Strauß jedoch nach der verlorenen Wahl Ministerpräsident in Bayern blieb, war Kohl weiterhin Oppositionsführer.

Kohl war von 1976 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Kanzler

Nach dem Bruch der sozial-liberalen Koalition von Bundeskanzler Helmut Schmidt am 17. September 1982 – es bestanden schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten über die zukünftige Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik (Anlass war u. a. ein Strategiepapier der FDP, das von Otto Graf Lambsdorff ausgearbeitet worden war und neoliberale Positionen zur Reform des Arbeitsmarkts enthielt) – nahmen FDP und CDU/CSU am 20. September 1982 Koalitionsgespräche auf.

Kohl wurde für das Amt des Bundeskanzlers nominiert und am 1. Oktober 1982 im Rahmen des ersten erfolgreichen konstruktiven Misstrauensvotums in der Geschichte des Bundestages gegen den amtierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt zum sechsten Bundeskanzler gewählt. Bundesaußenminister wurde, wie auch in der sozial-liberalen Koalition, Hans-Dietrich Genscher. Der Koalitionswechsel war innerhalb der FDP sehr umstritten. Da die FDP mit einer Koalitionsaussage zugunsten der SPD in den Wahlkampf 1980 gegangen war, wurde fehlende materielle Legitimation reklamiert; formal war dieser Schritt verfassungskonform. Hinzu kam, dass Kohls Kanzlerschaft nicht aus normalen Bundestagswahlen hervorgegangen war. Um diesen Makel zu tilgen, führte Kohl ein äußerst umstrittenes Verfahren durch: Unter dem Vorwand einer Zerrüttung der Koalitionspartner über eben jenen Bundeshaushalt, der nur wenige Wochen zuvor einvernehmlich beschlossen worden war, stellte Kohl die Vertrauensfrage. Bei der Entscheidung am 17. Dezember 1982 enthielten sich vereinbarungsgemäß die Abgeordneten der Regierungskoalition der Stimme, so dass das Parlament im Endeffekt der Regierung das Vertrauen versagte. Bundespräsident Karl Carstens löste nach längerem Zögern im Januar 1983 auf Antrag Kohls den Bundestag auf, es wurden für den 6. März 1983 vorgezogene Neuwahlen angesetzt. Gegen diese Vorgehensweise klagten einige Abgeordnete vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses entschied aber, dass die Auflösung des Bundestages verfassungsgemäß erfolgt sei.

Bei der Bundestagswahl am 6. März 1983 wurde die Koalition aus CDU/CSU und FDP mit Stimmengewinnen für die CDU/CSU (48,8 Prozent, +4,3 Prozentpunkte) und deutlichen Stimmenverlusten für die FDP (7,0 Prozent, –3,6 Prozentpunkte) wiedergewählt. Helmut Kohl, der insgesamt zwischen 1976 und 1998 sechsmal als Kanzlerkandidat antrat, erzielte sein bestes Wahlergebnis (und das zweitbeste der Unionsparteien in der Geschichte der Bundesrepublik). Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten war der ehemalige Bundesjustizminister und Münchener Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel.

In den ersten Jahren seiner Amtszeit setzte Kohl den noch unter der Regierung Schmidt gefassten NATO-Nachrüstungsbeschluss gegen den Widerstand der Friedensbewegung durch.


Am 22. September 1984 trafen sich Kohl und der französische Staatspräsident François Mitterrand am Ort der Schlacht um Verdun, um gemeinsam der Toten der beiden Weltkriege zu gedenken. Das Foto ihres minutenlangen Händedrucks wurde bekannt als Symbol der deutsch-französischen Aussöhnung. Kohl und Mitterrand wurde in den folgenden Jahren ein besonders enges Vertrauensverhältnis nachgesagt. Sie brachten gemeinsame Projekte wie das Eurokorps und den Fernsehsender ARTE auf den Weg. Auch Fortschritte der europäischen Einigung wie der Vertrag von Maastricht und später die Einführung des Euro wurden wesentlich einer engen deutsch-französischen Zusammenarbeit zugeschrieben.

Im Zuge der Flick-Affäre um illegale Zahlungen des Flick-Konzerns an deutsche Politiker wurde Kohl durch wg. Kohl-Eintragungen im sichergestellten Kassenbuch belastet. Im Untersuchungsausschuss des Bundestags und des Mainzer Landtags sagte Kohl die Unwahrheit in Bezug auf seine Kenntnis des Zwecks der Staatsbürgerlichen Vereinigung als Spendenbeschaffungsanlage und entging nach einer Anzeige von Otto Schily nur knapp einem Strafverfahren wegen uneidlicher Falschaussage. Kohls Parteifreund Heiner Geißler verteidigte ihn später mit dem berühmt gewordenen Kommentar, er habe wohl einen „Blackout“ gehabt.

Den Israelis gegenüber prägte er am 24. Januar 1984, als erster Bundeskanzler aus der Nachkriegsgeneration vor der Knesset sprechend, den von Günter Gaus stammenden Satz von der „Gnade der späten Geburt“. [1]

Am 5. Mai 1985 legte Kohl gemeinsam mit US-Präsident Ronald Reagan in Bitburg einen Kranz auf dem dortigen Soldatenfriedhof nieder. Dies wurde in Teilen der deutschen und amerikanischen Öffentlichkeit heftig diskutiert, weil dort auch Angehörige der Waffen-SS beerdigt sind (siehe auch: Bitburg-Kontroverse).

Bei der Bundestagswahl 1987 wurde Kohl im Amt bestätigt. Gegenkandidat der SPD war der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau.

Helmut Kohl in Krzyżowa (Kreisau/Schlesien), 1989
Der Vorsitzende des DDR-Ministerrates Hans Modrow, Bundeskanzler Helmut Kohl, der Regierende Bürgermeister (West-Berlin) Walter Momper und im Hintergrund zwischen Kohl und Momper der Oberbürgermeister (Ost-Berlin) Erhard Krack während der Öffnung des Brandenburger Tores am 22. Dezember 1989
Datei:KohlundCohen1997.jpg
Bundeskanzler Helmut Kohl und US-Verteidigungsminister William Cohen am 5. März 1997 in Bonn

Nachdem sich der Zusammenbruch der DDR abzeichnete und die Berliner Mauer am 9. November 1989 gefallen war, legte Helmut Kohl ohne vorherige Absprache mit dem Koalitionspartner und den westlichen Bündnispartnern am 28. November 1989 im Deutschen Bundestag ein „Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas“ vor. Schon am 18. Mai 1990 wurde der Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der DDR unterzeichnet. Gegen den Widerstand des Bundesbankpräsidenten Karl Otto Pöhl hatte Kohl darin einen Umtauschkurs von Ostmark in D-Mark von 1:1 bei Löhnen, Gehälter, Mieten und Renten durchgesetzt. Dies erwies sich später als starke Belastung für die Betriebe der Neuen Bundesländer. Gemeinsam mit Außenminister Hans-Dietrich Genscher erreichte Kohl in den sogenannten zwei-plus-vier-Gesprächen mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs deren Zustimmung zur Wiedervereinigung Deutschlands in Form des zwei-plus-vier-Vertrags und die Einbindung des neuen Deutschlands in die NATO. Die Deutsche Einheit wirkte sich äußerst positiv auf die spätere Laufbahn Kohls als Bundeskanzler aus, welche ohne diese möglicherweise nicht so lange gedauert hätte. Kohl war es 1989 auf dem Parteitag in Bremen nur mühsam gelungen, einen Putschversuch seiner innerparteilichen Widersacher um Heiner Geißler, Rita Süssmuth und Lothar Späth abzuwehren.

Am 17. Januar 1991 wurde Kohl zum dritten Mal wieder gewählt, nachdem er sich bei der Bundestagswahl 1990 gegen den saarländischen Ministerpräsidenten und damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine durchgesetzt hatte. Damit wurde er zum ersten Kanzler des wiedervereinigten Deutschlands.

Nach der knapp gewonnenen Bundestagswahl 1994 wurde Kohl erneut zum Bundeskanzler gewählt; diesmal setzte er sich gegen den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping von der SPD durch. Die folgenden Jahre waren eher von außenpolitischen Erfolgen geprägt (Frankfurt am Main als Sitz für die neu geschaffene EZB, Euro-Einführung). Innenpolitisch zeichnete sich auch wegen des SPD-dominierten Bundesrats und der damit eingeschränkten Handlungsfähigkeit der Bundesregierung eine gewisse Stagnation ab, die in die Wahlniederlage 1998 mündete.

Die Wahl gewann die SPD, die mit dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder als Kanzlerkandidat angetreten war. Die christlich-liberale Koalitionsregierung wurde infolgedessen von einer rot-grünen Koalition abgelöst, und Kohl wurde am 26. Oktober durch Bundespräsident Roman Herzog aus dem Amt entlassen. Kohl führte bis zum 27. Oktober 1998 nur noch eine geschäftsführende Bundesregierung.

Bei der Bundestagswahl 2002 bewarb sich Kohl nicht mehr um ein Bundestagsmandat.

Zitate

  • „Von deutschem Boden muss in Zukunft immer Frieden ausgehen.“ – Rede vor der Frauenkirche, Dresden, 19. Dezember 1989
  • „Eine erfolgreiche Industrienation, das heißt eine Nation mit Zukunft, lässt sich nicht als kollektiver Freizeitpark organisieren.“ – in einer Regierungserklärung über Arbeits- und Urlaubszeiten in Deutschland im März 1993
  • „Die deutsche Einheit und die europäische Einigung sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.“ – zuletzt in einer Rede auf dem 15. Parteitag der CDU, Frankfurt am Main, 17. Juni 2002.

Witz, Satire und Parodie

Helmut Kohl war wie kaum ein anderer Politiker der Bundesrepublik Deutschland Gegenstand von politischem und auch unpolitischem Humor. Die nachhaltigste satirische Darstellung des Kanzlers gelang dem deutschen Satiremagazin Titanic, das den Kanzler birnenförmig inklusive Stängel karikierte – „Birne“ wurde ein Schmähwort für Helmut Kohl. Ziel der Satire waren seine Fremdsprachenkenntnisse, die Statur und die Volkstümlichkeit, die als Provinzialiät verunglimpft wurde. Kohl-Imitatoren nahmen sich seiner Pfälzer Sprachfärbung an, mitsamt der ihm eigenen hyperkorrekten Aussprache des sch ("Gechichte"). Mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 stieg Kohls Ansehen auch bei dessen politischen Gegnern, so dass die Satire sich abschwächte.

Parteispendenaffäre und seine Zeit nach der Kanzlerschaft

In der CDU-Spendenaffäre nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 verschwieg Kohl die Herkunft eines Betrags in Höhe von anderthalb bis zwei Millionen DM, obwohl er gemäß dem Parteiengesetz, welches er als Bundeskanzler selbst unterzeichnet hatte, und der darin verankerten Publikationspflicht zur Auskunft verpflichtet war. Bis heute nimmt Kohl keine Stellung zu diesem Thema. Seine Argumentation, er habe das Geld von Spendern erhalten, denen er mit Ehrenwort versprochen habe, ihren Namen zu verschweigen, steht im Gegensatz zur geltenden Rechtslage und der verfassungsrechtlich festgeschriebenen Unabhängigkeit der Parteien und stieß seinerzeit auf heftige öffentliche Kritik. Für die der CDU durch die anschließende Sperrung der Wahlkampfkostenerstattung entstandenen finanziellen Einbußen kam Kohl mit Geldern aus einer privaten Spendenaktion auf.

Ein vom Bundestag eingesetzter Untersuchungsausschuss befasste sich von Dezember 1999 bis Juni 2002 mit der CDU-Spendenaffäre. Die Arbeit des Ausschusses wurde von heftigen parteipolitischen Auseinandersetzungen begleitet. Am 18. Januar 2000 musste Kohl wegen seiner Rolle in der CDU-Finanzaffäre auf den Ehrenvorsitz der CDU verzichten. Wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil seiner Partei eröffnete die Bonner Staatsanwaltschaft 2000 ein Ermittlungsverfahren gegen Kohl, das 2001 gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 300.000 DM wegen geringer Schuld gemäß § 153 a StPO eingestellt wurde.

Im Rahmen von Presseveröffentlichungen zum Insolvenzverfahren von KirchMedia ab 2002 wurde bekannt, dass Kohl zu den Politikern zählte, die Leo Kirch durch umstrittene Beraterverträge an sein Unternehmen gebunden hatte. Kohl hatte nach seiner Kanzlerschaft drei Jahre lang jeweils 600.000 DM erhalten. Kritiker wie der Korruptionsexperte Hans Herbert von Arnim wiesen darauf hin, Kirchs Medienimperium habe während der Kanzlerschaft unter Helmut Kohl von einer besonders Kirch-freundlichen Medienpolitik profitiert. Konkrete Verdachtsmomente konnten nie erhärtet werden.

Die vermutete Vernichtung verschiedener Akten aus Kohls Amtszeit wird vielfach zynisch als Bundeslöschtage bezeichnet.

Um die beabsichtigte Veröffentlichung von Kohls Stasi-Unterlagen kam es in den Jahren 2000 bis 2004 zu einer umfangreichen verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung (Fall Kohl). Im Ergebnis musste er die Veröffentlichung sensibler Informationen nicht dulden.

Im Wahlkampf zu den Parlamentswahlen in Italien 2006 setzte sich Kohl ausdrücklich für den Herausforderer und ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi ein und nannte ihn bei einem Wahlkampfauftritt einen „großen Europäer“. Sowohl die CDU als auch die Forza Italia gehören der EVP an; Kohls Engagement für Prodis Gegner Silvio Berlusconi wäre eher zu erwarten gewesen.

Im Frühjahr 2007 wurde Helmut Kohl von EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso sowie von Michail Gorbatschow für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.[2] [3]

Ehrungen

Im Jahr 1988 erhielt Kohl für seine Verdienste um die französisch-deutsche Freundschaft und für die Zukunft Europas gemeinsam mit François Mitterrand den Aachener Karlspreis. Er erhielt 1993 den Deutschen Medienpreis in Baden-Baden. Kohl wurde 1996 in Leuven Ehrendoktor der Katholieke Universiteit Leuven. Anfang 1996 erhielt er von der weltgrößten jüdischen Organisation, B’nai B’rith, einen Orden für humanitäre Verdienste. Die Edmond Israel Foundation verlieh ihm 1997 den "Vision for Europe Award". Die Europäische Union ernannte Kohl am 11. Dezember 1998 zum Ehrenbürger Europas, ein Titel, der zuvor nur Jean Monnet verliehen worden war. Im Jahr 1999 wurde Kohl die Presidential Medal of Freedom verliehen.

Im Januar 2004 wurde ihm der Internationale Adalbert Preis in Warschau vom polnischen Staatspräsidenten überreicht. Er ist neben Konrad Adenauer der zweite Träger des Großkreuzes in besonderer Ausführung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Helmut Kohl ist außerdem Ehrenbürger der Städte Frankfurt am Main und Berlin. Am 2. September 2005 wurde er Ehrenbürger seiner Heimatstadt Ludwigshafen. Die Laudatio hielt Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker. Die Ehrendoktorwürde erhielt Kohl von verschiedenen Universitäten im In- und Ausland.

Gemeinsam mit George H. W. Bush und Michail Gorbatschow erhielt Kohl am 17. Juni 2005 vor 10.000 Zuschauern den „Point Alpha Preis für Verdienste um die Einheit Deutschlands und Europas in Frieden und Freiheit“.

Im September 2005 erhielt er den Franz Josef Strauß-Preis der Hanns-Seidel-Stiftung. Die Laudatio hielt der frühere CSU-Vorsitzende Theodor Waigel, der im Kabinett von Helmut Kohl Bundesfinanzminister war.

Am 3. Oktober 2005 wurde der Politiker mit der Quadriga ausgezeichnet, mit der der Verein Werkstatt Deutschland herausragende Europäer der Nachkriegsgeschichte ehrt. Der Altkanzler wurde damit nicht nur wegen seiner Verdienste um die Einheit Deutschlands sondern auch um sein Bemühen der europäischen Einheit gewürdigt. Die Laudatio hielt der frühere sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow.

Am 17. Februar 2006 wurde Helmut Kohl mit dem Sonderpreis des Konrad-Adenauer-Preises für Kommunalpolitik der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU in Deutschland (KPV) ausgezeichnet.

Am 20. Juni 2006 erhielt Helmut Kohl im Yuste-Kloster bei Cáceres den spanischen Europapreis. In der von Felipe González verlesenen Laudatio wurde Kohl als "großer Architekt" für ein geeinigtes Europa bezeichnet.

Am 25. Januar 2007 überreichte die Schweizer Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey Kohl in Lausanne die goldene Medaille der Jean-Monnet-Stiftung.


Siehe auch

Veröffentlichungen

  • Die politische Entwicklung in der Pfalz und das Wiedererstehen der Parteien nach 1945. Dissertation, Universität Heidelberg 1958
  • Zwischen Ideologie und Pragmatismus. Aspekte und Ansichten zu Grundfragen der Politik. Verlag Bonn Aktuell, Stuttgart 1973, ISBN 3-87959-014-1
  • Konrad Adenauer 1876 / 1976. Belser, Stuttgart 1976, ISBN 3-7630-1163-3
  • Reden und Berichte der Bundesregierung. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bonn (zahlreiche Einzelveröffentlichungen)
  • Die Deutsche Einheit. Reden und Gespräche. Lübbe, Bergisch Gladbach 1992, ISBN 3-7857-0665-0
  • Der Kurs der CDU. Reden und Beiträge des Bundesvorsitzenden 1973-1993. Hrsg. von Peter Hintze und Gerd Langguth. DVA, Stuttgart 1993, ISBN 3-421-06659-0
  • Ich wollte Deutschlands Einheit. Bearbeitet von Kai Diekmann und Ralf Georg Reuth. Ullstein, Berlin 1998, ISBN 3-548-33241-2
  • Mein Tagebuch 1998–2000. Droemer Knaur, München 2000, ISBN 3-426-27241-5
  • Erinnerungen. 1930–1982. Droemer Knaur, München 2004, ISBN 3-426-27218-0
  • Erinnerungen. 1982–1990. Droemer Knaur, München 2005, ISBN 3-426-27320-9
  • Erinnerungen. 1990–1994. Droemer Knaur, München 2007, ISBN 3-426-27408-6

Als Herausgeber:

  • Der neue Realismus – Außenpolitik nach Iran und Afghanistan. Düsseldorf, 1980 ISBN 3-88458-017-5

Literatur

Quellen

  1. http://www.dradio.de/dlr/sendungen/kalender/227514/
  2. Der Spiegel: Kein Nobelpreis für Kohl 21. April 2007
  3. Focus: Gorbatschow schlägt Kohl für Friedensnobelpreis vor 12. Juni 2007
Commons: Helmut Kohl – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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