Michael Naumann

Michael Naumann (* 8. Dezember 1941 in Köthen (Anhalt)) ist ein deutscher Politiker (SPD). Neben seiner Tätigkeit als Journalist, Publizist und Verleger war Naumann Kulturstaatsminister. Er ist Spitzenkandidat der Hamburger SPD zur Bürgerschaftswahl 2008.
Leben
Naumann wurde als Sohn eines Rechtsanwalts im anhaltinischen Köthen geboren. Sein Vater fiel 1942 in der Schlacht von Stalingrad. Mit elf Jahren musste Naumann 1953 mit seiner Mutter nach Hamburg fliehen. Sie war ins Visier des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR wegen familiärer USA-Kontakte zu ihrer vor dem Krieg dorthin emigrierten jüdischen Verwandschaft geraten.
Ausbildung
Nach dem Abitur folgte das Studium der Politik, Geschichte und Philosophie in Marburg, in München und am Queen's College, Oxford University.
Michael Naumann wurde mit der Dissertation über Karl Kraus „Der Abbau der verkehrten Welt“ promoviert. Seine Habilitationsschrift trägt den Titel „Strukturwandel des Heroismus“.
Berufliche und publizistische Tätigkeit
1969 ging er als außenpolitischer Redakteur zunächst zum Münchner Merkur, ein Jahr später wechselte er zur Wochenzeitung Die Zeit. Er wurde einer der Gründungsredakteure des Zeit-Magazins und kurze Zeit später Ressortleiter für die erste Dossier-Redaktion der „Zeit“. 1981/82 arbeitete er in Washington als Auslandskorrespondent für die „Zeit“ und übernahm bald darauf die Leitung des Auslandsressorts beim Spiegel.
Im Jahre 1985 übernahm Naumann als verlegerischer Geschäftsführer die Verlagsleitung der Rowohlt Verlage. 1995 ging er nach New York, um dort zunächst den Verlag Metropolitan Books und dann Henry Holt zu leiten.
2001 hat er die Essaysammlung „Die schönste Form der Freiheit“ herausgegeben.
Nach seiner Zeit als Staatsminister (siehe unten) wechselte Naumann im Januar 2001 als Herausgeber zur Wochenzeitung Die Zeit nach Hamburg. Bis August 2004 war er gemeinsam mit Josef Joffe zugleich deren Chefredakteur. Sein Nachfolger in dieser Position ist Giovanni di Lorenzo.
2004 wurde Naumann wegen Beleidigung des damaligen Berliner Generalstaatsanwaltes Hansjürgen Karge (SPD) zu einer Geldstrafe von 9.000 Euro verurteilt. Zuvor hatte Naumann in einer Sendung des Senders n-tv zum Skandal um Michel Friedman (CDU) den ermittelnden Staatsanwalt als „durchgeknallt“ bezeichnet.
Seit 2004 moderiert Naumann die Diskussionssendung Im Palais im Rundfunk Berlin-Brandenburg.
Gemeinsam mit Tilman Spengler gibt er seit 2005 die vom Zeit-Verlag verlegte Zeitschrift Kursbuch heraus. Ab Oktober 2007 übernimmt er auch noch zusammen mit dem „Zeit“-Autoren Klaus Harpprecht die Herausgeberschaft der von Hans Magnus Enzensberger gegründeten Reihe Die Andere Bibliothek.
Auf der Frankfurter Buchmesse erhielt Naumann den Preis der Kritik 2006.[1]
Staatsminister im Kanzleramt
Im Oktober 1998 berief ihn Bundeskanzler Gerhard Schröder als Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, bald darauf - nach Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung der Parlamentarischen Staatssekretäre, die notwendig wurde, da Michael Naumann nicht Mitglied des Deutschen Bundestages war - zum Staatsminister für Kultur und Medien beim Bundeskanzler. In seine Amtszeit fielen die abschließende Diskussion und Bundestagsentscheidung zur Errichtung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas („Holocaust-Mahnmal“) in Berlin.
Ende Juli 1998 löste Naumann eine deutschlandweite und parteiübergreifende Kritikwelle aus, nachdem er sich gegen den Bau des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin ausgesprochen [2] und das geplante Holocaust-Mahnmal mit "Speer-Architektur" verglichen hatte[3]. Besonders hat ihm neben Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble ein "zutiefst unfreiheitliches Kulturverständnis" vorgeworfen[4]. Laut dem damaligen Staatsminister im Kanzleramt, Pfeifer, stand Naumanns Haltung im Gegensatz zu der bisherigen, "gerade in dieser Frage von großer Sensibilität getragenen Haltung der SPD-Fraktion im Bundestag"[5]. Auch die Berliner SPD ging auf Distanz zu Naumann[6]. Der überarbeitete Entwurf des Architekten Peter Eisenman, der mit großer Mehrheit vom Deutschen Bundestag anerkannt wurde, entsprach schließlich den Vorstellungen Naumanns, der sich auch für die Einrichtung des unterirdischen Museums eingesetzt hatte.
Spitzenkandidatur in Hamburg 2008
Der kommissarische SPD-Landesvorstand schlug Michael Naumann für den am 24. März 2007 stattfindenden außerordentlichen Landesparteitag als SPD-Spitzenkandidat und Herausforderer des Ersten Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) für die Hamburger Bürgerschaftswahl 2008 vor, nachdem der ehemalige Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau eine erneute Kandidatur ausgeschlossen hat. Auf dem Parteitag wurde Naumann mit überwältigender Mehrheit zum SPD-Spitzenkandidaten gewählt. Er erhielt 339 von 342 möglichen Stimmen (drei Gegenstimmen, eine Enthaltung); dies entspricht einer Zustimmung von 99,12 Prozent. Ebenfalls mit großer Mehrheit (303 von 306 Stimmen, zwei Gegenstimmen, eine Enthaltung) wurde er auf der Landesvertreterversammlung der SPD Hamburg am 22. Juni 2007 auf Platz 1 der Liste für die Bürgerschaftwahl gewählt.
Für die Zeit seines erneuten politischen Engagegments ist Michael Naumann seit dem 8. März 2007 von der Mitherausgeberschaft der Wochenzeitung Die Zeit sowie von der Moderation der rbb-Sendung Im Palais beurlaubt worden.
Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass haben aktive Unterstützung im Wahlkampf zugesagt.
Familie
Michael Naumann ist seit 2005 in zweiter Ehe mit der Ärztin Marie Warburg verheiratet, mit der er schon zu seiner Studentenzeit kurz zusammen war. Da sie aber nach New York zurück ging, trennten sie sich damals.
Aus erster Ehe hat Naumann zwei erwachsene Kinder, dabei den Sohn Felix (* 1971), seit 2006 Informatik-Professor an der Universität Potsdam.
Werke (Auszug)
- Teheran. Eine Revolution wird hingerichtet. Dokumente und Reportagen aus Die Zeit., München (1982).
- Ein Konzern hält die Luft an. Ein politisches Sachbuch, Reinbek (1983).
- Amerika liegt in Kalifornien. Wo Reagans Macht herkommt., Reinbek (1983).
- Der Strukturwandel des Heroismus. Vom sakralen zum revolutionären Heldentum, (1984).
- Made in the USA (U.S.A.). Neue Stories aus Amerika., Reinbek (1994).
- Die Geschichte ist offen. DDR 1990: Hoffnung auf eine neue Republik, Reinbek (1996).
- Große Erzähler des 20. Jahrhunderts, Reinbek (1998).
- Friedrich Hölderlin-Preis. Reden zur Preisverleihung, Bad Homburg (2000).
- Die schönste Form der Freiheit. Reden und Essays zur Kultur der Nation, Berlin (2001).
- Es muß doch in diesem Lande wieder möglich sein. Der neue Antisemitismus Streit., Berlin (2002).
- Die Kriegsmaschine. Rüstung und Politik in den USA, Reinbek (2005).
Quellen
- ↑ http://www.hoffmann-und-campe.de/go/129865e6-b506-1149-163cfc746ae6acab
- ↑ http://www1.ndr.de/nachrichten/hamburg/hh4498.html
- ↑ http://www.kultur-netz.de/archiv/kunst/speerarc.htm
- ↑ http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/22.07.1998/ak-po-7796.html
- ↑ http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/22.07.1998/ak-po-7796.html
- ↑ http://www.kultur-netz.de/archiv/kunst/speerarc.htm
Weblinks
- Vorlage:PND
- Offizielle Homepage von Michael Naumann für den Bürgerschaftswahlkampf 2008
- Audio-Beitrag (MP3) des Deutschlandradios: Die Zeit / 60 Jahre – eine Bilanz und Karikaturenstreit (Michael Naumann im Interview; Länge: 06:45 Minuten)
- "Der Pessimist bin ich": Interview mit Michael Naumann von Fabian Grabowsky und Konstantin Sakkas, in: Der Tagesspiegel vom 12.01.2006.
- Der Tagesspiegel zu Naumanns Spitzenkandidatur für die Hamburger SPD, 8. März 2007.
- Interview des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels mit Naumann zur Anderen Bibliothek
- Porträt Naumanns: „Der Kulturherausgeber“, in der Süddeutschen Zeitung, 24. März 2007.
- „Ich bin kein Proletarierjunge“: Interview mit Michael Naumann, bei: SPIEGEL ONLINE, 27. April 2007.
Personendaten | |
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NAME | Naumann, Michael |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Journalist |
GEBURTSDATUM | 8. Dezember 1941 |
GEBURTSORT | Köthen |