Warten auf Godot
Daten | |
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Titel: | Warten auf Godot |
Originaltitel: | En attendant Godot |
Autor: | Samuel Beckett |
Erscheinungsjahr: | 1952 |
Uraufführung: | 23. Januar 1953 |
Ort der Uraufführung: | Théâtre de Babylone in Paris |
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Warten auf Godot (En attendant Godot) ist ein Theaterstück von Samuel Beckett, das im Herbst 1948 begonnen und Anfang 1949 fertig gestellt wurde. 1952 erschien es im Druck. Das Stück wurde, nachdem Beckett lange vergeblich nach einer Aufführungsmöglichkeit gesucht hatte, am 23. Januar 1953 vom Théâtre de Babylone in Paris uraufgeführt. Regisseur der Premiere war Roger Blin, der selbst als Pozzo mitspielte. Die Aufführung war überraschend erfolgreich und verhalf Beckett zu seinem Durchbruch als Autor. Entsprechend fand die erste Aufführung im deutschsprachigen Raum schon am 8. September 1953 im Schlossparktheater Berlin statt.
Becketts Nachruhm gründet sich nicht zuletzt auf dieses Stück, dessen Titel auch im Deutschen zu einer Redewendung geworden ist.
Inhalt
Die Hauptfiguren des Stücks sind die beiden Landstreicher Estragon und Wladimir sowie ein etwas später mit seinem Pferd Lucky hinzu kommender Pozzo, die an einem undefinierbaren Ort ihre Zeit damit verbringen, auf einen Godot zu warten, den sie nicht kennen, von dem sie nichts Genaues wissen, nicht einmal, ob es ihn gibt. Godot selbst erscheint in der Tat bis zuletzt nicht und das Warten auf ihn ist offensichtlich vergeblich. Am Ende eines jeden Aktes erscheint ein wohl von ihm kommender Junge, der verkündet, dass sich seine Ankunft weiter verzögert. Spätestens dann keimt in den Wartenden der Zweifel an ihrer Situation auf, doch können sie sich trotzdem nicht aus ihr lösen. Dies drückt sich z.B. in dem mehrfach im Stück wiederholenden Dialog aus:
- Estragon: Komm, wir gehen!
- Wladimir: Wir können nicht.
- Estragon: Warum nicht?
- Wladimir: Wir warten auf Godot.
- Estragon: Ach ja.
Bis zum Ende des Stücks wird nicht klar, wer Godot ist und warum genau man auf ihn wartet. Die Wartenden erscheinen damit als Verkörperungen des menschlich-allzumenschlichen Hanges, voll unbestimmter und letztlich unerfüllter Illusionen auf die Ankunft eines Erlösers, eines Propheten oder einer sonstwie heilbringenden Person zu hoffen. Beckett problematisiert und karikiert diesen Hang dadurch, dass er seine Figuren als eher lächerlich erscheinen und sie ihre Zeit mit absurden Diskussionen und belanglosen Aktionen hinbringen lässt.
Mit seiner ins Leere laufenden Handlung, den sich im Kreise drehenden Figuren und dem wenig Hoffnung lassenden Ende, die allesamt nicht eben Optimismus und Vertrauen in die Sinnhaftigkeit des menschlichen Lebens verbreiten, steht das Stück der zeitgenössischen Philosophie des Existenzialismus nahe und gilt es als ein typisches Beispiel des französischen Theaters des Absurden der Jahre um 1950.
Titel
Der Titel Warten auf Godot soll angeblich auf eine Tour-de-France-Etappe zurückgehen, die sich Beckett irgendwo in Frankreich ansah. Als die Radrennfahrer alle vorbeigerauscht waren, wollte Beckett gehen. Einige der Zuschauer blieben aber stehen. Auf die Frage, worauf sie denn warten, bekam er die Antwort: „Wir warten auf Godeau!“ Godeau sei angeblich der langsamste Fahrer des Rennens gewesen. Allerdings ist diese Geschichte ins Reich der Legenden zu verweisen, da bei keiner Tour de France (zumindest bis zur Erstaufführung) ein Mensch dieses Namens teilgenommen hat.
Andere Interpretationen für die Herkunft des Namens „Godot“ sind das englische Wort God mit der französischen Diminutivendung -ot – diese Anspielung lässt sich auch durch den Text stützen (die Buchstabenkombination -ot könnte auch als Abkürzung für 'old testament' stehen) oder ein Verweis auf den Godeau in Balzacs Mercadet, der andere immer auf sich warten lässt.
Beckett selber sagte einmal, der Name Godot ginge auf das französische Wort für Schuh, godillot, zurück, was man ebenfalls im Kontext des Stückes betrachten muss: Estragon hat Probleme mit den Füßen, er werkelt ständig an seinen Schuhen herum und verliert im Verlauf des zweiten Akts seine Fähigkeit zu gehen vollends. Sein Sinnzitat Blaming the shoes for the faults of the feet („den Schuhen die Laster der Füße vorwerfen“), ist darüber hinaus bezeichnend.
Einige zeitgenössische Kritiker nahmen intuitiv einen politischen Hintergrund des Stückes wahr und setzten den darin vergeblich erwarteten Godot mit Charles de Gaulle gleich, auf den das politische Paris 1948 ähnlich vergeblich gewartet hatte. Allerdings war dieser Zusammenhang schon für die meisten Zuschauer der Uraufführung Anfang 1953 nicht mehr erkennbar, nachdem mehr als vier Jahre vergangen waren seit der Entstehung des Stücks. Mit wachsendem zeitlichen Abstand (und da Beckett sich hütete, die Deutung seines Werkes unnötig einzugrenzen) geriet die Möglichkeit einer zeithistorischen Interpretation in Vergessenheit. Auch die späteren universitären Beckett-Spezialisten nahmen sie nicht auf, so dass sie nie systematisiert wurde und nur hier und dort als Kuriosum zitiert wird.[1]
Existenzialismus
"Warten auf Godot" ist ein Stück des absurden Theaters, welches die Weltanschauung des Existenzialismus widerspiegelt. Diese besagt, dass infolge der zufälligen Weltentstehung (Evolutionstheorie) kein eigentlicher philosophischer "Sinn" des Lebens bestehe, und dass es demzufolge auch keine grundlegenden Vorschriften für den Menschen (im Sinne von Religion) gebe. Demzufolge wird argumentiert, dass Warten auf Godot eine Verkürzung von Warten auf Gott darstelle. So harrt vorrangig Wladimir auf Godot (und zitiert auch aus der Bibel), während Estragon Godot vergisst und auch den Ort verlassen möchte.
Berühmte Inszenierungen
- Münchner Kammerspiele – Regie: Fritz Kortner (mit Ernst Schröder und Heinz Rühmann)
- Schillertheater Berlin – Regie: Samuel Beckett (mit Horst Bollmann und Stefan Wigger)
- Münchner Kammerspiele – Regie: George Tabori (mit Peter Lühr und Thomas Holtzmann)
- Staatsschauspiel Dresden – Regie: Wolfgang Engel (mit Peter Kube und Lars Jung) 1. Godot-Inszenierung der DDR
- Schauspielhaus Bochum – Regie: Matthias Hartmann (mit Harald Schmidt und Michael Maertens)
- Berliner Ensemble - Regie: George Tabori (mit Axel Werner und Michael Rothmann)
Parodien
Das Comedy-Duo "Lengkeit gegen Bender" parodierte "Warten auf Godot" das erste Mal im Jahre 1995, später traten sie damit bei "Zimmer frei" und in der Comedy-Show "Night Wash" auf. Dabei redeten sie mit kölschem Akzent und übertriebener Gestik. Godot soll ihnen Nudeln, Soße und Parmesan bringen.
Das Bildbearbeitungsprogramm GoDot für den Commodore 64 zeigt während des Ladevorgangs die Meldung "WAITING FOR GODOT" auf dem Bildschirm.
Literatur
- Ursula Dreysse (Hrsg.): Materialien zu Samuel Becketts „Warten auf Godot“. 3. Aufl., Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-518-06604-8.
- Herforth, Maria-Felicitas: Samuel Beckett: Warten auf Godot. Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 206). Hollfeld: Bange Verlag 2003. ISBN 3-8044-1770-1
Weblinks
- ↑ Eine ausführlichere Argumentation enthält der Abschnitt "Möglichkeiten einer zeithistorischen Deutung" auf der Diskussionsseite.