Klitikon
Klitika sind schwach- oder unbetonte Wörter, die sich an ein benachbartes (betontes) Wort 'anlehnen' (daher die Bezeichnung aus griechisch egklínein "(sich) neigen"). Man unterscheidet zwischen Proklitika und Enklitika. Erstere lehnen sich an das folgende Wort an, letztere an das vorangehende. Über Klitika im Ur-Indogermanischen sagt Wackernagels Gesetz aus.
Klitika können nicht isoliert und unabhängig auftreten. Sie sind keine freien, unabhängigen Wörter und nehmen eine Art Sonderstellung zwischen freien Wörtern und Affixen ein.
Die Klitika werden in der Regel an den Anfang oder ans Ende eines betonten Wortes angefügt (was aus der Schrift nicht immer ersichtlich sein muss), aber z.B. im Litauischen können Klitika auch inmitten eines Verbs (zwischen Präfix und Wortstamm) vorkommen (užsisakyti "bestellen" refl.).
Linguistische Definition
Das Klitikon (griech: klitikon das sich Anlehnende, Stützwort) ist ein nur schwach betontes Morphem, welches sich an das benachbarte Wort anfügt, ohne dessen Affix zu sein. Das Anfügen verändert oft die silbische Struktur.
Klitika in verschiedenen Sprachen/Dialekten
Bairisch
Im Bairischen haben viele Pronomina ein unbetontes Pendant, das meist auf Verben oder Konjunktionen folgt. Es können auch zwei unbetonte Formen nebeneinander stehen. Die folgenden Beispiele beziehen sich auf das Südbairische:
- i gib'n's (ich gebe es ihm; der Dativ steht vorm Akkusativ, evtl. auch i gib eams)
- hiatzan haumà'n nieder (jetzt hauen wir ihn nieder)
- wånn imi umschau (wenn ich mich umschaue)
- i såg dàs (ich sage es dir)
- "gibt 's" statt "gibt es"
- "s 'gibt" statt "es gibt"
Manche pronominalen Formen sind grammatikalisiert worden und werden in gewissen Kontexten als Endungen aufgefasst, in folgendem Satz zum Beispiel erscheint das Pronomen mir (wir) gleich dreimal (zweimal unbetont):
- ..., weilmà mir ka Haus håmmà (weil wir kein Haus haben)
Andere
- Ein Bairischer Dialekt in Österreich: Glång mas Brot, bittschön. (Reich mir das Brot...)
- Saarländisch: Haschesem gesaat? (Hast Du es ihm gesagt? – dreifach klitisch!)
- Plautdietsch: Waut wella bloos von mie? (Was will er nur von mir?)
- Tschechisch: Kdy ses ho na to ptal? (Wann hast du ihn danach gefragt?)
- Niedersorbisch: Ga sy se jogo za to pšašał? (Wann hast du ihn danach gefragt?)
- (Alt-)Litauisch: Pamiduok. (Hilf mir.)
- Polnisch: Cóżeś zrobił? (Was hast du denn getan?)
- Kölsch: Ham_mer_et_jëz? (Haben wir das jetzt?)
Quellen
- Helmut Glück (Hsg), Metzler-Lexikon Sprache, 2000