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Zweitwohnungssteuer

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Die Zweitwohnungsteuer (oft auch als Zweitwohnsitzsteuer, Zweitwohnungssteuer, Zweitwohnungsabgabe oder Nebenwohnsitzsteuer bezeichnet) ist in Deutschland eine kommunale Aufwandsteuer. Das Steueraufkommen durch diese Steuer betrug im Jahr 2003 bundesweit rund 54,7 Mio Euro.

Allgemeines zur Steuer

Die Zweitwohnungsteuer ist als örtliche Aufwandsteuer eine reine Kommunalsteuer. Sie wird von der Gemeinde erhoben. Besteuert wird das Innehaben einer weiteren Wohnung (Zweitwohnung) neben einer Hauptwohnung. Häufig wird die melderechtliche Nebenwohnung mit der Zweitwohnung gleichgesetzt und betrifft alle Personen, die im jeweiligen Ort eine Wohnung bezogen und diese als Zweitwohnung gemeldet haben.

Kompetenzrechtliche Grundlage ist Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz begründet, wonach die Länder »örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern« erheben können. Diese Gesetzgebungskompetenz wurde in fast allen Ländern den Gemeinden übertragen (etwa in Baden-Württemberg nach § 9 Abs. 4 Kommunalabgabengesetz), die ggf. eine Zweitwohnungsteuersatzung erlassen (in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg bestehen Landesgesetze).

Der steuerliche Tatbestand ist das Innehaben einer weiteren Wohnung neben der Hauptwohnung. Ob die Wohnung gemietet ist oder vom Eigentümer selbst bewohnt wird, spielt dabei keine Rolle. Auch gilt es als egal, wenn sich die Hauptwohnung am gleichen Ort befindet. Als Bemessungsgrundlage dient in der Regel die Jahreskaltmiete (in Einzelfällen auch die so genannte Jahresrohmiete bzw. Wohnfläche), bei Eigentumswohnungen wird in der Regel die ortsübliche Vergleichsmiete, wie sie aus dem Mietspiegel hervorgeht, herangezogen.

Details der Steuer

Aufgrund der kommunalen Besteuerung gibt es keine einheitlichen Regelungen zu dieser Steuer. Es gibt eine Reihe von Unterschieden.

Definition der Wohnung

Einige Gemeinden, wie z. B. Dresden, verstehen unter einer Wohnung eine abgeschlossene Wohneinheit mit Zimmer, Küche/Kochnische und Bad/WC im Sinne des jeweiligen Baugesetzes, andere (z. B. Dippoldiswalde) betrachten jeglichen Wohnraum zum Beispiel im Sinne des Melderechts als Wohnung. Auch das Vorhandensein von Fenstern sowie der Energie- und Wasserversorgung kann ein Entscheidungskriterium sein. In einigen Städten, wie z. B. Erftstadt oder München gelten auch für alle Mobilheime, Wohnmobile, Wohn- und Campingwagen, die zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfes auf einem eigenen oder fremden Grundstück für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum abgestellt werden, die Zweitwohnsitzsteuer.

Bemessungsgrundlage

In der Regel ist die Jahreskaltmiete die Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungsteuer. In einzelnen Gemeinden wird auch die Jahresrohmiete (Kaltmiete mit bestimmten kalten Betriebskosten) bzw. Wohnfläche herangezogen.

Steuersatz

Der Steuersatz liegt zwischen 5 % in Berlin und 16 % in Erfurt, in der Regel beträgt er 10 %. Einige Gemeinden und Städte erheben eine nach bestimmten Kriterien gestaffelte Steuer, z. B. Leipzig.

Befreiung

Generell ist befreit, wer von nicht dauernd getrennt lebenden Verheirateten, deren eheliche Wohnungen sich in einer anderen Gemeinde befinden, aus beruflichen Gründen eine Nebenwohnung unterhält.

Ein Gerichtsbeschluss des Verwaltungsgerichtes Oldenburg ist seit dem 16. Februar 2005 rechtskräftig (Aktenz.: 5 A 118/04), der die Befreiung der Zweitwohnungsteuer für Studenten vorsieht, wenn diese mit Hauptwohnsitz bei der Gemeinde ihrer Eltern gemeldet sind und die Hauptwohnung das Kinderzimmer darstellt.

Daneben erteilen die Gemeinden zusätzlich noch unterschiedliche Befreiungsgründe. So können Zweitwohnungen steuerfrei sein, wenn

  • Wohnungen, von öffentlichen oder gemeinnützigen Trägern zu therapeutischen Zwecken oder für Erziehungszwecke zur Verfügung gestellt werden.
  • Wohnungen in Alten-, Altenwohn- und Pflegeheimen, in Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und in ähnlichen Einrichtungen.
  • Nebenwohnungen, die Minderjährige oder noch in Ausbildung befindliche Personen bei den Eltern oder bei einem/beiden Elternteil/en innehaben, soweit sie von den Eltern finanziell abhängig sind.
  • der Nebenwohnungsinhaber noch nicht 16 Jahre alt ist (Meldepflicht liegt bei den Eltern).
  • Nebenwohnungsinhaber Soldat, Zivildienstleistender oder Polizeivollzugsbeamter ist und eine Gemeinschaftsunterkunft bezieht.
  • Nebenwohnungsinhaber in der Bundesrepublik gemeldet ist und in einer Beherbergungsstätte einen vorübergehenden Aufenthalt für nicht länger als zwei Monate begründet.
  • In Pirna sind Studenten ohne Einkommen von der Zweitwohnsitzsteuer befreit.
  • Einige Gemeinden (z. B. Leipzig) schließen ebenso Drittwohnungen aus.

Im Einzelfall sollte die jeweilige Satzung zu Hilfe gezogen werden.

Historische Entwicklung

Die erste Zweitwohnsitzsteuer wurde von der Gemeinde Überlingen (Bodensee) im Jahre 1972 eingeführt. In den darauf folgenden Jahren wurde das »Überlinger Modell« über alle Instanzen hinweg auf seine Zulässigkeit gerichtlich geprüft. Im Jahre 1983 stufte das Bundesverfassungsgericht diese Steuer als eine "rechtlich zulässige örtliche Aufwandsteuer" ein (BVG, 6. Dezember 1983, Az. 2 BvR 1275/79). [1].

Es folgten weitere Gemeinden, die aufgrund der Zweitwohnungen zusätzliche finanzielle Belastungen hatten, z. B. die Anbindung von ganzen Ferienwohnhaussiedlungen. Erst in den letzten Jahren hält diese Steuer verstärkt Einzug in den Stadtstaaten sowie in Universitätsstädten.

In Bayern war die Zweitwohnsitzsteuer bis zum 1. August 2004 nicht zulässig. Das Kommunalabgabengesetz (KAG) enthielt ein Verbot, nach dem für eine Wohnung keine kommunale Aufwandsteuer erhoben werden konnte. Seit der Aufhebung des Verbots nutzten bereits einige Städte diese Möglichkeit.

Gründe für die Einführung

Der Anlass für die Einführung ist die Verteilung der Steuererträge. Dabei werden nur Personen mit Erstwohnsitz berücksichtigt. Für eine Person mit Nebenwohnsitz erhält die jeweilige Gemeinde kein Geld, sie hat allerdings gewisse Mehrausgaben (bei Urlaubsregionen z. B. Anbindung von Ferienhaussiedlungen).

Das Argument der Mehraufwendungen ist in vielen Fällen jedoch zu bezweifeln. Auch Eigentümer von Ferienwohnungen zahlen die ortsüblichen Grundsteuern und -abgaben und tragen somit in vollem Umfang zur Finanzierung der Gemeindeausgaben bei. Feriensiedlungen werden gegenüber Dauerwohnsiedlungen sogar benachteiligt, z.B. wird im Winter weniger oder gar nicht der Winterdienst durchgeführt.

Von der Zweitwohnsitzsteuer erhoffen sich die Gemeinden folgende Effekte:

  • unmittelbar höhere Einnahmen
  • höhere Schlüsselzuweisungen durch Ummeldungen. In Universitätsstädten, die einen großen Teil ihrer Infrastruktur für Studenten vorhalten, führt die Ummeldung eindeutig zu einer gerechteren Verteilung der Schlüsselzuweisungen. Ein Nachteil entsteht den Betreffenden durch die Ummeldung nicht.
  • Löschung von Karteileichen

Insbesondere Großstädte (z. B. Magdeburg, Dresden) erhoffen sich etwa 75 % der Mehreinnahmen durch erhöhte Schlüsselzuweisungen.

Argumente gegen die Steuer

Die Steuer sollte ursprünglich den "Luxus" durch das Halten von zwei Wohnungen besteuern. Allerdings werden insbesondere in Großstädten Zweitwohnungen in der Regel ausbildungs- oder berufsbedingt gehalten. Damit werden Pendler belastet, die für die Ausübung eines Jobs eine weite Entfernung zurücklegen, andererseits auch Studenten, die (in der Regel) nur ein geringes finanzielles Budget zur Verfügung haben. Dementsprechend zeichnen sich Ausnahmen ab.

Ferienorte verlieren aufgrund der hohen Zweitwohnungssteuer an Attraktivität, da die Gemeinden nicht zweifelsfrei Mehraufwand nachweisen können, die Mehreinnahmen nicht zur Erhöhung des touristischen Wertes verwenden. Darüber hinaus wird vergessen, dass Ferienwohnungsbesitzer schon durch Erhalt der Bausubstanz und die regelmäßige Lebenshaltung Finanzmittel im Ort belassen.

Viele Städte argumentieren, dass zur Umgehung der Zweitwohnsitzsteuer einfach der Hauptwohnsitz umgemeldet wird. Dabei ist die Meldefrage im Meldegesetz des jeweiligen Bundeslandes geregelt, so dass der Einwohner sich da mit Hauptwohnsitz melden soll, wo er seinen Lebensmittelpunkt hat (Singles: häufigster Aufenthaltsort, Verheiratete: Familiensitz). Allerdings wird dies - insbesondere von Studenten und Auszubildenden - kaum beachtet.

Durch die Ummeldung entsteht eine scheinbare Landflucht, die allerdings nur in den Akten existiert. Und folglich erhalten insbesondere die ländlichen Gebiete eine geringere Schlüsselzuweisung - zumindest solange sie keine entsprechende Steuer erheben.

Längerfristig wird diese Steuer den Gemeinden nur geringe Erträge einbringen. Spätestens wenn der letzte Ort diese Steuer einführt, werden sich die erhofften Mehreinnahmen durch die Schlüsselzuweisung relativieren (man spricht von einem Nullsummenspiel).

Zudem heißt es zum Beispiel in Bochum, dass die Kosten durch den zusätzlichen Verwaltungsaufwand in etwa den zusätzlichen Einnahmen entspricht. Dies gilt nicht für (kleine) Universitätsstädte.

Kommunen mit Zweitwohnungsteuer

Es gibt bereits eine Anzahl von Städten, die diese Steuer eingeführt haben oder noch einführen wollen. Allein in Baden-Württemberg und Bayern erheben jeweils über 100 Kommunen eine Zweitwohnsitzsteuer. Die mit Abstand höchste Zweitwohnungsteuer erhebt die Stadt Konstanz.

Hier eine unvollständige Auflistung:

  • Aachen: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Augsburg: 10 % der Jahresnettokaltmiete
  • Berlin: 5 % der Jahreskaltmiete
  • Bochum: 12 % der Jahreskaltmiete
  • Bremen: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Chemnitz: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Dortmund: 12 % der Jahreskaltmiete
  • Bielefeld: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Dresden: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Erftstadt: 10 % der Jahresrohmiete, auch für Mobilheime, Wohnmobile, Wohn- und Campingwagen, die zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfes auf einem eigenen oder fremden Grundstück für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum abgestellt werden.
  • Erfurt: 16 % der Jahreskaltmiete
  • Essen: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Freising: 10 % der Nettokaltmiete (seit 1. Januar 2007)
  • Garmisch-Partenkirchen: ca. 15 % der Jahreskaltmiete
  • Halle (Saale): 10 % der Jahreskaltmiete
  • Hamburg: 8 % der Jahreskaltmiete
  • Hannover: 8 % der Jahreskaltmiete
  • Heidelberg: 8 % der Jahreskaltmiete (seit 1. Januar 2006)
  • Hildesheim: 10% der Jahreskaltmiete (seit 1. Januar 2007)
  • Kassel: 8 % der Jahreskaltmiete
  • Kempten (Allgäu): 10 % der Jahreskaltmiete
  • Konstanz: Pauschalbetrag zwischen 400€ und 1625€ pro Jahr je nach Miethöhe (beläuft sich zwischen 19% und 34% der Jahresrohmiete) (bis 1650€ - 400€; bis 2640€ - 575€; bis 363€ - 750€; bis 4620€ - 925€; bis 5610€ - 1100€; bis 6600€ - 1275€; bis 7590€ - 1450€; über 7590€ - 1625€)
  • Köln: 10% der Jahreskaltmiete
  • Landau in der Pfalz: 10% der Jahreskaltmiete
  • Leipzig: Pauschalbeträge zwischen 145 € und 450 € pro Jahr je nach Miethöhe (das ergibt je nach Fall ca. 8 % bis 16 % der Nettokaltmiete) (Anm.: bis 1.200 € Nettokaltmiete 125 €, bis 2.250 € Nettokaltmiete 200 €, bis 3.500 € Nettokaltmiete 300 €)
  • Mainz: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Magdeburg: 8 % der Jahreskaltmiete
  • München: 9 % der Jahreskaltmiete (seit 1. Februar 2006)
  • Neubrandenburg: 8 % der Jahreskaltmiete
  • Nürnberg: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Rostock: 10 % der Jahreskaltmiete
  • Siegsdorf: 10 % der Jahresrohmiete (seit 1. Januar 2003); 10 € Kleinbetragsregelung, ansonsten siehe Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetages
  • Steinfurt: 10 % der Jahreskaltmiete (seit 1. Januar 2005)
  • Trier: 10 % der Jahreskaltmiete (seit 1. Januar 2007)
  • Übersee: 8 % der Jahresrohmiete (seit 1. Januar 2005), auch für längerfristig abgestellte Wohnwagen und Wohnmobil
  • Überlingen am Bodensee
  • Weimar: 13 % der Jahreskaltmiete
  • Wittmund: 11 % der Jahreskaltmiete
  • Worms: 10 % der Jahreskaltmiete (seit 1. März 2005)
  • Wuppertal: 10 % der Jahreskaltmiete (seit 1. Januar 2005)

Rechtliches

Personen, die am selben Ort den Erstwohnsitz haben, dürfen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht ausgenommen werden (BVerfG, 6. Dezember 1983, Az. 2 BvR 1275/79).

Das Bundesverfassungsgericht hat geprüft, ob eine Zweitwohnungsteuer für Personen zulässig ist, die aufgrund ihrer beruflichen Situation auf die Zweitwohnung (sogenannte "Erwerbszweitwohnung") angewiesen sind. Dies betrifft insbesondere Berufstätige und Studierende.

Für Ehepaare gilt nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 2005 eine Ausnahme von der Zweitwohnungsteuerpflicht. Ehepartner, die wegen ihrer Arbeitsstelle eine Wohnung in einer anderen Stadt haben, müssen danach für ihre zweite Wohnung keine Steuern zahlen, wenn in der Satzung Bezug auf die melderechtliche Hauptwohnung genommen wird. Die Richter in Karlsruhe erklärten deswegen die Regelungen der Städte Hannover und Dortmund für nichtig. Zur Begründung führten sie an, eine derart gestaltete Steuer diskriminiere die Ehe und stelle eine besondere Belastung für Ehepartner dar. Wichtig: Steuerbescheide, die bereits bestandskräftig sind - also nicht mehr angefochten werden können - gelten trotz dieser Entscheidung fort (BVerfG, 11. Oktober 2005, Az. 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03]). [2]

Dem gegenüber steht noch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg aus. Das Verwaltungsgericht Lüneburg sprach eine Studentin von der Zahlung der Steuer frei, da eine Zweitwohnung stets das Innehaben einer Haupt(Erst-)wohnung voraussetzt, dieses aber durch ein eigenes Zimmer bei den Eltern nicht gegeben ist. Zudem wurde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Studenten in Frage gestellt (Az. 5 B 34/04). [3] Die Stadt Lüneburg hatte Berufung gegen dieses Urteil eingelegt (Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Az. 13 LC 93/05).


Quellen

  1. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 6. Dezember 1983, Az. 2 BvR 1275/79
  2. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 11. Oktober 2005, Az. 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03
  3. Verwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 28. Juli 2004, Az. 5 B 34/04