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Berliner Schloss

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Berliner Stadtschloss (historische Ansicht)
Lage des ehemaligen Stadtschlosses (Zustand ca. 1930) im heutigen Berlin

Das Berliner Schloss, seit einiger Zeit auch Berliner Stadtschloss genannt, war die Hauptresidenz (Winterresidenz) der Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg, später der Könige in bzw. von Preußen und der Kaiser des Deutschen Reiches. Es stand auf der Spreeinsel in Berlin-Mitte.

Nach der Novemberrevolution von 1918 fungierte das Schloss als Museum und zahlreiche andere Mieter, so etwa die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, das Psychologische Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin oder die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft nutzten es. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss schwer beschädigt, ließ sich jedoch immer noch als Veranstaltungsort nutzen. Vom 7. September bis zum 30. Dezember 1950 wurde es auf Geheiß von Walter Ulbricht gesprengt.

Unter dem Titel Humboldtforum konkretisiert die Bundesrepublik Deutschland seit 2006 den Wiederaufbau/Neubau eines Gebäudes an der Stelle in den Proportionen des ehemaligen Stadtschlosses. 2007 beschlossen Bund (Parlamentsbeschluss) und Land Berlin, den Wiederaufbau 2010 zu beginnen: als ein Gebäude in der Kubatur des Stadtschlosses und mit dreien seiner historischen Fassaden.

Baugeschichte

Stadtschloss um 1900
Blick auf das Schloss vom Roten Rathaus aus, 1891.

Kurfürst Friedrich II., genannt Eisenzahn, hatte den Bau 1443 gegründet. An der Stelle des späteren Schlüterhofes und des Hofes III stand zunächst eine Burg, die die sich auf der Spreeinsel kreuzenden Handelswege kontrollieren sollte. 1465 wurde die bedeutende spätgotische Erasmuskapelle eingebaut. Kurfürst Joachim II. ließ die spätmittelalterliche Burg weitgehend abtragen und an ihrer Stelle durch die Baumeister Caspar Theiss und Kunz Buntschuh nach dem Vorbild des Schlosses in Torgau eine prachtvolle und bedeutsame Renaissance-Residenz errichten.

Unter Kurfürst Johann Georg entstand gegen Ende des 16. Jahrhunderts durch den Hofbaumeister Rochus Graf zu Lynar der Westflügel und Hofabschluss, sowie die nördlich anschließende Hofapotheke. Kurfürst Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, ließ das nach dem Dreißigjährigen Krieg ziemlich verfallene Schloss wieder herrichten. In der Spätzeit seiner Herrschaft entstanden bedeutende Innenräume wie die Kugelkammer oder die Braunschweigische Galerie. Letztere wurde in den durch Johann Arnold Nering ausgeführten Galerietrakt an der Spree eingebaut.

Unter Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. in Preußen, kam es zum Ausbau des Schlosses zur großartigen Königsresidenz. Ab 1699 baute Andreas Schlüter das Schloss zum bedeutendsten Profanbau des protestantischen Barocks aus. Da der von ihm entworfene Münzturm an der Nordwestecke des Schlosses aus statischen Gründen abgetragen werden musste, wurde Schlüter 1706 als Hofbaumeister unehrenhaft entlassen, blieb als Hofbildhauer im Amt. Schlüters Posten übernahm sein Konkurrent Johann Eosander von Göthe, der einen großartigen Erweiterungsplan für das Schloss vorlegte. Der Plan sollte modifiziert ausgeführt werden, was, nachdem Friedrich I. starb, nur unzulänglich geschah: sein Nachfolger König Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig, entließ aus Sparsamkeit und angesichts der ruinierten Staatsfinanzen die meisten Künstler und ließ das Schloss vom weniger bedeutenden Schüler Schlüters, Martin Heinrich Böhme, vollenden.

Rückseite des Stadtschlosses mit Spree von der Burgstraße aus gesehen, um 1880.

Mit Ausnahme des Kuppelbaus 1845 bis 1853 durch Friedrich August Stüler und Albert Dietrich Schadow nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel erfolgten nur noch kleinere Änderungen am Außenbau. Das Innere erfuhr bis zuletzt zahlreiche, zum Teil künstlerisch bedeutsame Veränderungen. Erwähnenswert sind die dekorativen Arbeiten von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, Carl von Gontard, Carl Gotthard Langhans, Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff und Karl Friedrich Schinkel.

Schlossportal im Staatsratsgebäude

Das Schloss war Schauplatz symbolträchtiger Ereignisse im Ersten Weltkrieg. So hielt Kaiser Wilhelm II. zu Beginn des Krieges vom Balkon des Stadtschlosses aus am 31. Juli und am 1. August 1914 zwei Balkonreden an die Berliner Stadtbevölkerung. Sie sollten die Menschen auf den bevorstehenden bzw. gerade ausgebrochenen Krieg einstimmen und die nationale Einheit beschwören. Vom selben Balkon aus proklamierte der Sozialistenführer Karl Liebknecht am 9. November 1918, nach der militärischen Niederlage des Kaiserreiches und der Flucht des Monarchen, die Sozialistische Deutsche Republik.

Das Schloss wurde während des Zweiten Weltkrieges am 3. Februar sowie am 24. Februar 1945 bei einem Großangriff auf Berlin weitgehend zerstört und brannte aus. Mit den erhalten gebliebenen Außenmauern und tragenden Wänden, den Treppenhäusern sowie einigen Räumen im Flügel mit dem Weißen Saal wurde es zu einer grandiosen Ruine, weniger zerstört als das Schloss Charlottenburg im Westen der Stadt. Von 1945 bis Anfang 1950 wurden Teile des Schlosses, darunter der Weiße Saal, notdürftig für Ausstellungszwecke instandgesetzt und genutzt. Die Führung der DDR, welche das Schloss vor allem als ein Symbol des preußischen Absolutismus verstand, entschied sich gegen einen kostspieligen Wiederaufbau der Ruine und sprengte die Überreste. Diese wurde zwischen dem 7. September und dem 30. Dezember 1950 durchgeführt.

Im Anschluss an die Sprengung wurde zunächst der Marx-Engels-Platz als großer Aufmarschplatz mit einer Tribüne für die Staatsführung der DDR zum 1. Mai 1951 fertiggestellt. Von 1973 bis 1976 wurde anstelle der Tribüne der Palast der Republik gebaut. An der Südseite des Platzes wurde 1964 das Staatsratsgebäude fertiggestellt. In das Staatsratsgebäude wurde dabei das Portal IV des Schlosses integriert, von dem aus am 9. November 1918 Karl Liebknecht die „sozialistische Republik“ ausgerufen hatte.

Künstlerische Bedeutung

Detail des Schlossportals

Zusammen mit den umliegenden Gebäuden ergab sich in der Mitte Berlins ein einzigartiges architektonisches Ensemble. Wenngleich das Berliner Schloss stets unvollendet im Sinne der Planungen Schlüters und Eosanders blieb, ist es als eines der Hauptwerke des protestantischen Profanbaus des Barocks von überragender Bedeutung für die Kunstgeschichte. An erster Stelle sind dabei die Arbeiten Schlüters zu nennen, der als eines der großen Genies der barocken Baukunst und Plastik kongenial an Berninis Seite tritt. Eosanders Beitrag – insbesondere sein nicht ausgeführter Erweiterungsentwurf – sind zwar auch bedeutsam, jedoch fällt sein Schaffen in seiner stilistischen Durchführung gegenüber Schlüter deutlich ab. Mit den klassizistischen Inneneinrichtungen entstehen etwa hundert Jahre nach Schlüter durch verschiedene Künstler erneut Raumfolgen, die in ihrer Epoche zur qualitativen Spitzenleistungen gehören. Insgesamt stellte das Berliner Schloss im europäischen Kontext einen Residenzbau allerersten Ranges dar.

Kurioses

Der Schlossbrunnen 1905

Im Berliner Stadtschloss soll auch die als „Hausgespenst“ der Hohenzollern anzusehende Weiße Frau ihr Unwesen getrieben und regelmäßig drei Tage vorher den Tod eines Mitglieds der Hohenzollernfamilie angekündigt haben. Sie wurde erstmals 1628 gesehen, später nochmals in den Jahren 1840 und 1850. Nach Aussage der damaligen Schlosskastellanin und späteren Direktorin des Schlosses Charlottenburg, Margarete Kühn, soll sie am 31. Januar 1945, drei Tage vor der Bombardierung des Schlosses ein letztes Mal gespukt haben.

Die Figur des Neptun vom Schlossbrunnen, heute Neptunbrunnen genannt, ein Geschenk der Stadt Berlin, „schaute“ nach dem Aufstellen der Legende nach ins kaiserliche Schlafgemach. Das störte Auguste Viktoria so sehr, dass der Brunnen um 180 Grad gedreht werden musste.

Wiederaufbaubestrebungen

Historische Luftaufnahme des Berliner Stadtschlosses um 1900

Bereits unmittelbar nach den Kriegszerstörungen war ein Wiederaufbau des Schlosses gefordert worden, einstimmig hatten sich kulturelle Gremien Berlins dafür ausgesprochen, ebenso die Akademie der Wissenschaften und das Denkmalamt.

Der politisch motivierte Abriss konnte nicht verhindern, dass sich auch in den folgenden Jahren Stimmen für einen Wiederaufbau erhoben. Walter Ulbricht gab dem schließlich nach und versprach öffentlich, bei besserer Wirtschaftslage das Schloss, allerdings an einem anderen Ort, wieder aufzubauen.

Der Bau des Palastes der Republik machte zwar einen Wiederaufbau auf dem Platz vorerst noch unwahrscheinlicher, war aber auch Anlass für Erich Honecker, die Sprengung des Schlosses öffentlich als Fehler zu deklarieren. Erneut wurde von Seiten einzelner Personen aus Ost wie West ein Wiederaufbau gefordert und von der DDR-Führung zumindest in Betracht gezogen (der Wiederaufbau historischer Gebäude auch nach völliger Zerstörung war in anderen sozialistischen Staaten wie Polen oder der UdSSR bereits erfolgt und deshalb nichts Ungewöhnliches). Konkrete Planungen unterblieben allerdings, schon allein aufgrund der prekären Lage der DDR-Staatsfinanzen.

Nach der Wende gab es eine neue Diskussion in Berlin, ob das Schloss wiedererrichtet werden sollte. Damit begann nicht nur eine bis heute andauernde öffentliche Debatte um den Schlossbau, sondern auch um den Umgang und das Selbstverständnis der Deutschen mit ihrem wiedervereinigten Staat und seiner Geschichte. Im Jahr 1992 gründeten sich zwei private Initiativen, die Gesellschaft Berliner Schloss e.V. und der Förderverein Berliner Schloss e.V. um den Hamburger Kaufmann Wilhelm von Boddien und die Architektin Kathleen King von Alvensleben. Der Förderverein veranstaltete in den Jahren 1993/1994 für eineinhalb Jahre eine farbige Fassadeninstallation des Schlosses. Sie wurde gemalt von den Ateliers Catherine Feff, Paris und am originalen Standort im Maßstab 1:1 mit dem weltgrößten Raumgerüst aufgestellt. Die Installation war privat finanziert über Spenden und unter anderem gesponsert von Thyssen-Hünnebeck. Damit kehrte das Schloss als Simulation an seinen Ort zurück, um den Berlinern die Notwendigkeit seines Wiederaufbaus ins Gedächtnis zu rufen. Dies war das erste sichtbare, nachhaltig bis heute wirkende Zeichen für die Initiative eines Wiederaufbaus. Auf diese Weise geriet das Schloss auch verstärkt ins Medieninteresse. Im Jahr 2001 gründete sich schließlich die Stadtschloss Berlin Initiative, die sich für eine vollständig private Finanzierung des Schlossneubaus einsetzt.

Die Befürworter des Wiederaufbaus des Stadtschlosses haben unter anderem folgende Argumente:

  • Es würde die Lücke des historischen Stadtbildes am Platz geschlossen, sowie das Architekturensemble der Mitte Berlins, bei dem alle Gebäude um das Schloss herum gruppiert sich auf das Schloss bezogen haben, wiederhergestellt.
  • Ein Schlossneubau habe, wie auch das historische Stadtschloss als Mittelpunkt der Geschichte Berlins, Deutschlands und auch Preußens, identitätsschaffende Funktion.
  • Durch den Neubau würde die historische Mitte Berlins einen neuen belebenden Bezugspunkt erhalten.
  • Der Wiederaufbau der Berliner Kommandantur sowie der Frauenkirche in Dresden seien ein Beweis dafür, dass auch ein Schlossneubau machbar sei.

Dagegen führen die Gegner des Wiederaufbaues unter anderem Folgendes an:

  • Ein wiedererrichtetes Gebäude einer vergangenen Zeitepoche wäre eine Absage an die Architektur der Gegenwart.
  • Da es sich unter anderem um ein Symbol des deutschen Kaiserreichs handelt, wäre ein Wiederaufbau ein undemokratisches, antimodernistisches politisches Signal.
  • Die gegenwärtige Haushaltslage sowohl Berlins als auch der Bundesrepublik verbiete derartige Großprojekte mit unbestimmtem wirtschaftlichen Nutzen.
  • Es wäre gar nicht möglich, mehr als eine historisierende Fassade eines so komplexen Bauwerkes neu erstehen zu lassen, weil keine Originalpläne mehr vorhanden seien, die kunsthandwerklichen Fähigkeiten heute nicht mehr vorhanden wären etc. Eine solche historisierende Vorgehensweise wird als Kitsch kritisiert.

Die sehr engagierte Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern führen viele auf die politische und kulturelle Symbolik des Bauwerks zurück.

Entscheidung für den Wiederaufbau

Datei:Berliner schloss.jpg
Das Berliner Schloss als Installation (bedruckte Planen), 1993

Im Laufe der Diskussion um den Wiederaufbau des Schlosses plädierten viele prominente Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und auch Sport für das Schloss, während sich viele Architekten und einige Denkmalpfleger kritisch gegenüber einer Rekonstruktion äußerten.

Die von Bundesregierung und Berliner Senat im Jahr 2000 eingesetzte Kommission Historische Mitte Berlin unter der Leitung des früheren Wiener Wohnbaustadtrates Dr. Hannes Swoboda schlug 2002 mit einer Mehrheit von 8 zu 7 Stimmen vor, dass ein Neubau in der Kubatur des Schlosses auf dem originalen Standort aus ästhetischen wie urbanen Gesichtspunkten anstelle des abzureißenden Palastes der Republik entstehen soll. Man schlug des Weiteren vor, dass dieser, um das historische Stadtbild sinnvoll zu rehabilitieren, zumindest die drei Barockfassaden und den Schlüterhof haben müsse.

Die Kommission legte für eine Bebauung des Schloßplatzes zwei architektonische Alternativen vor: Einen Wettbewerb für einen Neubau, der auf jeden Fall die Kubaturen des Schlosses aufnehmen müsse und in dessen Rahmen ebenso ein Wiederaufbau des Schlosses ermöglicht werden könne („Lasst Schlüter beim Wettbewerb mitmachen“) oder alternativ dazu eine Entscheidung zum unmittelbaren Wiederaufbau des Schlossäußeren, mit mindestens den drei beherrschenden Barockfassaden und dem nach Schlüter benannten berühmten kleineren Schlosshof.

Im Juli 2002 stimmte der Bundestag mit einer fast Zwei-Drittel-Mehrheit für die Variante 2, also den unmittelbaren Wiederaufbau des Schlossäußeren und dem Humboldt-Forum zu. Das Besondere an dieser Abstimmung lag in der Aufhebung des Fraktionszwangs und der angeordneten, namentlichen Abstimmung, das heißt Anwesenheitspflicht für die Abgeordneten. Deswegen stimmten 589 Abgeordnete über das Projekt ab, davon 383 direkt für das Schloss.

Damit war ein demokratisch legitimierter und endgültig gefasster Beschluss auf dem Tisch. Er hatte aber noch nicht den Charakter eines endgültigen Baubeschlusses, da dieser erst mit der Bewilligung der finanziellen Mittel im Rahmen des Haushalts nach den Wettbewerben zustande kommt. Hier spielt die kritische Haushaltslage des Bundes eine wichtige Rolle. Die Debatte um einen Wiederaufbau wurde damit allerdings nicht beendet, selbst dann nicht, als der Bundestag seinen Beschluss im November 2003 fast einstimmig bestätigte.

Im August 2005 stellte die Bundesregierung der Öffentlichkeit Auszüge (die gesamte Studie ist weiterhin geheim) einer sog. Machbarkeitsstudie vor, nach der die Verwirklichung des Bauvorhabens angeblich (Public Private Partnership) möglich sein wird. Die dazu notwendigen Wettbewerbe sollen nun ausgeschrieben werden.

Nutzungskonzept – Empfehlung der Expertenkommission

Als Nutzungskonzept für den Komplex wurde empfohlen, das Humboldt-Forum im Schloss zu errichten. Hierzu sollen die Sammlungen der außereuropäischen Kunst der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus Dahlem in das Schloss verlegt werden und zusammen mit den Sammlungen der europäischen Kunst auf der Museumsinsel einen Ort der Weltkultur bilden. Ergänzt wird diese Vorstellung mit der Errichtung des Wissenschaftsmuseums (unter anderem die Medizinische Sammlung Rudolf Virchows aus den berühmten Sammlungen der Humboldt-Universität) und einer zum Konzept passenden Bibliothek der Zentral- und Landesbibliothek Berlin sowie der Staatsbibliothek zu Berlin. Ein Agora genanntes Veranstaltungszentrum soll dem Dialog der Kulturen der Welt und damit der Lösung vieler Zukunftsfragen der Menschheit im Zeitalter der Globalisierung gewidmet sein. Darüber hinaus wird die Agora das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens der deutschen Hauptstadt sein.

Das neue Schloss soll also nicht (nur) „um des Schlosses willen“ entstehen, sondern konkrete Aufgaben übernehmen. Auf diese Weise soll an die wissenschaftlich-kulturelle Vergangenheit des Ortes angeknüpft werden, an dem sich Staat (Schloss), Kirche (Dom) und Wissenschaft (Museen) vereinen.

Ob sich das Humboldt-Forum gut ins Schloss einfügen lässt ist noch nicht geklärt. Ein neu gebautes Humboldt-Forum neben dem Schloss schlägt daher die Stadtschloss Berlin Initiative vor.

Konkrete Planung

Die freigelegten Kellerreste des Stadtschlosses, 2006

Aufgrund der Finanzlage des Bundes wird eine Forderung nach Baubeginn weder von Regierungs- noch von Oppositionsseite erhoben. Wahrscheinlich ist eine erste Aufführung im Bundeshaushalt 2007. Bis dahin lässt der Förderverein Berliner Schloss e.V. bereits auf eigene Kosten Baupläne, Muster und Studien der Baudetails anfertigen, um bis zum ersten Spatenstich die notwendigen Vorarbeiten für die Rekonstruktion der Fassaden geleistet zu haben. Der Abriss des Palastes der Republik soll bis Ende 2008 beendet sein. Nach einer (mit großer Mehrheit erfolgten) Bestätigung durch nochmaligen Bundestagsbeschluss vom 19. Januar 2006 ist der Beginn der Abbrucharbeiten von der Bundesregierung und der Berliner Senatsbauverwaltung für Ende Januar 2006 bestätigt. Kultursenator Thomas Flierl wollte dies zwar noch verhindern, scheiterte jedoch. Inzwischen sind die Abbrucharbeiten bereits weit fortgeschritten (Stand: September 2006). Da der Baubeginn zum Wiederaufbau des Schlosses noch nicht feststeht, fand im Sommer 2005 im Rahmen einer kulturellen Zwischennutzung unter anderem eine Ausstellung im Palast der Republik mit alternativen Gestaltungsvorschlägen für die zukünftige Nutzung des Schloßplatzes statt. Für eine Zwischennutzung des Geländes nach Durchführung der Abbruchmaßnahmen wird über die Anlegung einer Rasenfläche diskutiert.

Bis heute nicht klar sind die Ausmaße der Rekonstruktion des Schlosses. Festgelegt wurden lediglich der Wiederaufbau der Nord, West- und Südfassade sowie des Schlüterhofs, einem der beiden Schlosshöfe. Als wahrscheinlich gilt eine Rekonstruktion der Kuppel über dem Westportal, der zumindest schlichte Einbau der bedeutendsten Räume des Schlosses und des kunsthistorisch bedeutenden Schlüterschen Treppenhauses. Noch umstritten sind die Rekonstruktion der Ostfassade aus der Renaissancezeit und des Apothekenflügels, der sich an der Nordseite zum Dom hin anschließt. Die potentiellen Koalitionäre haben sich am Montag den 23. Oktober 2006 allerdings darauf verständigt, kein Geld mehr für das geplante Humboldt-Forum bereitzustellen. Es soll auf dem Schlossplatz in Mitte entstehen. Das Land Berlin will auch keine Flächen für die Landesbibliothek und die Humboldt-Universität beanspruchen.

Nach Aussage des Fördervereins Berliner Schloss wird der Baubeginn mit 2008/2009 angegeben, die Fertigstellung wird nicht vor 2015 erfolgen. Der Verein hat sich mit allen Maßnahmen inhaltlich auf das verabschiedete Konzept ausgerichtet.

Der Verein möchte die Mehrkosten der Schlossfassaden gegenüber einem modernen Bau in Höhe von 80 Millionen Euro über eine Spendensammlung aufbringen, er erhielt hierfür die Bestätigung der Gemeinnützigkeit. Zumindest einen mehrfach millionenfachen Betrag sammelte er nach eigener Aussage bereits seit Anfang 2004. Ab 2005 werben verschiedene Berliner Großunternehmen für Spenden. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) lassen einige Fahrzeuge Werbung für den Wiederaufbau des Schlosses fahren. Die Wall AG plakatiert bundesweit für den Wiederaufbau. 29 % der Berliner sollen nach einer repräsentativen Umfrage des Emnid-Instituts vom Frühjahr 2005 bereit sein, für den Wiederaufbau des Schlosses zu spenden. Im Frühjahr 2005 eröffnete der Förderverein ein großzügig gestaltetes Infocenter Wiederaufbau Berliner Schloss am Hausvogteiplatz 3 in Berlin-Mitte.

Das Berliner Architekturbüro Stuhlemmer arbeitet seit 10 Jahren an der Rekonstruktionsplanung der Außenfassade und an der Fassade des Schlüterhofs.

Für eine ausschließlich private Finanzierung des Vorhabens auf Basis einer Aktiengesellschaft engagiert sich seit 2001 die Stadtschloss Berlin Initiative. Aus der Bürgerinitiative wurde 2002 ein gemeinnütziger Verein gleichen Namens gegründet.

Der Verein Stadtschloss Berlin Initiative e.V. setzt sich dafür ein, dass in der Innenstadt Berlins das neue Stadtschloss Berlin in Anlehnung an die historischen Abmessungen (äußere Kubatur) und mit Fassaden im barocken Stil unter Einbeziehung des Renaissanceflügels und des so genannten Apothekerflügels unter Verwendung privaten Kapitals errichtet wird. Auch Kunstgegenstände und Kulturschätze, insbesondere das KPM-Archiv sollen im Stadtschloss Berlin einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Hierfür wirbt der Verein durch Aktionen und Publikationen einschließlich Architekturzeichnungen, Ausstellungen und Vorträgen. Der Verein betreibt einen Ausstellungsraum im Pavillon am Stelenfeld Cora-Berliner-Str./Ecke Behrensstraße. Dort werden das Architekturmodell und historische Aufnahmen gezeigt.

Nach Angaben der FAZ [1] arbeitet das Bundesbauministerium an einem „konzentrierten Entwurf“, welcher eine ausschließliche Nutzung des Schlosses für kulturelle Zwecke vorsieht. Demnach soll sowohl eine zuvor vorgeschlagene Nutzung des Ostflügels als Hotel und der Bau einer Tiefgarage aufgegeben werden. Ebenfalls ad acta gelegt wurden Pläne für ein zweites Untergeschoss, die Überdachung des Schlüter-Hofes und - zumindest vorerst - die Kuppel über dem Hauptportal. Anstatt der bisherigen Planung mit Kosten in Höhe von 670 Millionen Euro lägen die Kosten nach diesem Entwurf bei 480 Mio. Euro. 80 Mio. Euro hiervon sollen vom Förderverein Berliner Stadtschloss für die Rekonstruktion der Barockfassade aufgebracht werden. 100 Mio. Euro seien aus Einsparungen für ansonsten notwendige Sanierungsmaßnahmen der Museumsgebäude in Dahlem anzurechnen. Als Baubeginn nach diesem Entwurf wird August 2009 angestrebt. Die Fertigstellung sei dann im Jahr 2012 möglich.

Am 4. Juli 2007 billigte das Regierungskabinett die Finanzplanung für den Bau eines „Humboldt-Forums“ im Zentrum Berlins und machte damit endgültig den Weg frei für die Neubebauung.[2] Zugleich verschob Minister Tiefensee alle bisherigen Baudaten um ein Jahr.

Quellen

  1. „Hauptstadt. Berliner Schloss zum halben Preis“, FAZ, 22. Januar 2007, Nr. 18, S. 33
  2. Berlin erhält sein Stadtschloss zurück, FAZ, 4. Juli 2007

Literatur

  • Albert Geyer: Die Geschichte des Schlosses zu Berlin, Nicolai-Verlag, Berlin 1936. 3. Auflage: Berlin 2001 ISBN 3-87584-110-7 (das Standardwerk aus der Feder des letzten kaiserlichen Schlossbaumeisters in 2 Bänden, mit Bildband)
  • Goerd Peschken, Hans-Werner Klünner: Das Berliner Schloß. Das klassische Berlin. Propyläen, Berlin 1982 ISBN 3-549-06652-X
  • Bodo Rollka, Klaus-Dieter Wille: Das Berliner Stadtschloß. Geschichte und Zerstörung, Verlag Haude & Spener, Berlin 1987
  • Lieselotte Wiesinger: Das Berliner Schloß. Von der kurfürstlichen Residenz zum Königsschloß. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1989 ISBN 3-534-09234-1
  • Erich Konter: Das Berliner Schloß im Zeitalter des Absolutismus. Architektursoziologie eines Herrschaftsortes. Berlin 1991
  • Lieselotte Wiesinger: Deckengemälde im Berliner Schloß. Propyläen-Verlag, Frankfurt-Berlin 1992
  • Goerd Peschken: Das königliche Schloß zu Berlin, Deutscher Kunstverlag, Band 1: München 1992, Band 2: München 1998
  • Renate Petras: Das Schloß in Berlin. Von der Revolution 1918 bis zur Vernichtung 1950, Verlag für Bauwesen, Berlin 1992
  • Förderverein Berliner Schloss /Kristin Feireiss (Hrsg.): Das Schloß? Eine Ausstellung über die Mitte Berlins. Redaktion: Kristin Feireiss und Wilhelm von Boddien. Ernst, Berlin 1993 ISBN 3-4330-2431-6 (Ausstellungskatalog)
  • Eberhard Cyran: Das Schloß an der Spree. Die Geschichte eines Bauwerks und einer Dynastie. 6. Auflage. Arani, Berlin 1995 ISBN 3-7605-8502-7
  • Dietmar Arnold/Ingmar Arnold: Schloßfreiheit. Vor den Toren des Stadtschlosses, be.bra-Verlag, Berlin 1998 ISBN 3-9308-6333-2
  • Goerd Peschken, Johannes Althoff: Das Berliner Schloß. Berlin-Edition, Berlin 2000 ISBN 3-8148-0012-5
  • Wilhelm von Boddien, Helmut Engel (Hrsg.): Die Berliner Schlossdebatte. Pro und Contra. Berlin-Verlag Spitz, Berlin 2000 ISBN 3-8305-0106-4
  • Goerd Peschken, Lieselotte Wiesinger: Das Königliche Schloß zu Berlin, 3-bändige Ausgabe zum Schlüterbau, Deutscher Kunstverlag Berlin/München 2001 ISBN 3-4220-6342-0
  • Guido Hinterkeuser: Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter. Siedler, Berlin 2003 ISBN 3-8868-0792-4
  • Anna-Inés Hennet: Die Berliner Schlossplatzdebatte. Im Spiegel der Presse, Verlagshaus Braun, Berlin 2005, ISBN 3-9354-5565-8
  • Berliner Extrablatt, 36-seitige, immer wieder aktualisierte Informationszeitung des Fördervereins Berliner Schloss. Auflage inzwischen 1,2 Millionen
  • Torsten Pöschk: Im Schatten Schlüters. Zur Entstehung der Westausrichtung des Berliner Stadtschlosses, In: Kritische Berichte, Zeitschrift für Kunst- und Kulturwissenschaften, Heft 1/2003, Mitteilungsorgan des Ulmer Vereins - Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften e. V., Heft 1 Jahrgang 31, herausgegeben von Annette Dorgerloh, Annelie Lütgens, Bernd Nicolai und Tillmann von Stockhausen, Jonas Verlag, Marburg 2003
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