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Evolutionstheorie

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Evolutionstheorien versuchen, Ursprung, Entwicklung und Vielfalt des Lebens auf der Erde zu beschreiben und zu erklären. Neben der Rekonstruktion des tatsächlichen Verlaufs der Evolution beschäftigen sich Evolutionstheorien besonders mit den Mechanismen, die den Evolutionsprozess bewirken.

Da alle von der Biologie untersuchten Phänomene Wirkung oder Ursache von Evolutionsprozessen sind, tragen auch alle biologischen Teildisziplinen Erkenntnisse bei, die im Rahmen von Evolutionstheorien gedeutet werden. Einige Gebiete sind: Morphologie (Biologie), Anatomie, Cytologie beziehungsweise Zellbiologie, Biochemie (beispielsweise Stammbaum der Photosynthese, der Porphyrin-Moleküle, der DNA, Serum-Präzipitin-Test etc.), die Ethologie (Verhaltensforschung), die Ökologie und Geographische Verbreitung oder Entwicklungsbiologie. Die Geschichte der Evolutionstheorien ist zugleich eine Geschichte der Integration immer neuer Fakten und Fachgebiete der Biologie.

Einführung

Evolution ist in der Wissenschaft als eine gesicherte Tatsache akzeptiert. Die Evolutionstheorie ist eine wissenschaftliche, komplexe Theorie der Biologie. Die wissenschaftliche Diskussion dreht sich heute hauptsächlich um die konkreten Rahmenbedingungen und Details der Evolution.

Exkurs zur Wissenschaftlichkeit der Evolutionstheorie

Die Evolutionstheorie besteht aus Kernaussagen, Indikator- und Hilfshypothesen. Sie entspricht den Minimalanforderungen einer wissenschaftlichen Theorie:

  1. Sie weist innere Widerspruchsfreiheit (interne Konsistenz) auf, enthält also keine logisch widersprüchlichen Aussagen.
  2. Sie ist überprüfbar und logisch falsifizierbar, weist also Schlussfolgerungen auf, deren Negation möglich ist. (Beispiel: Wenn die Evolutionstheorie zutrifft, müssen die Fossilien abgestufter Ähnlichkeit in entsprechender Reihenfolge auftreten. Ein chaotisches oder gleichzeitiges Auftreten würde diese Aussage falsifizieren.)
  3. Sie weist Erklärungsmacht auf und ist damit in der Lage, bislang ungeklärte Sachverhalte zu erklären.
  4. Sie weist äußere Widerspruchsfreiheit auf (externe Konsistenz), fügt sich also in ein Netz naturwissenschaftlicher Theorien ein und wirkt auf diese befruchtend zurück. Beispiele: Paläontologie, Biogeographie, Plattentektonik, Kosmologie, Kernphysik (Zerfallsgesetze, radiometrische Datierung), Chemie, Systemtheorie ...

Bestimmte Beobachtungen haben dazu geführt, die Evolutionstheorie aufzustellen (siehe Darstellung der historischen Entwicklung der Evolutionstheorie).

Weitere, neuere Beobachtungen werden daraufhin geprüft, ob sie durch die Evolutionstheorie hinreichend erklärt werden können. Wenn ja, ist dies eine Bestätigung ihrer Richtigkeit, wenn nein liegen mehrere Gründe und Konsequenzen vor:

  1. Die Beobachtung ist nicht genau genug oder es werden Artefakte beobachtet. Abhilfe erfolgt durch Änderung der Beobachtungsmethode. In manchen Fällen muss abgewartet werden, bis die Beobachtungstechnik und die dafür notwendige Theorie entwickelt worden ist. (Beispiel: Haeckel und das „biogenetische Grundgesetz“)
  2. Das Erklärungsmodell ist noch nicht vollständig oder ungenau und muss noch ergänzt oder präzisiert werden.
  3. Das Modell wird durch die Beobachtung falsifiziert und muss durch ein anderes ersetzt werden (Paradigmenwechsel)

Inzwischen ist die Evolutionstheorie so komplex und wird von so vielen Erkenntnissen auch auf außerbiologischen Gebieten gestützt (Physik, Chemie, Geologie), dass bis heute keine die komplette Theorie falsifizierende Beobachtung gemacht wurde. In der Regel konnten anscheinend widersprüchliche, durch die aktuelle Theorie nicht erklärte Befunde durch Erweiterung der Theorie erklärt werden (Beispiel: Erklärung der Evolution von Altruismus durch die Soziobiologie und Spieltheorie)

Eine Theorie löst aber nicht nur Probleme, sie wirft auch neue Fragen auf, die wiederum nach empirischer und theoretischer Auseinandersetzung verlangen. Dieser Prozess aus neuen empirischen Daten und neuen theoretischen Fragestellungen, und Neuinterpretation alter Daten: im Laufe der historischen Entwicklung der Evolutionstheorie z.B. den Fragen nach den Mechanismen der Vererbung, der Dynamik von Populationen, dem tatsächlichen Verlauf spezifischer Evolutionen wie der Stammesgeschichte des Menschen führt zu einem immer weiter verfeinerten theoretischen Konzepten.


Weltanschauliche Bedeutung und Kritik

Die Evolutionstheorie ermöglicht auch die Stellung des Menschen im biologischen System zu verstehen und eine Stammesgeschichte anzunehmen die besonders mittels Fossilien rekonstruiert werden kann. Damit ist die Evolutionstheorie nicht nur für den engen Kreis der Fachbiologen von Interesse. Vertreter des Kreationismus stellen aus religiös sowie außerwissenschaftlich motivierten Gründen die Evolutionstheorie in Frage.

Grundaussagen der Evolutionstheorie

  • Evolution findet immer statt
  • Evolution ist nicht umkehrbar (Dollosche Regel) (unbeschadet dessen, dass einzelne Strukturen oder Leistungen alte Zustände kopieren können, haben die zugrundeliegenden Gene nicht mehr die selbe Struktur. Siehe den ungenauen Begriff Re-Evolution)
  • Evolution ist nicht zielgerichtet (Es findet also nicht Entwicklung zu einem bestimmten Zweck statt)
  • Die Evolution wirkt auf allen Ebenen der belebten Welt: vom Molekül bis zum Ökosystem

Konzepte der Evolutionstheorie

Schlüsselkonzepte der synthetischen Theorie

Als Teilgebiet der Biologie ist die Evolutionsbiologie eine empirische Wissenschaft, die zum größten Teil auf Beobachtung und Experiment beruht. Sie entwickelt keine Gesetze wie die Physik, sondern Konzepte.

Evolution ist bei Populationen festzustellen, die sich nicht im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht befinden, deren Allel- und Genotypenfrequenz sich folglich mit der Zeit ändern.

Evolutionsfaktoren, also Faktoren, die das Hardy-Weinberg-Gleichgewicht stören:

  • Genetische Drift in sehr kleinen Populationen
  • Genfluss zwischen zwei Populationen durch Zu- und Abwanderungen
  • Mutationen verändern den Allel-Bestand einer Population
  • Nicht-zufällige Paarungen (Inzucht, sortengleiche Paarung)
  • Natürliche Selektion als Mechanismus der adaptiven Evolution
  • Mutationen und Rekombinationen verursachen die genetische Variabilität

Veraltete Konzepte:

Konzepte in Diskussion

  • Ansatz der Evolution bei DNA, Individuum, Population oder Art
  • Artbegriff und Artentstehung

Geschichte der Evolutionstheorien

Im Grunde sind Evolutionstheorien so alt wie die wissenschaftliche und philosophische Beschäftigung der Menschen mit der Natur und entsprechend vielgestaltig. Verschiedene heute gänzlich ungebräuchliche Theorien lassen sich etwa in der Antike oder im frühen Christentum nachweisen. Darwins Theorie und ihre Nachfolger sind nicht nur eine Evolutionstheorie, sondern zugleich eine Abstammungslehre oder Deszendenstheorie. Im Folgenden sollen nur die Anreger und Nachfolger Darwins beachtet werden.

Die Bedeutung von Artkonzepten für die Evolutionstheorie

Carl von Linné (1707-1778)

Carl von Linné schlug als erster ein einfaches und einheitliches System der Bezeichnung von Pflanzen- und Tierarten vor, das die Grundlage der heute gültigen Bezeichnung von Tier- und Pflanzenarten ist: die binominale Nomenklatur mit Gattungs- und Artnamen. Neben der Benennung führt er ein hierarchisches System ein, das Tier- und Pflanzenarten zu Gruppen abnehmender Ähnlichkeit gliedert.

Dieses System war für die Entwicklung des Evolutionsgedankens aus drei Gründen von Bedeutung:

  1. Zum einen ermöglichte es die Erfassung der ungeheuren biologischen Artenvielfalt, die durch die Entdeckungen besonders ab dem 19. Jahrhundert bekannt wurde.
  2. Zum zweiten wurden damit systematische Fragen nach der richtigen Gruppierung und der Tiergeografie erstmals möglich.
  3. Der dritte Grund ist die Annahme Linnés von der 'Konstanz der Arten', die in der Folgezeit wissenschaftlichen Widerspruch anregte und die Suche nach einer Evolutionstheorie beschleunigte.

Katastrophentheorie

Georges Cuvier (1769-1832)

Georges Cuvier ist Begründer der zoologischen Paläontologie und entwickelt die Rekonstruktionstechnik. Aufgrund des Vergleiches der Anatomie, das heißt besonders der Knochen fossiler und rezenter Tiere (Tiere der Gegenwart), entdeckt er den geordneten Zusammenhang zwischen verschiedenen Knochen unterschiedlicher Körperregionen. Scherzhaft lässt sich dieses an seinem Ausspruch: Der Teufel ist ein Pflanzenfresser, er hat Hufe und Hörner illustrieren. Cuvier kann so Fossilfunde rekonstruieren oder Gruppen zuordnen, auch wenn nur Teile des Fossils erhalten waren.

Cuvier legt die Grundlagen zur zoologischen Systematik und stellt durch vergleichende Anatomie ein System der Tiere mit den vier Hauptgruppen Weichtiere, Gliedertiere, Radiata und Wirbeltiere auf. Jede Gruppe hat ihren typischen Bauplan. Aus heutiger Sicht stellen in seinem System die Analogien ein Problem dar.

Cuviers Katastrophentheorie

1. Beobachtungen:

  • Katzen, Affen und Greifvögel, die in altägyptischen Gräbern gefunden werden, untercheiden sich nicht von rezenten Tieren. (Aus heutiger Sicht ist die Zeitspanne von wenigen tausend Jahren zu kurz für deutliche morphologische Änderungen.)
  • Ältere Fossilien sind einfacher gebaut als jüngere Fossilien.
  • Die Funde sind lückenhaft. Aufgrund der Fundlücken lassen sich aber keine Übergänge zwischen den einzelnen Arten aufeinander folgender Schichten belegen.
  • Weiterhin belegen die Fossilfunde zahlreiche neue, zum Teil auch ausgestorbene Arten, die im biblischen Schöpfungsbericht nicht vorkommen.

2. Theorie:

  1. Arten sind unveränderlich. Sie werden einmal erschaffen, können aber aussterben.
  2. Durch Naturkatastrophen werden die Arten eines Gebietes schlagartig ausgelöscht.
  3. Anschließend wird dieses Gebiet in einem Schöpfungsakt durch weiterentwickelte oder neue Arten besiedelt.

siehe dazu auch Geschichte_der_Geologie#Aktualismus_und_Katastrophismus

Evolutionstheorien (Ohne Mechanismus der Vererbung!)

Jean Baptiste Lamarck (1744-1829)

Heute wird Jean Baptiste Lamarck als Hauptvertreter einer These der Vererbung erworbener Eigenschaften meist regelrecht vorgeführt. Lamarck vertrat zwar diese These, war damit allerdings lange Zeit nicht allein. Bis Weismann und Nachfolger (siehe unten) etwa ab 1900 begannen, den Prozess der Vererbung aufzuklären, war dieser gänzlich unbekannt. Und so finden sich auch bei Darwin und Haeckel Vorstellungen über Vererbung, die auf Vererbung erworbener Eigenschaften beruhen (siehe unten).

Lamarcks Evolutionstheorie war eine, die ihn zu seiner ganz eigenen - von der jetzt akzeptierten Vorstellung der Evolution deutlich abweichenden und befremdlich erscheinenden - Sichtweise der Stammesgeschichte führte: Dem zentralen Drang zur Vervollkommnung.

Eine Art, die besonders vollkommen ist, ist natürlich besonders alt, da sie einen besonders langen Weg der Vervollkommnung hinter sich hat. Eine sehr unvollkommene Art ist dagegen jung. Dies setzt permanente Urzeugung voraus. Bakterien sind im Sinne Lamarcks also junge Arten, der Mensch dagegen eine alte. In der heute gültigen Interpretation dagegen gelten Bakterien als relativ ursprünglich, das heißt alt, der Mensch als relativ komplex, also jung. Lamarcks Theorie beinhaltet in ihrer ursprünglichen Form zudem eine Vorstellung linearer Entwicklung. Eine Art durchläuft sozusagen zwangsläufig eine spezifische Reihenfolge von Stadien. Die Systematik des heutigen Tierreiches spiegelt also auch für Lamarck den Gang der Evolution wieder.

Dies bedeutete erstmalig eine gute Theorie, die die Systematik auf eine naturwissenschaftliche Basis und nicht - wie bei Linne - auf Nachspüren der göttlichen Ordnung begründete. Lamarcks Ideen zur Evolution waren, obwohl sie kurze Zeit später mit vielen Tatsachen aus der Biologie kollidierten, ein brillantes System zur Erklärung zahlreicher Phänomene der Biologie, die damals bekannt waren. All die Effekte von Biogeografie und Artbildung, die zentrale Momente in der Argumentation Darwins spielen, sind bei Lamarck nicht vorgesehen.

Etienne Geoffrey de St. Hilaire (1772-1844)

Etienne Geoffrey de St. Hilaire ist Begründer der Homologie-Forschung (siehe unten!). Ausdruck gemeinsamer Abstammung ist ein gemeinsamer Bauplan.

Charles Lyell (1797-1875)

Charles Lyells Beitrag zur Evolutionstheorie ist die Bereitstellung des Aktualitätsprinzips. Lyell schlug vor, geologische Erscheinungen zunächst durch auch heute wirksame Prozesse als langsame, stetige Veränderungen zu erklären (was im Widerspruch zur Katastrophentheorie und Schöpfungslehre steht).

Nach S. J. Gould stehen alle wissenschaftlichen Werke Darwins unter dieser Prämisse. So können auch heute unbedeutend erscheinende Arbeiten Darwins (etwa seine erste über die Entstehung von Atollen durch das Zusammenwirken von relativen Meeresspiegeländerungen und Korallenwachstum und seine letzte über die Bedeutung des Regenwurms für den Ackerboden) unter dem Paradigma der kleinen Änderungen interpretiert werden, die auf lange Sicht große Veränderungen bewirken. (Lyell war auch hinter den Kulissen wissenschaftspolitisch für die Gruppe um Darwin bedeutend).

Charles Darwin (1809-1882)

Charles Darwins Evolutionstheorie setzt sich aus einer Reihe von einzelnen Theorien zusammen, die sich im Einzelnen empirisch belegen beziehungsweise falsifizieren lassen: Evolutionstheorie, Abstammungstheorie, Allmählichkeitstheorie und die Selektionstheorie.

  • Die Evolutionstheorie und die Allmählichkeitstheorie besagen, dass die Welt nicht unveränderlich ist, sondern sich kontinuierlich wandelt. Dies ist sowohl durch die Beobachtung kleiner Veränderungen in kurzen Zeitläufen, aber auch zum Beispiel durch Fossilien als historische Zeugnisse über lange Zeiträume belegbar.
  • Die Abstammungstheorie besagt, dass alle Organismen durch einen kontinuierlichen Verzweigungsprozess von gemeinsamen Vorfahren verbunden sind.
  • Die Selektionstheorie beschreibt den Darwinschen Mechanismus der Evolution:
  1. Alle Arten erzeugen weitaus mehr Nachkommen als schließlich überleben oder sich fortpflanzen.
  2. Die Individuen von Tier- und Pflanzenarten sind nicht gleich, sondern variieren. Diese Variationen sind in irgendeiner Form erblich.
  3. In einem von Darwin metaphorisch 'Ringen ums Dasein' genannten Prozess, der sowohl zwischen den Individuen einer Art als auch zwischen verschiedenen Arten besteht, überleben die am besten angepassten Individuen.
  4. Dieses Überleben der 'Tüchtigsten' stellt einen Prozess der natürlichen Zuchtwahl dar, der analog dem Selektionsprozess der Tier- und Pflanzenzucht funktioniert und so auf lange Zeit die Entstehung neuer Arten ermöglicht.

Für jedes dieser Elemente (und zahlreiche Ableitungen davon) legte Charles Darwin in dem epochalen Werk: Die Entstehung der Arten zahlreiche Belege vor.

Dies ist der Kern auch der heute gültigen variantenreichen Evolutionstheorien.

Hinweis: Darwin kannte noch keine wissenschaftliche Vererbungslehre. Diese sollte sich erst nach seinem Tod entwickeln.

Alfred Russel Wallace (1823-1913)

Alfred Russel Wallace entwickelte aus seiner Anschauung als Tiersammler nahezu zeitgleich zu Darwin eine Erklärung der Entstehung der Arten, die er auch an ihn sandte. Dieser Entwurf von Wallace wurde zeitgleich mit einem Text von Darwin veröffentlicht. Ob sich Darwin dabei fair oder unfair verhalten hat, ist wissenschaftshistorisch umstritten. Es gibt gute Gründe für beide Positionen. Für die Weiterentwicklung der Evolutionstheorie spielt Wallace keine Rolle.

Ernst Haeckel (1834-1919)

Neben der Popularisierung des Darwinismus besteht der Hauptbeitrag von Ernst Haeckel für die Evolutionstheorie aus vier Teilen:

Stammbaum der Wirbeltiere (E. Haeckel 1905)
  1. Mittels des biogenetischen Grundgesetzes (die Ontogenese ist die kurze, auszugsweise Rekapitulation der Phylogenese), lassen sich Teile der Stammesgeschichte durch Vergleiche der Embryos und ihrer Vorstufen verschiedener Tierarten rekonstruieren, von denen damals und zum Teil noch heute kaum oder nur unzureichende Fossilien vorliegen. Diese Theorie wird als veraltet angesehen.
  2. Ernst Haeckel (und nicht Darwin!) entwarf die ersten Stammbäume der Tier und Pflanzenwelt, deren Prinzipien auch heute noch gültig sind und er postulierte den gemeinsamen Ursprung aller Organismen. Zwei Ideen, die wenn auch im Detail heute anders gefüllt und mit neuen Methoden begründet nach wie vor ihre gültigkeit haben.
  3. Die Generelle Morphologie (1866) ist das weltweit erste Lehrbuch der Biologie auf Grundlage der Evolutionstheorie Darwins.
  4. In der Anthropogenie (1874) wies Haeckel auf Grundlage der vergleichenden Anatomie und Embryologie anhand der Organsysteme die Stellung des Menschen innerhalb der Primaten und Wirbeltiere nach. Er rekonstruierte den Stammbaum des Menschen aus den Wirbeltieren und postulierte Fossilfunde, die diese Stammesgeschichte belegen. Wenn auch viele dieser Ideen im Detail empirisch überholt sind beziehungsweise verfeinert wurden, so hat die Grundidee bis heute ihre Gültigkeit bewahrt.

Richard Hertwig (1850-1937)

Ein Schüler Ernst Haeckels entwickelte als Entwicklungsbiologe die Coelomtheorie, die wichtige Erkenntnisse in der Embryologie und deren stammesgeschichtlichen Interpretation brachte.

Bekannte Fossilien, die eine besondere Rolle für die Evolutionstheorie spielten

Archaeopteryx (ab 1860)

1860 veröffentlichte Hermann von Meyer, der Leiter der Bayrischen Staatssammlung für Fossilien eine kurze Notiz über eine im Solnhofener Plattenkalk gefundene Feder, die er Archaeopteryx nennt. Später wird ein heute als Londoner Exemplar bekanntes Fossil an das Britische Museum unter Richard Owen (1804-1892) verkauft. Die kreationistischen Deutungen von Meyer und Owen werden von Thomas Henry Huxley (1825-1895) widerlegt. 1871 führte Huxley die Familie Urvögel (Archaeopterygidae) ein. Der Nachweis von Fehlern, die Owen bei der Beschreibung gemacht hatte, kosteten diesen einen guten Teil seiner wissenschaftlichen Reputation und schwächten so den Kreationismus in GB nachhaltig.

Stammbaum der Pferde (ab 1870)

1870 erstellte Othniel Charles Marsh (1831-1899) eine morphologische Reihe von Pferdefossilien, die die Evolution von der unspezialisierten mehrstrahligen Extremität zum einzehigen Pferdebein belegen. Diese Reihe galt zu ihrer Zeit als hervorragender Beleg der Evolution.

Die Integration von Vererbungslehre (Genetik) und Populationsgenetik

Die Vererbungslehre oder Genetik war zu Darwins Zeiten ein weithin unbearbeitetes Gebiet. Erst nach seinem Tod konnten sich Ideen durchsetzen, die auch heute noch – wesentlich verfeinerter – Gültigkeit besitzen. Zu Darwins Zeiten gab es zwei Annahmen über die Vererbung, die sich mit den Stichworten blending inheritance (deutsch etwa vermischende Vererbung, wie beim Farbmischen) und partikuläre Vererbung beschreiben lassen.

Eine von Darwin zur Vererbung vertretene Vererbungshypothese beruhte auf der Annahme, dass jede Zelle eines Organismus kleine Teilchen sogenannte Gemmulae ausscheide und diese sich in den Geschlechtsprodukten ansammeln; Veränderungen der Körperzellen würden so auch eine Veränderung der bei der Vererbung weitergereichten Information bedeuten. Solche Theorien der Pangenisis (Erzeugung aus dem Ganzen) besitzen ein Problem: sie können nur unter Zuhilfenahme einer Latenzhypothese mit ungeklärtem Mechanismus erklären können wieso manche Merkmale bei Großeltern und Enkelkindern nicht aber bei den Eltern auftreten - was in Mendels Erklärungsversuch keine Probleme bereitet. Immerhin besitzt bei ihnen Vererbung eine feste Basis in Form von Vererbungsteilchen - allerdings unbekannter Gestalt.

Eine Form der von vielen Biologen geteilten Vererbung erworbener Eigenschaften durch Gebrauch und Nichtgebrauch eines Organes findet sich in dem Lamarck zugeschriebenen Beispiel der Giraffen: Giraffen hätten ursprünglich normale Hälse besessen und ihre langen Hälse nur durch die Streckung derselben nach Futter in Baumkronen erhalten. Eine Giraffe mit langem Hals hat nun Nachfahren gezeugt und somit auch die langen Hälse vererbt. Darwin vertrat diese Erklärung beispielsweise bei Wassergeflügel in Gefangenschaft, deren Flügel oftmals verkümmern und und die Tendenz zu kräftigeren Füßen besitzen.

Gregor Mendel (1822-1884)

Gregor Mendel führte vor 1865 wohl durchdachte Experimente mit Erbsen durch, die in ihrer Konsequenz lange unbeachtet blieben. Sie wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Hugo de Vries, Carl Correns und Erich von Tschermak wiederentdeckt und gingen dann in die Genetik beziehungsweise die Evolutionsbiologie ein. Mendels Ergebnisse resultierten aus dem ersten Versuch, der zeigte, dass für jedes Merkmal in der damals noch unbekannten Erbsubstanz zwei Plätze - ein mütterlicher und ein väterlicher - vorhanden sind und dass sich somit Merkmale nicht mischen, sondern in einem dominant-rezessiven Erbgang weitergegeben werden. Dies ist ein erster Befund, der aufgrund experimenteller Ergebnisse den Hypothesen über Vererbung widersprach, die etwa Darwin oder Haeckel vertreten hatten.

August Weismann (1834-1914)

In Schulbüchern so wie populären Darstellungen der Geschichte der Evolutionstheorie findet sich meist nur ein Stichwort zu August Weismann. Er wird heute meist nur noch sehr verengt als radikaler Vertreter des Selektionsprinzips und Begründer der Keimplasmatheorie betrachtet. In der Keimplasmatheorie werden die Zellen eines Organismus in Geschlechtszellen und Körperzellen eingeteilt. Veränderungen der Körperzellen also auch der Gebrauch und Nichtgebrauch der aus Körperzellen bestehenden Organe können danach keinen Einfluss auf die Evolution der Organismen besitzen. Einfluss haben nur Veränderungen (heute: Mutationen) des Erbgutes der Geschlechtszellen. Obwohl seine Idee der Trennung von Keimzellen und Körperzellen richtig war, vermutete Weismann die Erbsubstanz im falschen Zellbestandteil: im Plasma. Nach heutigem Wissen – das erst Jahrzehnte später entstand - ist dagegen die im Zellkern liegende DNA der Träger der Erbinformation.

Weismanns aus eigenen Beobachtungen und theoretischen Arbeiten über die Evolutionstheorie entstandene Einsicht steckte erstmals den Rahmen für den Einbau einer spätere genetische Interpretation der Evolutionstheorie ab.

Thomas Hunt Morgen (1866 - 1945)

1910 zeigte Thomas Hunt Morgan, dass die Chromosomen die Träger der Erbinformation sind.

Godfrey Harold Hardy (1877–1947) und Wilhelm Weinberg (1862–1937)

Der Mathematiker Godfrey Harold Hardy und der Mediziner Wilhelm Weinberg setzten 1908 mit dem Hardy-Weinberg-Gleichgewicht einen Meilenstein in der Populationsgenetik. Danach verändert sich in einer idealen Population die Häufigkeiten der Allele nicht - sie befindet sich im Gleichgewicht. Das bedeutet, dass in einer idealen Population keine Evolution stattfindet. Da es aber keine idealen Populationen gibt, liegt so ein mathematischer Nachweis für Evolution vor: Geringe Populationsgrößen und die Einschränkung der Panmixie beschleunigen evolutionäre Prozesse.

Ronald Fisher (1890–1962)

Der Populationsgenetiker Ronald Fisher definierte 1930 in: 'The genetical theory of natural selection' Evolution als die zeitliche Änderung der Zahl bestimmter Gene innerhalb eines Genpools.

Ausgewählte moderne Theoretiker

Ernst Mayr (1904- )

Ernst Mayr gilt zusammen mit Theodosius Dobzhansky als Begründer und als bis heute führender Vertreter der modernen synthetischen Theorie der Evolution, die Darwins Konzept der Selektion mit den Erkenntnissen der modernen Genetik in Einklang brachte.

Gilt als Begründer des modernen biologischen Artkonzeptes. Wenn man sich Darwins Vorstellung des kontinuierlichen Wandels einer Art in eine andere Art genau betrachtet, so ergibt sich das Problem, dass damit der biologische Artbegriff aufgehoben wird, da sich in der ununterbrochene Reihe keine Einschnitte finden, die Arten von Arten trennen. Dieser lange unbeachtete Umstand hätte tief greifende Folgen auch für die Praxis aller Biologen.

In Biologie und Paläontologie existieren mehrere Artbegriffe parallel. Die wichtigsten zwei Gruppen sind der morphologische und der populationsgenetische Artbegriff. Beide Begriffe sind miteinander verbunden, aber nicht deckungsgleich:

  • Im morphologischen Artbegriff werden Merkmalsunterschiede verwendet, um Arten voneinander abzugrenzen. In der Paläontologie ist er der einzig praktikable Artbegriff.
  • Der populationsgenetische Artbegriff begreift Arten dagegen als Fortpflanzungsgemeinschaft.

Ernst Mayr untersucht nun in seinem grundlegenden Werk Artbegriff und Evolution(1967), wie eine Neuinterpretation des biologischen Artbegriffes im Lichte der Evolutionstheorie aussehen kann. Zentrales Paradigma ist die Suche nach Mechanismen, die die Fortpflanzung zwischen einzelnen Populationen unterbinden oder erschweren (das heißt Hybriden besitzen einen geringeren Fitnesswert oder sind steril). Hier wären geographische Separation, zeitliche Separation (beispielsweise ungleichzeitige Fortpflanzungszeiten), Separation durch Verhalten (unterschiedliches Balzverhalten oder Gesang) zu nennen.

Damit sind zahlreiche Fragen nach dem Mikroprozess der Evolution eröffnet. Wichtig für die Neuinterpretation war die Entdeckung von morphologischen Geschwisterarten, Arten, die gleiche Merkmale aufweisen, im gleichen Gebiet zur gleichen Zeit leben und sich trotzdem nicht miteinander fortpflanzen. Ernst Mayr definiert eine Art als "Gruppe von sich untereinander fortpflanzender Lebewesen, die reproduktiv von anderen solchen Gruppen isoliert sind". Diese Isolation ist damit für Ernst Mayr das Kriterium, zwei Arten zu unterscheiden.

Stephen Jay Gould (1941-2002)

Stephen Jay Gould setzte vor allem den Zusammenhang von Evolution und Fortschritt der Kritik aus.

In seinen wissenschaftstheoretischen Schriften wendet er sich gegen sozialdarwinistische, pseudowissenschaftliche und rassistische Überinterpretationen der Evolutionstheorie, wie er sie beispielsweise in der Intelligenzforschung findet.

Mit Richard Dawkins und anderen Evolutionsbiologen besteht eine lang anhaltender Streit Goulds über die Zulässigkeit vieler soziobiologischer Interpretationen. Dieser Streit schlägt auch bei der Deutung Evolutionsmechanismus durch.

Clinton Richard Dawkins (1941-)

siehe Soziobiologie

Einteilung und Entwicklungen

Seit ihrer ursprünglichen Formulierung hat sich die Evolutionstheorie in vielfacher Hinsicht weiterentwickelt. Als direkter Nachfolger der Darwinschen Evolutionstheorie gilt die klassische neodarwinistische Evolutionstheorie. Sie wurde insbesondere von Ernst Mayr zur Synthetischen Theorie der Evolution weiterentwickelt. Durch die Einbeziehung der informationstheoretisch geprägten Systemtheorie nach Ludwig von Bertallanfy entwickelte insbesondere die Wiener Schule (Rupert Riedl unter anderem ) die Systemtheorie der Evolution.

Auch die Frage, wo die Selektion ansetze, ist Modifikationen unterzogen. So geht die darwinistische Theorie davon aus, dass die Selektion auf der Ebene des Phänotyps ansetze, und die Selektion zum Überleben des bestangepassten Organismus (survival of the fittest) führe. In Abgrenzung davon wurde der Begriff vom "Eigennutz des Gens" (Richard Dawkins: The Selfish Gene, 1976) geprägt, wonach auch Gene, die zu einer Beeinträchtigung der Fortpflanzungswahrscheinlichkeit des Organismus führen, selektiert werden, sofern sie Merkmale hervorrufen, die die Verbreitung dieses Gens unterstützen. Auf diese Weise wird beispielsweise das (scheinbar) altruistische Verhalten in vielen Bereichen der Biologie erklärt, wie beispielsweise das Verhalten der Arbeiterinnen bei verschiedenen sozial organisierten Insekten (vor allem Ameisen), die auf den eigenen Fortpflanzungserfolg völlig verzichten, da sie aus bestimmten genetischen Gründen (Haplodiploidie) mit potentiellen Geschwistern näher verwandt sind als mit potentiellen eigenen Nachkommen.

Aktuell diskutierte Probleme:

  • Die Koevolution. Betrachtet man viele Symbiosen, so erscheint es als fraglich, wie die tiefgreifenden Abhängigkeiten von Symbiosepartnern (beispielsweise bei Flechten) entstehen konnten. Ebenso erstaunlich sind die wechselseitigen Anpassungen von Insekten und Blütenpflanzen. Sehr oft hat man aber fossil oder rezent Zwischenstufen gefunden, die die parallele Evolution verständlich machen.
  • Die Evolution der Evolutionsmechanismen. Hier hat die Molekularbiologie in jüngerer Zeit deutlich veränderte Einsichten gebracht. Ging man in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts noch davon aus, dass die DNA-Sequenz direkt das entscheidende Genmaterial darstelle, so haben die Entdeckung der Introns, Exons sowie des Splicings und insbesondere des alternativen Splicings gezeigt, dass die Ursachen der genetischen Varabilität bereits auf molekularer Ebene Evolutionsprozessen unterworfen sind.
  • Die Evolution tiefgreifender Änderungen (Makroevolution), etwa auf der Ebene von Tierstämmen. Solange als Ursachen der Variabilität nur Genmutationen, Chromosomenmutationen, Genommutationen und Rekombination im Zuge der Meiose erkannt waren, war schwer vorstellbar, wie sich bestimmte Merkmale ohne Zwischenstufen ohne eigenen Selektionsvorteil entwickelt haben könnten. Solche Erscheinigen findet man speziell bei Eukaryonten. Die Entdeckung des alternativen Splicings bei Eukaryonten hat Ende des 20. Jahrhunderts gezeigt, dass DNA-Sequenzen multifunktionell sein und - je nach Splicing - zu unterschiedlichen Proteinen führen können. Zudem codiert ein erheblicher Teil der DNA nicht für Proteine. Auch die Genregulation bringt neue Aspekte in die Evolutionsforschung. So kann es einen Selektionsvorteil darstellen, phylogenetisch alte und nicht zur Proteincodierung benutzte DNA-Sequenzen im Genom zu konservieren, da damit die Ausprägung neuer Merkmale durch verändertes Splicing oder Änderungen der Genregulation weitaus schneller und tiefgreifender sein kann als es durch einen Austausch von DNA-Basen der Fall wäre.

Weitere ausgewählte Probleme, die im Rahmen von Evolutionstheorien behandelt werden sind:

Datierung und Zeitschätzungen (Zeitrahmen der Evolution)

Historische Schätzungen

Die relative Abfolge der Erdzeitalter ist schon lange bekannt, allerdings existierten bis zu Anfang des 20. Jahrhunderts keine direkten Methoden zur absoluten Altersbestimmung. Schätzungen basierten beispielsweise auf Erosionsraten, Sedimentationsraten, Schichtdicken oder Berechnungen der Zeit, die die Erde als physikalischer Körper zum Auskühlen benötigt. Schon für Charles Darwin stellte sich die Frage ob das Alter der Erde für eine Evolution mit den von ihm benannten Mechanismen ausreiche. Ein zu geringes Alter der Erde wäre für ihn ein zentraler Einwand gegen seine Evolutionstheorie. Aus diesem Grund ist es wichtig einen Blick auf die historischen Zeitangaben zu werfen. Der französische Naturforscher Georges-Louis Leclerc de Buffon (1707-1788) veranschlagte für das Alter der Erde 75000 Jahre, das Alter des Menschen nahm er mit 40000 Jahren an. Dies sind die ersten Zahlen, die über die im Mittelalter aufgrund des biblischen Schöpfungsberichtes festgelegten 6000 Jahre hinaus gehen. Fast ein Jahrhundert später legte Darwin sich aufgrund von Erosionsschätzungen auf ein Alter der Erde von 300 Mill. Jahren fest. Der Physiker William Thomson schätzte 1862 das Alter der Erde auf 25-400 Mill. Jahre, wobei 98 Mill. Jahre der wahrscheinlichste Wert sei. 1869 erklärte Thomson, dass dieser Zeitrahmen für eine Evolution nach den von Darwin angenommenen Mechanismen zu kurz sei. Auch Haeckel gab bezogen auf die heute als gültig anerkannten Werte zu geringe Zeiträume an (siehe Gegenüberstellung).

Moderne Angaben

Modernen Methoden zur absoluten Altersbestimmung basieren auf radioaktivem Zerfall.

  • 1911 datierte Arthur Holmes (1890-1965) den Beginn des Kambriums auf etwa 600 Mill. Jahre, was sehr nahe am heute akzeptierten Wert von 590 Millionen Jahre liegt.
  • Die 1946 eingeführte Radiokarbonmethode ermöglicht die Datierung von Fossilien bis 50.000 Jahren Alter.
  • Friedrich Georg Houtermans (1903-1966) nutzte 1953 Uran-Blei Isotopenmessungen und berechnete ein Erdalter von 4,5 Milliarden Jahren.
  • Clair Cameron Patterson (1922 - 1995) veröffentlichte 1953 auf einer wissenschaftlichen Konferenz das bis heute akzeptierte Alter der Erde von 4,55 Milliarden Jahren, welches auf der Uran-Blei-Datierungsmethode beruhte.
Vergleich der Erdzeitalter

Gegenüberstellung ausgewählter Zeitangaben:

Erdzeitalter Haeckel 1905 modern
Quartär 0,3 0,01
Tertiär 3 55
Mesozoikum 11 203
Paläozoikum 34 282
Präkambrium 52 3310
Summe 100,3 3850,01

(Angaben in Mill. Jahre)

Derzeit gültige Zusammenstellung der Geologische_Zeitskala mit Zeitangaben für die einzelnen Epochen.

Evolutionsfaktoren

Die phylogenetische (stammesgeschichtliche) Veränderung der Organismen wird durch drei Mechanismen erzeugt:

  1. Genetische Variabilität (Genetische Variation): Durch Mutationen und Rekombinationen werden neue Gene und damit neue Eigenschaften erzeugt.
  2. Selektion (Auslese): Diese neuen Eigenschaften werden durch die Umwelt entweder eliminiert oder durch Vererbung an die nächste Generation weitergegeben.
  3. Zufallswirkungen: siehe Gendrift und Gründereffekt. Die Verbreitung von Zufallswirkungen wird unterstützt durch Isolation.

Artbildung (Speziation)

Die Bildung neuer Arten (siehe auch: Artbildung) beruht im Wesentlichen auf reproduktiver Isolation: reproduktiv voneinander isoliert sind Lebewesen, wenn sie nicht in der Lage sind, gemeinsam fortpflanzungsfähige Nachkommen zu zeugen. Dies erfolgt in drei Schritten:

  1. Zwei (selten auch mehrere) Populationen einer Art sind durch Barrieren voneinander getrennt. Normalerweise ist dies eine geographische Isolation, beispielsweise durch geologische (Gebirgsbildung, Grabenbrüche), klimatische Vorgänge oder die Neubesiedlung von Inseln oder anderen abgetrennten Lebensräumen. Eine reproduktive Isolation kann auch durch andere ökologische Faktoren (neue Nahrungsquelle und damit veränderte Mikrohabitate) oder Verhaltensänderungen initiiert werden.
  2. Getrennte Evolution beider Populationen, die zu unterschiedlichen Genpools führt (zum Beispiel durch Mutation oder Gendrift)
  3. Entwicklung genetischer Inkompatibilitäten, die die Vermischung der Arten auch bei Wegfall der Barrieren verhindern sowie von Verhaltensänderungen, die die Kopulation unwahrscheinlich machen.

Die Mechanismen der reproduktiven Isolation lassen sich unterscheiden in

  • präzygotische Isolationsmechanismen: zeitliche, habitatbedingte, ethologische und mechanische Isolation

und

Literatur

  • Ernst Mayr: Das ist Evolution. München: C. Bertelsmann-Verlag, 2003. 378 S. (Der zur Zeit beste allgemeinverständliche Überblick über alle Fragen der Evolutionstheorie, verfasst vom berühmtesten Evolutionsbiologen des 20. Jahrhunderts.)
  • Ernst Mayr: Artbegriff und Evolution. Hamburg, Berlin: Parey-Verlag, 1967. (Voluminöser Klassiker der Evolutionstheorie für Biologen mit einer Fülle von wissenschaftlich belegtem Dokumentationsmaterial.)
  • Rupert Riedl, Riedls Kulturgeschichte der Evolutionstheorie. Die Helden, ihre Irrungen und Einsichten. Berlin: Springer-Verlag, 2003. 236 S. m. 39 Abb. 24 cm. ISBN 3-540-43668-5
  • Heinrich Meier (Hrsg.): Die Herausforderung der Evolutionsbiologie. Serie Piper Bd. 997. München: Piper-Verlag. 3. Aufl. 1992. Mit 28 Abb. ISBN 3-492-10997-7
  • Ulrich Kutschera: Evolutionsbiologie. Eine allgemeine Einführung. Blackwell Wissenschafts-Verlag, Parey, 2001. 284 S. m. 104 Abb. ISBN 3-8263-3348-9
  • Mathias Gutmann: Die Evolutionstheorie und ihr Gegenstand. Beitrag der Methodischen Philosophie zu einer konstruktiven Theorie der Evolution (Studien zur Theorie der Biologie Band 1). Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung, 1996
  • Richard Dawkins: The Selfish Gene. Oxford: Oxford University Press, 1976. New Edition 1989. (dt.: Das egoistische Gen)
  • Richard Dawkins: The Blind Watchmaker. London unter anderem : Penguin, 1986. Reprint 1991.

Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl] oder Die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe ums Dasein. Herausgeber: Heinrich Schmidt Übersetzung J. V. Carus (1884)

Anmerkung: evolutionskritische beziehungsweise kreationistische Links und Literaturhinweise befinden sich im Artikel Kreationismus.

Siehe auch