Mittelmächte
Die Mittelmächte waren ein Militärbündnis während des Ersten Weltkriegs. Die Bezeichnung resultierte aus der zentral-europäischen Lage der beiden Hauptverbündeten Deutsches Reich und Österreich-Ungarn. Später schlossen sich das Osmanische Reich und Bulgarien dem Bündnis an. Logischerweise waren die jeweiligen Kolonien der Mittelmächte auch in das Bündnissystem integriert.
Historische Entwicklung vor dem Ersten Weltkrieg
Nach dem Sieg über Frankreich im Jahr 1871 wollte Reichskanzler Otto von Bismarck das Deutsche Reich außenpolitisch absichern. Dieses Ziel erreichte er mit dem Dreikaiserabkommen vom 22. Oktober 1873, in dem sich die Kaiser des Deutschen Reichs, Österreich-Ungarns und Russlands anlässlich einer Zusammenkunft in Berlin zur gegenseitigen wohlwollenden Neutralität verpflichteten. Obwohl die Allianz in erster Linie der Friedenssicherung dienen sollte, war es auch von entscheidender Wichtigkeit, Russland von einem Bündnis mit Frankreich fernzuhalten.
Am 7. Oktober 1879 wurde der Zweibund zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn geschlossen, um sich gegenseitig vor einem möglichen Überfall des Russischen Reichs zu schützen. Aufgrund der Machtverluste Russlands im Nahen Osten (siehe Berliner Kongress) schätzte man das zaristische Reich als potentiellen Gegner ein. Des weiteren sollte, um das Gleichgewicht der Kräfte zu wahren, Österreich-Ungarn eine Großmacht im europäischen Raum bleiben. Es war Bismarcks Absicht, die Doppelmonarchie auf jeden Fall zu schützen, selbst wenn sie für einen Angriffskrieg verantwortlich gewesen wäre. In der Folgezeit verschärfte sich der Ton zwischen dem Deutschen Reich und Russland, deren Generäle bereits Pläne für den Fall eines möglichen Krieg ausarbeiteten.
Zu einer allgemeinen Entspannung zwischen den beiden Staaten kam es erst am 18. Juni 1887 mit dem Abschluss des geheimen Rückversicherungsvertrags, in dem sich die Russen zur Neutralität verpflichteten, falls es zu einem Krieg zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich kommen sollte. Ein Jahr später bestieg der Preuße Wilhelm II. den kaiserlichen Thron.
Obwohl Russland den auf drei Jahre begrenzten Rückversicherungsvertrag verlängern wollte, lehnte Wilhelm II. eine Weiterführung der Vereinbarung ab. In Folge dessen kam es zu einem Ereignis, das Bismarck immer verhindern wollte: Russland näherte sich Frankreich an.
Wilhelms Politik verstärkte die Rivalität der europäischen Großmächte, wodurch sich die Anzahl der Konflikte häuften. Besonders die Rüstungsanstrengungen des Deutschen Reiches beflügelten andere Staaten, sich gegen das Kaiserreich zu verbünden. Selbst Frankreich und Großbritannien, die wegen ihrer Interessenkonflikte in Afrika zu Gegnern geworden waren, einigten sich 1904 in der Kolonialpolitik, wodurch ein Krieg vermieden werden konnte (siehe Entente). 1907 wurde ihr Bündnis durch Russland zur Entente|Triple Entente erweitert.
Die friedenssichernde Außenpolitik Bismarcks galt nicht mehr. Das Deutsche Reich konnte nur noch einen Bündnisvertrag mit Italien und Österreich-Ungarn aufrechterhalten. Da sich Italien jedoch schon 1902 durch einen Nichtangriffsvertrag mit Frankreich an die Westmächte angenähert hatte, bildeten nur noch der Kaiser des Deutschen Reiches und der Kaiser der österreichisch-ungarische Doppelmonarchie eine feste Allianz.
Die Mittelmächte im Ersten Weltkrieg
Nachdem sich der Balkan zum größten Teil von der türkischen Besetzung befreit hatte, machten Russland und Österreich-Ungarn ihre Ansprüche in diesem Gebiet geltend. 1908 wurde Bosnien von Truppen des österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaates besetzt. Serbien, das mit Russland alliiert war, strebte eine Einigung aller slawischen Völker an (Panslawismus), wodurch sich der Konflikt mit der Doppelmonarchie mit der Herrschaft der österreichischen Deutschen verstärkte. Die daraus resultierenden Spannungen führten zu einem gewaltigen Wettrüsten und letztlich zum Ausbruch des großen Krieges (1. WK). An einer Verhinderung des Krieges waren weder die Mittelmächte noch die Entente wirklich ernsthaft interessiert. Beide Seiten glaubten, dass der Krieg bereits bis zum Winter des Jahres 1914 entschieden sein würde.
Die Entente-Mächte waren den Mittelmächten zwar an Soldaten und Material überlegen, die reichsdeutschen und die Truppen Österreich-Ungarns waren dagegen besser organisiert; ihre Kampfmoral war ausgesprochen hoch. Auch konnten Truppenverschiebungen durch das sehr gut ausgebaute Eisenbahnnetz durchgeführt werden.
Am 2. August schloss Berlin mit dem Osmanischen Reich einen geheimen Bündnisvertrag. Die Türken hofften auf eine Verwirklichung ihrer Expansionsziele, die auf den Kaukasus und Mittelasien gerichtet waren. Vorerst blieben sie jedoch neutral, da das türkische Heer noch nicht ausreichend für einen Krieg gerüstet war. Für die Mittelmächte war der Eintritt des Osmanischen Reichs von größter Wichtigkeit, da man sich davon erhoffte, den Seeverkehr zwischen Russland und den westlichen Alliierten unterbinden zu können. Am 3. November 1914 erklärte Russland der Türkei den Krieg. Am 5. November erfolgte die Kriegserklärung Frankreichs und Großbritanniens.
In der nachfolgenden Zeit erstarrten die Fronten in Europa zu einem Stellungskrieg, der sich über Jahre hinziehen sollte. Am 4. September 1915 trat Bulgarien an die Seite der Mittelmächte in den Krieg ein. Bulgarien stellte die stärkste militärische Macht auf dem Balkan dar, weswegen die Mittelmächte und die Entente ihr Interesse für ein Bündnis mit dem Land bekräftigten. Letzten Endes entschied sich die bulgarische Führung für den Beitritt zu den Mittelmächten, um mit deren Unterstützung das während des zweiten Balkankrieges verlorene Mazedonien zurückzugewinnen.
Die Mittelmächte konnten während des Krieges einige militärische Erfolge erzielen (u.a. in Rumänien und an der russischen Ostfront). Doch letztlich endete der Krieg mit einer Niederlage der Mittelmächte, die zuvor mit dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 besiegelt worden war. Zuvor kapitulierte Bulgarien am 29. September, das Osmanische Reich am 30. September und Österreich-Ungarn am 3. November. Zum Ende des Krieges standen sich knapp 24 Millionen Soldaten der Mittelmächte und 42,2 Millionen Soldaten der Alliierten gegenüber.
Aktuelle Diskussion
Mit dem zunehmenden Einfluss der Bundesrepublik Deutschland auf die internationale Politik seit dem Beitritt der DDR zum bundesdeutschen Grundgesetz 1990 wurde der Begriff der Mittelmacht erneut verwendet, allerdings im Sinne von mittelgroßer Macht.
Insbesondere der frühere SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder benutzte diesen Begriff, um die Rolle der vergrößerten Bundesrepublik Deutschland neu zu definieren. Auch andere Industriestaaten wie Kanada und Japan werden in Abgrenzung zur klassischen Hegemonial- oder Supermacht als Mittelmächte eingestuft, im Gegensatz zur US-amerikanischen Großmacht. ([1]).