Zum Inhalt springen

Ustascha

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. Dezember 2004 um 18:07 Uhr durch Malula (Diskussion | Beiträge) (Zweiter Weltkrieg). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Ustascha (kroatisch: Ustaša, Mehrzahl: Ustaše, zu dt. "die Aufständischen") war eine kroatische nationalistische Bewegung, die 1929 von Ante Pavelić gegründet wurde, der kurz zuvor nach Italien ins Exil gegangen war.

Die Zeit vor der Gründung der Ustascha

Am 29. Oktober 1918 beschloss das kroatische Parlament in Zagreb die Aufhebung sämtlicher staatsrechtlicher Beziehungen zwischen Kroatien und der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Kurz darauf folgte die Vereinigung der südslawischen Länder Österreich-Ungarns mit dem Königreich Serbien zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen unter der serbischen Dynastie der Karađorđević. Große Teile der kroatische Bevölkerung lehnten die Gründung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen in der Form, wie sie stattgefunden hatte, jedoch ab. So verlangte etwa die Kroatische Bauernpartei unter Berufung auf das vom amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson proklamierte Selbstbestimmungsrecht der Völker die Anerkennung eines separaten Selbstbestimmungsrechtes für Kroatien. Da im Prozedere der Verfassungsgebenden Versammlung ein Vetorecht der einzelnen Völker nicht anerkannt wurde und zudem die monarchische Staatsform nicht in Frage gestellt werden durfte, boykottierten die Abgeordneten der Kroatischen Bauernpartei diese. Die durch den Boykott zahlenmäßig geschrumpfte Verfassungsgebenden Versammlung verabschiedete 1921 mit knapper Mehrheit eine Verfassung, die eine zentralistische Staatsorganisation und die Auflösung der historischen Provinzen vorsah, was den Serben als zahlenmäßig größtem Volk de facto die Vorherrschaft sicherte.

Staatsstreich

1929 führte König Alexander I. einen Staatsstreich durch: Er proklamierte die Königsdiktatur, löste das Parlament auf und suspendierte die Verfassung von 1921. Das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen wurde in Königreich Jugoslawien unbenannt. Nachdem sich abzeichnete, dass Alexander die zentralistische Staatsordnung beibehalten und vorwiegend mit Hilfe serbischer Offiziere regieren wollte, traf er vor allem unter den Kroaten auf wachsenden Widerstand. Im selben Jahr gründet Ante Pavelić die Ustascha-Bewegung.

Die Ustascha verstand sich als Unabhängigkeitsbewegung gegen die serbische Hegemonie in Jugoslawien. Später entwickelte sie sich aber zu einer faschistischen Bewegung, die sich an Mussolini und Hitler als Vorbildern orientierte.

Sie wurde in den Jahren 1929 bis 1934 vom faschistischen Regime Mussolinis aktiv unterstützt, um Jugoslawien, das einer italienischen Vorherrschaft an der Adria und auf dem Balkan im Wege stand, zu destabilisieren.

Im Gegensatz zu anderen kroatischen oppositionellen Gruppen (wie der Kroatischen Bauernpartei) versuchte die Ustascha ihre Ziele primär mit gewaltsamen Mitteln, auch durch Terror zu erreichen. Die Regierung reagierte auf die Aktivitäten der Ustascha mit der gewaltsamen Unterdrückung jedes potentiellen Widerstandes. Dabei wurden auch mehrere nicht an den terroristischen Aktivitäten beteiligte Oppositionelle, unter anderem Milan Šufflay, von Agenten des jugoslawischen Geheimdienstes ermordet, was internationale Proteste nach sich zog.

Attentat auf Alexander I.

Höhepunkt ihrer Aktivitäten war die gemeinsam mit mazedonischen Nationalisten durchgeführte Ermordung des jugoslawischen Königs Alexander I. durch Welitschko Kerin-Dimitrof in Marseille im Jahre 1934.

Nachdem die Täterschaft bekannt geworden war und zu einer Krise in den französisch-italienischen Beziehungen geführt hatte, wurde Pavelić von Mussolini unter Hausarrest gestellt und gezwungen, seine Terrorkampagne vorläufig einzustellen. Die Ustascha verlagerte daraufhin den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten auf den Aufbau von Unterstützergruppen unter kroatischen Emigranten und wartete eine Gelegenheit ab, mit deutscher oder italienischer Hilfe die Macht zu ergreifen.

Zweiter Weltkrieg

Nach der Besetzung und Zerschlagung Jugoslawiens durch deutsche und italienische Truppen im Frühjahr 1941 wurde der Ustascha von diesen die Macht in dem für "selbständig" erklärten Unabhängigen Staat Kroatien übertragen, nachdem die Kroatische Bauernpartei die Kollaboration verweigert hatte. Dieser umfasste auch ganz Bosnien-Herzegowina und Syrmien, die von der Ustascha als "ursprünglich kroatische Länder" beansprucht wurde; große Teile Dalmatiens mit knapp 380.000 Menschen musste er hingegen an Italien abtreten. Deutsche und italienische Besatzungstruppen blieben auf seinem Gebiet präsent und operierten oft auch ohne Rücksicht auf die "Staatsorgane" des offiziell "unabhängigen" Staates. Die Enttäuschung über die Ustascha in der Bevölkerung war sehr groß und der Rückhalt in der Bevölkerung nahm schon nach wenigen Monaten rapide ab.

Der Unabhängige Staat Kroatien wurde als Führerstaat nach dem Vorbild seiner faschistischen Verbündeten organisiert. Pavelić übernahm unter dem Titel Poglavnik (wörtlich soviel wie Oberhaupt) die Rolle des Führers, die Ustascha-Bewegung (Ustaški pokret) wurde zur Einheitspartei, und parallel zur Aufstellung einer auf Wehrpflicht basierenden regulären Armee (an deren politischer Verlässlichkeit Zweifel bestanden) wurde nach dem Vorbild der SS die Ustascha-Miliz (Ustaška vojnica) als Prätorianergarde des Regimes gebildet.

Der Ustascha-Staat erließ Rassengesetze nach dem Vorbild des Dritten Reiches, die sich gegen Juden und Roma, aber auch gegen Serben richteten, die kollektiv zu Feinden des kroatischen Volkes erklärt wurden. Serben, Juden, Roma und Antifaschisten wurden in Konzentrationslagern eingesperrt und vor allem von der Ustascha-Miliz getötet. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe unter den Opfern stellten dabei die Serben dar, unangefochtene Zahlen gibt es jedoch bis heute nicht. Die Bosniaken wurden hingegen zu Kroaten muslimischer Konfession erklärt und offiziell mit denjenigen katholischer Konfession gleichgestellt. Ab 1943 war Hadsch Mohammed Amin al-Husseini, der Großmufti von Jerusalem in seiner Funktion als SS Mitglied mit der Organisation und Ausbildung von bosnisch-islamischen Wehrmachteinheiten und Waffen-SS-Divisionen befasst. Die größte war die 13. "Handschar"-Division (auch "Handzar"; 21.065 Mann), die ab Februar 1944 Operationen gegen kommunistische Partisanen auf dem Balkan durchführte. Diese bosnischen SS-Einheiten operierten zwar auf dem nominell von der Ustascha regierten Gebiet des "Unabhängigen Staates Kroatien" und kämpften auf derselben Seite und unter demselben Oberkommando wie dessen Streitkräfte (die seit 1943 auch offiziell deutschem Oberkommando unterstanden), waren jedoch kein Teil der Ustascha selbst oder der Armee des "Unabhängigen Staates Kroatien", sondern wurden von deutscher Seite selbständig aufgestellt, wobei das Ustascha-Regime dies zwar billigte (und angesichts seiner Anhängigkeit vom Deutschen Reich auch gar nicht anders konnte), sie jedoch zugleich mit Misstrauen beobachtete, da es in ihnen den Ausdruck eines möglichen bosniakischen Separatismus sah.

Der Ustascha-Staat blieb bis 1945 ein treuer Verbündeter des Deutschen Reiches und entsandte auch Truppen zur Unterstützung des deutschen Feldzuges gegen die Sowjetunion. Militärisch war er jedoch hauptsächlich mit dem Kampf gegen die von Tito angeführten Partisanen, als auch mit den später ebenfalls mit Nazi-Deutschland verbündeteten Tschetniks (Serbische Nationalmonarchistische Bewegung) beschäftigt, die schnell einen großen Teil seines offiziellen Territoriums unter ihre Kontrolle brachten.

Nach Beendigung des Krieges ergaben sich hunderttausende kroatischer Zivilisten, Reste der Ustascha und Domobranci Truppen den Briten nahe Bleiburg in Österreich. Diese wurden jedoch an die Tito-Partisanen ausgeliefert. Der Großteil von ihnen wurde kurz nach der Gefangennahme erschossen oder in Todesmärschen ermordet.

Exil in Argentinien

Am Ende des Zweiten Weltkrieges floh die Führung der Ustascha um Pavelić im Mai 1945 aus Kroatien. Über die Rattenline (ratline) gelangten einige hundert Angehörige der Ustascha nach Italien und verschifften sich in Richtung Argentinien, Amerika, Kanada und Spanien. Pavelic selbst erreichte 1947 Argentinien und lebte bis kurz vor seinem Tod Ende der fünfziger Jahre in Buenos Aires, wo er als Sicherheitsberater des argentinischen Diktators Peron fungierte. Dort bildete er eine "Exilregierung", die jedoch von keinem Staat anerkannt wurde. Aufgrund von persönlichen und politischen Rivalitäten spaltete sie sich in mehrere Gruppierungen, die jeweils einen Alleinvertretungsanspruch für sich erhoben.

Aus diesen Kreisen bildeten sich terroristische Untergrundgruppen, die aber keine große Rolle mehr spielten.

Siehe auch