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Aufklärung (Literatur)

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Daniel Chodowiecki - Aufklärung

Der Literatur der Aufklärung werden allgemein Werke zugeordnet, die zwischen 1720 bis 1800 entstanden sind und bewusst oder unbewusst die Ideen der Aufklärung vertreten. In Frankreich und England wird für diese Epoche die Metapher des Lichts verwendet (englisch Age of Enlightenment, französisch Siècle des Lumières). Das literarische Großprojekt der Epoche war die in Frankreich ab 1750 entstandene Encyclopédie.


Siehe auch Zeitalter der Aufklärung

Allgemein

Die Aufklärung ist eine von zwei Strömungen der Philosophie des 17. Jahrhunderts geprägte Bewegung im 18. Jahrhundert in Europa: Zum einen der französische Rationalismus, besonders vertreten durch René Descartes, zum anderen der englische Empirismus verkörpert durch John Locke. Die Literatur hat vor allem eine erzieherische Funktion und fordert die „sittliche Besserung“ des Zuschauers. Mit ihren Gedanken knüpft sie an die durch die Renaissance wiederbelebten antiken Ideale und Sichtweisen an. Die Vertreter selbst sehen die Aufklärung nicht als Epoche, sondern als den Beginn einer neuen Ära, die den Menschen und seine Verantwortung in den Mittelpunkt stellen. Besonders das Bürgertum ist bestrebt, sich von den dogmatischen Lehren der Kirche und der „geistigen Bevormundung“ durch Obrigkeiten zu befreien, um so eine „Emanzipation des Denkens“ auszulösen. Die bedeutendsten Vertreter der philosophischen Aufklärung waren Christian Wolff, Gottfried Wilhelm Leibniz, Montesquieu, der für die Gewaltenteilung eintrat, Jean-Jacques Rousseau mit seinem Gesellschaftsvertrag (Du contract social, 1762) und Immanuel Kant.

Immanuel Kant: Was ist Aufklärung?

In der Zeit der Aufklärung wurde die Fabel als literarische Textform wiederentdeckt. Philosophie und Wissenschaft erleben seitdem einen Aufschwung, die Erkenntnisse dieser Zeit beeinflussen noch heute maßgeblich das kulturelle und politische Leben in Europa.

Die Frage „Was ist Aufklärung?“ hat Kant als einer der bedeutendsten deutschen Philosophen 1784 beantwortet. Immanuel Kant (1724-1804) aus Königsberg schrieb: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“

Unter Aufklärung versteht man einen sowohl individuellen wie auch gesellschaftlichen geistigen Emanzipationsprozess, der darauf abzielt, allein auf dem Glauben an Autoritäten beruhende Denkweisen kritisch zu hinterfragen.

Einordnung

Die Aufklärung war genaugenommen eine Epoche des Übergangs. In der Philosophie lösen sich einzelne Zweige wie Psychologie, Politikwissenschaft und Ökonomie von der 'Gesamtwissenschaft' ab und bilden eigene, selbständige Disziplinen (Emanzipation). Das letzte Projekt des Universalgelehrten ist die Encyclopédie. Die normative Poetik erodiert und kollabiert später vollkommen (Erlaubt ist, was gefällt, Neudeutsch anything goes). Die klassische Einteilung des Theaters in hohe (Tragödie) und niedrige Gattung (Komödie) verliert an Bedeutung. In Frankreich entsteht vor allem durch Pixérécourt das Melodram als populäres Unterhaltungstheater. Das Theater selbst entwickelt sich immer mehr zu einer bürgerlichen Institution.

Auch die Künstler emanzipieren sich von ihren (meist adligen) Auftraggebern und werden später zu selbständigen Unternehmern. Einen gravierenden Wandel erlebt die 'literarische Öffenlichkeit' seit dem Erscheinen von Literaturzeitschriften[1].

Diesen Übergang bezeichnete der deutsche Historiker R. Koselleck treffend als Sattelzeit, als Übergang von der Frühen Neuzeit zur Moderne.

Wahlspruch

Als Wahlspruch der Aufklärung bezeichnete Immanuel Kant das horazische: „Sapere aude!“ und übersetzte es mit „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“

Aufklärung in Deutschland

Der bedeutendste Autor der Frühaufklärung war Christian Fürchtegott Gellert mit seinen Fabeln. Die bedeutendste Figur im literarischen Leben war Johann Christoph Gottsched. Sein wichtigstes Werk war eine Sammlung von Theaterstücken, die er unter dem Titel Deutsche Schaubühne veröffentlichte. Sein Versuch einer critischen Dichtkunst vor die Deutschen (1730) orientierte sich an der Französischen Klassik und wurde von vielen Seiten scharf kritisiert.

Wesentliche Einflüsse bezog die deutsche Literatur der Aufklärung aus Frankreich. Schiller und Lessing übersetzten Werke von D. Diderot[2] und Goethe nutzte eine Schaffenskrise zur Übersetzung folgender Werke: Tancred und Mahomet beide von Voltaire (1802) und Le Neveu de Rameau von Diderot (1804).

In Deutschland war die Aufklärung die Vorbereitung der Deutschen Klassik.

Textformen

Ein wichtiges Kennzeichen der Literatur der Aufklärungszeit ist das Spiel mit bekannten literarischen Formen bzw. die Neu- und Weiterentwicklung dieser. Geradezu revolutionär war Beaumarchais' Le Mariage de Figaro (1778, Uraufführung 1784), bei dem der Diener die Hauptrolle übernimmt. Interessant ist die Aufwertung der Gattung Prosa. Montesquieu nutzte die Form des Briefromans in seinen Lettres persanes, 1721. Die beiden Hauptprotagonisten aus Persien ermöglichten ihm eine neue Perspektive auf die französische Gesellschaft mit entsprechend kritischer Distanz. In Frankreich werden die contes philosophiques (philosophische Erzählung, Kurzroman) durch Voltaire (Candide, 1759) und D. Diderot als neue Erzählform entdeckt. Goethe übernimmt später die Form des Briefromans in seinem Werther, 1774. Wegweisende Prosawerke in Deutschland waren der Bildungsroman Geschichte des Agathon (1766/67) von Christoph Martin Wieland und der psychologische Roman Anton Reiser (1785/86) von Karl Philipp Moritz.

D. Diderot entwickelte mit seinen Salons zwischen 1759 und 1781 ein völlig neues Genre des Schreibens über Kunst, die Kunstkritik.

In Deutschland sind das Drama, die Fabel und das bürgerliche Trauerspiel die bevorzugten Formen. Gotthold Ephraim Lessing nutzte die Fabel zu versteckter Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Er schuf zudem durch seine Dramen, besonders Emilia Galotti, die neue literarische Gattung des bürgerlichen Trauerspiels.

Poetologie

Die wichtigste Poetologie zum Theater kommt wiederum aus Frankreich von D. Diderot: Discours sur la poésie dramatique (1758). Sein Vorwort zu Le Père de famille verortet das Theater der Zukunft zwischen klassischer Tragödie und Komödie. Diderot forderte ein drame bourgeois – ein bürgerlichen Schauspiel mit gewöhnlichen Protagonisten.

Werke

Lyrik

Friedrich Gottlieb Klopstock, 1724-1803


Prosa

Christoph Martin Wieland, 1733-1813

Karl Philipp Moritz, 1756-93

Theater

Gotthold Ephraim Lessing, 1729-1781


Christian Fürchtegott Gellert, 1715-1769
Neben zahlreichen Fabeln (2 Bde. 1746-48), Erzählungen, Abhandlungen, Reden und Vorlesungen veröffentlichte Gellert:

  • Die Betschwester (Lustspiel, 1745)
  • Das Loos in der Lotterie (Lustspiel, 1746)
  • Die zärtlichen Schwestern (Lustspiel, 1747)
  • Das Leben der Schwedischen Gräfin von G*** (Briefroman, 2 Teile, 1747/48)
  • Briefe, nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen (1751)
  • Geistliche Oden und Lieder (1757)

Philosophie

Montesquieu, 1689-1755


Voltaire, 1694-1778


Jean-Jacques Rousseau, 1712-1778


Immanuel Kant, 1724-1804
Kant war vorwiegend Philosoph der Aufklärung, kein Literat. Seine Werke waren deshalb vorwiegend Abhandlungen, Kritiken, ...


Georg Christoph Lichtenberg, 1742-1799
Ab 1761 schrieb Lichtenberg Gedankensplitter in Form von Aphorismen in Schreibhefte, von ihm Sudelbücher genannt. Diese wurden postum veröffentlicht.

Anmerkungen

  1. Deutschland: Die vernünftigen Tadlerinnen 1725 und Der Biedermann 1727-29, beide hrsg. von Johann Christoph Gottsched, Der Teutsche Merkur 1773-89, hrsg. von Christoph Martin Wieland, Thalia 1787, Die Horen 1795-97, beide hrsg. von Friedrich Schiller; Frankreich: Correspondance littéraire, philosophique et critique 1747-93, hrsg. von Friedrich Melchior Grimm, Guillaume-Thomas Raynal, Denis Diderot
  2. U.a. Le fils naturel (1757) und Le père de famille (1758) übersetzt von Lessing, 1760; Merkwürdiges Beispiel einer weiblichen Rache. Aus einem Manuskript des verstorbenen Diderot gezogen, Thalia, 1, 1785