Zum Inhalt springen

Chania

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. November 2007 um 02:51 Uhr durch Oltau (Diskussion | Beiträge) (Neuzeit). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vorlage:Infobox Gemeinde Griechenland

Chania (Vorlage:ELSneu) ist eine Hafenstadt auf der griechischen Insel Kreta. Sie ist mit etwa 54.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Insel und Verwaltungssitz der gleichnamigen Präfektur Chania, die den gesamten Westen Kretas umfasst.

Der internationale Flughafen von Chania befindet sich ungefähr 12 Kilometer nordöstlich der Stadt auf einer Ebene der Akrotiri-Halbinsel.

Geografie

Geografische Lage

Die Stadt Chania liegt an der Nordküste der Insel Kreta, rund 100 Kilometer westlich der heutigen Inselhauptstadt Iraklio. Die Gemeinde Chania ist flächenmäßig die kleinste der nach ihr benannten Präfektur, da sie sich fast ausschließlich auf das Stadtgebiet beschränkt. Chania war bis 1971 Verwaltungssitz der gesamten Insel. Heute ist die Stadt mit über einem Drittel der Einwohner der Präfektur die beherrschende Metropole Westkretas.

Das Kretische Meer nördlich der Insel bildet zwischen den Halbinseln Rodopou und Akrotiri den Golf von Chania, an dessen Südostseite an der Landenge zu Akrotiri die Hafenstadt erbaut wurde. Östlich der Landenge liegt die Bucht von Souda, ein durch die Halbinsel Akrotiri geschützter Naturhafen. Südlich von Chania steigt das kretische Inland stetig an und bildet mit dem bei klaren Wetter gut zu sehenden Gebirgszug der Weißen Berge (Lefka Ori) eine nur von wenigen Passstraßen durchbrochene Barriere zur Südküste Kretas.

Nachbargemeinden

Im Osten und Südosten grenzen die Gemeinden Akrotiri und Souda an das Stadtgebiet von Chania. Westlich der Stadt liegt die Gemeinde Nea Kydonia. Die südlich an die geschlossene Stadtbebauung angrenzenden Vororte in Richtung Schnellstraße (New Road) gehören schon zur Gemeinde Eleftherios Venizelos.

Stadtgliederung

Chania ist in mehrere Stadtviertel unterteilt:

  • Chalepa
  • Evraiki
  • Kastelli
  • Kumkapi
  • Nea Chora
  • Splantzia
  • Topanas

Geschichte

Altertum

Erste Siedlungsspuren aus dem Altstadtviertel Kastelli reichen bis in die Jungsteinzeit 3400 bis 3000 v. Chr. zurück. Damit ist Chania eine der ältesten ununterbrochen bewohnten Siedlungsstätten Europas. Als Stadt wurde sie in minoischer „Vorpalast“-Zeit (3000-1900 v. Chr.) unter dem Namen Kudonija erbaut, aus dem sich der spätere antike Name Kydonia ableitete. Belegt ist der Name Kudonija erstmals in Linearschrift B auf einer Tontafel. Nach antiker Überlieferung wurde die Stadt durch den mythischen König Minos gegründet und nach dem Heros Kýdon, dem Sohn des Apollon und der Akakallis, Tochter des Minos, benannt.[1]

In den minoischen Epochen der „Neu-“ und „Nachpalastzeit“ (1600-1100 v. Chr.) war Kudonija eine blühende Stadt mit großen, in sich geschlossenen Wohnhäusern zwischen Straßen und Plätzen, und höchstwahrscheinlich einem Palast als Zentrum. Dass in Chania kein minoischer Palast gefunden wurde, ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, dass die Siedlung nie aufgegeben wurde und spätere Generationen ihre Gebäude vornehmlich mit Baumaterial errichteten, welches sie aus älteren Bauwerken der Stadt gewannen. Kudonija hatte eine bedeutende Keramikproduktion und Handelsverbindungen bis Ägypten, Zypern und Palästina. Selbst die Zeit der Zerstörung der meisten kretischen Paläste um die Jahre 1450 bis 1425 v. Chr. durch die Mykener überstand die Stadt neben Knossos wohl schadlos.

Ausgrabungsstätten der minoischen Kultur befinden sich hauptsächlich auf dem Kastelli-Hügel, am Platia Agias Akaterinis. Die Nekropole wurde vor dem Süd- und Ostteil der damaligen Stadt im Gebiet Mazali und im Bereich des heutigen Stadions lokalisiert. Nach 1400 v. Chr. dominierte jedoch die mykenische Kultur der griechischen Achaier. Einen Austausch beider Kulturen, der minoischen und der mykenischen, hatte es schon vor der mykenischen Eroberung der Insel ab 1450 v. Chr. gegeben. Manche Historiker nehmen an, dass z. B. Knossos deshalb nicht wie andere Paläste Kretas zerstört wurde, weil es dort schon eine große Anzahl achaiischer Kolonisten gab, die dafür sorgten, dass die Stadt rasch übergeben wurde. Ähnliches könnte auch auf die nordwestliche Handelsmetropole Kudonija zutreffen.

Eine multikulturelle Stadt blieb die nun Kydonia genannte Hafenstadt auch nach dem allmählichen Niedergang der mykenischen Kultur und dem Beginn der dorischen Einwanderung nach Kreta. In der von Homer überlieferten Odyssee, die in diesem Zeitraum angesiedelt ist, wird Kydonia zwei mal erwähnt, im Dritten Gesang, Zeile 292, und im Neunzehnten Gesang, Zeile 176 (in der Übersetzung von Johann Heinrich Voß):[2]

Aus dem Dritten Gesang:

Also ward Menelaos, wie sehr er auch eilte, verzögert,
Um den Freund zu begraben, und Totengeschenke zu opfern.
Aber da nun auch jener, die dunkeln Wogen durchsegelnd,
Seine gerüsteten Schiffe zum hohen Gebirge Maleia
Hatte geführt; da verhängte der Gott weithallender Donner
Ihm die traurigste Fahrt, sandt' ihm lautbrausende Stürme,
Und hoch wogten, wie Berge, die ungeheuren Gewässer.
Plötzlich zerstreut' er die Schiffe; die meisten verschlug er gen Kreta,
Wo der Kydonen Volk des Jardanos Ufer umwohnet.
An der gordynischen Grenz', im dunkelwogenden Meere,
Türmt sich ein glatter Fels den dringenden Fluten entgegen,
Die der gewaltige Süd an das linke Gebirge vor Phästos
Stürmt; und der kleine Fels hemmt große brandende Fluten.

Aus dem Neunzehnten Gesang:

Nun so will ich's dir sagen, wiewohl du mein bitteres Leiden
Mir noch bitterer machst; denn Schmerz empfindet doch jeder,
Welcher so lang' als ich von seiner Heimat entfernt ist,
Und mit Jammer umringt so viele Städte durchwandert.
Aber ich will dir doch, was du mich fragest, verkünden.
Kreta ist ein Land im dunkelwogenden Meere,
Fruchtbar und anmutsvoll und ringsumflossen. Es wohnen
Dort unzählige Menschen, und ihrer Städte sind neunzig:
Völker von mancherlei Stamm und mancherlei Sprachen. Es wohnen
Dort Achaier, Kydonen und eingeborene Kreter,
Dorier, welche sich dreifach verteilet, und edle Pelasger.
Ihrer Könige Stadt ist Knossos, wo Minos geherrscht hat,
Der neunjährig mit Zeus, dem großen Gotte, geredet.

Tonfigur aus Kydonia
(4. bis 3.Jahrhundert v. Chr.)

In der geometrischen (etwa 1050–700 v. Chr.) und der sich anschließenden archaischen Epoche (etwa 700-500 v. Chr.) entwickelte sich Kydonia zu einer der wichtigsten Poleis Westkretas. Die bedeutendsten Städte Kretas wie auch ganz Griechenlands bildeten kleine selbstständige Stadtstaaten (Poleis), die sich oft gegenseitig befehdeten. Noch in archaischer Zeit, im Jahre 525 v. Chr., wurde Kydonia von Samos her neu kolonisiert. Später folgten Siedler von Aigina. Eine zweite Einwanderungswelle von diesen beiden Inseln kam ab 431 v. Chr. in die Polis. Enge Verbindungen gab es auch mit Kyrene.

Im Jahre 429 v. Chr. verheerte ein Angriff der Athener Flotte während des Peloponnesischen Krieges das Küstengebiet bei Kydonia, während die Stadt durch die Athener nicht eingenommen werden konnte. Konkurierende Städte waren jedoch meist die Poleis in der Nachbarschaft wie Aptera, Elyros, Polyrrhenia mit seinem Hafen Phalasarna und Knossos. Dass man gelegentlich auch Bündnisse miteinander einging, zeigt sich am Krieg im Jahre 220 v. Chr. zwischen Knossos und Lyttos, bei dem Kydonia an der Seite Knossos` kämpfte.

Nach einem kurzzeitigen Bündnis Kydonias mit Makedonien, dass 220 v. Chr. auf Kreta interveniert hatte, um die Verhältnisse zu stabilisieren, verlor Makedonien 196 v. Chr. nach dem zweiten Krieg gegen Rom die Hegemonie über Griechenland und, wieder unabhängig, kam es erneut zu Kriegen der rivalisierenden kretischen Städte untereinander. 189 v. Chr. kämpfte Kydonia gegen Knossos und Gortyn, 184 v. Chr. eroberte die Stadt wegen Auseinandersetzungen um die Kontrolle über das Diktynnäische Heiligtum auf der Halbinsel Rodopou die Polis Polyrrhenia mit der Hafenstadt Phalasarna. Diese Konflikte endeten erst 67 v. Chr. mit der Besetzung der Insel durch die römischen Truppen.

Seit dem Jahr 69 v. Chr. begann das Römische Reich, Kreta zu besetzen. 67 v. Chr. wurde die Insel römische Provinz. Kydonia kam als eine der ersten Städte Kretas in den Machtbereich des Imperiums und erhielt wegen seiner römerfreundlichen Haltung den Status einer freien Stadt. Bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. ist das Recht auf eine eigene Münzprägung bezeugt, Münzen aus Kydonia stellten beispielsweise eine Nymphe mit Kranz und den Heros Kýdon, gesäugt durch eine Hündin, dar. Die Eroberung Kretas durch die Römer bedeutete das Ende der Bürgerkriege und den Beginn einer langen Friedenszeit mit wirtschaftlicher Blüte. Hauptstadt der Provinz Kreta und Kyrenaika (Creta et Cyrene) wurde das bei der Eroberung der Insel mit Rom verbündete Gortyn. In die Zeit der römischen Herrschaft fällt auch die allmähliche Christianisierung der Insel im 3. und 4. Jahrhundert. Kydonia wird in kirchlichen Quellen als Bischofssitz erwähnt, dessen Bischof Teilnehmer an der Synode von Serdica (Sofia) in den Jahren 343/344 n. Chr. war.

Mittelalter

Nach dem Tod des Kaisers Theodosius I. im Jahre 394 kam es 395 zur Teilung des Römischen Reiches. Kydonia lag mit Kreta in dessen Ostteil, der sich ab 610 vom lateinisch geprägten Oströmischen Reich zum griechisch dominierten Byzantinischen Reich umbildete. Gleichzeitig zehrten die ständigen Abwehrkämpfe gegen Slawen und Bulgaren im Norden, Sassaniden (Perser) im Osten und Sarazenen (Araber) im Süden und Südosten an der Substanz des Ostreiches. Die meisten Städte der antiken Zivilisation wurden aufgegeben oder schrumpften auf die Größe von befestigten Dörfern, den sogenannten Kastra.

Von Kydonia ist aus der ersten byzantinischen Epoche wenig überliefert. Archäologische Grabungen belegen lediglich die Existenz einer großen altchristlichen Basilika auf dem Kastelli-Hügel. In den Jahren 824 bis 828 eroberten schließlich die Sarazenen die Insel, wobei Kydonia möglicherweise wie die meisten Städte Kretas zerstört wurde. Es wird angenommen, dass es sich bei den Eroberern um nach einem Aufstand im Emirat von Córdoba im heutigen Spanien nach Alexandria geflohene Araber handelte, die unter ihrem Anführer, dem Emir Abu Hafs Omar[3], schon 823 einen Beutezug ins südliche Kreta unternahmen. Mehrere Rückeroberungsversuche des geschwächten Byzantinischen Reiches in den Jahren 825, 826, 828 und 902 blieben erfolglos.[4][5]

Arabische Eroberung Kretas
(Darstellung in der Chronik des Ioannis Scylitzes)

Aus der Zeit der Sarazenenherrschaft über Kreta wird der heutige Name der Stadt Chania abgeleitet. Dabei soll es sich im Ursprung nicht um eine arabische Bezeichnung gehandelt haben. Vielmehr wurde für die nach der Zerstörung Kydonias neu errichtete Siedlung der Name des ehemaligen Vorortes Alchanía (nach dem Gott Velchanos, oder altgriechisch Hephaistos), der auf einer Inschrift verzeichnet ist, übernommen. Im Arabischen wurde daraus Al Hanim, was übersetzt „Herberge“ bedeutet. Nach der byzantinischen Rückeroberung der Insel 960/961 unter dem General Nikephoros Phokas ersetzte man die arabisch klingende Vorsilbe „Al“ durch den griechischen Artikel „Ta“ (Plural: die) zu Ta Chania, woraus später im Lateinischen La Canea wurde. In jedem Fall war der Ort bis ins erste Jahrhundert der späteren Herrschaft der Venezianer nur eine kleine, wenn auch befestigte, bäuerliche Siedlung.

Nach 961, dem Jahr der Wiedereingliederung Kretas in das Byzantinische Reich, wurde die vermutlich zerstörte hellenistische Stadtmauer Kydonias um den Kastelli-Hügel durch eine neue Befestigung ersetzt, um weitere arabische Angriffe abwehren zu können. Viele Soldaten des Nikophoros Phokas ließen sich auf Kreta nieder und auch aus anderen Teilen des Reiches kamen neue griechische Siedler, die den Bevölkerungsverlust durch Kriegsfolgen und Abwanderung während der Herrschaft der Araber ausglichen. Ab 1082 siedelte Kaiser Alexios I. Komnenos vermehrt adelige Familien auf der Insel an, denen großer Grundbesitz und bestimmte Privilegien übertragen wurden. Über den Ort Chania ist aus diesem Zeitabschnitt nichts weiter überliefert, sieht man einmal von der regelmäßigen Nennung in den Protokollen kirchlicher Synoden ab. Die zweite byzantinische Epoche Kretas endete nach der Einnahme Konstantinopels am 13. April 1204 durch die Kreuzfahrer des venetianisch finanzierten Vierten Kreuzzuges unter der Führung des piemontesischen Markgrafen Bonifatius von Montferrat, der die Insel zur Begleichung der Kriegsschulden im Jahr 1210 für 10.000 Silbermark an die Venezianer verkaufte.

Hafen von Canea

Die Republik Venedig musste zunächst gegen das ligurische Genua und die kretische Bevölkerung um die Vorherrschaft über die Insel kämpfen. Den mit Venedig rivalisierenden Genuesen war es ab 1207 unter Enrico il Pescatore gelungen, Teile Kretas zu besetzen. Nach der Vertreibung der Genuesen 1212 und der Einnahme der gesamten Insel bis 1218, bei ständigen Aufständen der einheimischen Bevölkerung, siedelten die Venezianer zur Festigung ihrer Herrschaft Italiener aus der Mutterstadt an, nach verschiedenen Angaben 4.000 bis 10.000 Menschen, darunter auch viele Adelsfamilien. Chania wurde als La Canea anfänglich Verwaltungssitz des Exarchats Dorsoduro, später des Distrikts Canea. Auch nach La Canea kamen viele Venezianer, die zunächst auf dem nun Castel Veccio genannten Kastelli-Hügel innerhalb der byzantinischen Stadtmauern siedelten, später auch außerhalb der alten Befestigung im neu entstehenden Wohnviertel Vourgo. Es wurden mehrere neue Brunnen und ein Aquädukt angelegt und im Zentrum entstanden herrschaftliche Gebäude des venezianischen Adels. Aus dieser Zeit stammen die Hauptstraße La Corsa und die Kirchen Santa Maria und Duomo.

Mit der Zunahme der Bevölkerung gilt das Jahr 1252 als Neugründung des Ortes als Stadt. Nachdem die Genuesen La Canea den Venetianern 1263 wieder entrissen hatten, befestigten die letzteren nach der Rückeroberung 22 Jahre später 1285 das um Castel Veccio herum erweiterte Stadtgebiet mit einer neuen Mauer. Ab 1320 begann man dann durch Aufschüttung einer Mole mit dem Bau des Hafens. Durch ihn wurde La Canea zur wichtigsten ökonomischen und politischen Verbindung zwischen Kreta und Venedig, daher der damalige Beiname Chanias als „Venedig Kretas“. Gesellschaftlich führte jedoch die Einsetzung des venezianischen Feudalsystems und der Versuch, die Orthodoxie entschieden einzuschränken, zu zahlreichen Aufstandsbewegungen. In einem Zeitraum von zwei Jahrhunderten werden 27 größere oder kleinere, lokal begrenzte Erhebungen sozialen und nationalen Charakters erwähnt.

Die Kultur der italienischen Stadtrepublik konnte sich auf Kreta nicht durchsetzen, was auch dem Umstand geschuldet scheint, dass sich nach der osmanischen Eroberung Konstantinopels 1493 viele griechische Flüchtlinge aus der byzantinischen Kaiserstadt, darunter Aristokraten, Geistliche und Künstler, auf der Insel ansiedelten und der griechischen Kunst und Kultur zu einer neuen Blüte verhalfen. So entstand beispielsweise aus der überlieferten byzantinischen Malerei unter Vermischung mit Elementen der italienischen Renaissance eine neue künstlerische Richtung, die sogenannte Kretische Schule. Zu ihren bedeutendsten Vertretern zählte der 1530 in La Canea geborene Michail Damaskinos.[6]

Venezianischer Hafen von Chania

Neuzeit

Anfang des 16. Jahrhunderts bedrohten erstmals die Expansionsbestrebungen des Osmanischen Reiches die Insel Kreta. Aus diesem Grunde wurde 1536 für La Canea der Bau einer neuen Befestigung mit fünf Bastionen, einem breiten Graben und der Festung (griechisch Firkas) am Hafen geplant und begonnen, die die Stadt rechteckig umschloss. Konstrukteur war der Veroneser Architekt Michele Sanmicheli. Die Arbeiten an dem etwa zwei Kilometer langen äußeren Festungsgürtel um die stark gewachsene Stadt, bei denen das bis dahin noch erhaltene antike Theater zerstört wurde, zogen sich bis 1590 hin. In diesen Jahren, die man als Blütezeit des venezianischen La Canea bezeichnen kann, entstanden außerdem die meisten heute noch erhaltenen Palazzi und auch der Hafen, einschließlich der großen Arsenale (Neoria), Werften zur Aufbewahrung und Instandsetzung der Schiffe, erhielt sein heutiges Gesicht.

In der Zwischenzeit hatten die Osmanen bereits ab 1538 unter Führung des Admirals Chaireddin Barbarossa Teile Mittel- und Westkretas zeitweilig erobert. Dieser erste Angriff kam vor den Mauern Candias zum Stillstand. 1645 landete dann ein 60.000 Mann starkes osmanisches Heer auf 400 Schiffen westlich von La Canea nahe des Klosters Moni Odigitrias Gonias bei Kolymbari und nahm am 23. Juni des Jahres die der Stadt vorgelagerte Festungsinsel Agii Theodori im Golf von Chania ein. Nach zweimonatiger Belagerung fällt La Canea am 22. August 1645 als eine der ersten Städte Kretas in die Hände der türkischen Eroberer. Schon im selben Jahr der Einnahme der Stadt 1645 beginnen die muslimischen Türken mit dem Bau einer Moschee am Hafen, der Hassan-Pascha-Moschee, heute als Janitscharen-Moschee eine Sehenswürdigkeit Chanias.

Festung Canea zur Zeit des Candia-Krieges (1651)
Hafen in osmanischer Zeit

Die nun türkisch Hanya genannte Stadt wurde 1651, da die eigentliche Hauptstadt Kretas Candia der Belagerung durch die osmanischen Truppen 21 Jahre lang standhielt, Verwaltungssitz der gesamten Insel. Sitz des Paschas, und damit neue Inselhauptstadt, blieb Hanya auch nach der Einnahme Candias im Jahre 1669. Die Festungsinseln Gramvousa und Souda fielen erst 1692 bzw. 1715 unter osmanische Kontrolle, die erstere bei dem Versuch der Venezianer, Hanya zurück zu erobern. Unter der Osmanenherrschaft änderte sich auch das Stadtbild. Kirchen wurden in Moscheen umgewandelt und erhielten Minarette, öffentliche Bäder (Hamams) und Brunnen wurden gebaut und die vor allem in den Vierteln Kastelli und Splantzia siedelnden türkischen Zuwanderer errichteten zahlreiche große Privathäuser mit Holzerkern. Viele Christen hingegen verließen Kreta, um den Unterdrückungsmaßnahmen der neuen Herrscher zu entgehen, und fanden Zuflucht auf den Ionischen Inseln.

Unter der osmanischen Besatzung kam es mehrfach zu Aufständen der griechisch-orthodoxen Bevölkerung der Insel, die durch das Osmanische Reich grausam niedergeschlagen wurden, der größte 1770 unter Daskalogiannis. Im Jahr 1821, dem Jahr des Beginns der Griechischen Revolution, wurden in Hanya viele Christen getötet und der Bischof von Kissamos, Melhisethek Thespotakis, in Splantzia gehängt. Der Aufstand Griechenlands schien schon gescheitert, als der Vizekönig von Ägypten, Muhammad Ali Pascha, den osmanischen Sultan Mahmud II. 1824 bis 1827 bei der Niederschlagung der Revolution unterstützte. Durch das Eingreifen der Großmächte Großbritannien, Frankreich und Russland, die die Ägyptische Flotte in der Schlacht von Navarino vernichteten, wurde der osmanische Herrscher jedoch gezwungen, das Londoner Protokoll vom 3. Februar 1830 zu unterzeichnen, durch das der griechische Staat, wenn auch nur auf kleiner Fläche, neu entstand. Seitdem war es das Bestreben der griechischen Bevölkerung Kretas, eine Vereinigung mit dem Mutterland herbeizuführen. Bis 1840 unterstand die Insel allerdings dem ägyptischen Vizekönig, der sie dann einschließlich Syriens und Palästinas nach Intervention von Großbritannien, Russland, Preußen und Österreich an die Osmanen zurückgeben musste.

Nach dem Großen Kretischen Aufstand von 1866 bis 1868, bei dem das Kloster Arkadi zerstört wurde, beschäftigte die kretische Frage erneut die Großmächte. Aber erst nach der Niederlage der Osmanen im Russisch-Türkischen Krieg von 1877/78 wurden den Christen bestimmte Rechte garantiert. Der Freiheitswille war jedoch ungebrochen, und so kam es 1889 und ab Mai 1896 erneut zu Aufständen. Den letzteren unterstützte das unabhängige Griechenland mit regulären Truppen und Freiwilligenverbänden, die am 21. Februar 1897 Kreta besetzten, was zum Türkisch-Griechischen Krieg führte. Auf dem Profitis Ilias, einem 122 Meter hohen Berg im Osten des Stadtgebiets von Chania, wurde 1897 als erstes die griechische Fahne aufgezogen. Er ist deshalb für die Kreter von herausragender nationaler Bedeutung. Der Krieg endete mit einem militärischen Sieg der Osmanen. Die griechischen Truppen unter Kronprinz Konstantin wurden sowohl auf Kreta als auch in Thessalien entscheidend geschlagen.

Eleftherios Venizelos

Trotzdem erhielt Kreta durch den Druck der europäischen Großmächte im Friedensvertrag vom 4. Dezember 1897 eine weitgehende Autonomie. Die Insel wurde darin zu einem internationalen Protektorat unter der Einsetzung Prinz Georgs von Griechenland als Hochkommissar erklärt. Bis zu dessen Regierungsantritt am 9. Dezember 1898 in der Hauptstadt Chania übernahm ein Exekutivkommitee kretischer Revolutionäre unter Eleftherios Venizelos die Verwaltung. Der 1864 im drei Kilometer südlich Chanias gelegenen Mournies geborene Venizelos hatte als Führer der kretischen Enosis-Bewegung 1897 bei den Großmächten die Autonomie der Insel erreicht. Unter Prinz Georg war er bis 1901 Justizminister der ersten Regierung.

Im Streit um die „nationale Frage“ entlassen, setzte sich Venizelos an die Spitze der Opposition, die immer offener eine Vereinigung Kretas mit dem griechischen Festland forderte. Durch einen Putsch wurde Prinz Georg 1905 gezwungen zurückzutreten und 1908 wurde die Vereinigung der Insel mit Griechenland beschlossen, die aber erst durch den Londoner Vertrag von 1913 international anerkannt wurde. Eleftherios Venizelos wurde schon 1910 griechischer Premierminister und hisste gemeinsam mit König Konstantin 1913 die griechische Fahne über dem Fort Firkas am venezianischen Hafen von Chania. Heute ist die südlich an Chania angrenzende Gemeinde mit dem Hauptort Mournies nach ihm benannt und östlich der geschlossenen Bebauung des Stadtgebiets, auf dem Profitis Ilias, befindet sich ein Denkmal für ihn und seinen Sohn Sofoklis Venizelos, dem griechischen Ministerpräsidenten von 1943 bis 1952. Beide sind dort auch bestattet.

Klassizistische Markthalle
Markthalle (Innenansicht)

Chania blieb auch nach der Vereinigung mit Griechenland bis 1971 Sitz der Verwaltung Kretas. Schon in der Zeit der kretischen Unabhängigkeit ab 1898 florierte die Stadt. Nach dem Anschluss an Griechenland wurde in den Jahren 1911 bis 1913 die kreuzförmige klassizistische Markthalle (Agora) errichtet. Sie entstand nach französischem Vorbild der Markthalle in Marseille und wurde zu einem weiteren Wahrzeichen Chanias. Als Standort wurden Teile des Stadtgrabens und die alte Piatta-Forma-Bastion gewählt. Dem Bau der Halle fiel leider durch Abriss das venezianische Stadttor Porta-Retimiota zum Opfer. Die Stadtgestalt änderte sich auch dahin gehend, dass die zu Moscheen umfunktionierten Kirchen wieder ihren ursprünglichen Zweck als christliche Gotteshäuser erhielten.

1920 wurde sogar, vor dem Hintergrund des Griechisch-Türkischen-Krieges 1919 bis 1922, das Minarett der Hassan-Pascha-Moschee im Hafen abgerissen. Durch den nach 1923 erfolgten Bevölkerungsaustausch zwischen der Türkei und Griechenland auf Grund des Vertrages von Lausanne, bei dem die verbliebenen Türken Kreta verließen, wurde das Gebäude dann als Moschee nicht mehr benötigt. Heute dient es Ausstellungszwecken. Nach dem verlorenen Krieg gegen die Türkei wurde Griechenland durch eine Volksabstimmung im April 1924 Republik. Eleftherios Venizelos war in der Folgezeit mehrfach Ministerpräsident, unter ihm wurde im Oktober 1930 der türkisch-griechische Freundschaftsvertrag abgeschlossen. In die Opposition gedrängt musste er 1935 nach einem erfolglosen Aufstand auf Kreta gegen die Royalisten Griechenland verlassen. Das Land kehrte nach einer erneuten Volksabstimmung am 12. Oktober 1935 zur Monarchie zurück. Das Anfang des Zweiten Weltkriegs formal neutrale Griechenland erwies sich durch die Annahme der britischen Garantie 1939, der Nichterneuerung des Paktes mit Italien von 1929 und der kriegswirtschaftlichen Unterstützung Großbritanniens faktisch als Verbündeter der Westmächte. Der Griechenland diktatorisch regierende General Metaxas lehnte am 28. Oktober 1940 ein nicht annehmbares italienisches Ultimatum zur Kapitulation ab und konnte die angreifenden italienischen Truppen bis hinter die albanische Grenze zurückdrängen. Die griechische Regierung erbat nun Großbritannien um Unterstützung, dessen erste Vorauskommandos schon am 1. November 1940 vom ägyptischen Alexandria aus auf Kreta landeten.

Am 6. April 1941 griff das Deutsche Reich als Verbündeter Italiens in die Kampfhandlungen ein. Im Verlauf des Unternehmens Marita wurden die griechischen Verbände und das britische Expeditionskorps geschlagen und ganz Griechenland mit Ausnahme Kretas besetzt. Nach der Kapitulation am 21. April 1941 verließen die griechische Regierung unter dem neuen Ministerpräsidenten Emmanouil Tsouderos und der König Georg II. am 23. April das Festland und versuchten, mit britischer Unterstützung von Kreta aus den Widerstand gegen die Achsenmächte fortzusetzen. Chania wurde dabei bis Mai 1941 Regierungssitz des unabhängigen Griechenland.

Deutscher Angriff auf Kreta
Kämpfe in der Souda-Bucht

Am Dienstag dem 20. Mai gegen 07:15 Uhr begann dann die Luftlandeschlacht um Kreta, das unter der deutschen Bezeichnung Unternehmen Merkur bis dahin größte Luftlandeunternehmen der Geschichte. Die Kämpfe konzentrierten sich hauptsächlich auf das Gebiet um die damalige Hauptstadt Kretas. Bei ersten Angriffen deutscher Bomber wurde die Altstadt von Chania stark beschädigt. Schon am 22. Mai eroberten die deutschen Truppen das Flugfeld von Maleme 15 Kilometer westlich von Chania und konnten es am Folgetag zu einer brauchbaren Operationsbasis ausbauen.

Trotz starker Verluste der Invasoren hatten die personell überlegenen alliierten Verbände der Griechen, Briten, Australier und Neuseeländer der Luftüberlegenheit der deutschen Wehrmacht nichts gleichwertiges entgegenzusetzen. Mit Ausweitung des Landekopfes bei Maleme fiel am 26. Mai die endgültige militärische Entscheidung zugunsten der deutschen Angreifer und in der Nacht zum 27. Mai traf das britische Oberkommando den Entschluss, Kreta zu räumen. Noch am 27. Mai fiel die Hauptstadt Chania und am 28. Mai der Hafen in der Souda-Bucht in deutsche Hand. Am 29. Mai 1941 kapitulierte Rethymno. Die alliierten Truppen zogen sich durch die Berge zur Südküste zurück, vor allem in den Raum Sfakia, von wo es gelang, fast 17.000 Mann britischer und Empiretruppen nach Ägypten auszuschiffen.

Am 29. Mai 1944 umstellten Einheiten unter dem Befehl des deutschen Kommandanten der „Festung Kreta“, General Bruno Bräuer, das jüdische Viertel Evraki der Stadt Chania. Flüchtende Einwohner wurden erschossen. Fast 300 Juden wurden zunächst in das Gefängnis „Agia“ gebracht und sollten Anfang Juni mit dem Transportschiff Tanais in deutsche Konzentrationslager deportiert werden. Die Tanais wurde auf der Überfahrt von einem englischen U-Boot torpediert und sank. Fast alle jüdischen Gefangenen, wie auch etwa 600 griechische und italienische Gefangene, kamen dabei um. Nur vier der jüdischen Einwohner Chanias sollen überlebt haben.[7]

Im Marinemuseum am Hafen von Chania befinden sich Ausstellungstücke aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Seit 1984 hat die Technische Universität Kreta einen Campus in Chania.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Kirchen

Agios Nikolaos
  • Agios Nikolaos: Die um 1320 erbaute griechisch-orthodoxe Kirche am Platia 1821 gehörte ursprünglich zum Agios-Nikolaos-Kloster, einem Dominikanerkloster aus dem 13. Jahrhundert. Der osmanische Herrscher Sultan Ibrahim wandelte den venezianischen Bau in eine Moschee um und gab ihm seinen Namen. Auch nach der Rückbenennung der Ibrahim-Moschee in Agios-Nikolaos-Kirche behielt die Kirche das Minarett der Moschee an Stelle des rechten Glockenturmes bei, was ihr ein kurioses Aussehen verleiht.
  • San Rocco: Die dem Heiligen Rochus geweihte kleine venetianische Kirche im Renaissance-Stil von 1630 befindet sich am Platia 1821, Ecke Daskalogianni.
  • Agii Anargyri: Die an der Straße Nikiforou Epskopou gelegene Kirche aus dem 16. Jahrhundert war in osmanischer Zeit das einzig geöffnete orthodoxe Gotteshaus innerhalb der Stadtmauern.
  • San Salvatore: Die kleine venezianische Kirche aus dem 16. Jahrhundert westlich der Hafeneinfahrt war während der osmanischen Besatzung eine Moschee.

Museen

  • Archäologisches Museum - in der ehemaligen Klosterkirche San Francesco, Chalidon 20
  • Volkskundemuseum - in der katholischen Kirche, Chalidon 46b
  • Nautisches Museum (Marinemuseum) - im venezianischen Fort Firkas westlich des Hafens, Akti Kuntorioti
  • Historisches Museum - einschließlich des Stadtarchivs untergebracht in einer Villa, Sfakion 20

Bauwerke

  • Limani: Der venezianische Hafen wurde im 14. Jahrhundert durch Aufschüttung einer Mole angelegt, hatte aber durch die geringe Wassertiefe keine große Bedeutung. Die Arsenale (Neoria), Steinhallen mit Tonnengewölben am östlichen Fischerhafen, entstanden 1497, weitere am östlichen Kai im 17. Jahrhundert.
Janitscharen-Moschee
  • Hassan-Pascha-Moschee: Der zu Ehren von Kioutsouk Hassan, einem türkischen Garnisonsführer Chanias, benannte und nach den ehemaligen osmanischen Elitetruppen auch als Janitscharen-Moschee bezeichnete Kuppelbau am venezianischen Hafen wurde kurz nach der türkischen Eroberung Chanias 1645 errichtet. Die seitlichen Portiken mit den kleinen Kuppeln sind spätere Anbauten ab 1880, das Minarett wurde um 1920 abgerissen. Seit 1923 wird das Gebäude nicht mehr als Moschee genutzt. Nach einer Restaurierung 1998 dient es heute als Raum für wechselnde Kunst-Ausstellungen.
  • Faros: Der Leuchtturm an der Hafeneinfahrt, in den letzten Jahren aufwendig restauriert und stabilisiert, wurde 1830 während der kurzzeitigen ägyptischen Besetzung Kretas auf den Fundamenten des alten venezianischen Leuchtturms an der Hafenmole errichtet.
  • Agora: Die Markthalle von Chania, ein kreuzförmiges neoklassizistisches Gebäude am Platia Sofoukli Venizelou, stammt aus den Jahren 1911 bis 1913.

Denkmäler

  • Profitis Ilias: Auf der 122 Meter hohen Anhöhe im Nordosten des Stadtgebietes, außerhalb der geschlossenen Bebauung an der Grenze zur Gemeinde Akrotiri, befindet sich die Gedenkstätte mit den Gräbern der Politiker Eleftherios Venizelos (* 1864; † 1936) und dessen Sohn Sofoklis Venizelos (* 1894; † 1964). Ersterer war im Jahre 1913 als griechischer Premierminister maßgeblich am Anschluss seiner Heimatinsel Kreta an das Mutterland beteiligt, sein Sohn war in den Jahren 1943 bis 1952 Ministerpräsident Griechenlands. Auf dem Profitis Ilias wurde 1897 während des Türkisch-Griechischen Krieges (1896/97), dessen Anlass ein Aufstand der griechisch-orthodoxen Bevölkerungsmehrheit Kretas gegen die türkische Herrschaft war, das erste Mal die griechische Fahne aufgezogen.

Parks

  • Stadtpark - mit Wildziegen-Gehege, in der Neustadt, zwischen Dimokratias und Tzanakaki

Stadtansichten

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Quellen

  1. „Kreta“, Dr. Antonis Sp. Vassilakis (Archäologe), Verlag I. Mathioulakis & Co.
  2. Spiegel Online, Projekt Gutenberg-DE
  3. Abu Hafs (pirate), Artikel der englischen Wikipedia
  4. Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
  5. Kreta-reisen.de
  6. Cretan School, Artikel der englischen Wikipedia
  7. "A Cretan Exodus, May-June 1944", Katina Singelakis, 5. August 2002