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Kloster Lehnin (Gemeinde)

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Eiche und Hirsch, Symbolik zum Gründungstraum Otto I. vom Kloster Lehnin. Zeichnung im Dom. In stilisierter Form heute Wappen der Gemeinde

Die Gemeinde Kloster Lehnin entstand am 1. April 2002 aus dem freiwilligen Zusammenschluss von 14 bis dahin selbständigen Gemeinden. Kerngemeinde ist Lehnin mit dem Namen gebenden Zisterzienser-Kloster Lehnin, das im Jahr 1180 durch den Askanier Otto. I, dem zweiten Markgrafen der Mark Brandenburg, gegründet wurde.

Lage und Daten

Die Gemeinde Kloster Lehnin liegt im Landkreis Potsdam-Mittelmark, Brandenburg, 15 Kilometer südöstlich der Stadt Brandenburg an der Havel und rund 25 Kilometer südwestlich von Potsdam sowie rund 50 Kilometer von Berlin entfernt. Sie liegt beidseitig der Bundesautobahn 2 zwischen den Ortsteilen Göhlsdorf (an der Bundesautobahn 10 - (Berliner Ring)) und Reckahn. Die Gesamtgemeinde verfügt über rund 14.000 Einwohner (Stand 2004) und erstreckt sich über knapp 200 km².

Geschichte und Wirtschaft

Das Dorf Lehnin als Kern der heutigen Großgemeinde sieht sein Gründungsdatum im Jahr 1180 mit der Klostergründung, daher wird 2005 das 925-jährige Jubiläum gefeiert. Allerdings bestand 1180 und lange Zeit danach nur das Kloster. Die eigentliche Gründung des Dorfes oder so genannten Fleckens Lehnin vollzog sich 1415 aus einem Markt, den die Mönche vor den Klostermauern einrichteten. Eine größere Ausdehnung erfuhr der Ort 1667 durch die Ansiedlung von 13 Handwerkern mit ihren Familien. Der Grund dafür war vermutlich der häufige Aufenthalt des Kurfürsten. 1750 sind 104, 1800 152 Feuerstellen belegt. Allerdings verlor der Flecken Lehnin 1733 das Marktrecht an Werder (Havel) und konnte es erst 1855 wiedererlangen.

Neben der Landwirtschaft spielte die Schifffahrt auf Emster, Emsterkanal und Havel wirtschaftlich eine Rolle. Durch den Aufschluss von Lehm- und Tonvorkommen konnten im 19. Jahrhundert Ziegeleien errichtet werden, die Tagelöhner beschäftigten. Verschifft wurde der Backstein, wie auch in Glindow und Deetz, über die Havelgewässer nach Berlin, Potsdam, Brandenburg (Havel) bis nach Hamburg. Ab 1878 wurde durch die örtliche Wirtschaft, vorerst ergebnislos, angestrebt, die geplante Eisenbahnstrecke von Brandenburg nach Jüterbog über Lehnin zu führen. 1899 erfolgte dann der Kleinbahnanschluss über Nahmitz und Damsdorf nach Groß Kreutz.

Wie jüngere Forschungen im Rahmen der Arbeit zu einer Ortschronik für das Stadtjubiläum im Jahr 2005 andeuten, organisierte die nationalsozialistische Gruppe Eichmann 1942 vom Klostergelände aus den Holocaust; siehe genauer unter Luise-Henrietten-Stift. Das Stift ist eine diakonische Einrichtung der Evangelischen Kirche, die 1911 das Klostergelände bezog und in den alten Klostergemäuern sowie verschiedenen Neubauten eine weit verzweigte, heute vorbildliche helfende und heilende Einrichtung aufgebaut hat.

Am 23. April 1945 erfolgte die Besetzung Lehnins durch die Rote Armee im Zusammenhang mit der Schlacht um Berlin. Im Rahmen des Projektes "Havelobst" wurde in den folgenden Jahren der Obstbau im Lehniner Gebiet ausgedehnt. In den 1960er Jahren wurden die Ziegeleien geschlossen und 1967 der Betrieb der Kleinbahn eingestellt. Seit der Wiedervereinigung wird der Tourismus zunehmend bestimmender Wirtschaftsfaktor; Anziehungspunkt ist neben dem Kloster die landschaftlich reizvolle Umgebung.

Landschaft, Freizeit und Kürbisfest

Kürbisarrangement im Skulpturenpark, 2004

Die wald- und wasserreiche Gemeinde ist Mittelpunkt des Landschaftsgebietes Zauche und bietet auf vielen gut ausgeschilderten Wander- und Radwegen eine Vielzahl an teils ruhigen, nicht überlaufenen Naturschönheiten. Das Baden ist in vielen Naturseen der Gemeinde erlaubt. Besonderes sauberes Wasser nebst FKK-Strand bietet der Colpinsee in der Klosterheide. Sehr klares Wasser hat auch der Klostersee, an dessen Ostufer ein Strandbad wunderschön am Hang angelegt ist. Weitere Badestellen sind: Gohlitzsee, Schampsee, Klostersee, Netzener See, Görnsee, Emstaler Schlauch, Autobahnsee Krahne/Reckahn.

Jährlich im September wird im Ortsteil Lehnin über zwei Tage ein internationales Kürbisfest mit bunten und teils kuriosen Kürbisdekorationen gefeiert. Dazu gibt es: Umzug, Markt, Stände, Lesung, Konzert, Wettbewerbe, Ausstellung - die Ausstellung 2003 zeigte 120 Kürbissorten! Gastdelegationen aus Kürbismetropolen wie Walhain St. Pail in Belgien oder Preding aus der Weststeiermark in Österreich waren 2003 zu Besuch.

Willibald Alexis (1798-1871), dem großen Romancier der Mark Brandenburg vor Theodor Fontane, setzte der Ortsteil Lehnin 1914 ein Denkmal vor dem Friedhof Puschkinstraße. Der große Gedenkstein mit Tafel ist Ausgangspunkt für den Willibald-Alexis-Weg. Er wurde errichtet, weil Lehnin örtlicher Hintergrund für Die Hosen des Herrn von Bredow ist, einem der bekanntesten Romane von Alexis.

Die 14 Ortsteile und ihre Sehenswürdigkeiten

Posthalterei Lehnin
Historischer Backofen in Emstal
Torfstichsee Emstaler Schlauch
  • Lehnin. Neben dem berühmten Kloster mit romanisch-gotischer Backsteinkirche und vielen weiteren Bauten sowie Sommermusiken sind erwähnenswert: Skulpturenpark am Klostersee, Posthalterei (heute Altenhof des Luise-Henrietten-Stifts), Willibald-Alexis-Denkmal von 1914. Klostersee, Mühlenteich und Wanderwege zu weiteren Seen. Vom 28. Mai bis 06. Juni 2005 Feierlichkeiten zum 925-jährigen Ortsjubiläum.
  • Damsdorf. Kirche von 1777, Weidenpalast über 450 m² am Rande des idyllischen Fenn-Sees.
  • Emstal. Frei stehende, funktionstüchtige historische Backöfen (um 1870), Backofenmuseum, jährliches Backofenfest. Torfstichsee Emstaler Schlauch im Naturschutzgebiet.
  • Göhlsdorf. Barocke Grabsteine von 1789
  • Grebs. Dreiseitenhof Grebs: Präsentation Leben unserer Großeltern in einem historischen Dreiseitenhof. Landwirtschaftliche Kultur und Lebensweise zwischen 1870 und 1950.
  • Krahne (mit Nebenortsteil Rotscherlinde). Rechteckige Backsteinkirche mit Westturm von 1767. Rochow-Grab von 1914. Naturdenkmal Blauer Stein . NSG Krahner Busch mit Elsbrüchen und Feuchtwiesen. Storchenwanderweg.
  • Michelsdorf. Spätromanische Feldsteinkirche aus dem 18. Jahrhundert.
  • Nahmitz. Kirche aus dem 18. Jahrhundert, ein rechteckiger Putzbau mit hölzernem Dachstuhl.
  • Netzen. Spätgotische Kirche aus dem 12. Jahrhundert. Pfarrhof (Backstein) von 1893. Beobachtungsturm im Vogelschutzgebiet Rietzer See. Naturlehrpfad (2 km).
  • Prützke. Kirche von 1747, rechteckiger Putzbau.
  • Rädel. Barockkirche aus dem 18. Jahrhundert. Alte Ziegelei (um 1870).
  • Reckahn (mit Nebenortsteil Meßdunk). Barockkirche von 1741. Gutshaus von 1605. Steinpyramide von 1790 zum Heerlager Friedrich des Großen. Rochow-Museum (Friedrich-Eberhard von Rochow, 1734-1805 aufgeklärter Gutsherr, Bildungs- und Agrarreformer, Autor des Volksschullesebuches Der Kinderfreund). Rochow-Grab. Denkmal für den Schulmeister Heinrich Julius Bruhns 1746-1794. Schulmuseum mit komplettem Klassenraum aus der Zeit um 1900. Reckahner Schloss mit Park. Fischteiche.
  • Rietz. Kirche aus dem 19. Jahrhundert. Europäisches Vogelschutzgebiet Rietzer See, über 250 Vogelarten, 1134 ha. Der Beobachtungsturm in der Prützker Straße ist von Netzen aus zugänglich.
  • Trechwitz. Kirche von 1750 mit Glocke von 1288 und prächtiger Innenausstattung: u.a. Empore auf toskanischen Säulen und im Kirchenschiff schwebender Engel mit Taufschale.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Werner Schmidt (Hrsg.): Havelland um Werder, Lehnin und Ketzin. Selbstverlag des Instituts für Länderkunde, Leipzig 1992, (Reihe "Werte der deutschen Heimat", Band 53) ISBN 3-86082-014-1
  • Stephan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin 1180-1542. Lukas Verlag, Januar 2000, ISBN 3-93183-645-2
  • Ernst Ullmann, St. Marien Lehnin : Ehemalige Zisterzienserkirche, jetzt Evangelische Kirche, Schnell & Steiner GmbH, ISBN 3-79545-625-8