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Zoophilie

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Klassifikation nach ICD-10
F65.8 Sonstige Störungen der Sexualpräferenz
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Zoophilie (von griech. ζώον, zóon, Lebewesen/Tier und φίλειν, phileín, lieben) bezeichnet die tiefgreifende Liebe zu Tieren. Sie kann auch sexuelle Handlungen beinhalten, diese werden aber in der Regel eher mit dem Begriff der Sodomie bezeichnet. Zum Bereich der Zoophilie gehören aber auch Vorlieben, die nur sekundär, manchmal gar unbewusst der sexuellen Befriedigung des Menschen dienen. Der Begriff wurde erstmals 1896 von dem Wiener Psychiater Richard von Krafft-Ebing in seinem Werk Psychopathia sexualis benutzt.

Seit der überarbeiteten Version des DSM-III (1987) wird Zoophilie unter den nicht näher bezeichneten Paraphilien aufgeführt. Zoophilie ist nach ICD-10 (F65.8) eine gestörte Sexualpräferenz.

Begriffe

Die Begriffe im Wortfeld Zoophilie waren und sind nicht allgemeingültig definiert. Ein Erklärungsversuch der Begriffe und ihrer Entwicklung findet sich beispielsweise bei Rosenbauer. Die heute gängigste und von Miletski und Beetz genutzte Definition ist, „Zoophilie beschreibt eine emotionale Bindung zu einem Tier, die zu einer Bevorzugung des Tieres als Lebensgefährte und/oder Sexualpartner führt.“ Es existieren auch spezifischere Begriffe wie beispielsweise Kynophilie als Bezeichnung für menschlich gesteuerte sexuelle Handlungen zwischen Hund und Mensch, beziehungsweise die entsprechende Neigung.

Geschichte

Höhlenmalereien, die möglicherweise sexuelle Kontakte zwischen Menschen und Tieren darstellen, sind schon aus der Bronzezeit (Schweden) und aus der Eisenzeit (Italien) bekannt. Laut Rosenberger (1968) gehen sexuelle Mensch-Tier-Kontakte sogar mindestens bis in die letzte Eiszeit, das heißt vor 40.000-25.000 v. Chr. zurück. Es gibt Lehrmeinungen, die davon ausgehen, dass es sich bei diesen Malereien nicht um tatsächliche Handlungen, sondern um Abbildungen mythologisch-tiefenpsychologischer Motive handelt. Andere sehen hier den natürlichen Umgang des Schamanen mit seinem Krafttier im nichtalltäglichen Bewusstsein dargestellt.

The Dream of the Fisherman's Wife, Holzschnitt von Hokusai (1820)

Aus der Antike hingegen sind vielfältige Berichte bekannt, bei denen es sich eindeutig um sexuellen Umgang mit Tieren handelt. So wurden im Alten Griechenland verschiedene Gottheiten dadurch verehrt, dass mit den Tieren, die die Gottheit symbolisierten, gewaltsamer Geschlechtsverkehr praktiziert wurde. Auch in der griechischen Mythologie spielen Mensch-Tier-Kontakte eine Rolle (siehe Minotaurus, Europa, Leda). Im Alten Rom gab es Bordelle, die die Namen der Tierarten trugen, die dort für den Menschen zur Verfügung gestellt wurden.

Von der Spätantike bis in die Neuzeit hinein hat weitgehend die Bibel den Umgang mit Mensch-Tier-Kontakten bestimmt. Im Mittelalter war die Todesstrafe üblich, meist sowohl für den Menschen, als auch für das passive Tier. Schwere Strafen bis hin zu lebenslänglicher Haft hielten sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Nicht selten wurden Schweinehirten fälschlich verdächtigt, weil sie durch „Aufreiten“ auf der Sau feststellten, ob diese paarungsbereit war, denn ein paarungsbereites Weibchen drückt dagegen, ein nicht paarungsbereites Weibchen geht weg. Für unkundige Außenstehende kann der Test durch den Schweinehirten wie eine Form der Zoophilie wirken.

Rechtliches

Sexuelle Kontakte zwischen Tieren und Menschen waren in Deutschland bis 1969 durch § 175b StGB verboten. Die widernatürliche Unzucht, welche von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (§ 175b in der Fassung vom 28. Juni 1935). Die Strafbarkeit wurde 1969 durch die Große Strafrechtsreform aufgehoben. Gewisse Grenzen setzen hier weiterhin die Tierschutzgesetze und, falls es sich um fremde Tiere handelt, Gesetze gegen Hausfriedensbruch (§123) und Sachbeschädigung (§303).

Die Verbreitung pornografischer Schriften, die sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben, sowie alles, was die Verbreitung zum Ziel hat (z.B. das zigfache Vervielfältigen), ist weiterhin strafbar nach §184a StGB. Der bloße Besitz hingegen ist erlaubt.

Hintergrund

Leonardo da Vinci: Leda mit dem Schwan (ca. 1507-1519)

Sexuelle Verhältnisse zu Tieren werden im westlichen Kulturkreis aus sittlichen Gründen nicht geduldet und tabuisiert. Es wird darüberhinaus auch die Ansicht vertreten, dass, wer ein Tier als Mittel zu seiner sexuellen Befriedigung benutze, dessen Würde verletze, ungeachtet dessen, ob das Tier Schmerzen bzw. Schaden erleide (siehe Martin Liechti: Die Würde des Tieres). Auch deshalb ist Zoophilie in den letzten Jahren das Feld intensiver und diskutierter Untersuchungen geworden.

Hani Miletski, eine Sexualtherapeutin, stellte in ihrer Dissertation 1999 fest, dass es Hinweise darauf gebe, dass Zoophilie genau wie zum Beispiel Hetero- und Homosexualität eine echte sexuelle Orientierung sei, im Gegensatz zur Lehrmeinung, die sie als Paraphilie klassifiziert.

In der Zusammenfassung ihrer Untersuchung schreibt Andrea Beetz 2002, dass Zoophilie ein Ausdruck der Liebe, der Zuneigung und der sexuellen Anziehung sein könne und nicht notwendigerweise ein Ausdruck von Aggression oder ein Trieb zur Dominanz sei, wie bislang allgemein angenommen.

Für beide Studien wurden zoophile Frauen und Männer mit Hilfe von Fragebögen und persönlichen Interviews untersucht. Während gemeinhin sexuelle Mensch-Tier-Kontakte noch als ausnahmslos gewalttätig angesehen wurden, versuchen diese Studien ein differenzierteres Bild zu zeichnen. So sieht Joseph R. Rosenberger schon in einem passiven Verhalten des Tieres eine Zustimmung. Andere Autoren meinen, Tiere könnten den sexuellen Akt durchaus genießen (Miletski/Beetz) oder ihn sogar selbst herbeiführen (Midas Dekkers, 1994). Ein gängiger hierfür als Beispiel benutzter Fall sind Rüden, die sich instinktiv ihrer Zuneigung folgend am Bein ihres Herrchens bzw. Frauchens zu reiben versuchen, wobei der Hundebesitzer dies gewährt oder – in der Regel – unterbindet.

Der Philosoph Peter Singer argumentiert, dass die Zugehörigkeit eines Lebewesens zu einer bestimmten Gattung allein nicht von moralischer Relevanz sein kann. Er hält daher sexuelle Mensch-Tier-Kontakte, solange sie gegenseitig zufriedenstellend seien, für akzeptabel.

Siehe auch

Literatur

  • Martin Liechti (Hg.): Die Würde des Tieres. Harald Fischer Verlag, Erlangen 2002, ISBN 3-89131-406-X
  • Alfred C. Kinsey: Der Kinsey Report, S. Fischer Verlag Frankfurt
  • Arne Hoffmann: Das Lexikon der Tabubrüche, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, ISBN 3896025171
  • Andrea Beetz: Love, Violence, and Sexuality in Relationships between Humans and Animals, Shaker Verlag GmbH Aachen, ISBN 3832200207
  • Curt Marasotti, F. Auer: Sodomie: Lust oder Laster, Odörfer Verlags GmbH Leinburg, ISBN 3924891206
  • Hani Miletski: Understanding Bestiality and Zoophillia, East-West Publishing, LLC, ISBN 0971691703, 2002
  • Hani Miletski: Bestiality - Zoophilia: An exploratory study, Diss., The Institute for Advanced Study of Human Sexuality. - San Francisco, CA, Oktober 1999
  • Josef Massen: Zoophilie, die sexuelle Liebe zu Tieren, Pinto Press Verlag Koeln, ISBN 3930387158
  • Midas Dekkers: Geliebtes Tier. Die Geschichte einer innigen Beziehung, btb Verlag München, Dezember 2003, ISBN 3442731658
  • Colin J. Williams and Martin S. Weinberg: Zoophilia in Men: a study of sexual interest in animals - in: Archives of sexual behavior, Vol. 32, No.6, December 2003, pp. 523-535
  • Mark Matthews: Der Pferdemann, Jahn & Ernst Verlag Hamburg, ISBN 3-89407-265-2
  • S. Dittert, O. Seidl und M. Soyka (2005). Zoophilie zwischen Pathologie und Normalität: Darstellung dreier Kasuistiken und einer Internetbefragung. Der Nervenarzt 61 (1), 61-67.
  • Birgit Schröder (Hg.): Verschwiegenes Tierleid – Sexueller Missbrauch an Tieren, Schröder Verlag, Windhagen 2006, 328 Seiten, ISBN 3-00-017726-4