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Julius Leber

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Julius Leber, deutsche Briefmarke, 1991

Julius Leber (* 16. November 1891 in Biesheim, Elsass; † 5. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Politiker und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Leber gehörte zur Zeit der Weimarer Republik dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold an.

Leben

Julius Leber wurde als unehelicher Sohn von Katharina Schubetzer geboren und später von deren Ehemann, dem Maurer Jean Leber, an Kindes statt angenommen. In seiner Jugend wurde er entscheidend geprägt von seinem franzosenfreundlichen Großvater. Demgemäß trat Leber für die Autonomie des Elsass ein. Durch die Fürsprache des Ortsgeistlichen kam er 1902 auf die Höhere Bürgerschule im badischen Breisach, 1908 schloss Leber dort seine Schulausbildung mit der Mittleren Reife ab und absolvierte eine kaufmännische Ausbildung in einer Tapetenfabrik in Breisach. Ab 1910 besuchte er in Freiburg im Breisgau die Unterprima der Oberrealschule und schrieb nebenbei Zeitungsberichte. Außerdem gab er Nachhilfeunterricht, um seine Ausbildung zu finanzieren. Bereits als Schüler trat er der SPD bei.

Nach dem Abitur 1912 studierte Leber zunächst in Straßburg Nationalökonomie und Geschichte. Im Wintersemester 1912/13 trat er dem Katholischen Studentenverein Rheno-Frankonia (später Rheinpfalz Köln im KV) bei, wurde dort aber im Sommersemester wegen des Verstoßes gegen das Prinzip fides ausgeschlossen. Ab dem Wintersemester 1913/14 studierte er an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 1914 meldete sich Leber freiwillig zum Kriegsdienst.

Als Soldat wurde er zweimal verwundet. Er wurde zum Leutnant befördert und diente nach Kriegsende in der Reichswehr bei Grenzschutztruppen im Osten. Beim Kapp-Putsch 1920 stellte er sich mit seiner Einheit auf die Seite der Republik. Danach schied er aus Protest aus der Reichswehr aus. Nach anschließendem weiteren Studium promovierte er an der Universität Freiburg zum Dr. rer. pol.

Im Jahr 1921 wurde Leber Chefredakteur des sozialdemokratischen Lübecker Volksboten - für den Anfang der Dreißiger Jahre auch Willy Brandt, damals noch Schüler, schrieb - und war in der Zeit von 1921 bis 1933 Mitglied der Lübecker Bürgerschaft. Als Reichstagsabgeordneter für die SPD von 1924 bis 1933 befasste er sich vor allem mit der Wehrpolitik [1] . Dabei rückte er mehr und mehr von den marxistischen Theorien ab und gehörte zum Reformflügel seiner Partei.

Am Abend des 31. Januar 1933 veranstalteten NSDAP, SA, SS, Stahlhelm und der Landeskriegerverband einen Fackelzug zu Ehren der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, bei dem es zu schweren Zusammenstößen zwischen der sie beschützenden Polizei und den Mitgliedern des Reichsbanners sowie der Antifaschistischen Aktion kam. In den Morgenstunden des 1. Februar 1933 kam es zu weiteren gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen dem Reichsbanner und einer SA-Gruppe. Dabei stach Lebers Reichsbanner-Leibwächter Willi Rath den SA-Marinesturmmann Rudolf Brügmann nieder, der diesen Verletzungen erlag. Unter Mißachtung seiner Immunität als Mitglied des Reichstags wurde Leber verhaftet, was zu großen Demonstrationen der Eisernen Front am 14. und 19. Februar 1933 führte. Rath wurde zu einem Jahr, Leber als „geistiger Urheber“ zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Anschließend wurde Leber von 1935 bis 1937 im KZ Esterwegen und im KZ Sachsenhausen festgehalten. Nach seiner Entlassung arbeitete er getarnt als Kohlehändler in Berlin-Schöneberg im Widerstand und wurde hier unter anderem von Gustav Dahrendorf, dem Vater von Ralf Dahrendorf, von Ernst von Harnack und Ludwig Schwamb unterstützt.

1940 suchte er Kontakt zur Wehrmachtsführung und lernte Claus Graf Schenk von Stauffenberg kennen. Er hatte in der Folgezeit Kontakt zu Carl Friedrich Goerdeler und zum Kreisauer Kreis um Helmuth James Graf von Moltke. In den Putschplänen des Kreises um Stauffenberg war Leber als Innenminister vorgesehen. Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg setzte sich für ihn als zukünftigen Kanzler ein. Sein bürgerlicher Mitverschwörer Hans Bernd Gisevius betrachtete ihn als weit links stehend.[2]

Gedenkschrift an der Leberbrücke im Kiez Rote Insel in Berlin-Schöneberg für den Widerstandskämpfer Julius Leber

Leber wurde bereits am 5. Juli 1944, also vor dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944, von der Gestapo verhaftet. Ende Juni 1944 hatte er zusammen mit Adolf Reichwein an einer Besprechung mit drei hochrangigen Vertretern der operativen Leitung der KPD in Deutschland teilgenommen, die aber höchstwahrscheinlich einen Spitzel der Gestapo in ihren Reihen hatten.[3] Am 20. Oktober fand vor dem Volksgerichtshof ein Schauprozess gegen Leber, Adolf Reichwein, Hermann Maas und Gustav Dahrendorf statt. Leber wurde zum Tode verurteilt, das Urteil am 5. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee vollstreckt.

Die Julius-Leber-Kaserne in Berlin-Wedding, die Julius-Leber-Brücke in Berlin-Schöneberg, die angrenzende Leberstraße, eine der Kasernen in Husum sowie die Dr.-Julius-Leber-Straße in Lübeck tragen seinen Namen.

In Neustadt am Rübenberge existiert ebenfalls eine Julius-Leber-Straße als Bestandteil eines Neubaugebietes mit Namen bekannter NS-Widerstandskämpfer. Ähnlich liegt der Fall in Leverkusen-Alkenrath. Auch in Bielefeld, in Hamburg-Altona, in Bremen, in Nordhorn, in Wismar, in Göttingen, in Nürnberg und in Aschaffenburg gibt es eine Julius-Leber-Straße, in Lübeck die Dr.-Julius-Leber-Straße, in Erfurt und Krailling einen Julius-Leber-Ring. In Essen befindet sich das Julius-Leber-Haus, welches als Jugendzentrum dient. Die Gesamtschule Julius-Leber-Schule in Hamburg-Schnelsen hat in seinem Namen eine Ausstellung, desweiteren tragen die Grund-, Haupt- und Werkrealschule in Breisach und eine Schule in Frankfurt am Main den Namen Julius Lebers.

Literatur

  • Schriften, Reden, Briefe. Hrsg. von Dorothea Beck u. Wilfried F. Schoeller. Leber, München 1976, ISBN 3-87471-001-7
  • Dorothea Beck: Julius Leber. Sozialdemokrat zwischen Reform und Widerstand. Siedler, Berlin 1983, ISBN 3-88680-091-1 (Diss. an der Ruhr-Universität Bochum)
  • Hans Bernd Gisevius. Bis zum bittern Ende. II. Band. Fretz & Wasmuth, Zürich 1946; Gesamtausgabe unter dem Titel Bis zum bitteren Ende. Bericht eines Augenzeugen aus den Machtzentren des Dritten Reiches. Knaur, München/Zürich 1983, ISBN 3-426-03677-0
  • Biographisches Lexikon des KV. Band 2. SH-Verlag, Schernfeld 1991, ISBN 3-923621-55-8, S. 75

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Fußnoten

  1. Reichstaghandbuch
  2. Hans Bernd Gisevius. Bis zum bittern Ende. II. Band. Fretz & Wasmuth, Zürich 1946, S. 279
  3. Hans Bernd Gisevius. Bis zum bittern Ende. II. Band. Fretz & Wasmuth, Zürich 1946, S. 280