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Segeltrimm

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Der Begriff Segeltrimm (auch: Segeltrimmung) bezeichnet die Einstellung des Segelprofils und den Vorgang des Segeltrimmens. Ziel des Trimmens der Segel ist die Anpassung an Wind und Seegangsverhältnisse[1] um ein möglichst günstiges Verhältnis von Widerstand (FW-Wert) und Auftrieb/Vortrieb (FA-Wert) zu erreichen[2] oder den Winddruck am Segel und somit die Krängung zu reduzieren. Korrekter Trimm erhöht neben Geschwindigkeit, Komfort und Sicherheit die Lebensdauer der Segel. Zum Teil greifen Trimmeinrichtungen nur indirekt am Segel an, indem die Einstellung des Riggs (Mastfall und Mastbiegung)[1] verändert wird, hierbei wird von Riggtrimm gesprochen.

Steuergrößen beim Segeltrimm

Bei diesem Drachen ist der Twist der Segel gut erkennbar.


Verändert werden folgende Eigenschaften des Segelprofils[2]:

  • Anstellwinkel: Der Anstellwinkel bezeichnet den Winkel den scheinbarer Wind und Vorliek des Segels miteinander bilden. Er muss so gewählt werden, dass auf Luv- und Leeseite des Segels eine laminare Strömung anliegt und größtmölicher Auftrieb erzeugt wird. Der Anstellwinkel eines Segels wird immer mir Hilfe der Schot reguliert. Bei den meisten Segeln ist ein Anstellwinkel von etwa 15° optimal. Da der Winkel auf Grund des Twists nicht auf der gesamten Höhe des Segels konstant ist, wird er dort eingestellt wo die größte Profiltiefe liegt.
  • Profiltiefe und Lage des Segelbauchs (Ort der höchsten Profiltiefe): Die Profiltiefe (auch: Bauchigkeit) beeinflusst sowohl den maximal erreichbaren Vortrieb des Segels als auch die maximale Höhe am Wind, die gelaufen werden kann. Je bauchiger desto größer der Vortrieb und desto kleiner die maximale Höhe am Wind. Es ist nicht möglich die Profiltiefe zu verändern, ohne dass dies auch eine Änderung der Lage des Bauches zur Folge hätte. Eine Erhöhung der Profiltiefe hat immer auch ein Auswandern des Bauches nach Achtern zur Folge, was eine der Ursachen für den Verlust von maximaler Höhe am Wind ist.
  • Twist: Ein gesetztes Segel hat nicht auf seiner ganzen Höhe den gleichen Anstellwinkel sondern ist in sich verdreht. Am Segelhals ist der Anstellwinkel größer als am Kopf des Segels. Twist entsteht durch den Schnitt des Segels und den Windgradienten (bodennah herrschen geringere Windgeschwindigkeiten als auf Höhe des Masttopps). Ein gewisses Maß an Verwindung ist auf Grund des Windgradienten notwendig um optimale Anströmung des Segels zu erreichen. Erhöhter Twist reduziert den Druck vor allem im oberen Teil des Segels, was zum Abwettern von Böen genutzt werden kann. Bei zu starkem Twist treten im Masttopp Kräfte nach Luv auf, was bei starkem Wind zum Geigen (schwer kontrollierbare Rollbewegung des Bootes) führen kann.

Trimmeinrichtungen

Großsegel

Bezeichnungen am Großsegel
Schemazeichnung eines Großbaums (1) mit Großschot (7), Unterliekstrecker (6), Baumniederholer (8) und einem verschiebbaren Lümmelbeschlag mit dem sich das Vorliek mittles einer Talje spannen läßt. Zusätzlich ist am Vorliek die Kausch für den Cunninghamstrecker erkennbar (oberer Bildrand).
Das Ende einer Achterliekleine. Die weiße Kunststoffklemme dient dem Belegen der Leine.
Ein einfacher Baumniederholer
In Bildmitte ist die über die gesamte Plicht laufende Traveller-Schiene mit Schlitten und Großschot erkennbar. Am rechten Bildrand sieht man den mehrfach untersetzten Achterstagspanner.
  • Großfall und Cunningham-Strecker (kurz: Cunningham): Mit diesen beiden Einrichtungen lässt sich die Spannung des Vorlieks verändern. Eine höhere Spannung hat ein flacheres Profil zur Folge, gleichzeitig wandert der Segelbauch nach vorn. Der Vorteil des Cunninghams liegt in der einfacheren Bedienung.[1]
  • Verschiebbarer Lümmelbeschlag: Auf Jollen und Kleinkreuzern wird oft ein höhenverstellbaren Lümmelbeschlag anstatt eines Cunninghams verwendet. Der Baum wird am Mast heruntergedrückt und arretiert um das Großsegelvorliek zu spannen.[2]
  • Unterliekstrecker: Hierbei handelt es sich um eine einfache Leine oder Talje, die vom Schothorn des Großsegels zur Baumnock läuft und der Spannung des Unterlieks dient. Höhere Unterliekspannung führt neben einer Abflachung des Profils zur Verlagerung des Bauchs in Richtung Großbaum.[1] Ein Nachteil des Unterliekstreckers ist, dass bei bauchigem Trimm die projizierte Segelfläche verkleinert wird, weil sich das Schothorn von der Baumnock in Richtung Mast verschiebt. Dieses Problem lässt sich durch Verwendung eines Flachreffs umgehen.[2]
  • Flachreff: Das Flachreff ist entgegen seiner Bezeichnung keine Reff- sondern eine Trimmeinrichtung. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung des Unterliekstreckers, die analog zum Cunningham-Strecker für das Vorliek funktioniert. Bei Verwendung eines Flachreffs wird das Schothorn fest am Baum angeschlagen, dabei ist das Unterliek des speziell geschnittenen Segels so bemessen, dass das Profil maximal bauchig getrimmt ist. Einige Zentimeter (in Richtung Segelkopf und Hals) vom Schothorn entfernt ist eine zusätzliche Kausch in das Großsegel eingearbeitet. An dieser Kausch wird ein Strecker gefahren, durch den das Segel flach getrimmt werden kann ohne die projizierte Segelfläche zu verkleinern. Die übrigen Auswirkungen des Flachreffs sind mit denen des Unterliekstreckers identisch.[2]
  • Achterliektrimmleine (auch: Achterliekleine, Jakobsleine oder: fälschlich Achterliekstrecker): Die Achterliektrimmleine ist eine dünne Leine, die durch den Saum des Großsegelachterlieks läuft. Man kann sie durchsetzten um ein Killen des Achterlieks zu Unterbinden (was die Lebensdauer des Segels erhöht. Die Leistungsverbesserung ist minimal. Die Achterliekleine hat praktisch keine Auswirkungen auf das Profil. Bei übertrieben großer Spannung kann das Liek nach Luv umklappen, was für den Luftstrom am Segel sehr ungünstig ist.[1]
  • Baumniederholer (auch: Baumniederhalter): Um den Twist des Segels zu kontrollieren kann der Großbaum mittels Baumniederholer nach unten gezogen werden. Es handelt sich um eine Talje die vom Mast zum Großbaum zieht. Ein durchgesetzter Baumniederholer reduziert den Twist, erhöht die Spannung auf dem Achterliek und flacht das Profil ab. Bei kleinen Riggs (auf Jollen) führt ein stramm durchgesetzter Baumniederholer zu einer Verstärkung der Mastbiegung (konvexe Seite Richtung Bug), was das Profil im unteren Bereich zusätzlich abflacht und zum Vorliek verlagert. Die Bedeutung Baumniederholer für den Stand der Segel ist auf raumen und Vormwind-Kursen am größten.[2]
  • Baumkicker (kurz: Kicker; auch: Rohrniederholer): Mit einem Kicker lässt sich der Baum nicht nur nach unten ziehen, sondern auch nach oben kippen, es ist also auch möglich die Wirkung des normalen Baumniederholers umzukehren. Außerdem kann mit einem Kicker die Dirk eingespart werden.[2] Es gibt zwei Arten von Baumkickern:
  1. starr: Ein starres Rohr trägt den Baum. Rohrkicker lassen sich entweder mit Hilfe von Schlitten am Mast oder Baum oder mittels Gewinde in ihrer Länge verstellen.
  2. gefedert: Ein Federmechanismus wird mit einer Talje kombiniert, was eine schnelle stufenlose Verstellung erlaubt.
  • Achterstagspanner: Der Achterstagspanner verstärkt die Mastbiegung. Auf diese Weise entspannt/öffnet er das Achterliek, flacht das Profil vor allem im Unteren teil ab und verlagert es nach vorn. Bei Booten ohne Achterstag, kann der gleiche Effekt durch Änderung der Wantenspannung, des Pfeilungswinkels oder der Länge der Salinge erreicht werden (Eine Korrektur auf dem Wasser ist in diesem Fall nicht möglich.)[2] Bei toppgetakelten Booten ist der Effekt auf die Mastbiegung nur gering ausgeprägt.[3]
  • Traveller: Der Traveller besteht aus einer quer zur Längsachse des Bootes angebrachten Schiene und einem daran verstellbar angebrachtem Schlitten. Dieser Schlitten bildet den Anschlagpunkt für die Großschot. Über den Traveller lässt sich der Twist des Segels kontrollieren indem die Zugrichtung der Schot geändert wird. Befindet sich der Travellerschlitten in Lee zieht die Schot den Baum stark nach unten, der Twist wird reduziert und das Achterliek schließt sich. Steht der Schlitten in Luv ist es umgekehrt.[1]

Vorsegel (Fock und Genua)

Bezeichnungen am Vorsegel
Ein verschiebarer Fockschotholepunkt auf seiner Leitschiene
  • Fockfall: Analog zum Großsegel wird mit diesen Einrichtungen die Spannung des Vorlieks geändert. Bei höherer Spannung wird das Profil flacher und wandert nach vorne und oben. Um einen guten Stand des Vorsegels zu erreichen muss das Fall so dicht durchgesetzt werden, dass sich keine waagrechten Falten bilden. Treten senkrechte Falten auf ist es zu dicht durchgesetzt.[1]
  • verschiebbare Holepunkte:
  • Barber Hauler (auch: Barberholer oder (Fock-)Schotbeiholer): Eine enge Führung der Fockschot (die Holepunkte liegen nahe der Mitschiffslinie) erlaubt das Fahren von höheren Kursen am Wind und verkleinert den Wendewinkel. Auf raumen Kursen ist mit dieser Schotführung jedoch kein guter Stand der Segel mehr erreichbar und die projizieren Segelfläche gering. Dieses Problem lässt sich durch die Verwendung eines Fockschotbeiholers umgehen. Der Beiholer besteht aus einem Klappblock, der vor dem Holepunktauf die Fockschot gesetzt wird und an einer Leine befestigt ist. Diese Leine wird über einen weiteren Block, der meist an der Fußreling des Bootes angeschäkelt ist, umgelenkt, so dass sich die Fock durch Dichtholen der Leine weit ausstellen lässt.[1]
  • Achterliektrimmleine (auch: Achterliekleine, oft fälschlich: Achterliekstrecker): Die Fockachterliektrimmleine hat die gleichen Wirkungen wie die Achterliektrimmleine des Großsegels.[1]
  • Achterstagspanner: Bei topp- und 15/16-getakelten Booten wird über den Achterstagspanner der Durchhang des Vorstags kontrolliert. Das Durchsetzen des Spanners reduziert den Durchhang und verlagert so den Bauch von Fock, beziehungsweise Genua nach vorn und flacht das Segelprofil ab. Mit Durchgesetzem Achterstagspanner kann mehr Höhe am Wind gelaufen werden.[3]

Hilfsmittel zum Segeltrimm

Verklicker

Zwei Verklicker für die Montage im Masttopp

Ein Verklicker zeigt die Windrichtung an und erleichtert so das korrekte Einstellen des Anstellwinkels. Verklicker werden entweder am Masttopp oder an den Wanten befestigt. Ersatzweise können Wollfäden (oder etwas Vergleichbares) an den Wanten befestigt werden.[4]

Windfäden und Segeltuchstreifen

Windfäden (kleine Fäden aus leichter Kunstfaser oder Wolle) kurz hinter dem Vorliek von Fock und Großsegel, sowie Segeltuchstreifen am Achterliek der Segel zeigen den Verlauf des Luftstroms am Segel an. Diese Indikatoren dienen der Kontrolle des Segeltrimms. Wenn alle Windfäden waagrecht dem Verlauf des Segels folgend auswehen ist der Trimm optimal. Ein flattern der Fäden oder Tuchstreifen zeigt Turbulenzen an und liefert dem Sachkundigen Hinweise welche Trimmmaßnahmen eingeleitet werden sollten.[5]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Peter Schweer: Das Optimal Getrimmte Rigg. 10. Auflage. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2006, ISBN 3-87412-101-1
  2. a b c d e f g h Joachim Schult: Segeltechnik. 11. Auflage. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2004, ISBN 3-87412-140-2
  3. a b Jan Kuffel: "Serie Trimminstrumente, Teil 1: Achterstagspanner". In: palstek. Nr. 5-07, 31. August 2007. PALSTEK Verlag GmbH, Hamburg, ISSN 0936-5877, S. 62-69
  4. Harald Schwarzlose: Kleine Yachten. 2. Auflage. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 1997, ISBN 3-7688-0904-8
  5. Arvel Gentry: More on Telltales and Tuft System.. aktuelle Homepage

Siehe auch

Portal: Segeln – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Segeln
Commons: Segeltrimm (Kategorie) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien